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Einleitung und Inhaltsverzeichnis
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Abschnit_1b.htm
Vorbemerkung zu den Text-Ebenen
und zur Kurzlektüre:
Die
Fußnoten
können von eiligen Lesern zunächst übersprungen werden. Sie enthalten
hauptsächlich Recherche-Hinweise, aber auch längere Exkurse zu
Unterthemen, die zur
besseren Lesbarkeit mit Fettdruck von Passagen und Titeln gegliedert sind. Bei
Bedarf kann man durch Überfliegen dieses Fettdrucks interessierende Passagen
finden.
Die ab Februar 2005 eingefügten Exkurse im Haupttext wurden zur
Gliederung der Argumentation und als Hinweis für eilige Leser kleiner gedruckt. Sie lassen sich als
detaillierende Puzzel-Teile und zweite Text-Ebene
auffassen, während die weiteren Ebenen bzw. Vernetzungen
über interne und externe Links realisiert sind. Spätere
Ergänzungen mit ihren Weblinks wurden wegen der
Direkteingabe ins Web-Programm vorläufig ohne
Fußnotenziffern als Hypertext eingefügt.
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst
verschuldeten Unmündigkeit" (Immanuel Kant
- Quelle sh. unten).
"Wenn man den Pferden genug Hafer gibt, kommt
am Ende auch etwas als
Futter für die Spatzen heraus" (John
Kenneth Galbraith).
1)
Was sagen
amerikanische Ökonomen zu
Steuersenkungen für „Bestverdiener" und Meinungsmacher?
Was bringt dagegen die
Rossäpfel-Theorie?
Anlass für die folgenden Fragen und Antworten ist die bereits erfolgte
und fortgeführte schwarz-rosagrünliche Umverteilung des Volkseinkommens nach oben, mit der die
Einkommensteuer der Einkommensmillionäre wie Schrempp und Ackermann
für jede zusätzliche Million um ein Steuergeschenk von jährlich
110.000 Euro plus Solidaritätszuschlag gesenkt wurde, aber vor
allem die Minister und sonstige neoliberale Meinungsmacher sich mit vereinten
Kräften jährliche Steuergeschenke in fünfstelliger Höhe
zuschanzen und dies als „Sachverstand" verkaufen konnten. Auch für
Milliardäre ist bestens gesorgt, denn sie können allein
schon durch die Steuervorteile für die „Arbeit" ihres
Kapitals zusätzlich Hunderte von Millionen aus dem Volkseinkommen abschöpfen.
Fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und gleich
nach der vereinten Kaltstellung von Oskar Lafontaine wurde die Demontage der
Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland eingeleitet - ausgerechnet unter der
pinkgilbgrünen Schröderregierung und mit schwarzgelbem Druck - durch drastische
Steuersenkungen für „Bestverdiener" auf Kosten von Rentnern, Studenten, Kleinverdienern, Kindern,
Arbeitslosen, Schulen, Universitäten usw. (sh. unten). - „Das Buch der Natur ist
in Zahlen geschrieben" (Galileo Galilei:
Il
Saggiatore), und die wichtigsten Zahlen für die
Verteilungspolitik sind die Berechnungsgrundlagen zur Steuerfestsetzung für
neoliberale Propagandisten, denn danach richtet sich
ihre Propaganda.
Im Einleitungszitat
hieß es noch „Meinungsmacher" und „Meinungsmache"
nach dem Fachausdruck „opinion leader", aber schon der
Einleitungstext dürfte gezeigt haben, dass es den
neoliberalen Meinungs-Fabrizierern nicht um Information,
sondern um Desinformation geht - zur Umverteilung nach
oben in ihre eigenen Taschen. Deshalb wurde für
sie hier abwechselnd der treffendere Begriff „Propagandisten" eingesetzt. Es geht gerade nicht um
"Meinung" im eigentlichen Sinne von „Meinungsfreiheit",
sondern um Propaganda und Missbrauch des Medienkapitals,
nicht um Demokratie, sondern um
"Informationskapitalismus".
Den Opfern der Umverteilung nach oben ist auch nicht dadurch geholfen, dass der Eingangssteuersatz
zugleich von 25,9 % auf 15% abgesenkt wurde (mit extrem steiler Progression auf
26,6% im Bereich bis 12.740 Euro - sh. BMF:
Grafische Darstellungen, Blatt 3 ff., und
§ 32a EStG - Grundtabelle), denn falls sie mit ihrem Einkommen überhaupt im
steuerpflichtigen Bereich liegen, werden ihre Mini-Ersparnisse sofort zu den
"Bestverdiener" weitergereicht durch die übrigen Umverteilungsmaßnahmen.
Falls für den Normalverdiener doch noch
etwas übrig bleibt, wird dies mehr als aufgezehrt durch
die „heimliche Steuerprogression". Diese ergibt sich
automatisch aus dem starren Steuertarif in Deutschland
mit dem Ansteigen der nominalen Bruttolöhne im Laufe der
Jahre. Um diesen Effekt noch rigoros zu verstärken,
sind die Neoliberalen vom linearen Steuertarif
übergegangen zum steilen Tarifanstieg im mittleren
Einkommensbereich (Steuerbauch), so dass die
Durchschnittsverdiener möglichst schnell zu steigenden
Steuersätzen kommen (sh. „Heimliche
Steuererhöhungen – Wie der Staat die Mittelschicht
ausbeutet", Panorama vom 27.3.2008, daserste.de).
Die Best-"Verdiener" bleiben dagegen für jeden
Zuwachs bei ihrer drastisch abgesenkten
Progressionsstufe von 42 Prozent. Sie haben damit wesentlich geringere
Gesamt-Abgabensätze als die Normalverdiener mit ihren Steuern
und vor allem Sozialabgaben.
In einer Studie des IAW heißt es dazu:
Am wirksamsten kann diesem dauerhaften
Kaufkraftentzug durch eine regelmäßige Anpassung des
Steuertarifs begegnet werden. In anderen Ländern (z.B.
Frankreich oder Kanada) sind entsprechende Automatismen
bereits fester Bestandteil des Einkommensteuersystems.
Auch für den bundesdeutschen Tarif wäre eine
automatische Anpassung des Tarifs an die allgemeine
Preisentwicklung technisch durchführbar. Dadurch ließe
sich die Wirkung der kalten Progression wesentlich
entschärfen und zugleich die verteilungspolitische
Zielsetzung beibehalten.
(Sh. IAW Institut für Angewandte
Wirtschaftsforschung:
"Deutliche Mehrbelastung der Steuerzahler durch kalte
Progression", Tübingen,
28.1.2008, und hier weiter unten die
DIW-Studien zur
Messung der Einkommensspreizung und zur Definition der
"Mittelschicht".)
Ein solcher tariflicher
Kaufkraftausgleich ist jedoch von den Neoliberalen nicht
gewollt, weil es sich gegen die Umverteilung nach oben
in ihre Taschen richten würde.
Diese längst offenkundige räuberische
Konsum- und Konjunkturdrosselung durch Plünderung der
Klein- und Normalverdiener zur Selbstbereicherung der
bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher wurde von
diesen bisher weitgehend totgeschwiegen. Diese Umverteilungs-Profiteure bleiben mit
ihren Einkommensteilen oberhalb der
Beitragsbemessungsgrenzen völlig unbelastet
von den Beiträgen für den Sozialstaat oder zahlen gar
keine Sozialbeiträge, wenn sie mit ihrem gesamten
Einkommen sozialversicherungsfrei sind. Auch Gregor Gysi
sagte zu diesem Wählerbetrug schon vor Beginn der
allgemeinen Diskussion um die DIW-Studie vom 5.3.2008
über die „Schrumpfende Mittelschicht …":
Der Mittelstand sei als nächstes dran, »wenn die Taschen
der Armen leer sind und dort nichts mehr zu holen ist«,
prognostizierte Gysi.
(Sh.
"Gysi beruhigt Bäcker", jungewelt.de, 15.1.2008.)
Besonders übel wird den Einkommensschwachen mitgespielt, indem man ihnen z.B.
per März 2008 eine offizielle Jahres-Inflationsrate von 3,1 Prozent vorgaukelt. Statt
dessen ist die Inflationsrate für ihren Warenkorb nach unabhängigen Berechnungen
mit 6 Prozent etwa doppelt so hoch. Sie erhalten jedoch nur eine Anpassung der
Renten und Transferleistungen nahe dem Nullbereich (sh.
"Bundesregierung
beschließt Sonder-Rentenerhöhung – Merkels vergiftetes Wahlgeschenk",
tz-online.de, 8.4.2008). Sogar BILD erkennt diesen
Rentenklau und zitiert den
renommierten Inflations-Experten Hans Wolfgang Brachinger (Uni Fribourg):
Von der zum 1. Juli geplanten
Rentenerhöhung um 1,1 % werden die Ruheständler daher
nichts haben. Brachinger: „Unterm Strich steht ein
dickes Minus."
"Die 6 Prozent sind ein echter Kaufkraftverlust für das
Rentner-Portemonnaie."
BILD: Bitter für die Senioren: Von vielen Preissenkungen
(z. B. bei Computern, Handys, Fernsehern), die die
allgemeine Inflationsrate drücken, profitieren sie
dagegen kaum! Denn: Diese Waren kaufen sie fast nie.
(Sh.
"NEUE STUDIE: So stark leiden
Rentner unter der der hohen Inflation",
bild.de,
5.4.2008). Aber die BILD-Schreiber beendet den
Artikel mit Verlinkungen zu weiteren BILD-Schlagzeilen,
die Generationenhetze betreiben ("Ich fühle mich als
junger Mensch ausgebeutet", „Leben Rentner auf Kosten
der Jüngeren?") und die jedenfalls ablenken von den
Steuergeschenken für sie selbst, für die übrigen die
neoliberalen Meinungsmacher und sonstige Abkassierer als
eigentlicher Ursache des Betruges an den jungen und
alten Umverteilungsopfern ("Höhere Rente drückt die
Netto-Löhne").
Es ist
für die Schröder-SPD eher ein Eingeständnis der eigenen Umverteilungsinitiative
als eine Entschuldigung, dass sie den Spitzensteuersatz (= „Differenzsteuersatz"
für die Einkommensspitzen, hier zugleich
tariflicher „Höchststeuersatz") „nur" von 53% auf 45%
senken wollte und lediglich auf Druck der CDU eine weitere Absenkung auf 42%
(bereitwillig) akzeptiert hat. Es rettet auch nicht ihren Ruf, dass
die CDU
schon damals den Spitzensteuersatz auf 35% senken
wollte. Sh. „SPD-Länder:
Steuerreform nachbessern", welt.de,
5.6.2000, mit der Passage:
Die Union strebt einen Spitzensatz von 35 Prozent an.
Auch einige SPD-regierte Länder fordern einen
niedrigeren Satz. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident
Clement sprach sich für einen Satz von 43,5 Prozent aus.
(Hervorhebungen vom Verfasser, auch als Hinweis auf die
Interessenlage von Clement - sh. unten). Beteiligt an der
Forderung nach Absenkung auf 43,5% war unter anderem der
Finanzminister Peer Steinbrück, der jetzt auch jeglichen
Umkehrversuch des neuen SPD-Vorsitzenden Volker Beck in
Richtung zu den früheren Spitzensteuersätzen energisch
zurückweist, aber das Großkapital mit einer niedrigen
Abgeltungssteuer für Kapitalerträge privilegieren will
(sh. „Wirtschaftsweiser
rät zu höheren Steuern", netzeitung.de,
19.4.06, und
Bofingers Interview dazu,
dlf.de, 19.4.06, sowie hier
rossaepfel-exkurse.de~Rentenklau).
Die großen Steuersenkungen seit 1998
dienten allesamt der Umverteilung nach oben,
denn die Steuergeschenke für die Großprofiteure mussten
ja von den ausgeplünderten Opfern dieser Politik
aufgebracht werden (sh. auch weiter unten).
Nachdem Peer Steinbrück mit den Neoliberalen diese
steuerliche Umverteilung in die eigenen Taschen
vollendet hatte, forderte die CSU im Frühjahr
2008 für ihren Wahlkampf weitere Steuersenkungen, ganz
im Sinne der CDU-Visionen mit deren Spitzensteuersätzen
von 36 oder gar 25 Prozent. Als Reaktion auf diesen
populistischen Vorstoß erinnerte sich Steinbrück
plötzlich wohl an die schlechten Umfragewerte seiner
eigenen Partei. Auf einmal erkennt er mit Blick
auf die Wähler, dass für die geschröpften Arbeitnehmer
nicht die Steuern das Problem sind, sondern die
Sozialabgaben, und dass ihnen mit der
Steuerfinanzierung von Sozialabgaben viel mehr geholfen
wäre als mit der Senkungen der Lohn- und
Einkommensteuer. Er sagt aber nicht, dass ihre
bisherigen Steuersenkungen sowieso gleich wieder durch
andere staatliche Mehrbelastungen aufgezehrt wurden und
dass viele Einkommensschwache weder von der Senkung der
Steuern noch der Sozialabgaben profitieren. Das Ergebnis
war also Steinbrücks ebenso simple wie viel zu späte
Erkenntnis gegenüber der Rheinischen Post:
"Wer als Verheirateter 25.000 Euro
verdient - das ist etwas weniger als der
Durchschnittsverdienst in Deutschland - zahlt im Jahr
rund 620 Euro Steuern, aber über 5100 Euro
Sozialabgaben. Das macht sehr deutlich, wo das Problem
liegt", sagte Steinbrück der in Düsseldorf erscheinenden
"Rheinischen Post" (Mittwochausgabe).
(Sh.
aus ad-hoc-news.de, vom 7.5.2008 und unter
parmentier.de die erläuterte
Lohnsteuerberechnung.) Diese Erkenntnis
hätte Steinbrück von sich aus wahrscheinlich nicht
einmal preisgegeben, wenn nicht sein Parteivorsitzender
Kurt Beck schon vorher ganz behutsam etwas Stimmung
gemacht hätte gegen den Verrat an der Sozialdemokratie
und den drohenden Niedergang seiner Partei.
Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil verfolgt plötzlich diese Linie
als Reaktion auf die populistischen
Steuersenkungs-Forderungen der CSU, die damit den
drohenden Verlust ihrer absoluten Mehrheit bei der
Landtagswahl 2008 in Bayern verhindern will (zu ihrem
Umfragetief sh.
"Christsozialer Schwammkopf",
taz.de, 17.5.2008):
«Grundsätzlich bin ich für eine stärkere
Steuerfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme»,
wurde Heil von der «Saarbrücker Zeitung» zitiert. Eine
Entlastung bei den Sozialabgaben helfe den
Arbeitnehmern. Außerdem würden die Lohnzusatzkosten
gesenkt. In der «Gesamtbetrachtung» von Steuern und
Abgaben dürften die Leistungsträger bei den
Arbeitnehmern dadurch aber nicht stärker belastet
werden. Dieses Thema werde sich auch im
Regierungsprogramm der Partei ab 2009 widerspiegeln,
sagte Heil dem Blatt.
(Sh.
"Heil für stärkere
Steuerfinanzierung von Sozialkassen",
pr-inside.com, 16.5.2008.) Es grenzt schon an
Zynismus, dass die Großprofiteure in der SPD
ausgerechnet von der CSU (unter Druck der Linken) zur
Steuerfinanzierung von Sozialabgaben gebracht werden,
nachdem sie ihre eigenen jährlichen vierstelligen
Steuergeschenke schon gesichert haben und
auch weiterhin einsacken wollen. Glaubhaft wären sie gewesen, wenn
sie darauf nach ihrem Regierungsantritt im Jahre 1998
verzichtet und statt dessen diese Steuerfinanzierung
eingeleitet hätten.
Die fortgesetzte Trickserei der
"Christlichen" zur Umverteilung nach oben zeigt sich
auch in Verbindung mit einem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13.2.2008 –
2 BvL 1/06. Es hat darin gefordert, dass die
existenznotwendigen Krankenversicherungsbeiträge in
größerem Umfang als Vorsorgeaufwendungen abgesetzt
werden können als bisher. Dies bedeutet Steuerausfälle
von „bis zu sechs Milliarden Euro" (sh.
"Union blockt Steinbrücks Reichen-Pläne ab",
spiegel.de, 14.7.2008) und würde – ohne flankierende
Maßnahmen – eher die Besserverdiener begünstigen, da sie
auf ihre Beiträge einen wesentlich höheren Anteil als
Steuererstattung zurückbekommen. Finanzminister
Steinbrück will nun – in einem Rest von
sozialdemokratischen Anwandlungen - die etwa sechs
Milliarden durch höhere steuerliche Belastung der
Besserverdiener gegenfinanzieren, stößt damit aber auf
den entschiedenen Widerstand der „Christlichen". Nicht
einmal diesen Ausgleich der Umverteilung nach oben
wollen sie akzeptieren. CSU-Chef Erwin Huber trommelt
schon einmal für seinen Bayern-Wahlkampf in übelstem
Populismus gegen die SPD: „Dieser Partei geht es nicht
um Steuersenkung, sondern nur um Steuererhöhung. Wer SPD
wählt, wird höhere Steuern bekommen". Und
CDU-Fraktionschef Ronald Pofalla behauptet gar: „das
Verfassungsgericht habe der Politik aufgegeben, die
Bürger zu entlasten, und sie nicht zu belasten. Das sei
die 'klare Botschaft' der Richter aus Karlsruhe" (sh.
"Union blockt Steinbrücks Reichen-Pläne ab",
spiegel.de, 14.7.2008), als ob die bessere Absetzung von
Vorsorgeaufwendungen nur der Umverteilung in ihre
eigenen Taschen dienen sollte.
Zu dem obigen Steuerprivileg für das Großkapital drängen außer
Steinbrück auch
schon seit langem die „Wirtschaftsweisen" Rürup, Wiegard
(beide SPD!) und andere, die eine
Abgeltungssteuer von
25% - weit unter dem jetzigen Spitzensteuersatz von 42%
- vorschlagen (sh. „Sachverständigenrat
wagt neuen Steuer-Vorstoß",
netzeitung.de, 31.10.05, und hier
weiter unten ausführlich zum
Sachverständigenrat).
Die „Christlichen" und „Sozialdemokraten" haben dies zum
1.1.2009 umgesetzt (sh.
Unternehmenssteuerreform.htm). Als ausgleichende Gerechtigkeit für das weitere
Anwachsen ihrer vierstelligen jährlichen Steuergeschenke
(sh. oben) fordern diese bestbezahlten neoliberalen
Meinungsmacher – bis auf Peter Bofinger - eine Kürzung
des
Hartz-IV-Regelsatzes von monatlich 347
Euro um 30 Prozent (sh. „Wirtschaftsweise
wollen Arbeitslosengeld kürzen – SPD empört",
spiegel.de, 5.9.2006).
Die realen Bruttolöhne sind trotz aller
Produktivitätsfortschritte immer noch auf dem Stand von 1991, und die
Produktivitätsfortschritte wurden ab der Jahrtausendwende zugunsten der
Unternehmens- und Vermögenseinkommen umverteilt. Der Höhepunkt war in 2007 kurz
vor der Finanzmarktkrise erreicht. Die Schröpfung der Klein- und Normalverdiener
ist noch dramatischer, als sie nach dieser Grafik erscheint, denn innerhalb der
Lohn- und Gehaltsempfänger hat ebenfalls eine drastische Umverteilung nach oben
zu den sogenannten Best-"Verdienern" stattgefunden.
Die letzten Gesamtjahres-Zahlen des
Statistischen Bundesamtes sind hier für 2009 verfügbar. In dem Kalenderjahr sind
die Unternehmens- und Vermögenseinkünfte zwar stark zurückgegangen. Sie haben
ihren Vorsprung beim Anstieg gegenüber den Arbeitsentgelten aber immer noch mit
einem Abstand von 20 Prozent gehalten. Damit allein ist schon eine zukünftige
Vergrößerung des Vorsprungs gegeben als Rückkopplung durch die Rendite auf diesen Zuwachs und
durch die drastischen Steuersenkungen für Best-"Verdiener" - zu Lasten der Löhnen und der
Konsumnachfrage.
Inzwischen ist die Abschwächung des Kapital-Vorsprunges
bei der Verteilung des
Volkseinkommens in
einigen Branchen schon wieder überkompensiert, denn mit der Börsen-Zockerei auf
Kosten der wirtschaftlichen Stabilität wurde in der zweiten Jahreshälfte
2009 von den Hauptverursachern der Krise schon wieder mehr „verdient" als je zuvor.
Quelle: Eigenes Diagramm nach Zahlen
des Statistisches Bundesamtes:
Inlandsproduktberechnung – Detaillierte Jahresergebnisse - Fachserie
18 Reihe 1.4 – 2010, 2.1.3 Volkseinkommen und verfügbares
Einkommen der Volkswirtschaft, sowie
Verbraucherpreisindex für Deutschland – Lange Reihen –
2010.
Im obigen Diagramm sind die nominalen
Indexwerte des Volkseinkommens umgerechnet auf reale Werte nach dem
Verbraucherpreisindex. Im übrigen orientiert sich das Diagramm
bis Ende 2007 an
dem
Schaubild 6a
der nominalen Werte auf Seite 8 des Statements von
Bundesamt-Präsident
Walter Radermacher auf seiner Pressekonferenz vom 15.1.2008 in
Wiesbaden mit weiteren Erläuterungen.
Danach stieg die Lohnquote seit dem Jahr 2000
bis 2007 von 72,2 Prozent auf 64,6 Prozent des Volkseinkommens,
also um 72,2 – 64,6 = 7,6 Prozentpunkte. Bezogen auf das
Volkseinkommen des Jahres 2007 von 1.825 Milliarden Euro ist das ein
Einkommensverlust für die Arbeitnehmerentgelte von
0,076 * 1.825 = ca. 140 Milliarden Euro jährlich (!), die vor
allem zu Lasten der ohnehin viel zu schwachen Konsumquote gehen.
Das jährliche Gemeinschaftsprodukt (= Nettosozialprodukt zu
Faktorkosten =
Volkseinkommen) ist von 2000
bis 2007 um ca. 300 Milliarden Euro gewachsen. Davon erhielten aber
die Arbeitnehmer - also seine eigentlichen Produzenten - für ihre
Arbeit nur 80 Milliarden brutto, wovon ihnen etwa der Hälfte netto,
also an Kaufkraftzuwachs übrig bleibt (abzüglich
Teurungsrate!, sh.
"Bruttoinlandsprodukt 2007",
S. 24, Tabelle 11: Arbeitnehmerentgelt,
destatis.de). Der
restliche Zuwachs von ca. 220 Milliarden Euro jährlich geht an die
Unternehmens- und Vermögenseinkommen.
Das Diagramm zeigt nur die
Brutto-Verteilung, also nur die Primäreinkommen.
Es zeigt nicht die Steuerentlastungen
bei den hohen Gewinneinkünften und die vielfältigen Mehrbelastungen
bei den Arbeitnehmern, wie sie angelegt sind durch die Senkung des
Spitzensteuersatzes ab 2001 von 53 auf 42 Prozent zu Lasten der
Normalverdiener und der Einkommensschwachen.
Das verfügbare Einkommen wird außerdem immer geringer, weil die
gestiegenen Sozialabgaben immer weniger notwendige Leistungen
abdecken und die Verbrauchssteuern immer weiter erhöht wurden. Die
Normalverdiener werden darüber hinaus durch die kalte Progression
geschröpft.
Aber indirekt kommt die drastische
sekundäre Schwächung der Konsumnachfrage doch zum Ausdruck in der
Schere zwischen den Primäreinkommen, die ja gerade auch wegen der
Umverteilung nach oben durch die Steuergeschenke so weit
auseinanderstreben.
Das wird sich in der Tendenz noch
erheblich verschärfen durch die Einführung der Abgeltungssteuer ab
1.1.2009, mit der der Steuersatz für die großen Vermögenseinkommen
weiter von 42 auf 25 Prozent (plus Solidaritätszuschlag) gesenkt
wird.
Auffällig sind auch die sinkenden
realen Arbeitnehmerentgelte und die drastisch steigenden
Gewinneinkünfte seit dem Verrat an der Sozialdemokratie mit Beginn
des neuen Jahrtausends.
Hinzu kommt die Umverteilung nach oben innerhalb der
Arbeitnehmerentgelte durch Lohndumping und Selbstbedienung bei den
Kapitalgesellschaften. Dazu
heißt es im
Global Wage Report 2008/09
der ILO:
"Unter den Industrieländern wuchs die Lohnungleichheit am
schnellsten in Deutschland, Polen und den USA."
Bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU im Oktober
2005 forderte die SPD noch - besorgt durch den
Erfolg der Linkspartei - eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42% auf 45%,
um die weitere Arbeitsplatzvernichtung durch die von der CDU verlangte
Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte zu vermeiden (sh. „Streit um
Spitzensteuersatz", taz.de, 29.10.05). Dabei ist lediglich die
lächerliche Reichensteuer für Einkommensteile über
jährlich 500.000 Euro (für Verheiratete) herausgekommen
(sh. unten).
Die begleitende Gehirnwäsche (=
"Kommunikation") durch die Neoliberalen bei ihren Gläubigen brachte allerdings
schon erhebliche Erfolge (die Umfragen zur Akzeptanz der
Mehrwertsteuererhöhung ergaben 58% bei CDU/CSU-Anhängern, 53% bei FDP-Anhängern, 40%
insgesamt; sh. „SPD
drängt auf Anhebung des Spitzensteuersatzes", spiegel.de,
28.10.05, und
ZDF-Politbarometer, 28.10.05).
Jedenfalls hat sich die neoliberale SPD-Führung mit ihrem Kanzler der
Bosse und ihrem gilbgrünen Partner durch ihre Steuergeschenke an sich selbst sowie an die übrigen
Propagandisten und sonstigen „Bestverdiener" zwar höchstes Wohlwollen bei denen
erworben (und bei sich selbst), aber ihren Anspruch auf das sozialdemokratische Erbe verspielt.
Rudolf Dreßler, der von der Schröder-Koalition bei der
Entsorgung ihres sozialen Gewissens auf einen
Botschafterposten in Israel abgeschoben wurde, bemerkte
mit Recht: „seine Partei habe in der Wahrnehmung von
ehemaligen Wählern und Mitgliedern 'ihre Seele
verkauft'" (sh. seinen Kommentar für das „Neue
Deutschland", zitiert nach dem Artikel „Dreßler rät der
SPD zum Bündnis mit Lafontaine",
tagesspiegel.de,
1.10.2007). Ohne den Verkauf ihrer Seelen – soweit
vorhanden - hätten die verantwortlichen Politiker aber
nicht ihre jährlichen fünfstelligen
Steuergeschenke ergattert. Sie hätten ohne diese
Umverteilung nach oben auch nicht die übrigen
neoliberalen Volksbetrüger für sich als Wahlhelfer
mobilisieren können - mit Rückendeckung durch das große
Kapital.
Auch die pragmatisch
erworbene Freundschaft des Mediendirigenten und
"lupenreinen Demokraten" Wladimir Putin (Schröder
über Putin: sh.
russlandonline.ru, 22.11.04 und „Russische
Medien - Hauptakteur: Wladimir Putin",
stern.de, 9.3.04) kann dieser Genosse der Bosse nutzen,
um selber Boss zu werden in einer Pipeline-Gesellschaft
mit seinen Bossen und Putin als Haupt-Initiatoren (sh.
hier: „Sage
mir, wer deine Freunde sind..., in:
Schroeders-Freunde.htm).
Dagegen sieht Oskar Lafontaine Schröders neue
"Verantwortungsübernahme" in seinem
STERN-Interview vom 17.1.06
eher gelassen:
man könne sich schon fragen, „ob ein
ehemaliger Kanzler sich in die Verpflichtungen eines
russischen Staatsunternehmens einspannen lassen kann".
Aber eigentlich sei es ihm egal, „ob Schröder oder
irgendein russischer Mafioso nun viel Geld von Gasprom
kassiert".
Der
Gasprom-Kanzler gab sich in seinen Hochglanz-Memoiren vom
Oktober 2006 für ein Honorar von angeblich einer Million
Euro allerdings betont staatsmännisch konziliant gegenüber Oskar
Lafontaine, so dass dieser in seiner Rezension dieser
bestens vermarkteten Selbstdarstellung und
Geschichtsklitterung sich offenbar auch zu übertriebener
Nachsicht genötigt fühlte. Dennoch erlag Lafontaine
diesem medienwirksamen Gesäusel trotz der Meute seiner
Rufmord-Verfolger (sh. hier weiter unten und
Linksbuendnis.htm) nicht völlig, sondern stellte in
seiner Reaktion den entscheidenden Punkt klar, den
Schröder durch seine Taktik geschickt überdeckt hatte:
Der Ex-Kanzler
weigere sich bis heute zuzugeben, „dass der Verzicht auf
alle meine Ämter das Ergebnis seines Wortbruchs war". Er
fuhr fort: „Wir hatten uns in die Hand versprochen, das
1998 den Wählern vorgelegte Regierungsprogramm
umzusetzen. Als Kanzler machte Schröder eine Politik,
die das Gegenteil von dem war, was wir den Wählern
versprochen hatten."
(Sh. „Oskar
schluchzt mit Gerhard",
stern.de, 25.10.06).
Dass Lafontaine einen solchen Verrat an der
Sozialdemokratie und an ihren Wählern nicht mitmachen
konnte, wird hier und in den Exkursen ausführlich
erläutert. Die neoliberalen Meinungsmacher haben
Schröder gerade wegen dieses Verrats zur Umverteilung in
ihre eigenen Taschen hochgejubelt und Lafontaine
diffamiert, weil er ihren Wählerbetrug nicht mitmachen
wollte. Auch heute loben sie noch Schröder, der ihnen
jährliche Steuergeschenke in vier- und fünfstelliger
Höhe verschafft hat - zu Lasten der Klein- und
Normalverdiener und auf Kosten Ärmsten.
Inzwischen verfolgen sie selbst den
geringsten Linksschwenk der SPD mit den übelsten
Kampagnen, wie man an dem Wegmobben des späteren
Parteivorsitzenden Kurt Beck sehen kann (sh. hier
Beck-Rücktritt.htm).
Der erfahrene Medienkenner und Mitverfasser der
Nachdenkseiten Albrecht Müller beschreibt in etlichen
Beiträgen die gezielten Diffamierungs- Kampagnen gegen
Lafontaine (zu finden mit [„Lafontaine“
site:nachdenkseiten.de]). Müller musste als jahrelanger
Mitarbeiter von Willy Brandt erleben,
wie auch dieser von den Schein-Sozialdemokraten im
Bundestag und ihren Mit-Intriganten in den Medien
„fertig gemacht“ wurde (sh.
„Hinweis: Prantl (SZ) interviewt Lafontaine“,
nachdenkseiten.de,
16.6.2005).
Er beschreibt solche Intrigen aus seiner Erfahrung als
professionelle PR-Kampagnen. Diese spielen sicher auch
eine große Rolle, wenn man z.B. an die
INSM denkt. Aber
sowohl bei Brandt als auch bei Lafontaine dürfte der
Hauptgrund - auch hierfür - in der Gier und
Charakterlosigkeit jener liegen, die die Umverteilung
des Volkseinkommens nach oben in ihre eigenen Taschen
betreiben – zu Lasten der Ärmsten - und denen Brandt und
Lafontaine dabei im Wege waren.
Lafontaines Fehler war
nicht erst sein zu langes Stillhalten und seine
plötzliche empörte Aufgabe gegen diese eskalierenden
Komplizenschaft von Anti-Sozialen und SPD-Bonzen für die
Macht um jeden Preis. Es war vielmehr seine
Unterstützung der Kandidatur von Schröder im Vertrauen
auf gegebene Zusicherungen und Wahlversprechungen:
Wenn ich einen
Fehler gemacht habe, dann den, dass ich zugelassen habe,
dass Schröder Kanzler wurde. Mit diesem Makel werde ich
leben müssen.
(Sh. das Interview
mit Lafontaine:
"Die neoliberale Macht
bröckelt", Der Tagesspiegel,
19.5.2008, unter die-linke.de.) Als Lafontaine
diesen Fehler einsehen musste, war es schon zu spät.
Heiner
Geißler, der vom Saulus zum Paulus wurde, ist einer der wenigen Etablierten, die sich
dieser Volksverdummung nicht angeschlossen haben. Er
ergreift
nun in einem stern-Interview auch endlich etwas klarer Partei für Lafontaine,
als er es in einem früheren
Interview getan hat, allerdings damals nur stark
eingeschränkt und beiläufig im Zusammenhang mit seiner
Attac-Mitgliedschaft (sh.
"Globalisierungskritiker Geißler: Soll ich etwa wegen
ein paar Trotzkisten nicht mitmachen?",
sueddeutsche.de,
23.7.2007).
Geißler:
Aber
was Oskar Lafontaine betrifft: Er wird schlecht
behandelt, auch von der Presse. Lafontaine ist der
klügste Mann gewesen, den die SPD in den vergangenen
drei Jahrzehnten gehabt hat. Dann hat man ihn wegen
Gerhard Schröder laufen lassen. Aber seine
finanzpolitischen Vorschläge sind heute Allgemeingut.
(Sh. „Lafontaine
war der klügste SPD-Mann", stern.de,
25.2.2008.) In einem späteren Interview mit der
Süddeutschen Zeitung wird Geißler noch deutlicher:
Geißler:
...Die Linke ist ja teilweise Fleisch vom Fleische der
SPD ...
sueddeutsche.de: ... personifiziert in Parteichef
Lafontaine. Den nannten Sie im letzten
sueddeutsche.de-Interview einen der „besten
Köpfe".
Geißler:
Den die SPD zur Zeit hätte, ja.
sueddeutsche.de: Wie kommen Sie zu einem solchen
Lob?
Geißler:
Die SPD hat Gerhard Schröder eingetauscht gegen
Lafontaine. Dieser hätte zum Beispiel niemals seine
Regierungspolitik mit einem Begriff begründet, der nicht
einmal Friedrich Merz oder Guido Westerwelle eingefallen
wäre: „Der Rundum-sorglos-Staat". Mit dieser Vokabel hat
Schröder den Sozialstaat, den die SPD mitaufgebaut
hatte, denunziert. Seine Stelle sollte ein aktivierender
Sozialstaat einnehmen - herauskam die Agenda 2010, die
Millionen Menschen enteignet und arm gemacht hat.
sueddeutsche.de: Tatsache ist doch, dass die
Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist - das ist nicht
gerade unsozial.
Geißler:
Wir haben heute entgegen allen Propagandaäußerungen der
Wirtschaft, der Regierung und mancher Zeitungen keinen
großen Fortschritt. Die Zahl der sozialversicherten
Vollzeitarbeitnehmer hat sich seit 2004 nicht vermehrt,
sie bleibt bei 27 Millionen. Dafür gibt es inzwischen
immer mehr befristete Arbeitsverhältnisse und sieben
Millionen geringfügige Verdiener: mit Ein-Euro-Jobs,
400-Euro-Jobs, als Leiharbeiter und so weiter - lauter
Jobs, von denen die Leute großteils nicht mehr leben
können. Dafür hat Schröders Agenda 2010 gesorgt und
nicht Oskar Lafontaine.
(Sh. „Interview
mit Heiner Geißler -
'Kapitalismus ist so falsch wie
Kommunismus'", sueddeutsche.de,
14.7.2008. )
Bei der Zahl von 27 Millionen
handelt es sich um die sozialversicherungspflichtigen
Arbeitnehmer. Diese Zahl ist allerdings im Schlepptau
der Weltkonjunktur und durch Umwandlung von regulärer
Arbeit in immer mehr Verarmungs-Jobs (sh. unten) von 26,6 Millionen in 9/2005 auf 27,4
Millionen in 9/2007 gestiegen. Ungefähr gleich geblieben
ist dagegen die Zahl der sozialversicherungspflichtigen
Vollzeitarbeitnehmer mit 22,6 Millionen in 9/2007, 22,2
Millionen in 9/2005 und 22,6 Millionen in 9/2004, aber
vor Schröders „Modernisierung":
24,2 Millionen in 9/1999
(sh. Bundesagentur für Arbeit über
www.pub.arbeitsamt.de - Zeitreihen - „Sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte nach Geschlecht und ausgewählten
Personengruppen – Tabelle 3",
erreicht am
26.7.2008
mit dem Auswahl-Punkt „Beschäftigte - Zeitreihen ab 1999
[Zeitreihen nach Ländern, Staatsangehörigkeit, Vollzeit,
Teilzeit, Geschlecht, Altersgruppen, Auszubildenden]" ). Gestiegen ist also die Zahl
der sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjobs, was
z.B. auch mit den Billig- und Abruf-Jobs durch längere
Ladenöffnungszeiten zu tun hat. Wie der Rückgang der
Arbeitslosigkeit vom Juni 2007 bis Juni 2008 – trotz
boomender Weltkonjunktur - fast ausschließlich durch
prekäre Jobs begründet ist, zeigt auch die Grafik 04922
bei
jjahnke.net. Hinzu kommt natürlich die
Zahlenkosmetik zur Wählertäuschung (sh. ebd.).
Während hier von
etwa 22 Millionen „sozialversicherungspflichtigen
Vollzeitarbeitnehmer" die Rede war, sieht die
entscheidende schwarz-pink-grünliche Bilanz offenbar
noch schlechter aus bei der Entwicklung der zuletzt etwa
27 Millionen „sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigten" . Dazu meldet der DLF vom 11.11.2008:
DGB-Studie: Weniger
sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in
Deutschland
Trotz der Konjunkturbelebung der
vergangenen Jahre gibt es in Deutschland offenbar immer
weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Von
1995 bis 2007 sei deren Zahl um 4,5 Prozent auf 26,9
Millionen zurückgegangen, berichtet die Chemnitzer
"Freie Presse" unter Berufung auf eine Erhebung des
Deutschen Gewerkschaftsbundes. In Ostdeutschland fielen
danach fast 26 Prozent aller Vollzeitstellen weg, im
Westen lag das Minus bei knapp sechs Prozent. Im selben
Zeitraum sei die Zahl der Teilzeit-Beschäftigten zwar um
38 Prozent gestiegen, dies habe den Rückgang bei den
Vollzeitstellen aber nicht ausgleichen können.
Als immer-noch-CDU-Mann bleibt Geißler
doch sehr zurückhaltend mit seiner obigen Kritik an den
"Un-Christlichen" und „Un-Sozialen". In Wirklichkeit
wurde Lafontaine ja nicht nur „schlecht behandelt, auch
von der Presse", sondern ist das Opfer übelster,
lebensgefährlicher Hetzkampagnen. Auch hat man
Lafontaine nicht nur „laufen lassen", sondern er wurde
mit Hilfe der neoliberalen Meinungsmacher in Parteien,
Medien, Verbänden usw. regelrecht weggemobbt (sh. unter
anderem hier und in
Linksbuendnis.htm,
und das weitere Beispiel unter
Beck-Rücktritt.htm).
Im Gegensatz zu Schröders vorsichtigen Umgang mit
Lafontaine wandte sich der Kanzler der Bosse schon
härter gegen
seine Genossen und die
Gewerkschaften. „In
seinen in den kommenden Tagen erscheinenden Erinnerungen
wirft er «relevanten Teilen der SPD-Linken» vor, mit
ihrer Strategie dazu beigetragen zu haben, dass eine
neue Linkspartei entstehen konnte." Die Gewerkschaften
bezeichneten dies als „dummes Zeug", und
SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Dieter Rossmann beteuerte
sogar „Wir sind mit ihm durchs Feuer gegangen" (sh.
"SPD-Linke verteidigt sich gegen Schröder-Kritik",
netzeitung.de,
23.10.2006). Genau deshalb musste aber „eine neue
Linkspartei entstehen".
Zum
Putin-Schröder-Gasprom-Clan (und zu den "neuen Reichen"
auf Kosten des russischen Volkseinkommens) sagt Jürgen
Roth, Autor des Buches Der Deutschland-Clan:
Ich habe Geldwäsche-Verdachtsanzeigen
hier vom deutschen Zoll, aus denen hervorgeht, wie
Millionen verschoben werden, wo nicht weiter ermittelt
wird, weil eben Putin im Hintergrund steht. Dem
Bundesnachrichtendienst sind die Erkenntnisse bekannt,
dem Bundeskriminalamt sind diese Erkenntnisse bekannt,
Europol sind diese Erkenntnisse bekannt, also dürften
sie Herrn Schröder auch bekannt gewesen sein.
(Sh.
"Titel Thesen Temperamente" vom 7.5.06 (WDR) zum
Erscheinen des Buches)
Auch
Wolfgang
Clement, Schröders Bundesgenosse bei der Senkung des
Spitzensteuersatzes für „Bestverdiener" und bei der
übrigen Umverteilung nach oben, findet die Anerkennung
der Energiepreis-Treiber mit ihren
zweistelligen Gewinnzuwächsen und hat seine ausgesetzte
Tätigkeit als Aufsichtsrat beim Strompreis-Lobbyisten
und -Profiteur RWE
Power als „neutrales Mitglied" wieder aufgenommen,
die er als Wirtschaftminister mit Zuständigkeit für
Energiepreiskartelle ruhen lassen musste - sh. unten und
"Auch
Clement sahnt ab", berlinonline.de,
24.2.06 (sh. auch Philipp Fahr:
Machtakteure,
Bielefeld, 27.9.06). Im Januar 2008 warnte Clement in
einem Artikel für Springers Welt am Sonntag indirekt vor
einer Wahl der SPD in Hessen, weil deren
Spitzenkandidatin Ypsilanti sich gegen seinen
zweifelhaften Atom- und Kohle-Lobbyismus
stellte. Dazu titelte und schrieb DER SPIEGEL vom
19.1.2008:
Clement fällt Hessen-SPD in den
Rücken...
Der von der SPD für den Fall eines Wahlsieges
designierte hessische Wirtschafts- und Umweltminister
Hermann Scheer forderte Clement zum Parteiaustritt auf.
"Die SPD braucht keine Ratschläge von einem ehemaligen
Minister, der sich als Lobbyist an einen Stromkonzern
verkauft hat", sagte Scheer...
"Wolfgang Clement missbraucht seine frühere
Führungsrolle in der SPD, indem er sie nun als bezahlter
Lobbyist in klingende Münze umsetzt", schimpfte
Scheer...
Es ist ein trauriger Beleg für den Zustand der SPD, dass
sie Clement nicht schon viel früher identifiziert hat
als Vorkämpfer für die Umverteilung nach oben mit seiner
Forderung nach immer weiter gehenden Steuersenkung
für sich und die übrigen Best-"Verdiener" (sh. oben),
mit der Arbeitsplatzvernichtung durch Konsumdrosselung
und seinen Ablenkungs-Diffamierungen gegen die
Hartz-IV-Opfer dieser Politik (sh.
Abschnitt_1b.htm).
Statt dessen erwacht ihr sozialdemokratisches Gewissen
erst, wenn ihre Wahlchancen in Frage gestellt werden.
Clement war schon früher bei RWE in bester Gesellschaft mit
den RWE-Nutznießern
Laurenz Meyer (CDU), Jürgen
Möllemann (FDP) usw. (sh.
rossaepfel-exkurse.de).
Da die ausgeplünderten
Privatkunden bei den Lobbyisten kaum Gehör finden,
bleibt noch die Hoffnung auf die ebenfalls geschröpften
großen industriellen Stromabnehmer (sh. z.B.
"CDU-Minister: Enteignet Eon", taz.de, 5.10.06, und
"Gutachten: Stromkonzerne halten Preise künstlich hoch",
welt.de, 18.1.07, sowie insbesondere den Film von
Steffen Judzikowski und Hans Koberstein: „Das
Kartell - Im Würgegriff der Energiekonzerne",
FRONTAL21-Dokumentation vom
14.8.2007, mit
Manuskript).
Andererseits sollte es der RWE mindestens den Anfang
2006 vergebenen Aufsichtsratsposten für Clement
wert sein, dass er als Wirtschaftsminister Ende 2004
(zusammen mit seinem Schröder-Tross) dieser Branche Milliardengeschenke zugeschanzt hat durch
die kostenlose Zuteilung von
Verschmutzungszertifikaten
bis 2012, ohne die nochmalige Hereinholung dieser
Milliarden durch ihre Umlage auf die Strompreise zu
verbieten. Den Aktionären bringt das zusätzlich mehr als
30 Milliarden Euro auf Kosten der gebeutelten
Energieverbraucher.
Das ist möglich, weil die Unternehmen die
Kosten für den Ankauf der Papiere, die sie für den
Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) brauchen,
voll auf die Strompreise umlegen, obwohl sie 90 Prozent
dieser Zertifikate gratis erhalten. Eon werde so in den
nächsten Jahren 11 Milliarden Euro einstreichen. Auch
RWE (9 Mrd.), Vattenfall (6,6 Mrd.), EnBW (6 Mrd.) und
Evonik (2,3 Mrd.) könnten mit Zusatzeinnahmen in
Milliardenhöhe rechnen.
(Sh.
"Öko-Institut – Versorger kassieren Milliarden durch CO2-Papiere",
fr-online.de, 17.6.2008.)
Beim Verrat der Sozialdemokratie seit ihrer großen Wende
im Jahre 1998 und ihrem folgerichtigen historischen
Niedergang hat Clement eine entscheidende Rolle
gespielt. Gerade das soll aber nicht der Grund sein für
das angestrebte Parteiausschluss-Verfahren gegen ihn
nach seinen parteischädigenden Äußerungen während der
Hessen-Wahl 2008. Ganz im Gegenteil will er seine
Propaganda für die Agenda 2010 und gegen ein soziales
Bündnis mit der Linken fortsetzen (sh. hierzu auch die
Analyse von Roland Koch). Die neoliberalen
Mehrheit des „sozialdemokratischen" Establishments und
ein Teil ihres Nachwuchses preist vielmehr immer wieder
seine angeblichen „großen Verdienste" (bei der
Umverteilung in ihre Taschen) – verständlicherweise,
denn sonst müssten sie auch ihren „Kanzler der Bosse"
und sich selbst ausschließen.
Der Klüngel der zentralen Planwirtschaft wird in der
Marktwirtschaft auf ähnliche Weise praktiziert, aber
jetzt mit
wesentlich stärkerem Effekt für die steuerliche und
primäre Umverteilung nach
oben.
Die Ausplünderung der Verbraucher
durch die Privatisierung der ehemaligen Staatsmonopolen
richtet sich also direkt gegen die Marktwirtschaft.
Dagegen wächst die Macht der staatlichen Energiekonzerne
in Russland, so dass dort immer mehr private
Schlüsselindustrien von ihnen mehr oder weniger
preisgünstige „gekauft" und kontrolliert werden. Statt
also die Profite aus den Energiemonopolen weiterhin an
die Lobbyisten zu verschleudern, nutzt der russische
Staat die hohen Einnahmen und seinen Einfluss, um sein
Monopol noch auszudehnen auf alternative
Energielieferanten von Europa in Libyen, Algerien,
Nigeria, Aserbaidschan, Turkmenistan, Kasachstan usw.
Auf diese Weise werden Deutschland und Europa umzingelt,
so dass man bei erpresserischen Energiepreisen der
russischen Staatsmonopolisten immer weniger
Ausweichmöglichkeiten hat. Dazu heißt es in der
Financial Times Deutschland:
Europa braucht Gas-Alternativen
Rund 40 Prozent der EU-Gasimporte stammen
von Gazprom. Aber das reicht den Russen nicht. „Gazprom
will ganz gezielt den Europäern die Alternativen zu
ihrem Gas nehmen", sagt Florian Haslauer, Energieexperte
der Unternehmensberatung A.T. Kearney. „So kann Miller
seine Visionen der künftigen Gaspreise realisieren."
Kürzlich sprach der Konzernchef von 1000 Euro je 1000
Kubikmeter, sollte der Ölpreis weiter anziehen. Es wäre
eine Vervierfachung gegenüber 2007.
(Sh.
"AUFKAUF VON GASVORRÄTEN –
Gazprom umzingelt Europa", ftd.de,
22.7.2008).
Die privaten Oligopolisten in
Europa haben kein Interesse an Gegenmaßnahmen, denn sie
profitieren sogar noch von weiteren
Energiepreis-Explosionen. Selbst die CDU kann nun die
Folgen der Privatisierung um jeden Preis mit ihren
Lobbyisten nicht mehr leugnen. So sagt z.B. der
CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok (sh. ebd.):
Gazprom ist mit seiner Strategie der
Einkreisung der Europäer fast am Ziel.
Während also
in anderen Ländern die Schlüsselindustrien in Staatshand
bleiben, hat die neoliberale Schröder-Regierung zur
Finanzierung ihrer Umverteilung nach oben im Jahre 2000
sogar die Bundesdruckerei verscherbelt - mit Zugriff auf
alle Personalausweis-Daten - an eine gewisse Authentos
Holding GmbH des Finanzinvestor Apax Partners & Co. Der
Kaufpreis von ca. einer Milliarden Euro wurde beglichen
mit Krediten der Schröder-Regierung von 225 Millionen
Euro und der Hessischen Landesbank von 500 Millionen
Euro, also alles zu Lasten des Steuerzahlers.
Den Rest sammelte die Apax bei privaten
Kapitalanlegern ein, die mit angeblich hohen
Heuschrecken-Profiten geködert wurden. Schon im
Jahre 2002 war die Bundesdruckerei auf diese Weise
ausgesaugt durch
die üblichen strangulierenden Schuldzinsen zu Lasten des
Heuschrecken-Opfers für die Kredite, mit denen es selbst
aufgekauft wird. Dann wurde das ehemalige Staats-Juwel mit der „Authentos-Gruppe" für die symbolische
Summe von einem Euro weiterverkauft, wiederum mit allen
Personalausweis-Daten der Bundesbürger. Der
deutsche Steuerzahler und die übrigen Gläubiger konnten
ihre Hunderte von Millionen Restforderungen gegen die
Authentos von Apax abschreiben. (Sh. die weichgespülten Titel
"Bundesdruckerei
begrüßt neuen (alten) Eigentümer",
golem.de,
10.9.2008,
"Bund kauft Bundesdruckerei
zurück", stern.de,
9.9.2008, aber auch
"Minister, Murks, Moneten",
focus.de,
7.7.2008, und Wikipedia:
"Bundesdruckerei"
mit weiteren Quellenangaben, besucht
10.9.2008.)
Von der Privatisierung der großen Energiekonzerne
mit anschließender Gewinn- und Preisexplosion haben
nicht nur deren Aktionäre, sondern auch etliche
Politiker profitiert (sh. Wilhelm Rühl: „Privatisierung
fördert und legalisiert Korruption",
meinepolitik.de, 6.10.1995). Mit solchen „Erfolgen" für
die Aktionäre auf Kosten der Stromkunden können sich
auch die Energie-Bosse für ihren Ruhestand oder
Vorruhestand Rentenzahlungen gewähren lassen von
geschätzten 400.000 (Utz Claassen, Jahrgang 1963, EnBW)
bis mehr als 800.000 Euro (Bernotat, Jahrgang 1948, EON)
jährlich, für die die Strom-Endverbraucher viele hundert
Jahre arbeiten müsste (sh. „Millionen-Deal",
spiegel.de,
15.8.2007) „Goldener
Lebensabend", tagesspiegel.de, 25.8.07, und „Hart
aber fair", 19.9.07).
Bestbezahlter deutscher Manager des Geschäftsjahres 2006
war allerdings Harry Roels, Chef der Rheinisch
Westfälischen Elektrizitätswerke, RWE, mit 13,6
Millionen Euro Jahreseinkommen, angeblich noch knapp vor
dem international alimentierten Josef Ackermann, Chef der Deutsche Bank, mit 13,2
Millionen Euro (sh. „Die maßlosen Manager, STERN
42/2007, S. 28-36). Dieser Vorreiterrolle des Strom- und
Gas-Klüngels ist allerdings nicht verwunderlich.
Der Erfolg bei der Umverteilung nach oben zugunsten
seiner Großaktionäre wird großzügig belohnt,
auch durch den enormen Wertzuwachs der persönlichen
Aktienoptionen. Hier dient das Beispiel als weitere
Illustration zur neoliberalen Falschmünzerei der
"Leistung" nach dem Spruch: "Leistung muss sich wieder
lohnen".
Der Spruch ist vor allem zu beachten,
wenn er sich auf die „Leistung" der „Working Poor"
bezieht, die für ihren ordentlichen Beitrag zum
Volkseinkommen mit Stundenlöhnen
unter sieben Euro abgespeist werden, während andere für
ihren Wählerbetrug, durch ihr Kapital oder in dessen
Diensten den Rahm abschöpfen - mit zunehmender Gier - zu
Lasten der eigentlichen Leistungserbringer.
Der Trick ist die Monopolisierung von
Stromproduktion und –vertrieb durch Aufkauf oder
Teilübernahme der kleinen Stromversorger und durch
Abschottung der Grenzen gegen Importe zu den
Wettbewerbs-Preisen von Nachbarländern. Die Abschottung
geschieht durch viel zu kleine Auslegung der
"Kuppelstellen" an den deutschen Grenzen, damit die
Durchleitung auf Sparflamme gehalten und der
"Erstabsatz" von den Oligopolisten bestimmt werden kann
über ihre gewünschten Angebotsmengen an der deutschen
Strombörse. Diese Ausplünderungs-Strategie wurde einmal
wieder deutlich beim Versuch von Eon, die Stadtwerke
Eschwege durch Anteilskauf auf ihre Linie zu bringen.
Dazu heißt es in der Financial Times Deutschland vom
11.11.2008 unter der Überschrift
"BGH-Urteil
kann Eon nicht schrecken":
Die Urteilsbegründung zeigt, wo die
Wurzeln allen Übels liegen. Da stellt der
Bundesgerichtshof fest, dass „für den Erstabsatz von in
Deutschland erzeugtem oder nach Deutschland importiertem
Strom [...] noch kein freier Wettbewerb herrscht,
sondern - zumindest - zwischen den beiden Marktführern
Eon und RWE ein marktbeherrschendes Oligopol besteht."
Auch die übrigen stromerzeugenden Unternehmen, darunter
Vattenfall und EnBW, seien nicht in der Lage, einen
hinreichenden Wettbewerbsdruck gegen die Marktführer
aufzubauen. Und das mehr als zehn Jahre nach der
Liberalisierung.
Die Strom- und Gas-Lobbyisten haben also
ganze Arbeit geleistet mit ihren teilweise
ferngesteuerten marktradikalen „Liberalisierungs"-Propheten
in den politischen Parteien. Sie benutzen die angeblich
"freie" Marktwirtschaft auch hier lediglich zur
Ausplünderung der Verbraucher wie sie auch in der
Finanzwirtschaft missbraucht wird von den Zockern zur
Ausplünderung der haftenden Steuerzahler.
Durch die kartellmäßige Preistreiberei ist die
Eigenkapitalrendite von RWE in 2006 auf 26 Prozent
gestiegen – gegenüber ca. 15 Prozent in 2005.
Deren Steuerquote ist jedoch von ca. 39 Prozent in 2005
auf 22 Prozent in 2006 gesunken (sh.
aktien.onvista.de unter „Rentabilität",
18.10.2007). Zum 1.1.2008 will man die Preise
ungeniert weiter erhöhen:
Die von E.ON und RWE
angekündigte Strompreiserhöhung um bis zu 10 Prozent ist
nach Meinung der stellvertretenden Vorsitzenden und
energiepolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion,
Susann Biedefeld, völlig überzogen und nicht
gerechtfertigt: „Das ist eine Zumutung und eine offene
Kriegserklärung an die Verbraucher… ."
(aus „europaticker:
Scharfe Kritik an Strompreiserhöhung",
16.10.2007). Viele andere Anbieter sehen, dass
man mit solcher Dreistigkeit durchkommt, und ziehen nach
(sh. „300 Stromanbieter planen kräftige Preiserhöhung: Sigmar Gabriel tobt", europolitan.de, 18.10.2007.) Für
das ersten Halbjahr 2007 hatte RWE bereits einen Gewinn
von 2,6 Milliarden Euro gemeldet bei einer Steigerung
des betrieblichen Ergebnisses um 18 Prozent auf von 4,4
Milliarden Euro, insbesondere durch Preissteigerungen
(sh.
Harry Roels/Rolf Pohlig: Halbjahresbilanzpressekonferenz,
09.08.2007).
Diese „privatwirtschaftliche" Selbstbedienung mit
Hilfe der neoliberalen Koalition geht zu Lasten der
RWE-Kunden, von denen viele nicht mehr wissen, wie sie
die Strom- und Gasrechnungen der Preis-Oligopolisten
bezahlen sollen. Sie können sich vor allem bei
jenen Politikern bedanken, die diese Oligopole durch
ihren Filz stark gemacht haben, die sie
weiterhin gegen den Wettbewerb abschirmen, indem sie
ihre Zerschlagung verhindern.
Wenn sie sich zur totalen „Befreiung" der
Marktkräfte gegen die Schwachen auch gern ihre (mittlerweile
pervertierte) Freiburger Schule des „Ordoliberalismus"
zitieren, so erinnern sie sich bei ihrem Lobbyismus
ungern an deren Kronzeugen Walter Eucken mit seinem
Diktum: "Es
sind also nicht die sogenannten Mißbräuche
wirtschaftlicher Macht zu bekämpfen, sondern
wirtschaftliche Macht selbst" (aus seiner Schrift
Wirtschaftsmacht und
Wirtschaftsordnung, Sammelband
2001).
Die Privatisierung der
Energieversorgungsnetze zur Ausplünderung der
Verbraucher ist eine typische Errungenschaft der
deutschen Neoliberalen mit ihren gekauften
Partei-Lobbyisten. In anderen
Wirtschaftsbereichen wie Telekommunikation, Bahn und
Post gibt es dagegen für die Verbraucher noch ein Bündel
von Alternativen gegen Monopolpreise. Bei der Bahn geht
das auf Kosten der Umwelt und letztlich des
Steuerzahlers durch ausufernden LKW-Verkehr. Bei anderen
ehemals staatlichen Dienstleistungen wie dem
flächendeckenden Postdienst versuchen Private wie die
PIN-Group der Axel
Springer AG und anderer neoliberaler Meinungsmacher
dagegen, ihre Gewinne durch Dumping-Löhne zu steigern.
(sh. hier
Mindestlohn.htm).
Auch sie profitieren damit letztlich auf Kosten des
Steuerzahlers zu Lasten von zunehmender Sozialhilfe für
Lohnempfänger und spätere Rentner. Noch dramatischer
sind die Folgen der Privatisierung zugunsten der
Umverteilungsprofiteure bei Schulen, Kindergärten,
Universitäten, Krankenhäusern, Ordnungsdiensten usw.
Die profitierenden bestbezahlten
neoliberalen Meinungsmacher zeigen jedoch mit dem Finger
auf die Kritiker der Privatisierungs-Wut, so z.B. durch
Eigennutz-Unterstellung in einem STERN-Interview mit
Lafontaine:
STERN: Gleichzeitig wollen sie den Anteil der Staatsbediensteten auf 25 Prozent unter
den Beschäftigten hochfahren. Wem nützt das eigentlich - außer dem Wahlkämpfer
Lafontaine?
Lafontaine: Das ist das Modell Dänemark
und Schweden, wo wir eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit
haben. Das setzt natürlich voraus, dass wir eine Steuer-
und Abgabenquote wie in diesen Ländern hätten. Das will
ich jetzt gar nicht fordern, weil es dazu führen würde,
dass einige in Ohnmacht fielen. Denn das hieße
Mehreinnahmen von weit über 300 Milliarden Euro pro
Jahr.
STERN: Etwas unklar ist die Haltung Ihrer Partei zu bereits privatisierten ehemaligen
Staatsbetrieben. Was genau wollen Sie wieder in die öffentliche Hand überführen:
die Post, die Energieunternehmen, die Telekom, die Bahn?
Lafontaine: Das muss natürlich sukzessive
erfolgen. Zunächst einmal wollen wir bei der
Energieversorgung die Netze verstaatlichen, wie es
europäische Nachbarn tun. Zweitens wollen wir eine
Rückgabe der Energieerzeugung in die Hände von Städten
und Gemeinden. Das wäre ein erster wichtiger Schritt.
(Sh.
"Interview Lafontaine: 'Ich habe keinen Butler'",
stern.de,
14.8.2008.)
Die stärkste Unterstützung für ihre kartellmäßige
Preistreiberei erhalten die Energie-Konzerne offenbar durch den
Lobbyisten-Filz der betroffenen CDU-Regierungen in den
Ländern NRW, Baden-Württemberg und Niedersachsen
(sh. „Länder
torpedieren Pläne für billigeren Strom",
netzeitung.de,
21.9.2007). Die Gebietskonzerne RWE, EON, EnBW,
Vattenfall kassieren von den Verbrauchern auch weiterhin
Milliarden für ihre Luftverschmutzungsrechte, obwohl sie
diese Rechte vom Staat gratis erhalten haben. Gegen
diesen Missbrauch hatte die Industrie eine Klage gegen
RWE angedroht. Um die Klärung der Rechtslage zu
vermeiden, hat RWE in einem faulen Kompromiss mit dem
Bundeskartellamt zwar nachträglichen Preisnachlässen für
die Industrie zugestimmt. Die Endverbraucher gehen aber
leer aus, weil die Rechtslage nicht geklärt ist. Es
besteht sogar die Befürchtung, dass man durch den Filz
und abgestimmtes Verhalten schließlich auch noch bei den
Endverbraucher für diese Nachlässe an die Industrie mit
Preiserhöhungen abkassiert (sh. „RWE-Kompromiss
findet keine Freunde", netzeitung.de,
28.9.2007). Die neoliberale Politik betreibt ihre
Umverteilung nach oben also nicht nur über die
Steuergesetze, sondern mit allen Mitteln.
Mittlerweise übernahm sogar schon der
Merkel-Vertraute Reinhard Göhner
ungeniert die Spitzenpositionen in einem der stärksten
Lobbyverbänden für diese Umverteilung (Arbeitgeberverband
- BDA),
ohne sein CDU-Mandat aufzugeben. Merkels Vertrauter
Norbert Röttgen sollte die zweite der beiden wichtigsten
Lobbyisten-Funktionen in der Industrie übernehmen, aber
gleichzeitig CDU-"Volksvertreter" bleiben
(sh. „Merkel-Vertrauter
in BDI-Spitze", zeit.de, 16.5.06).
Nur unter stärkstem Druck konnten die
CDU-Strategen davon abgehalten werden, den Lobbyismus
dieses Verbandes in ihrer Fraktion dermaßen offen zu
legen (sh. „Der BDI auf der Flucht vor der CDU",
taz.de, 21.7.06,
und „Röttgen verzichtet auf BDI-Posten",
netzeitung.de, 21.7.06.
Zu
Friedrich Merz,
Helmut Kohl und anderen siehe hier weiter unten und
Kohl-Verteilung.htm).
Aber als verdeckter Lobbyist innerhalb der CDU-Fraktion
kann er für die Umverteilung nach oben vielleicht noch
mehr erreichen – ebenso wie seine „christliche" Fraktion
der verdeckten Lobbyisten insgesamt. Außerdem lassen
sich mit dem Mandat und möglichen Ministerposten
jedenfalls schneller hohe Pensionsansprüche erwerben als
in den meisten anderen Funktionen.
Im Jahr 2007 hat jedoch Porsche-Chef Wendelin Wiedeking
die bisherigen Abkassierer weit abgehängt mit einem
Einkommen von mehr als 54 Millionen Euro!
(Sh. „MASSLOSE
MANAGERGEHÄLTER – Wirtschaft wehrt sich gegen
Merkels Kritik", spiegel.de,
4.12.2007). Das ist das Jahreseinkommen von
mehr als 1500 deutschen Vollzeit-Industriearbeitern!
(Sh. Statistisches Bundesamt,
Fachserie 16, Reihe 2.1, Tabelle 3, Produzierendes
Gewerbe, 33.435 Euro brutto in 2005, Stand 11.12.2007).
Für das Geschäftsjahr bis 30.6.2008
kann Wiedeking sogar eine Steigerung seiner Jahresbezüge
auf 100 Millionen Euro erwarten, vor allem durch
Porsches Spekulationsgewinne mit VW-Aktien.
Dazu schreibt der Spiegel vom
26.7.2008 unter der
Überschrift
"Porsche
macht mehr Gewinn als Umsatz":
Mit dem Verkauf von Autos wird Porsche
allerdings nur einen Profit von 1,2 Milliarden
einfahren. Rund 5,9 Milliarden Euro Gewinn dagegen
dürfte die Firma nach Schätzung des
Credit-Suisse-Analysten Arndt Ellinghorst allein durch
die Neubewertung ihres 31-prozentigen Aktienanteils an
VW erzielen. Geschäfte mit Aktienoptionen würden weitere
3,5 Milliarden Euro einbringen. Dividenden und anteilige
Gewinne des VW-Konzerns brächten den Stuttgartern
zusätzlich mehr als 900 Millionen Euro ein.
Der VW-Kurs wurde durch Porsches
Terminkäufe von VW-Aktien in der kurzen Zeit von
September bis November 2008 um etliche hundert Prozent
hochgetrieben, und zwar durch die Nachfrage der
Terminverkäufer, die diese Aktien noch gar nicht
hatten oder geliehene Aktien ersetzen mussten (Leerverkäufe)
und nun ihre Lieferverpflichtungen für die
Machtübernahme durch Porsche kaum erfüllen konnten.
Solche Spekulationen auf fallende Kurse wurden in
Großbritannien und den USA aufgrund der Finanzmarktkrise
(vorübergehend!) verboten. (Sh.
"Börsenaufsicht in USA und UK
verbieten Kurswetten bei Finanzaktien",
Vorarlberg Online,
19.9.2008.) Sie machen einen Sinn bei
Währungskurs-Sicherungen für große Industrie-Exporte,
sind aber für solche Aktienkäufe eine gemeingefährliche
Zockerei, insbesondere dann, wenn die meisten Aktien
eines Unternehmens gar nicht mehr für den Markt zur
Verfügung stehen. Von den deutschen neoliberalen
"Volksvertretern" sind solche
"finanziellen
Massenvernichtungswaffen" (Warren Buffett)
aber sogar bei
Derivaten
weiterhin zugelassen und aufgrund der
Finanzmarktkrise lediglich für einige bestimmte Aktien
ausgesetzt worden (sh.
"BaFin
untersagt Leerverkäufe in Deutschland", welt.de,
19.9.2008). - Durch einen plötzlichen Verkauf von
VW-Aktien Ende Oktober 2008 beim Kurs von knapp 1000
Euro konnte Porsche einen riesigen Zusatzgewinn
zugunsten seiner Schluck-Aktion gegen VW machen.
Trotzdem konnten die kleinen VW-Kaperer den Kurs per
3.11.2008 beim Vierfachen seines Wertes zum Jahresanfang
2008 halten, der bei etwa 100 Euro lag (sh. z.B. die
Kursentwicklung bei
onvista.de). Bei diesen Preisen sieht man auch die
Leichtfertigkeit (oder was sonst?) des niedersächsischen
Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU), der immer
mehr die Möglichkeit vergibt, den 20-Prozent-Anteil des
Landes Niedersachsen auf eine sichere Sperrminorität von
25 Prozent zu erhöhen - zum Schutz von VW gegen
Ausplünderung (sh.
"Wulff: Sperrminorität bei VW
ist jedem Aktienkäufer bekannt",
dradio.de,
12.9.2008). Durch den überfälligen Zinsanstieg für
Übernahmekredite wird allerdings der Größenwahn etwas
gebremst (sh.
„Zweimal Größenwahn – Wie sich die Fälle
Schaeffler-Conti und Porsche-VW ähneln“,
sueddeutsche.de,
22.4.2009.
Am Ende beliefen sich die Bezüge von Wiedeking für das
Geschäftsjahr 2007/2008 auf 77,4 Millionen Euro (sh.
"Wiedeking bestbezahlter Konzernchef Europas",
spiegel.de,
28.5.2009).
Während aber in dem Geschäftsjahr der Gewinn höher war
als der Umsatz (!), verursachten genau diese
Spekulationen im darauffolgenden Geschäftsjahr 2008/2009
einen Vorsteuerverlust von fünf Milliarden Euro (sh.
"Porsche erwartet Milliardenverlust", zeit.de,
29.7.2009). Das
führte jedoch nicht dazu, dass Wiedeking seine
kurzfristige Spekulations-Prämie von mehr als 70
Millionen Euro zurückzahlen musste, sondern ganz im
Gegenteil noch zu einer Abfindung von 50 Millionen Euro
für sein überfälliges Ausscheiden. Für die
verantwortlichen Porsche-Erben lagen die
Spekulationsgewinne allerdings nicht im Bereich von
Millionen, sondern von Milliarden. Es kann hier nicht
untersucht werden, inwieweit sie auch an den daraus
folgenden Milliarden-Verlusten beteiligt wurden.
Jedenfalls zeigte Wolfgang Porsche durchaus Emotionen
beim Ausscheiden von Wiedeking, die sicherlich auch mit
seinem verlorenen Reibach zu tun haben.
Angela Merkel hatte immerhin noch auf das japanische
Vorbild und den weltgrößten Autokonzern Toyota hingewiesen mit
den Worten: „Dort verdient der Chef nur ungefähr
das Zwanzigfache eines Arbeiters".
In der Zeitschrift JAPANMARKT heißt es dazu unter der
Überschrift „Toyota statt Ferrari":
Inklusive aller Boni kommen Japans Topmanager im
Durchschnitt auf ein Gehalt von 36 Millionen Yen. Legt
man einen Wechselkurs von 150 Yen pro Euro zugrunde,
verdient Nippons Wirtschaftselite 240.000 Euro im Jahr…
"Keine Experimente", lautet heute immer noch die Devise,
wenn in Japan Vorstandsposten neu zu besetzen sind.
Toptalente aus fremden Firmen abzuwerben ist in Japan
immer noch die große Ausnahme. In den meisten Fällen
rücken langjährig bewährte Manager aus der zweiten Riege
nach. Loyalität statt Qualifikation und Leistung ist
nach wie vor Kriterium Nummer eins bei der Auswahl neuen
Führungspersonals. Dies mag an den Zielen japanischen
Managementstrebens liegen. Gesucht wird in der Regel der
Vorsteher eines Verwaltungsapparats, der langfristige
Interessen von Management, Mitarbeitern und
Geschäftspartnern vereint, nicht ein zupackender,
profitorientierter Unternehmertyp, der den Gewinn der
Shareholder maximiert.
(Sh.
JAPANMARKT,
Januar 2008, S. 28, deren Quelle: Sanro Research
Institute.) Hier steht offenbar konfuzianischer
Gemeinsinn gegen unseren
Winner-Loser-Raubtierkapitalismus der
US-Republikaner - mit noch viel höheren Bezügen für
Auto-Manager, die noch weiter hinter Toyota
zurückfallen. Mit seinem Vorrang der
Unternehmensinteressen und Beschäftigten vor den
Interessen des Kapitals und der Abzocker gehört Toyota
zu den erfolgreichsten Großkonzernen und hat den
höchsten Börsenwert aller Autohersteller weltweit (sh.
Wikipedia:
Toyota).
Gemessen daran dürften die Schrempps und sonstigen
deutschen DAX-Manager nicht im entferntesten das
Zwanzigfache bekommen. Aber bei allen
Lippenbekenntnissen der Neoliberalen und Profiteure ist irgendeine Verteilungsmoral von
den Lobbyisten der Umverteilung nach oben in Deutschland
kaum zu erwarten (sh. „MASSLOSE
MANAGERGEHÄLTER", a.a.O.).
Diese Umverteilung wird von den Neoliberalen gern
begründet mit dem Slogan "Leistung muss sich
wieder lohnen". Demnach müsste Wiedeking
so viel leisten wie 1500 Industriearbeiter! Oder der „Leistungs"-Begriff
wäre menschenunwürdig pervertiert und lediglich noch
kapitalistisch aufzufassen. An diese Auffassung
hat man sich im Ellenbogen-Kapitalismus bei
Unternehmer-Gewinnen bereits gewöhnt. Immerhin soll
Wiedeking „nur" 0,9 Prozent des Porschegewinns
erhalten (sh. „Eiszeit
zwischen Kanzlerin und Bossen",
spiegel.de,
10.12.2007), aus dem sich die Piëchs und Porsches
auch durch Aktienverkauf bedienen könnten! Die 0,9
Prozent passen rechnerisch zu seinen 54 Millionen Euro
und dem offiziellen Vorsteuergewinn von 5,857 Milliarden
Euro im Geschäftsjahr 2006/2007 (31. Juli) für das
überwiegende Familienunternehmen Porsche (sh. „Millionensegen
für Piëch und Porsche",
manager-magazin.de,
12.11.2007, und „Luxusautos
- Porsche macht fast sechs Milliarden Euro plus",
welt.de,
12.11.2007).
Durch derartige weltweite Umverteilung des
Volkseinkommens nach oben sichert der Snob-Effekt zwar
den Herstellern von Luxusautos ohnehin steigende
Gewinne. Aber "der hohe Betrag hängt ganz
wesentlich mit dem Einstieg von Porsche bei VW zusammen"
(sh. "Porsche verteidigt hohe Bezahlung
Wiedekings",
swr.de,
9.12.2007 ). Der riesige Gewinnzuwachs bei Porsche
von 2,11 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf fast sechs
Milliarden in 2007 erklärt sich zum großen Teil durch
"Optionsgeschäfte mit VW-Aktien .., die allein 3,593
Milliarden Euro in die Kassen spülten" und von denen
Wiedeking durch seine Gewinnbeteiligung profitiert (sh.
"Freie
Bahn für Wiedeking", manager-magazin.de,
13.11.2007, und
swr.de,
9.12.2007). Aber auch in den Vorjahren brachte die
Zusammenarbeit mit VW für Porsche Traumrenditen. (Sh. „Porsche
und VW: Viel Phantasie in den Kursen",
faz.net,
16.11.2006, mit der Passage „Die Umsatzrendite von
Porsche beläuft sich auf stolze 19,2 Prozent, die von
Volkswagen nur auf 1,2 Prozent".) Möglicherweise kann
die Porsche-Piëch-Familie wegen des 31prozentigen
Porsche-Anteils an VW viele Komponenten und
Dienstleistungen für ihre Produkte dort so billig
einkaufen, dass ein guter Teil des eigentlichen
VW-Gewinns bei Porsche ankommt. Zum Beispiel lässt
Porsche seine Forschung und Entwicklung anscheinend im
wesentlichen über VW-interne Aufträge erledigen und
spart auch damit erhebliche Kosten. Solche Zusatzgewinne
können die Piëchs und Porsches gut gebrauchen, um über
Porsche noch mehr VW-Anteile zu erwerben und damit ihre
Interessen gegen VW noch weiter durchzusetzen (sh. auch
"Car Wars",
jungle-world.com,
1.11.2007).
Bereits für
die zweiten Jahreshälfte 2008 ist die schrittweise
Anteilsaufstockung auf über 50 Prozent geplant (sh.
"Porsche will am 2. September
VW kontrollieren", faz.net, 10.7.2008).
Mit dem Zugriff auf solches
leicht verdiente Geld könnte Wiedeking auch seine
Position als Deutschlands bestbezahlter Manager weiter
ausbauen. Zu den leicht erworbenen 31 Prozent
VW-Anteilen von Porsche aus VW-Gewinnen schreibt die
WELT ONLINE: „Für die Anteile an VW musste Porsche nicht
einen Euro Schulden aufnehmen. Im Gegenteil: Gekauft
haben sie die bislang 31 Prozent für etwa 5,8 Mrd. Euro
– über Dividenden, Gewinn-Zuschreibungen und Profite aus
Optionsgeschäften flossen mehr als 6,3 Mrd. Euro in die
Porsche-Kassen zurück." (Sh.
"Grabenkämpfe könnten VW schwer schaden", welt.de,
12.9.2008.) Weiter heißt es dort zum Kampf von
Wiedeking mit Wolfgang Porsche gegen VW und zur
Demonstration von 30.000 VW-Beschäftigten aus Sorge um
ihre „feindliche Übernahme" und mögliche Ausplünderung:
"Ein Drittel aller Porsche-Sportwagen wird bereits heute
von VW gebaut. Und auch bei teuren Neuentwicklungen wie
bei neuen Antrieben geht es kaum ohne die Wolfsburger."
Die Disziplinierung der 360.000 VW-Arbeitnehmer mit
Hilfe des bestens geköderten 12.000 Porsche-Arbeitnehmer
haben Wiedeking und die Porsches auch schon eingeleitet:
"Die Arbeitnehmervertreter beider Unternehmen streiten
vor allem um die Mitbestimmung in der Porsche Holding.
In deren Betriebsrat sollen – sobald Porsche die
Mehrheit an VW erworben hat – die 12000 Beschäftigten
von Porsche genauso soviel Einfluss haben wie die
360.000 Beschäftigten von VW. Das halten die Wolfsburger
für einen Skandal. Die gegenseitigen Vorwürfe reichen
von 'feindlicher Übernahme' bis zu mangelndem
Demokratieverständnis." (Sh. ebenda.) Selbst Ferdinand
Piëch gehen diese Attacken von Wiedeking und Porsche
mittlerweile wohl zu weit. (Sh. ebd.)
Schon kurz darauf, am
16.9.2008, konnte DIE WELT vermelden:
Volkswagen ist jetzt eine
Tochterfirma von Porsche
Mit der Erhöhung des Aktienanteils auf
35,14 Prozent hat der Autobauer Porsche nun die
faktische Mehrheit in der Hauptversammlung bei
Volkswagen. Nach dem Wertpapierübernahmegesetz ist VW
nach Porsche-Angaben damit ein Tochterunternehmen des
Stuttgarter Sportwagenherstellers.
Die Porsche Automobil Holding SE hat
ihren Anteil am Volkswagen-Konzern von 30,25 auf 35,14
Prozent angehoben. „Das Ziel bleibt weiterhin, unseren
Anteil an Volkswagen auf über 50 Prozent zu erhöhen. Der
heutige Schritt ist ein weiterer Meilenstein auf diesem
Weg“, sagte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.
Die Arbeitnehmer von Europas größtem
Autobauer musste also mit ansehen, wie sie mit ihren
eigenen Gewinnen geschluckt wurden durch einen viel
kleineren Autohersteller, der aber dank der
Aktienmehrheit seiner Eigentümer über ihre Geschicke
bestimmen kann. Nun kann sie
nur noch die Sperrminorität des Landes Niedersachsen ein
wenig davor schützen, dass auch sie zum reinen Spielball
von Kapitalinteressen werden. Der niedersächsische
Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte diesmal
Recht mit der Bemerkung, „VW produziere in vier Tagen so
viele Autos wie Porsche in einem Jahr" ! (Sh.
de.reuters.com,
19.9.2008.)
Der rechtspolitische Sprecher der
EVP-Fraktion im EU-Parlament, Klaus-Heiner Lehne, sagte
am 24.9.2008 (gegen 7 Uhr) im Deutschlandfunk, Porsche
sei keine Heuschrecke. In der Tat ist wohl
hier nicht nach dem Aussaugen oder Schlucken das
kurzfristige Wieder-Ausscheiden geplant.
Es gibt auch volkswirtschaftlich
sinnvolle Unternehmens-Übernahmen, aber es gibt auch
andere Formen der Beute-Verwertung.
Die nächstliegende Maßnahme
gegen die Umverteilung nach oben in die Taschen der
Großprofiteure wäre die Rückkehr zum
Höchststeuersatz der Wirtschaftswunderjahre von 56
Prozent mit geeigneten Zuschlägen für
Verteilungs-Exzesse. Damit läge man in etwa bei den
Spitzensteuersätzen der erfolgreichen skandinavischen
Länder und noch unter dem dänischen
Spitzensteuersatz von 59 Prozent (sh. unten). Aber
die Heuchler von CDU und FDP wollen die
Spitzensteuersätze für sich und ihre Absahner noch
weiter senken auf 36 und 35 Prozent (sh. unten, und
dort auch die Kritik von IG-Bau-Chef
Wiesehügel). Und die
Lobbyisten der Umverteilung nach oben wie INSM, BDI,
BDA, DIHK mit den neoliberalen Medien rühren dazu mit
großem Kapitaleinsatz ihre Propaganda-Trommeln.
Kennzeichnend ist auch die Nähe von CDU und FDP zur
industriefinanzierten Propaganda-"Initiative Neue
Soziale Marktwirtschaft (INSM)"
mit ihren diversen Netzwerk-Partnern wie der „Stiftung
Marktwirtschaft" und den industriefinanzierten
"Denkfabriken" (sh. auch hier mit „INSM").
Im Hinblick auf die häufige Verquickung von
Abgeordneten-Mandaten mit dem Einsatz von „Landschaftspflegern"
bei großen Partei-"Spendern" und Lobbyisten schreibt
Transparency International:
Transparency International war wesentlich
an der Erarbeitung der UN-Konvention gegen Korruption,
der UNCAC, beteiligt…
168 Staaten haben die UNCAC unterzeichnet, vor drei
Jahren auch Deutschland. 68 Länder haben die Konvention
ratifiziert - Deutschland nicht. Dies bietet anderen
Ländern den Vorwand, es auch nicht zu tun…
Der Ratifizierung steht nur eines im Wege: der § 108e
des Strafgesetzbuches, der Bestechlichkeit und
Bestechung von Abgeordneten viel zu einschränkend
definiert. So erfasst die Abgeordnetenbestechung
beispielsweise nur den Teilbereich des so genannten
"Stimmenkaufs". Damit ist unklar, ab wann Spenden an
Mandatsträger für deren politische Tätigkeit Anlass
geben können, die Frage der „Käuflichkeit" zu
überprüfen.
(Sh. die Vorstellung des aktualisierten
Korruptionswahrnehmungs-Indexes im November 2006 unter
transparency.de, 6.11.2006).
Mit der Akzeptanz der typischen Verfilzungen und der
mangelnden Einkommenstransparenz von Mandatsträgern in
Deutschland wird also zugleich eine Ausrede
geboten für die Kleptokratenregime der Dritten Welt bei
der Strangulierung ihrer Volkswirtschaften, aus
denen das vielfache der Entwicklungshilfe-Gelder
zurückfließt auf die ausländischen Konten der
Potentaten. Über den systematisch „verzerrten
Pluralismus" der Neoliberalen in Propaganda-Sendungen
nach Art des Christiansen-Zirkus sh. die Studie zur „Einladepolitik
von Sabine Christiansen", netzpolitik.org/LobbyControl,
7.9.06.
Auch Angela Merkel biederte sich dem BDI an, indem sie
dort zur Unterstützung der Kahlschlags-Rhetorik und
medienwirksam Deutschland als "Sanierungsfall"
bezeichnete. Das sagte sie wohl auch aus ihrer
plakatierten "Liebe zu Deutschland" und nicht aus „Liebe
zum BDI". Tatsächlich ist jedoch nicht Deutschland der
"Sanierungsfall",
sondern ihre neoliberale Koalition
wegen ihrer Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung
nach oben (sh. zum Zurückrudern „Merkel sieht sich
missverstanden",
tagesschau.de, 23.6.06).
Zum „Sanierungsfall" sagte Peter Bofinger in seiner
zurückhaltenden Art (sh. „Wirtschaftsweiser:
Haushaltslage nicht dramatisieren",
dradio.de, 21.6.06):
Mein Eindruck ist, dass wir auch etwas
zur Dramatisierung neigen, wenn jetzt gesagt wird,
Deutschland sei ein Sanierungsfall. Was die öffentlichen
Finanzen angeht muss man sehen: Wenn man mal die G7,
also die großen Industrieländer nimmt, haben wir im Jahr
2007 die zweitbeste Finanzierungsposition von den
G7-Ländern und in keinem der anderen Länder wird davon
geredet, dass das Land ein Sanierungsfall ist. Ich
glaube wir sollten uns bei allen Problemen, die wir
haben, davor hüten, die Situation überzudramatisieren.
Inzwischen genießen auch gewisse TV-Moderatoren bei
ihren Verdummungs-Sendungen nicht nur die Protektion
ihres neoliberalen Parteienklüngels, sondern werden
außerdem
von der Industrie „gesponsert", z.B. Lothar Späth,
Michael Rogowski (sh. unten) und
Reinhold Beckmann
(WWK Versicherung - sh. auch „Doppelagent
Beckmann", tagesspiel.de, 26.4.06).
Dementsprechend feindselig verhalten sie sich gegenüber
der Linken als einziger politischer Kraft gegen ihre
Umverteilung nach oben in die eigenen Taschen, so
z.B. auch Beckmann (mit Björn Engholm) gegen Lafontaine
in
Beckmanns Sendung vom 22.6.2009.
Dass von den russischen und deutschen
Profiteuren aus dem russischen und deutschen
Volksvermögen mit Schröder als Galionsfigur ausgerechnet die
Schweiz als Firmensitz
gewählt wurde, hat sicher nicht nur mit Steuerflucht zu
tun, sondern auch damit, dass dort ihre wahren Geldströme
durch das Bankgeheimnis von
Gnomen bestens geheim
gehalten und gesichert werden (sh.
"Gasprom ist ein Synonym für
Korruption", spiegel.de, 22.12.05). Die
Macht der Gnomen durch Pervertierung des
Rechtsstaats-Prinzips musste der wagemutige Schweizer Soziologe
Jean Ziegler auf
das heftigste erfahren in
etlichen existenzbedrohenden Prozessen nach seinen Enthüllungen über den Verbleib
des Nazigoldes (sh. dazu „Jean
Ziegler - Held der Globalisierungskritiker",
DER SPIEGEL, 4/2002, S. 58-64, mit Hinweis auf Zieglers
Buch von 1997 Die Schweiz, das Gold und die Toten;
vgl. „Die Wege des Nazigoldes",
berlinonline.de, 29.11.1997;
über deutsche Beteiligte und Adolf Eichmann siehe auch
Gaby Weber: „Wenn Sie das Geldwäsche nennen", taz.de,
3.7.04, gespeichert auch unter
tolerantes-Sachsen.de).
Dass der großartige Neoliberalismuskritiker Jean Ziegler auch von
den neoliberalen Kleingeistern in Deutschland eher mit
Missfallen betrachtet wird, versteht sich von selbst. Siehe auch sein
Interview „Das ist täglicher Terror",
welt.de, 23.1.06,
mit seiner Schlussbemerkung zur Globalisierung des
Neoliberalismus:
Für die meisten Menschen sind diese Werte
der Aufklärung ewige Werte, unumstößlich wie die
Demokratie. Das ist aber absolut falsch. Der Dschungel
kann über uns hereinbrechen und 250 Jahre
republikanische Tradition liquidieren.
Die Überschrift zu diesem Text lautete in den ersten Versionen noch „Steuersenkung für
Besserverdiener …" (sh.
Besserverdiener.htm).
Aber auch die "Besser"-Verdiener
müssen ihre Steuerersparnisse meist vollständig
verwenden zum Ausgleich der staatlichen Mehrbelastungen
und Kürzungen, z.B.
durch Erhöhung der Öko- und Mehrwertsteuer, durch drastische Einschnitte bei der Altersversorgung
und im Gesundheitswesen, bei Qualität und Förderung
öffentlicher Leistungen, Wegfall von zigtausend Euro
Eigenheimzulage je Familie usw. Auch sie finanzieren die echten Ersparnisse für die
"Best"-"Verdiener"
(Minister; Abgeordnete, zumindest die mit
Nebeneinnahmen, allein schon aufgrund ihrer üppigen
Gratis-Versorgung; weise „Wirtschaftsexperten" als
heilige Kühe der neoliberalen
"Elite"-Truppen; Verbandsfunktionäre usw.). Was über dem
Einkommen von Abgeordneten und Ministern liegt (abgesehen
vielleicht von besonders nützlichen Unternehmer- und
Forscherleistungen), wird meist nicht
"verdient", sondern lediglich aus dem
Volkseinkommen abkassiert, so
dass man häufig auch nicht mehr nur von
Best-"Verdienern" sprechen kann. Dagegen
bestand kein besonderer Anlass, „Besserverdiener" in
Anführungszeichen zu setzen (sh. den Abgrenzungsversuch
hier unter
Besserverdiener.htm).
Allerdings sind auch die Bezüge von Politiker und
sonstigen Meinungsmacher dann nicht „verdient", wenn
ihre Leistungen – wie in früheren Jahrhunderten und
Jahrtausenden – vor allem der Umverteilung nach oben
dienen und daher schon mit ihren angeblich ausreichenden Hartz-IV-Beträgen überbezahlt wären
Die unverdienten Einkommen ergeben sich vor allem
bei
der Verteilung des Volkseinkommens aus der
gemeinschaftlichen Güterproduktion ("Sozialprodukt")
durch Kungelei und durch den „Leistungs"-blinden Markt, denn
andernfalls müssten die neoliberalen
Desinformations-Produzenten, Politiker, Börsenzocker,
Lobbyisten und etliche best-"verdienende"
"Leistungsträger" viel mehr
Geld mitbringen als sie abkassieren. Besonders finanzstark ist die
Nachfrage nach neoliberalen Meinungsmachern und sonstigen
Volksbetrügern zur Umverteilung nach oben. Außer der
Marktnachfrage hilft ihnen vor allem der Klüngel ihrer
Gleichgesinnten. Es wäre also ein Segen für die
deutsche Volkswirtschaft, wenn solche Absahner und Vergötzer ihres
Pseudo-Marktes in die parasitären Steueroasen abwanderten, damit sich
echte Leistung hier wieder mehr lohnt und ihren
Sozialauftrag erfüllen kann, aber nicht durch
unverdiente Spitzeneinkommen belastet wird.
Ingenieure und Naturwissenschaftler, die man oft nur mit
außergewöhnlichen Zulagen in Deutschland halten kann, liegen auch
mit derartigen Zulagen kaum in dieser Einkommenskategorie.
Bei Vorliegen solcher Abwanderungsangebote könnten vom
Arbeitgeber auch weitere Kompensationen gezahlt werden,
wenn qualifizierter Ersatz fehlt. Umzugsfähige
Arbeitsplatzbeschaffer hält man durch Steuersenkungen
für „Bestverdiener" sowieso nicht, weil man den deutschen
Spitzensteuersatz niemals auf das EU-subventionierte
Dumping-Niveau der neuen Mitglieder absenken kann.
Durch diese EU-Subventionierung des Steuerdumpings aus
den Steuern der künftigen Arbeitslosen in Deutschland
treibt man jetzt vielmehr solche Unternehmen verstärkt
zur Verlagerung ihrer Arbeitplätze und umfrisierten
Gewinne ins unmittelbar benachbarte Ausland und
bezeichnet das als „Globalisierung".
Die künftigen Arbeitslosen finanzieren damit
zugleich die steuerverkürzenden Gewinnexplosionen in
internationalen Konzernen wie auch den Shareholder-Value
der Manager-Optionen und sonstigen Groß-Profiteure (sh.
hier auch
Steuer-Parasitismus.htm).
Mittlerweile können sich auch
viele kleinere Unternehmen dem manipulierten
Verlagerungszwang nicht entziehen, weil
sie sonst nach dem Umzug von Konkurrenten nicht mehr
wettbewerbsfähig sind. Das Steuerdumping und die
Möglichkeit zur künstlichen Gewinnverlagerung bringen
ihnen noch größere Vorteile als die ebenfalls
attraktiven Niedriglöhne. Das Steuerdumping wirkt noch
mehr bei den Großen, wenn der Anteil der Lohnkosten an ihren
Gesamtkosten sich vielleicht nur noch auf 10 bis 15
Prozent beläuft. Allerdings könnte man aus
Wettbewerbsgründen die Steuern der kleinen und großen
Unternehmen auf das Niveau der skandinavischen
Unternehmenssteuern absenken, wenn
dafür eine vollständige Steuer-Korrektur bei
Gewinnausschüttungen und realen Wertzuwächsen mit den
skandinavischen persönlichen Steuersätzen der
Unternehmensinhaber und Anteilseigner erfolgte (sh.
Einleitung).
Die Bezeichnung „unverdientes Einkommen" ("unearned
income") ist im
US-Einkommensteuerrecht auf Kapital- und
Immobilienerträge bezogen. Jedenfalls wurde der föderale
US-Spitzensteuersatz (= „Differenzsteuersatz" und hier
zugleich tariflicher „Höchststeuersatz") für sogenanntes „verdientes
Einkommen" erst unter dem Republikaner Richard Nixon
("Tricky Dick") abgesenkt, der vor seinem Amtsenthebungsverfahren
und Rücktritt wegen des
Watergate-Einbruchs
noch den
Allende-Sturz
mit Pinochet-Nachfolge unterstützen konnte. Diese
Absenkung erfolgte in den
Jahren 1971 und 1972 von 70% auf 60% und 50%,
während der US-Spitzensteuersatz für „unverdientes
Einkommen" noch zehn Jahre bis 1981 unverändert
bei 70% blieb (sh. „Top
Federal Income Tax Rates ..."
und
Liste der US-Präsidenten).
Die pinkgrünliche Bundesregierung wollte es
gerade umgekehrt machen. Kurz vor ihrer
vorzeitigen Stabübergabe an die noch hemmungslosere
Nachfolgeregierung wollten die rotgrünlich Maskierten
für dieses
"unverdiente Einkommen"
der
Couponabschneider
eine
Zinsabgeltungssteuer
mit einem Vorzugssteuersatz von 25% einführen sowie
die Körperschaftsteuer für die Shareholder von scheinbaren 25% auf
15% senken (sh. hier
Unternehmenssteuerreform.htm).
Damit wäre die Steuerbelastung der großen
Couponabschneider bei den Zinspapieren mehr als halbiert
gegenüber dem Spitzensteuersatz vor Regierungsantritt
der Schröder-Koalition. Die Pseudochristen lassen diesen
Verrat der ehemals Roten an der Sozialdemokratie
natürlich nicht ungenutzt und bringen auch diesen
Coup mit ihnen zum Abschluss (sh. hier
Unternehmenssteuerreform.htm)
in ihrer großen neoliberalen Koalition zur Umverteilung
nach oben.
Unter der neoliberalen österreichischen ÖVP-BZÖ(=Ex-FPÖ)-Regierung mit
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und seinem famosen Finanzminister Grasser gilt
ebenfalls:
Je mehr das Einkommen mit Arbeit verbunden ist, um so höher ist
die Steuer- und Abgabenlast,
so SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter am 21.11.05 lt.
oe-journal.at, 22.11.05. Sh. auch „Umverteilung:
Die oberen Sechzigtausend", profil.at 49/05, und weiter
unten: „Die reichsten Österreichs sind Deutsche".
Die Bewertung einer Leistung nach bloßen Marktkriterien
wird man bei nützlichen Leistungen als
notwendiges Übel einer effizienten Marktwirtschaft in
Kauf nehmen müssen, wenn
durch entsprechende Spitzensteuersätze etwa nach
dem skandinavischen Erfolgsmodell oder nach früherem US-Vorbild (vor Nixon und
Reagan) ein gewisser Ausgleich
geschaffen wird (z.B. bei geistigen Leistungen oder
Niedrigpreisanbietern wie den Gründern von Google, eBay, Aldi und Ikea
- letzterer ist allerdings Steuerflüchtling in der
Schweiz). Bei schädlichen Leistungen (z.B.
Gesundheitsschädigung und Wählertäuschung, auch durch
neoliberale Meinungsmache, TV-Ramsch und -Klamauk als
Millionengeschäft und Reklame-Vehikel) werden teilweise
im Gesundheitsbereich besondere
Verbrauchssteuern zum Ausgleich des
volkswirtschaftlichen Schadens erhoben. Im Hinblick auf
den bildungspolitischen Schaden, auch durch
Infiltration, Indoktrination und Konditionierung,
ist es allerdings schwierig, entsprechende Maßstäbe zu
finden, zumal die Verdummungs-Tendenz bei
Polit-Talkshows oft noch schädlicher ist als beim
"Proll-TV".
Die unglaublichen Bezüge von
monatlich 500.000 Euro für Burdas „Bambi"-Preisträger Stefan Raab und 800.000
Euro für Anke Engelke nach dem Prinzip „Leistung muss
sich wieder lohnen" (sh. die Liste aus BILD vom
26.3.04 im
politikforum.de)
tragen zwar mächtig zur Volksverdummung durch
Entpolitisierung bei (sh. z.B. Michael Schneider: „Die
Telekratie - Über
den Wert und Mehrwert des Stumpfsinns",
freitag.de, 27.2.04 ). Aber sie sind weniger gefährlich als
die „bescheidenen" 22.863 Euro für den
Bundeskanzler oder 16.900 Euro bzw. 13.800 Euro für hohe
Gewerkschaftsbosse (ebd.), wenn diese „Leistungsträger" dadurch zu
Ideologen der steuerlichen Umverteilung nach oben werden
oder das Ausmaß der Steuersenkung für „Bestverdiener" in
den Talkshows am liebsten totschweigen. (Sh. auch in
BILD: „Große Serie:
Wer verdient wie viel").
Die Einkünfte der BILD-Meinungsmacher waren dort
leider nicht zu finden, wohl aber die Beträge einiger
Vermögensanhäufungen aus solchen Bezügen (sh.
politikforum.de, ebd.). Die Leistung der Manager lohnt
sich vor allem dann, wenn sie die Unternehmensgewinne
und damit den Wert ihrer
persönlichen Aktienoptionen durch Massenentlassungen
explodieren lassen (z.B. Josef , vgl. Pressemitteilung
verdi.de,
1.2.07) oder wenn sie, wie Jürgen Schrempp, weltweit
Unternehmen zusammenkaufen und sich dafür als „Global
Player" bezahlen lassen, auch wenn dadurch dauerhafte
Milliarden-Verluste entstehen und schon wenige Monate
nach Abschluss des Chrysler-Deals die Luftnummer
erkennbar wurde (sh. den leicht glättenden
Spiegel-Bericht „Eine
AG, zwei Welten" vom 14.2.2007 und den Chart von
boerse.de ab 1998/99, sh. hier auch
Manipulations-Proporz.htm).
Der Kampf um die Indoktrinations-Hoheit geht
derweil weiter mit der Vorauswahl für die Nachfolge des
NDR-Intendanten Jobst Plog. Zunächst möchten die
"Christlichen" einen leicht Rötlichen als
Plog-Stellvertreter durchsetzen, um als Plog-Nachfolger
einen der Ihren bestimmen zu können (sh. „Gekungel um
Plog-Nachfolge", DER SPIEGEL 11/2007, S. 100).
Die Fragen zur Umverteilung nach oben und zu dem dafür aufgebotenen Medieneinsatz
bleiben hochaktuell durch die
anhaltende „Reform"-Debatte in Deutschland mit den programmatischen
Richtungsvorgaben beim „zukunftweisenden" CDU-Umverteilungs-Parteitag
[7]
vom 30.11. bis 2.12.03 in Leipzig, durch die weiterhin virulente flotte „Agenda ZwanzigZehn" und das
vielleicht einmalige
"Zeitfenster"[8]
für die großkoalitionäre Seelenverwandtschaft der SPD-„Modernisierer” mit CDU und
FDP.
Zu
dem Parteitag siehe auch das Interview von Ulrike Herrmann mit dem
Sozialethiker und Ökonomen
Friedhelm Hengsbach,
SJ: „Die CDU hat den Schwächeren tatsächlich
den Krieg erklärt", taz.de, 1.11.2003, und zu den
Angriffen gegen Hengsbach hier die Fußnote[7].
Sh. ferner sein Interview mit Arno Luik: „Schröder will den Starken
gefallen, deshalb tritt er kräftig nach unten!",
stern.de, 19.11.2003. Diese Interviews enthalten ein
Leitmotiv für die folgenden Ausführungen zur „Steuersenkung für Bestverdiener".
Nachdem die Mehrwertsteuererhöhung und
die übrigen Umverteilungen nach oben im
schwarzrötlichen Koalitionsvertrag festgezurrt sind, ist
die Zeit der einlullenden Töne gekommen. Dem
Bundespräsidenten Horst Köhler (CDU) ist jedoch nicht
zuzustimmen, wenn er in seiner
Weihnachtsansprache 2005
sagt: „Unsere Regierungspolitiker beginnen,
parteipolitische Gegensätze zu überbrücken", denn in der
entscheidenden Frage der Steuersenkung für
"Bestverdiener"
haben die Neoliberalen von CDU und FDP mit Hilfe
von PinkGilbgrün und dem Kanzler der Bosse schon in den
Jahren 1989/1990 den ersten großen Durchbruch geschafft
und dadurch die Vernichtung regulärer Arbeitsplätze
beschleunigt.
Die fromme Botschaft wird auch nicht
richtiger durch Gemeinplätze mit Geduldsappellen bis zur
weiteren Arbeitsplatzvernichtung durch die
Mehrwertsteuererhöhung und durch die übrigen
Schröpfungen der Einkommensschwachen zur Steuerersparnis
für „Bestverdiener" einschließlich
Köhler mit seinem lebenslangen „Ehrensold"
von ca. 213.000 Euro + Dienstwagen und Personal nach
mindestens fünf Amtsjahren: „Wir können alle
nicht zaubern, sondern nur arbeiten. Es wird Zeit
brauchen." Volle Zustimmung verdient allerdings
sein Satz: „Ein bisschen mehr Ehrlichkeit, Anständigkeit
und Redlichkeit im täglichen Umgang können uns wirklich
nicht schaden". Das gilt besonders dann, wenn er auch
als Appell an die Regierungsparteien und andere
Neoliberale gemeint ist. Statt dessen versucht
Köhler-Promoterin
und -Favoritin
"Angie" Merkel, das Image ihrer neoliberalen Koalition
durch eine drei Millionen Euro teure Anzeigenkampagne
auf Kosten der Steuerzahler aufzubessern (sh. „Offener
Brief -
Teure Post von Merkel",
stern.de, 29.12.05). Und Horst Köhler lobt
ausdrücklich die Agenda 2010, mit der der Nettowert
seines „Ehrensoldes" noch einmal um mehr als das
Jahresnetto eines gut bezahlten Facharbeiters
aufgestockt wird – zu Lasten der Einkommensschwachen
(sh. „'
Berliner Rede' im Präsidentschaftswahlkampf – Köhler
droht mit Agenda 2020", taz.de,
18.6.2008). Dazu Oskar Lafontaine:
Für Die Linke sind das so genannte
Reformen, die zur Verarmung großer Teile der Bevölkerung
geführt haben. Wir haben in Deutschland den größten
Niedriglohnsektor aller Industriestaaten. Jeder vierte
Arbeitnehmer hat keinen Jahreslohn, der höher ist als
15.000 Euro. In der Regel sind es noch weniger. Und wenn
man so etwas lobt, dann hat man eben eine Auffassung von
Politik, die wir nicht teilen.
(Sh. sein
Deutschlandfunk-Interview
vom
18.6.2008.)
Auch die Mitbewerberin zur Präsidentschaftswahl 2009,
Gesine Schwan, gilt – wie alle Großprofiteure in der SPD
- als Befürworterin der Agenda 2010. Der herzlose
Intellektualitäts-Anspruch ist sicher kein Vorzug für
dieses Amt, wie man schon bei Roman Herzog sehen konnte.
Dagegen spürt der nordrhein-westfälische
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sehr wohl, dass
zumindest die Politikverdrossenheit geschürt wird mit
den
wohltönenden Reden seiner Parteikollegen Horst Köhler
und Angela Merkel zur Umverteilung nach oben durch
Ausplünderung der Einkommensschwachen und
Normalverdiener:
Rüttgers dazu: „Es gibt keinen Grund, die
Agenda 2010 wie eine Monstranz vor sich herzutragen."
Was Teile der Eliten beim Thema Reformpolitik
verkündeten, produziere erst die Politikverdrossenheit,
die dann beklagt werde, so der nordrhein-westfälische
Ministerpräsident.
Rüttgers kritisierte auch seine eigene
Vorsitzende. Der stellvertretende CDU-Chef wies die
These Angela Merkels zurück, Bildung sei die zentrale
soziale Frage. „Natürlich ist für junge Leute eine
optimale Ausbildung wichtig", sagte er. „Aber wenn ein
55-jähriger Lagerist seinen Job verliert, dann hat er
kaum noch Chancen, durch Fortbildung eine neue Stelle zu
bekommen." Solche Leute müssten durch das soziale Netz
aufgefangen werden.
(Sh.
"REFORM-FORDERUNGEN – Rüttgers
attackiert Köhler", spiegel.de,
21.6.2008.)
Rüttgers ist aber entweder tatsächlich der
"Sozialschauspieler", als den ihn Hannelore Kraft (SPD)
bezeichnet hat, oder er traut sich nicht, die
steuerliche Umverteilungsbeute der neoliberalen
Meinungsmacher gegen deren mediale Übermacht in Frage zu
stellen (sh. auch hier mit „Sozialschauspieler" unter
Gesundheitsreform.htm
und
Hartz-IV.htm).
Die verblüffende Ähnlichkeit der
deutschen Umverteilung nach oben zur
Steuersenkungspolitik der Republikaner in den USA zeigt
sich in der folgenden Anzeige
aus der New York Times vom 11.2.2003. Sie richtet sich
gegen die Dankeschön-Steuersenkungspläne[9]
von George W. Bush vor seiner Arbeitsmarktinitiative
durch Schuldenexplosion, mit der er die Steuersenkungen
als angebliche „Erfolgs"-Ursache präsentiert. Die
Anzeige ist unterzeichnet von mehr als 400 namhaften
US-Ökonomen, darunter zehn Nobelpreisträgern:[10]
Erklärung der
Ökonomen gegen die Steuersenkungen durch Bush
Obwohl das Wirtschaftswachstum
positiv ist, hat es nicht ausgereicht, um Arbeitsplätze zu schaffen und den
Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Tatsächlich gibt es zurzeit im
privaten Sektor um 2 Millionen weniger Jobs als zu Beginn der gegenwärtigen
Rezession. Überkapazitäten, Unternehmensskandale und Ungewissheit drückten und
drücken weiterhin auf das Wirtschaftswachstum.
Der Steuersenkungsplan von Präsident
Bush ist nicht die Antwort auf diese Probleme. Unabhängig davon, wie man die
Einzelheiten des Bush-Plans beurteilt, gibt es eine weitgehende Übereinstimmung,
dass er auf eine dauerhafte Änderung der Struktur im Steuersystem abzielt und
nicht auf die Schaffung von Jobs und Wachstum in der nahen Zukunft. Insbesondere
die dauerhafte Senkung der Steuern auf Dividenden ist unglaubwürdig als
kurzfristiger Impuls. Als Steuerreform geht die Senkung der Dividendensteuer in
die falsche Richtung, da sie eher Personen als Unternehmen betrifft. Sie ist zu
komplex und könnte Teil einer einkommensneutralen Steuerreform-Anstrengung sein,
ist es aber nicht.
Die Verabschiedung dieser
Steuerreform wird die langfristigen Aussichten für den Haushalt verschlechtern
und so das geplante Haushaltsdefizit der Nation erhöhen. Diese fiskalische
Verschlechterung wird die Fähigkeit der Regierung zur Finanzierung der sozialen
Sicherheit und medizinischen Unterstützung ebenso vermindern wie Investitionen
in Schulen, Gesundheit, Infrastruktur und Grundlagenforschung. Darüber hinaus
werden die vorgeschlagenen Steuersenkungen den Unterschied in den Einkommen nach
Steuer weiter erhöhen.
Ein Plan zur Konjunkturförderung
sollte vielmehr auf sofortige, aber zeitlich begrenzte Erhöhung der
Staatsausgaben und steuerliche Maßnahmen zur Erhöhung der Nachfrage setzen, und
er sollte auch vertrauen auf sofortige, aber zeitlich begrenzte
Investitionsanreize. Ein solcher Plan würde kurzfristig Wachstum und die
Schaffung von Arbeitsplätzen fördern, ohne die langfristigen Haushaltsprobleme
zu verschärfen.
Gezeichnet u.a. von den
Nobelpreisträgern für Ökonomie George Akerlof, Kenneth J. Arrow, Lawrence R.
Klein, Daniel L. McFadden, Franco Modigliani, Paul A. Samuelson, Robert M.
Solow, Joseph Stiglitz, Douglass C. North und William F. Sharpe sowie von
vielen anderen namhaften Ökonomen.
Der Mitunterzeichner der obigen Anzeige
Joseph Stiglitz
[11]
und sein Koautor Peter Orszag schreiben über solche Steuerwirkungen z.B. in
einem Aufsatz vom 6.11.2001:[12]
Wenn die Steuern z.B. um 1 $ erhöht
werden, kann der Konsum um 90 Cent und das Sparen um 10 Cent abnehmen. Da aber
diese Steuererhöhung den Konsum nicht um einen Dollar vermindert, ist ihre
negative Wirkung auf die Wirtschaft kurzfristig gemildert. Einige Typen von
Ausgabenkürzungen würden die Nachfrage in der Wirtschaft auf der Basis eins zu
eins vermindern und wären daher schädlicher für die Wirtschaft als eine
Steuererhöhung …
Im Bereich der Steuer- und
Transferprogramme hängt die Wirkung auf die Wirtschaft vor allem von der
Konsumneigung ab, also davon, wie viel von einem zusätzlich eingenommenen Dollar
eher ausgegeben statt gespart wird von denen, die die Transferzahlungen erhalten
oder diese Steuern zahlen. Je mehr die Steuererhöhungen oder Transferkürzungen auf
Personen mit geringerer Konsumneigung konzentriert werden (also auf jene, die
von jedem zusätzlich vereinnahmten Dollar weniger ausgeben und mehr sparen),
umso weniger Schaden wird der geschwächten Wirtschaft zugefügt. Da Familien mit
höheren Einkommen tendenziell eine geringere Konsumneigung haben als Familien
mit geringerem Einkommen, liegt die unschädlichste kurzfristige Maßnahme in
Steuererhöhungen, die auf Familien mit höheren Einkommen konzentriert sind. Die
Verminderung von Transferzahlungen an Familien mit geringerem Einkommen schadet
der Wirtschaft im allgemeinen mehr als Steuererhöhungen bei Familien mit
höherem Einkommen, weil die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass Familien mit
geringem Einkommen jegliches zusätzliche Einkommen ausgeben als bei Familien mit
höherem Einkommen. Da die Empfänger von Transferzahlungen typischerweise
praktisch ihr gesamtes Einkommen ausgeben, ist bei Transferkürzungen eine
annähernd gleich große negative Wirkung zu erwarten wie bei einer Kürzung von
Regierungsausgaben für Güter und Dienstleistungen.
Am stärksten wirkt also eine Arbeitsmarktinitiative
durch Konsumförderung, wenn man die Schröpfung der
schwächsten Haushaltseinkommen mit der höchsten
Konsumquote zurücknimmt durch
Erhöhung der Grundsicherung für Rentner und bei der
meist unverschuldeten (bzw. Politik-verschuldeten)
Arbeitslosigkeit. Dies wird von den neoliberalen
Profiteure der Umverteilung nach oben selbst noch in der
Finanzmarktkrise
abgelehnt mit pauschalen Diffamierungen gegen die
Arbeitslosen ("Aktivierung gerade der Problemgruppen")
und brutalem Ignorieren der ausgeplünderten
Kleinstrentner (so z.B. DIW-Chef
Klaus Zimmermann,
news.ad-hoc.com/ddp,
29.12.2008, der sich mit seinem Neoliberalismus
schon gegen den ehemaligen DIW-Konjunkturchef
Gustav Horn
hervorgetan hat).
Auch die konjunkturpolitische Wirkung
von weiteren „Steuersenkungen" mit „christlichen" und
neoliberalen Tarifverläufen ist sehr begrenzt.
Zehn Prozent der privaten Haushalte besitzen mehr als die Hälfte des
gesamten privaten deutschen Volksvermögens (sh.
hier
Abschnitt_1b.htm
und
"Wohlstand
für wenige", sueddeutsche.de,
21.1.2009, sowie den
DIW-Wochenbericht 4/2009
vom
21.1.2009 mit einer Untersuchung für die
Heinz-Böckler-Stiftung).
Sie werden von den weitere Steuergeschenken nicht
viel für den
Konsum verwenden. Von den
47 Millionen Haushalten in Deutschland haben die Hälfte
so wenig Einkommen, dass es unter dem Existenzminimum
der Grundfreibeträge liegt (sh.
"Hintergrund – Was bringen
Steuersenkungen?", welt.de/dpa,
5.1.2009). Gerade diese Haushalte mit der höchsten
Konsumquote haben also gar nichts von „Steuersenkungen".
Am meisten profitiert davon die Best-"Verdiener"-Kundschaft
der Neoliberalen, die den größten Teil ihrer
Steuergeschenke ohnehin dem Konsumkreislauf entzieht.
Zumindest dies würde vermieden durch eine teilweise
Steuerfinanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zur Finanzierung eignet sich am ehesten eine
Rückkehr zu den Spitzensteuersätzen der
Wirtschaftswunderjahre und eine Aufhebung der
Beitragsbemessungsgrenze mit entsprechender Absenkung
des Beitragssatzes. Hierfür und für die
Transferleistungen gilt das erfolgreiche
skandinavische Vorbild, z.B. mit Rentenleistungen von
120 Prozent für Geringverdiener, die in Deutschland -
als sozialem Schlusslicht der Vergleichsstaaten - nur 40
Prozent ihres durchschnittlichen Lebenseinkommens
erhalten (sh.
"Brutto-Rentenniveau von
Geringverdienern im internationalen Vergleich",
Seite 2,
dia-vorsorge.de, Stand OECD 2007). Dies ist
die „strikte Umsetzung des Prinzips von Leistung und
Gegenleistung in der Grundsicherung" gemäß Forderung von
Klaus Zimmermann (sh.
oben), von dem insbesondere er für seine
"Leistungen" profitiert. Hier steht also
das „strikte" „Äquivalenz"-Prinzip der Neoliberalen
gegen das Sozialstaatsprinzip der deutschen Verfassung -
mit „Äquivalenz" der Rentenleistungen zu den
Renten-Beitragsleistungen. Diese sind aber keineswegs
äquivalent mit den persönlichen Leistungen der
Dumping-Löhner zum Volkseinkommen, da z.B. Schwachsinn, Wählerbetrug
und Absahnerei höher „honoriert" wird als ehrliche
Arbeit. - Ein anderes Beispiel ist die
dänische Arbeitslosenversicherung mit 90 Prozent
Leistung über vier Jahre vom letzten Einkommen (sh.
Hermann Ribhegge: WS 07/08,
wiwi.euv-frankfurt-o.de,
besucht
31.12.2008), während in Deutschland in der Regel
schon nach einem Jahr Arbeitslosigkeit die
jahrzehntelangen Ersparnisse aufgezehrt werden müssen,
bevor das Umverteilungsopfer die monatlichen 351 Euro
plus Sozialmiete erhält.
Hilfreich ist auch
eine Senkung der Mehrwertsteuer, weil sie insbesondere
den Gruppen mit der höchsten Konsumquote zugute kommt.
Am verschlagensten ist die Forderung der „christ-sozialen"
Best-"Verdiener" nach Senkung des
Solidaritätszuschlages, weil sie am Umfang der
Ost-Förderung nichts ändert, sondern vielmehr einer
weiteren Senkung ihres Spitzensteuersatzes dient und
weil damit - sogar noch in der Finanzmarktkrise - die
Mittel für die obigen konsumwirksamen Maßnahmen
verschwendet werden sollen.
Die Argumentation von Orszag und
Stiglitz mit dem Nachfrageentzug von 10% steht klar im Gegensatz zur
wissenschaftlich verbrämten Umverteilung nach oben in Deutschland und hat den
Vorteil, dass sie ohne die übliche Vernebelung auch für einen normalen
Stimmbürger problemlos nachvollziehbar ist.[13]
Sie
gilt erst recht, wenn man die Senkung des Spitzensteuersatz für
"Bestverdiener"
und Einkommensmillionäre rückgängig macht, denn deren Steuerersparnis geht
statistisch gesehen mit einer wesentlich höheren Quote in Finanzanlagen und
Steuervermeidungsmodelle als bei den übrigen Einkommensbeziehern.
Die neoliberalen Politiker und Propagandisten behaupten dagegen in den deutschen
Medien,
dass durch die Steuersenkung (für sie und die übrigen „Bestverdiener" bei
gleichzeitigen Sozialkürzungen, also durch die dreiste Umverteilung des
deutschen Volkseinkommens nach oben) die Binnennachfrage gestärkt würde.
Die Frage ist: Wie konnte es unter diesen
Voraussetzungen beim konsumschwachen Waren-Exportweltmeister
Deutschland überhaupt zu solchen Steuersenkungen für
"Bestverdiener" kommen? Den alles entscheidenden Gedanken von Orszag
und Stiglitz findet man bei den deutschen
Mainstream-Ökonomen und Meinungsmachern überhaupt nicht. Er wird von ihnen bei allem
Redeschwall einfach aus skrupellosem Egoismus krampfhaft unter
der Decke gehalten. Die Ursache könnte in der
Jahrhunderte oder Jahrtausende alten Tradition der
System-Schranzen liegen, die in den USA noch nicht so
ausgeprägt ist und hier auch eine völlig andere
Einstellung zur Erbschaftsteuer begründet.
Statt dessen neigen
also hier die Konformismus-Profiteure dazu, die
Exportstärke kleinzureden mit dem richtigen Hinweis auf die
zunehmenden Vorleistungen aus Niedriglohn- und
Steuerdumpingländern
(sh.
BMWi-Jahreswirtschaftsbericht
2005 und
SVR-Jahresgutachten 2004/05,
S. 357, Ziffer 465 ff., mit dem interessanten Aspekt der „Basarökonomie").
Tatsächlich haben insbesondere kleinere Staaten
wesentlich höhere Außenhandelsverflechtungen als
Deutschland (sh. „Export-
und Importquoten", wko.at, besucht
28.5.06, gefunden über www.wko.at > WIRTSCHAFTSSTANDORT
> ZAHLEN, DATEN, FAKTEN > rechts: INTERNATIONALE DATEN >
ÖSTERREICH IN DER EU ). Aber auch der aktuelle Überschuss Deutschlands
beim Warenhandel ist für die Argumentation gegen die
Umverteilung nach oben mehr als ausreichend. Die
Produktionsverlagerung in kleinere Staaten führt
allerdings gerade dort zu einem hohen Anteil der
Industrieproduktion an ihrem Inlandsprodukt. Zum Beispiel lag
er im Jahre 2004 in
Deutschland bei 25%, im EU-Subventions-Paradies Irland
aber schon bei 28,5% und in den
Gewinnverschiebungs-"Oasen" Slowakei sowie
Tschechien bei 29,5% bzw. 31,5%; sh. „Wertschöpfung
nach Sektoren", wko.at, besucht 23.4.06).
Als Profiteure des EU-subventionierten Steuerdumpings
hatte Irland und die Slowakei an den deutschen Ausfuhren
z.B. nur einen Anteil von jeweils etwa 1 Prozent (sh.
"Konjunkturmotor Export", destatis.de,
30.5.2006, S. 22), aber zugleich einen maßgeblichen
Einfluß auf das Steuerdumping in der gesamten EU. Von
diesem kleinen Anteil an den Ausfuhren profitieren die
deutschen Exporteure und Steuerflüchtlinge zum Nachteil
der deutschen Arbeitnehmer, denn diese leiden vor allem
unter der Umverteilung nach oben durch das
Steuerdumping.
Die deutsche Exportstärke hat ihren Grund nicht zuletzt
im Vertrauen auf das Logo „Made in Germany",
insbesondere auf die Funktionsfähigkeit der
unterschiedlichsten technischen
Investitionsgüter, um Produktions-Stillstände usw. zu
vermeiden. Demnach wäre es gerade hier nicht nur eine Frage
des Preises, zumal eine Lohndrosselung eher die schwache
Inlandsnachfrage mehr belastet, als sie das
Exportvolumen erhöht und das Importvolumen vermindert
(vgl. auch „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen",
destatis.de). Die Bewahrung des Logos setzt aber
strengste Qualitätskontrolle voraus, besonders auch bei
importierten Komponenten. Allerdings beginnt man, den
guten Namen zu ruinieren, indem man in Deutschland nur
noch eine Holding belässt, wie das z.B. im Fall von
Grohe vorgeschlagen wurde (sh. „Der
Fall Grohe liefert Zündstoff", faz.net,
27.5.05). Wenn nicht einmal die Endfertigung und damit
die serienmäßige Endkontrolle einschließlich der
Qualitätssicherung in Deutschland erfolgt, dann handelt
es sich beim Aufdruck „Made in Germany" allerdings um
Etikettenschwindel. Es wäre Wettbewerbsbetrug.
Wegen des Lohngefälles bis hin nach Ostasien wird seit
Jahrzehnten schon zumindest die Fertigung von
einfacheren bis komplexeren Konsumgütern immer mehr ins
Ausland verlagert (sh. z.B. die unverdächtige Aussage
des Vertriebspraktikers
Gerhard F. Braun
bei „Quergefragt",
SWR.de, 11.6.06),
aber gerade deshalb benötigt das
Ausland immer mehr hochspezialisierte Investitionsgüter
aus Deutschland und aus anderen westeuropäischen
Ländern, mit denen hier der Fertigungswettlauf um die
einfacheren Konsumgüter aufrecht erhalten wird und der
technologische Vorsprung noch gewahrt werden kann.
Allerdings werden z.B. in China jetzt nicht nur absolut,
sondern auch prozentual viel mehr Ingenieure ausgebildet
als in Deutschland, was hier auch mit einem bedenklichen
Wertewandel zu tun haben dürfte. Hinzu kommen noch die
Studiengebühren der CDU-regierten Ländern, mit denen
durch die angeblichen Hüter des Technologie-Standortes
die potenziellen Technologie-Studenten abgeschreckt
werden, damit die CDU-Ministerpräsidenten und ihre
Mitprofiteure, auch von der FDP, weiterhin ihre
Steuergeschenke kassieren können. (Sh.
"OECD-Bildungsbericht:
Deutschland hinkt hinterher Mangel an Studienanfängern,
Hochschulabsolventen und zu wenig Geld für die Bildung",
scinexx.de, OECD, HRK, NPO,
10.9.2008.)
Das Logo „Made in Germany" ist also noch eine gewisse
Bremse gegen die Abwanderung der exporttragenden
Endproduktion in Niedriglohn- und Steuerdumping-Länder,
egal ob ansonsten Kapital abwandert oder nicht. Es gibt
weltweit mehr als genug Investitionskapital (sh. unten
Eine
Welt voller Blasen).
Hilfreicher wäre eine konjunkturgerechte Zinspolitik der
Deutschen Bundesbank gewesen. Das gilt ab 2001 auch für
die Europäische Zentralbank. Arbeitslose, Klein- und
Normalverdiener, letztlich auch Kleinrentner,
hätten jedenfalls von einer solchen
arbeitsplatzschaffenden Politik mehr als von einer
Null-Inflation für ihre kaum vorhandenen
Geld-Sparkonten.
Das
Problem ist vor allem die fingierte Kapitalverlagerung
und Gewinnverschiebung in die parasitären Steueroasen (sh.
unten). Es betrifft
aber nicht unmittelbar die Produktion, sondern den
ausgelaugten Staatshaushalt. Die Kapitalbesitzer werden
jedoch dann auf solche Kapitalverlagerungen verzichten, wenn
dadurch ihre ertragreichen Unternehmen in Deutschland
gefährdet werden oder wenn das Steuerdumping unterbunden
wird. Zum Thema Kapitalabwanderung darf man vor allem
nicht auf irreführende Wahlpropaganda zur Umverteilung
nach oben hereinfallen (sh. unten die FOCUS-Ente: „Das
Kapital wandert ab").
Es gibt
ihn hier gleichwohl, den Gedanken von Orszag und
Stiglitz, selbst bei einigen wenigen
Ökonomen, bei denen der Eigennutz des „Bestverdieners"
nicht alles dominiert, und zwar in der klaren
Formulierung von
Heiner Flassbeck,
der ihn sogar noch auf das wohlverstandene
Eigeninteresse der Unternehmer gründet (sh. seinen
Artikel: „Steuersenkung
- Ein Geschenk des Himmels?", WuM,
8/2003). Auch Albrecht
Müller, Autor des Buchs „Die Reformlüge" und
Mitverfasser der unentbehrlichen
NachDenkSeiten,
bezieht sich in einem
taz-Interview
vom 28.8.2004 bei seiner Kritik des Neoliberalismus
ausdrücklich auf die „Pferdeäpfeltheorie" im
Sinne von Galbraith (sh. hier
"Rossäpfel-Theorie" und „Rossäpfeltheorie").
Ähnliche Gedanken verfolgt der herausragende Journalist
und Buchautor Harald Schumann ("Die
Globalisierungsfalle", sh. unten, und als Beispiel
Schumanns
eindrucksvolle Beschreibung der Arbeitsplatzvernichtung
durch Umverteilung nach oben: „Wer
nicht richtig rechnet", tagesspiegel.de,
10.10.2004).
"Die Reformlüge" ist ein Zentralbegriff zur neoliberalen
Umverteilung nach oben, denn dieser Titel kennzeichnet
die Diskrepanzen zwischen der Realität, der
veröffentlichten Meinung darüber und den manipulierten
Wahrnehmungen der Wähler. Ansonsten reden aber auch als linksorientiert angesehene Ökonomen in
Deutschland lieber über Schuldenprogramme als über den
Abbau der Defizite durch Rückführung ihrer
persönlichen Spitzensteuersätze auf das Niveau der
Wirtschaftswunderjahre. Mit solchen verspäteten
Rückführungs-Maßnahmen ließe sich eine gefährliche Durststrecke bis
zu ihrer Wirksamkeit zwar nicht vermeiden, aber man
sollte sich auch nicht beliebig lange über das selbst
geforderte Maastricht-Defizit-Kriterium hinwegsetzen,
zumal seine Einhaltung ohne diese Umverteilung nach oben überhaupt
kein Problem gewesen wäre. Das gilt auch für andere
EU-Länder, die sich dieser deutschen neoliberalen
Umverteilungsorgie angeschlossen haben.
Unter „Neoliberalismus"
(= „Neue
Freiheitlichkeit") wird hier
- jenseits aller historischen Beschönigungen - einfach
nur die Politik und „Theorie" der Umverteilung nach oben
verstanden, die daherkommt unter dem Deckmantel der persönlichen
"Freiheit" als Bereicherungsfreiheit aus dem Volkseinkommen durch
Ausplünderung und Versklavung anderer -, also die „Rossäpfel-Theorie" (sh.
hier „Neoliberalismus" in der Einleitung bzw. unter
http://www.rossaepfel-exkurse.de).
Ross und viele Reiter sind damit hinlänglich benannt.
Soweit überhaupt Namen genannt werden, dient das vor
allem der Vorführung von typisierenden Musterbeispielen im
System oder dem Aufzeigen von Lichtblicken. Man definiert also die Freiheit zur Aussaugung der
Einkommensschwachen neu als „moderne" „Neo-Freiheit":
Der Vorsitzende der Linksfraktion im
Bundestag, Oskar Lafontaine, hat den von Kanzlerin
Angela Merkel geprägten Begriff von einer neuen Freiheit
als „pervers" bezeichnet. Merkels Aufforderung, mehr
Freiheit zu wagen, bedeute nichts anderes als die
Freiheit von sozialer Gerechtigkeit, von
Kündigungsschutz und Tarifverträgen, sagte Lafontaine
auf dem Bundesparteitag der Linkspartei in Dresden.
Sh.
web.de/dpa, 10.12.05.
Aber sie versucht es nun erst einmal mit ihrem
CDU-Motto: „Neue Gerechtigkeit durch mehr Freiheit",
also nicht nur „Neo-Freiheit", sondern auch
"Neo-Gerechtigkeit", da man den Wählern trotz aller
vorhergehenden Bemühungen der SPD-"Modernisierer" den
Sinn für „soziale Gerechtigkeit" noch nicht ganz
austreiben konnte. (Sh. „CDU-Wähler
gegen's Nationale", taz.de, 6.1.06,
sowie „Gerechtigkeit
durch Freiheit - Runderneuerung der CDU",
n-tv.de, 7.1.06, und besonders Sönke Klages: „Was
will die SPD heute unter sozialer Gerechtigkeit
verstehen", spw.de, 4/2003, sowie
Christoph Butterwegge: „Abschied
von der Chancengleichheit - Wandlung des
Gerechtigkeitsbegriffs: Wie der Neoliberalismus die
sozialen Wertvorstellungen untergräbt", jungewelt.de,
21.11.05, wo aber der Begriff des Volkseinkommens, also
z.B. seine leistungsfeindliche Primärverteilung
zugunsten von bestbezahlter Wählertäuschung, Klamauk,
"Heuschrecken" und anderen derartigen
"Leistungsträgern" die Argumentation noch verstärken könnte.
Sh. auch das Lafontaine-Zitat: „Der Kapitalismus
entfremdet nicht nur die Arbeit, er entfremdet vielmehr
auch die Sprache und damit das Denken",
Rede vom 14.1.06.)
Welch weiter Weg zur „herrschaftsfreien
Kommunikation"
als ideales Kennzeichen der Demokratie bei
Jürgen Habermas
oder gar zu einer Art „Wohnen" und gemeinsamer „Heimat"
in der Sprache bei
Hans-Georg Gadamer!
(Sh. auch William T. Borrie: Letting It Be: Heidegger,
Leisure and Wilderness,
Montana 1995).
Merkels Neo-Freiheits- und -Gerechtigkeitsphrasen klingen
- wie die FDP-Blüte „NeoSozial" statt
"asozial" (sh.
nachdenkseiten.de)
- ganz nach ihrer
CDU-INSM-Parole
"Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft" . Es
erinnert halb zufällig an die Anzeigenkampagne des deutschnationalen
Medienzars und Nazi-Wegbereiters
Alfred Hugenberg
im Februar 1932: „Sozial ist,
wer Arbeit schafft" (sh.
"Slogan aus Nazizeit", taz.de, 16.8.02). - Das Wort
"Fremdarbeiter" wurde nicht nur von den Nazis gebraucht,
sondern auch von den meisten Redaktionen und
Organisationen, die eine enorme Hetzkampagne gegen
Lafontaine an den Haaren herbeigezogen haben, weil er es
auch gebraucht hat. Anders als beim plötzlich und
heimtückisch tabuisierten Wort „Fremdarbeiter" mit
seinen ständig schwankenden Bedeutungen (sh. hier
Exkurs: „Fremdarbeiter"-Kampagne)
verhält es sich schon mit einem Kampf-Slogan, möge er
dienen zur Begründung der Naziherrschaft oder zur
irreführenden Rechtfertigung der Umverteilung nach oben.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem
Stillstellungs-Slogan „Du
bist Deutschland". Niemand von der
neoliberale Hetzmeute gegen Lafontaine stört sich jedoch an
solchen Slogans seiner Kumpanen. Willkommen ist alles,
was der Umverteilung nach oben dient. Aber die Deutschen
sind genug belogen worden.
Überhaupt - und abgesehen von den aktuellen Akteuren -
sollte man nicht glauben, dass es Charaktere wie
Hugenberg plötzlich nicht mehr gibt. Sie treten
gezwungenermaßen nur anders auf mit zeitgemäßen
Betrugszielen.
Der
Hugenberg-Slogan ist also nicht nur Eigenlob für
Hugenberg und seine Komplizen, sondern auch für alle
Arbeit-"Geber", ob mit oder ohne (soziales) Gewissen. In
Falle der „Neo-Christen" bedeutet er
Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung der
Steuersenkungen für „Bestverdiener", das heißt in
Wirklichkeit „Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung
nach oben" (sh. Einleitung). Aber der Gott dieser
"Christen" und Neokonservativen aller Länder ist weder
"modernisiert", noch „liberalisiert" noch auf „Neo"
getrimmt und kann nicht verantwortlich gemacht werden
für ihren Missbrauch der „verliehenen" Freiheit zur
Bewährung - ebensowenig wie Allah oder Jahwe für Missbräuche seiner Gläubigen. (Auch Naturreligionen
werden von ihren Verwaltern instrumentalisiert, um
Gläubige und Ungläubige zu übervorteilen und
auszuplündern, z.B. durch die von Nationalisten
gehüteten japanischen Kriegsgräuel im Zweiten Weltkrieg
unter
Hirohito als
quasi Gott-Kaiser des
Schintoismus - sh.
den TV-Film „Majestät!",
phoenix.de, 20.12.06). Ein
besonders augenfälliges Beispiel ist auch das Kastenwesen im
Hinduismus.) Dabei
ist das Christentum - zumindest nach seinem Ursprung -
keine Religion der Eroberung und Ausbeutung, sondern die
Religion der
Bergpredigt.
Dass der Feldzug gegen die Konservativen trotz deren
Meinungsmacht nicht erfolglos bleiben muss, haben z.B.
Rüdiger Nehberg und Annette Weber gezeigt mit ihrer
großartigen Aktion gegen die Genitalverstümmelung von
Mädchen (sh.
DIE SACHE – FELDZUG GEGEN EIN TABU,
arte.tv,
10.2.07).
Nach dem Projekt
Weltethos des
Theologen
Hans Küng enthalten
alle großen Weltreligionen als Kernbestandteil die „Goldene
Regel", etwa nach dem deutschen
Sprichwort: „Was du nicht willst, das man dir tu, das
füg' auch keinem andern zu". Echte Religiosität
kann sich demnach nicht in Kult, Mystizismus oder
billiger persönlicher Jenseitsvorsorge erschöpfen. Sie
muss vor allem gegen ihre Schänder vorgehen, die die
religiösen Werte zur Umverteilung nach oben
umfunktionieren und missbrauchen.
Für die Einsichtsfähigkeit der Täter und ihrer
Unterstützer hierzulande wäre es jedenfalls sehr
hilfreich, wenn sie einmal einige Jahre mit dem gleichen
Geld auskommen müssten wie die Hartz-IV-Opfer ihrer
Umverteilung nach oben (sh. hier das anekdotische
Beispiel vom abgestürzten
Minister unter
Hartz-IV.htm).
Die Sprach- und Begriffsverdrehung der
Neoliberalen hat
jedenfalls Methode. Dazu Oskar Lafontaine in dem oben
zitierten
STERN-Interview vom 17.1.06:
In die Politik sei er zurückgekehrt, so
Lafontaine zum stern, weil sich Deutschland in einem
"Kulturkampf" befinde und er sich in „diesen neuartigen
Klassenkampf" einmischen wolle. Den anderen Parteien
wirft er vor, sich von der Wirtschaft treiben zu lassen,
und dass die politische Sprache „durch und durch
korrumpiert" sei. Der „Sprachschatz der neoliberalen
Kaste" kaschiere den „Verfassungsbruch". Es sei ein
"moralischer Imperativ, sich gegen diese neoliberale
Walze zu wehren".
Eine Vorreiterin
bei der Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der
"Bestverdiener" ist Angela Merkel mit ihrem
"Visionär" Paul Kirchhof (Mehrwertsteuererhöhung bei
Senkung des Spitzensteuersatzes auf 25% - sh. oben - und
Protektion des EU-Steuerdumpings für diese Ziele). Um
ihre Umverteilung nach oben zu propagieren, schwang Merkel schon lange vor der Bundestagswahl 2005
ungeniert die Neidkeule:
CDU-Chefin Angela
Merkel hat die Forderung des bayerischen
Ministerpräsidenten Edmund Stoiber nach einer EU-weiten
Mindeststeuer scharf zurückgewiesen. Solche Initiativen
seien ‚nicht zielführend’ und schürten ‚falsche
Neid-Diskussionen’, sagte Merkel bei einem Besuch in der
Slowakei am vergangenen Donnerstag. Wenn ein Land sich
entscheide, die Einkommensteuer zu senken und dafür die
indirekten Steuern wie die Mehrwertsteuer zu erhöhen,
sei dies legitim. ‚Was wir nicht tun sollten, ist, an
diesen Steuersystemen herumzumäkeln’, sagte Merkel.
"CDU-Chefin
Merkel gegen CSU-Initiative für EU-weite Mindeststeuer",
DER SPIEGEL 17/2004, 17.4.2004, und „Merkels
K-Frage: ‚Falsche Neid-Diskussionen’",
SPIEGEL ONLINE, 18.4.2004, gegen Gebühr.
Das
neoliberale Steuerflucht- und EU-Subventions-Paradies
Slowakei ist allerdings ein mustergültiger Mikrokosmos
für die „christliche" Umverteilung nach oben:
Pünktlich zum EU-Beitritt hat das Bündnis des
slowakischen „Christendemokraten" Mikolas Dzurinda mit
seinen konservativen Koalitionspartnern einen
Einheitssteuersatz von 19% für Arm und Reich eingeführt
(Einkommensteuer-Höchstsatz halbiert, Körperschaftsteuer
von 35% bzw. 25% auf 19% gesenkt, Mehrwertsteuer
schrittweise von minimal 10% auf 19% für alle Güter
erhöht, Erbschaftsteuer und Grundsteuer ganz
abgeschafft; sh. „Bratislava
boomt – Roma revoltieren", nd-online.de,
28.4.04, und „Bratislava
– Parlament billigt Flat Tax und Rentenumbau",
tagesschau.de, 1.1.2004). Damit haben die profitierenden
"Volksvertreter" eine Zweiteilung in Gewinner und
Verlierer geschaffen, die ganz nach dem Geschmack ihrer
deutschen Bewunderer ist. Bei den Neuwahlen am
17.6.06 haben zwar Dzurindas Zyniker viele Stimmen
verloren. Aber dank ausgezeichneter Wählertäuschung
haben die sozialdemokratischen Neoliberalismus-Kritiker
von Robert Fico nicht genug hinzugewonnen, um den
Raubtier-Spuk zu beenden (sh. „Regierungsbildung
in einem gespaltenen Land", tagesschau.de, 18.6.06).
Diese „christliche"
Umverteilung nach oben wurde zum 1.1.2007 noch überboten
mit einem Einheits-Steuersatz von 16 Prozent durch die
neoliberalen Korruptions-Vorreiter in der rumänischen
Regierung.
Die Neoliberalen in Deutschland müssten vor Neid
erblassen. Ein deutscher Unternehmer ist ehrlich
und freut sich – stellvertretend für viele andere:
Das ist mehr
oder weniger einfach so wie bei Kirchhof, diese
Flat-Rate-Tax. Nur, dass die nicht wie bei Kirchhoff 25
Prozent ist, sondern 16 Prozent. Das heißt: Alle zahlen
16 Prozent Einkommenssteuer. Und das ist natürlich ein
riesiger Unterschied zu den 46, 47 Prozent, die man in
Deutschland als Personengesellschaft hat.
(Sh. „Nicht
nur Walachei – Rumänien und das Interesse der Investoren",
dlf.de,
29.10.06. Sh. dagegen „Rumänien
vor dem EU-Beitritt: Korruption auf allen Ebenen",
dw-world.de,
20.12.06, zur „Korruption" im Kleinen am Beispiel
der 10 bis 15 Euro für einen Krankenhaus-Chirurgen. Mit
seinen 300 bis 400 Euro Monatsverdienst kann er seine
Familie nicht ernähren, weil das rumänischen
Volkseinkommen in die Taschen der rumänischen und
westeuropäischen Großprofiteure umgeleitet wird. Die
meisten Rumänen verdienen weniger als 150 Euro monatlich
(ebd.). Viele betreiben noch etwas Gartenbau und
Kleintierhaltung.)
Seit dem Ausscheiden Lafontaines aus der
pinkgrünlichen Koalition war die Rossäpfel-Theorie auch
Grundlage für deren Politik (Genaueres
siehe hier weiter unten). Es ist die Politik und „Theorie"
des Egoismus für die verantwortlichen Profiteure
anstelle des (sozialen) Gewissens. - In Artikel 38
Grundgesetz
heißt es:
Die Abgeordneten ... sind Vertreter des ganzen Volkes,
an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem
Gewissen verantwortlich.
Was ist also mit „Volksvertretern" ohne dieses Gewissen,
die bei Regierungsantritt schwören, dass sie
"Gerechtigkeit gegen jeden üben" werden, „so wahr mir
Gott helfe"?
Die Argumentation von Orszag, Stiglitz, Flassbeck und
Müller gilt entsprechend,
wenn man in den Begriff der "Steuern"
die "sonstigen Abgaben" einschließt
(insbesondere Sozialabgaben = engl. „Social Security taxes"),
wie Stiglitz das auch in seinem Standardwerk zur
Steuerwirkungslehre tut[14]
und wie das in OECD-Statistiken und anderen
internationalen Vergleichen geschieht.[15]
Dafür wird hier der umfassendere Begriff Abgaben
(= „taxes") verwendet.
Auf die Grundgedanken zu dem einen Dollar wird
keiner der Autoren das Urheberrecht beanspruchen, weil
jeder Laie darauf kommen kann, wenn er sich nicht durch
die ständige Propaganda und Ablenkungsversuche der Expertenrunden
verwirren lässt.
Das gilt auch für das manchmal so
genannte „Laffer-Theorem" der
Reaganomics (sh.
Laffer-Kurve oder
besser
Laffer curve
mit der Quellenangabe von Arthur B. Laffers eigenem
Artikel:
"The Laffer Curve..."),
wonach das Steueraufkommen bei Steuersätzen von 0% und
100% trivialerweise wieder auf Null fällt und der
willkürlich angenommene Verlauf der
Funktion im relevanten Bereich je nach gewünschter
Steuersenkung als angebliche „Selbstfinanzierungseffekt"
propagiert wird. Nicht selten sind Länder mit viel
höherer Steuer- und Abgabenquote als Deutschland
wesentlich erfolgreicher bei der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit. Ob unsere neoliberalen
Politiker, Meinungsmacher, DAX-Manager und sonstige
"Bestverdiener" für ihre Einkommensspitzen scheinbare 53%
oder 42% oder 35% Einkommensteuer bezahlen, wird
jedenfalls kaum ihren Eifer bei der Selbstbedienung
beeinflussen oder etwas daran ändern, ob sie versuchen,
ihren Wohnsitz in parasitäre und/oder EU-subventionierte
Steuer-"Oasen" innerhalb und außerhalb der EU zu verlegen
oder ihre Steuer-Bemessungsgrundlagen nach unten zu
manipulieren mit getricksten
Bauherrenmodellen, Ramschfilm-Förderung,
Steuerfreiheit von großen Veräußerungsgewinnen und
sonstigen staatlich angebotenen
Steuervermeidungsmodellen.
Immer wieder wurde angekündigt,
solche Steuerschlupflöcher zu schließen und die
manipulative Verarmung von Einkommensmillionären auf
Sozialhilfeniveau zu beenden, um ihnen so wieder zu
einem ordentlichen Auskommen - auch auf dem Papier - zu
verhelfen. Wenn man ihnen nun auch noch
Steuergeschenke von jährlich mehr als 110.000 Euro pro
Einkommensmillion oder mehr gewährt oder ihre
Spitzensteuersätze noch weiter senken will, um sie für
eine erzwungene Steuerehrlichkeit zu entschädigen, ist
das eine arge Provokation gegenüber den Produzenten des
deutschen Volkseinkommens. Auch
weiterhin will man die Steuergeschenke für
Best-"Verdiener" nicht antasten und offenbar mit den „Steuervereinfachungen"
nicht die Steuerfreiheit der Wertzuwächse
beseitigen
oder die Absetzbarkeit der Zinsen zu ihrer Finanzierung
beenden, sondern man will auf das Lamento der
Abschreibungskünstler und Couponabschneider über den
möglichen Verlust ihrer Privilegien hören und lediglich bei den kleinen Leuten abkassieren.
Nur sie sollen von dem „Abbau der Steuervergünstigungen"
oder der angeblichen „Subventionen" betroffen sein
durch Streichung der Eigenheimzulage, Kürzung der
Kilometeranrechnung für den Weg zur Arbeitsstelle (Pendlerpauschale)
als Werbungskosten usw. Bei allen Lippenbekenntnissen
interessiert es die Profiteure offenbar überhaupt nicht,
dass dadurch die Konjunktur noch weiter abgewürgt wird.
Die vorgetäuschte Bereinigung
laviert sich auch um die Lobbyisten im Gesundheitswesen herum.
Sie haben für die politische Landschaftspflege bei der Umverteilung nach oben eine hervorragende
Bedeutung - ebenso wie die Manipulation der Ärzte
zugunsten der teuersten Scheininnovations-Medikamente.
Der Lohn sind die einzigartigen Umsatzrenditen der
Pharma-Industrie von 25% auf Kosten der Beitragssätze ("Nimm
2, zahl 1 - die Praktiken der Pharmaindustrie",
derstandard.at, 29.07.05). Auch hier zeigt sich, dass es
nicht nur um Steuer- und Abgabensätze geht, sondern ganz
besonders auch um gesetzliche Möglichkeiten zur
ungerechtfertigten Bereicherung, die auch bei Rückkehr
zu den Steuer- und Abgabesätzen der
Nachkriegs-"Wirtschaftswunder"-Jahre noch eine große Lücke offen
ließen.
Der
norwegische Nobelpreisträger Trygve Magnus Haavelmo und
kurz vor ihm der deutsche Ökonom Erich Schneider
haben den Ein-Dollar-Effekt bereits in den
Jahren 1945 und 1943 beschrieben (sh.
Haavelmo-Theorem,
vgl. auch Wilhelm Lorenz: makroo.de~Staatsausgabenmultiplikator,
Stand
8.5.07, und die leicht verständlichen
Erläuterungen zum Expansionseffekt von Transferzahlungen
unter
top.gymivorbereitung.ch,
Stand
15.5.2007).
Es geht um die konjunkturfördernde Wirkung von
Einkommensteuererhöhungen bei gleichzeitiger Erhöhung
der Staatsausgaben um den gleichen Betrag. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass der
positive Effekt
nach den Beschreibungen von Orszag und Stiglitz sowie
nach der Begründung von Haavelmo und Schneider nur bei
Steuererhöhungen für die oberen Einkommensgruppen
eintritt. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (nach der
CDU-Forderung) sowie der
Sozialabgaben für die unteren Gruppen würgen die
Konjunktur nur noch weiter ab. Außerdem führt
eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu zusätzlichen
Preiserhöhungen und verstärkt so die Tendenz der Europäischen Zentralbank
zu Zinserhöhungen, also zu weiterer
Konjunkturdrosselung.
Die Schönrederei
der neoliberalen Koalitionäre beruft sich mit großem
Medienecho auf den Konsumklimaindex der Gesellschaft für
Konsumforschung (GfK). Er zeigte gleich nach der
Ankündigung der Mehrwertsteuererhöhung Ende 2005 vorübergehend ein
deutlich verbessertes „Konsumklima" an, vor allem
als Endspurt aufgrund der gestiegenen „Konsum- und
Anschaffungsneigung" zu vorgezogenen
Kaufentscheidungen (sh. hier
Konsumklima-Index.htm).
Im zweiten Quartal 2008 erreichte er dann aber ein
Fünf-Jahres-Tief (sh.
"Konjunktur: Verbraucher sparen
aus Angst – Die Stimmung wird immer schlechter",
abendblatt.de,
27.8.2008) durch die heftigen Auswirkungen der
Umverteilung nach oben - trotz kurzer Anstoßwirkung
durch die boomenden Weltkonjunktur und trotz Schaffung
vieler zusätzlicher prekärer Billigjobs.
Die Tendenz zur Vernichtung von
ordentlichen Arbeitsplätzen
wurde übermächtig, als die Umverteilung nach oben nicht
nur über die Erhöhung der Mehrwertsteuer erfolgen sollte,
sondern als damit nach Unions-Plänen von Friedrich Merz ursprünglich auch noch eine weitere
Absenkung des Spitzensteuersatzes von 42% auf 36%
verbunden war. Der Unions-Wunschkandidat für das Amt
des Bundesfinanzministers, Paul Kirchhof, propagierte
sogar eine Absenkung des Spitzensteuersatzes auf
einen Einheitssteuersatz von 25%! Nicht ohne
Grund wurden Friedrich Merz und Paul Kirchhof von der
industriefinanzierten
INSM
(sh. unten) in Verbindung mit der Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung zu „Reformern des Jahres"
2003 und 2004 gekürt.
Genau diese Propaganda zur Umverteilung nach oben
begründet den
Hauptvorwurf gegen die INSM. Es wäre nichts dagegen zu
sagen, wenn sie mit fairen Mitteln die Interessen der
Arbeitsplatzbeschaffer vertreten. Aber dann dürften sie
die Spitzensteuersätze nicht senken, sondern müssten sie
erhöhen, z.B. auf skandinavisches Niveau zur
Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge. So aber
verraten sie auch die Interessen der
Arbeitsplatzbeschaffer und nützen nur den Interessen der
bestbezahlten Verbands-Ideologen, der sonstigen Meinungsmacher,
Politiker und der Couponabschneider. Für die
"Volksvertreter" und ihre Parteien ist es jedoch
unverzeihlich, wenn sie nicht die Interessen des Volkes
sondern nur ihre eigenen und die jener Lobbyisten
vertreten.
Die gewaltige Umverteilung wurde dadurch
eingeschränkt, dass die CDU
nicht zusammen mit der FDP regieren konnte. Statt dessen
musste sie mit
der rechtsgewendeten SPD koalieren, die durch das
Aufkommen der Linkspartei geschwächt war. Als Alibi verabschiedete die
schwarz-rotgesprenkelte Koalition ein Programm von
25 Milliarden Euro, die aber auf vier Jahre verteilt
sind. Das ist also lediglich etwa ein Viertel der
Mehrwertsteuererhöhung. Auch wenn man von den jährlichen
60 Milliarden Euro absieht, von denen ein großer Teil seit der pinkgrünlichen
Steuerreform jährlich mehr oder weniger nach oben umverteilt wird (sh.
unten), handelt es sich insgesamt lediglich
um eine weitere „Konjunkturbremse" (sh. „Die
Alternativen auf dem Tisch der Linken",
nd-online.de,
10.1.06, sowie Peter Hohlfeld / Gustav Horn: IMK-"Report Nr. 5/2005", über
boeckler.de, und Institut für
Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Leipzig
(IEW) mit seiner Untersuchung von Ullrich Heilemann et
al.: „KONJUNKTURVORBEHALT! ZU DEN GESAMTWIRTSCHAFTLICHEN
WIRKUNGEN DES HAUSHALTSPOLITISCHEN PROGRAMMS...", sh.
innovations-report.de, 12.1.06).
Für den Verzicht der CDU auf
die weitere Absenkung des Spitzensteuersatzes um 3 Prozentpunkte
und für die lächerliche „Reichensteuer" (sh. unten) von 3
Prozentpunkten hat sich die SPD bei den
Koalitionsverhandlungen - kurz gesagt - die
arbeitsplatzvernichtende
Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte abhandeln
lassen (vgl. das Interview von Andrea Nahles (SPD)
im Deutschlandfunk unter
dradio.de, 15.11.05, 7:19 h
und „Bodo Ramelow:
Reichensteuer ist ein
Gerechtigkeits-Placebo", presseportal.de,
7.11.05, sowie den Koalitionsvertrag vom 11.11.05 mit dem
schönfärberischen Titel „Gemeinsam für Deutschland - mit
Mut und Menschlichkeit", gut platziert unter
cducsu.de).
Aber abgesehen von der Meinungsmanipulation hat in einer
Demokratie jedes Volk die Regierung, die es verdient.
Das haarsträubende Ergebnis wird ihm präsentiert im
Koalitionsvertrag zwischen den rotmaskierten
"Modernisierern" und den
neoschwarzen Feudalstaatsnostalgikern.
Sie würden als
Führungscliquen am meisten profitieren von einer
Einkommensverteilung wie in Drittweltländern mit
entsprechenden Arbeitslosenquoten und Hungerlöhnen.
Falls die Bevölkerung die tatsächliche Stoßrichtung
irgendwann erkennt und
gegen alle deutschen Gewohnheiten einmal heftig
protestieren sollte, können selbst feudalkapitalistische
Repressionsmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden (sh.
Dietmar Henning: Koalitionsvertrag der Regierung Merkel
-
Kriegserklärung an die
Bevölkerung, wsws.org, 15.11.2005). Wie
der später gut etablierte
Martin Luther zugunsten der
Feudalherren gegen das rebellierende ausgepresste
"Bauernpack" wortgewaltig gewettert und die
Tatsachen mit heiligem Ernst im Sinne des weltlichen
Schmarotzertums verdreht hat (sh. Hubertus Mynerek:
Die neue Inquisition),
so verträgt sich die soziale Kälte anscheinend nicht nur
mit dem Mainstream des westdeutschen „Christentums",
sondern auch des ostdeutschen „Protestantismus".
Bei dem eigentlich sehr charakterstarken Martin Luther
liefern diese dramatischen Hetztiraden und sein Antisemitismus
bezeichnende Beispiele für die weitgehende
Mainstream-Treue - damals wie heute
(Ausbeutungsherrschaft von Gottes Gnaden, Verfluchung
derjenigen, die sich ihr und seinem religiösen
Bekehrungswahn nicht beugen: „Die Juden erschienen
Luther nun als ein Volk, das willentlich Gottes Liebe
verschmähte", aus
shoa.de, unter
uncg.edu, aber auch als ein Volk, das sich der mit
Luther etablierten Staatsreligion nicht unterwarf, sh.
ursulahomann.de,
und deshalb die korrumpierte „christliche Nächstenliebe"
zu spüren bekam).
Luthers Schrift „Von
der Freiheit eines Christenmenschen"
bietet nur „Worte, die da stracks wider einander sind
... von der Freiheit und Dienstbarkeit" (ebenda). Sie
gewährt nur die Freiheit, sich seiner Bibelauslegung und
der weltlichen „Dienstbarkeit" gläubig zu fügen
(sh. Wikipedia:
Ständeordnung,
9.1.06). Auch ansonsten war der „christliche" Mainstream stets
für die Unterstützung jeglicher Repression zu haben - gegen die
geistige wie soziale Emanzipation und für die parasitäre Rechte,
frei nach dem missdeuteten Motto (sh.
bibel-online.net):
Denn wer da hat, dem wird
gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem
wird auch das genommen, was er hat.
Verständlich wird dies eher
durch den Vergleich mit dem Kamel und dem Nadelöhr oder
durch den Satz: „Denn viele sind berufen, aber wenige
sind auserwählt" (ebd.).
Minister und
bestimmende Propagandisten behalten also voll ihre
schwarzpinkgrünlichen Steuergeschenke von mehr als zehn- oder
zwanzigtausend Euro jährlich. Lediglich auf Einkommens-Teile
über 250.000 Euro für Alleinstehende und 500.000 Euro
für Verheiratete sind die drei Prozent ab 2007 zu zahlen
(sh. Koalitionsvertrag, a.a.O., Zeile 3361).
Ursprünglich wollte
die CDU aus dem mittelfristig anvisierten Einheits- und
Spitzensteuersatz von 25 Prozent ihrer Kahlschlags-"Visionäre"
auch noch die Milliarden von staatlichen Sozialzuschüssen zu
ihrer
"Gesundheitsprämie" (= „Kopfprämie")
finanzieren - wahrscheinlich (und auch ohne
Kirchhof) durch weiteren
Rentenklau und
weitere Umverteilung nach oben.
Der
letzte Trick war die Einbeziehung der
Ein-Euro-Jobs in die Berechnungsgrundlage für die
Rentenanpassungen, was an sich schon zu
effektiven Rentenkürzungen hätte führen müssen. Dies wurde vom
Sozialverband Deutschlands allerdings noch als ein
korrekturbedürftiger „handwerklicher Fehler" verharmlost
(sh. SoVD: „Der Nachholfaktor ist verfassungsrechtlich
bedenklich",
presseportal.de, 19.1.06). Die neoliberalen
Politiker ließen sich jedoch von den
neoliberalen Meinungsmachern dafür bejubeln, dass sie
diesen Rentenklau durch ein Gesetz ausschließen wollten.
Doch der Rentenklau ist ohnehin verfassungswidrig und
findet längst statt, sowohl als Renditeklau wie auch -
preisbereinigt - als Substanzklau
("verfassungsrechtlich bedenklich", sh. auch hier unter
Rentenklau).
Dazu Rentenexperte Bernd Raffelhüschen im Interview mit
dem SPIEGEL (spiegel.de,
2.2.06):
Es wird ein Gesetz gegen Rentenkürzungen nomineller Art
kommen, aber dieses Gesetz braucht man eigentlich gar
nicht. Denn solche Rentenkürzungen sind schon aus
verfassungsrechtlicher Sicht sehr heikel.
Bejubelt werden solche Wohltäter der Nation als
"Realpolitiker" von neoliberaler Seite außerdem dafür,
dass sie den Rentenklau später durch Unterlassung der
gesetzlichen Rentenanpassungen nachholen wollen. Damit
würden auch die letzten Renditen aus den
mühsam verdienten
Anwartschaften der Rentner enteignet. Aber es wird so
zumindest nicht gleich augenfällig, dass auch der
nachgeholte Rentenklau verfassungswidrig ist. Der Schein
soll gewahrt bleiben, weil die Opfer sonst auf die Idee
kommen könnten, dass für die großen Profiteure der
Umverteilung nach oben deren privatisierter und zumeist
unverdienter
Teil aus dem Volkseinkommen nicht mehr als geheiligtes
Privateigentum anzusehen wäre.
Alarmierend sind
solche Tricks vor allem deshalb, weil jetzt und in
Zukunft auch noch andere Rentenmanipulation anstehen -
mit ähnlichen Beschäftigungsformen - nicht zuletzt als
Folge der Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung
nach oben.
Paul Kirchhof ist immerhin auch Preisträger des
arbeitgeberfinanzierten Netzwerks „Initiative Neue
Soziale Marktwirtschaft" (sh. auch „INSM"
gegen Ende von Abschnitt 1)
und der neoliberalen Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung. (Zur Preisverleihung siehe die
Website mit dem ebenfalls wohlklingenden aber ebenso
irreführenden Namen
chancenfueralle.de.)
Das „bestechend Einfache" an der „Vision" dieses
hochgelobten Steuer- und Verfassungsjuristen mit
wirtschaftspolitischer Nachhilfe durch die Lobby der
Arbeitgeberverbände liegt vor allem darin, dass nur die
erhöhten Grundfreibeträge steuerfrei bleiben, von denen
die „Bestverdiener" durch die Senkung ihres
Spitzensteuersatzes am meisten profitieren. Dagegen sollen
insbesondere die Eigenheimzulage, die Steuerfreiheit von
Nacht- und Schichtzuschlägen, Kilometerpauschalen
sowie von sämtlichen Arbeitnehmervergünstigungen und
ähnliche „Subventionen" abgeschafft werden.
Auch wenn man im Hinblick auf die Konjunkturwirkungen
über die Verteilung der Lasten zwischen Normalverdienern
und Einkommensschwachen diskutieren kann, laufen
all diese Umverteilungs-"Visionen" hinaus auf
Steuersenkungen für „Bestverdiener" zu Lasten der
Normalverdiener und Einkommensschwachen sowie des
Konsums und der Arbeitsplätze.
Die
gemeinsame Logik der Aussagen von Orszag, Stiglitz,
Haavelmo und Schneider soll hier einmal wie folgt
ausgedrückt werden: Das umverteilte und privatisierte
Volkseinkommen aus den Steuersenkungen für
"Bestverdiener"
fließt zum Großteil weder als Nachfrage für Konsum noch
als echte Investitionen oder Staatsausgaben in den
deutschen Wirtschaftskreislauf zurück. Es wird also dem Kreislauf entzogen.
Diese Schwächung der Nachfrage kann sich naturgemäß
dramatisch auf den Arbeitsmarkt auswirken.
Eine ganz
ähnliche Argumentation von George Akerlof zur
Umverteilung nach oben kann man nachlesen bei
Spiegel-Online vom 29.7.03.[16]
Akerlof, Stiglitz und A. Michael Spence erhielten im
Jahre 2001 den Nobelpreis für ihre Analyse der
"Märkte mit unsymmetrischer Information".[17]
Die Auswirkungen solcher Informationsdefizite und
Desinformationsmechanismen kann man z.B. auch am
Meinungsmarkt in Deutschland und an der daraus
resultierenden Umverteilung studieren.[18]
Solche Verdummungen wie die zugehörige „Theorie" werden - nach dem ewigen Muster
des Zweckbündnisses zwischen weltlichen und dominierenden geistlichen
Profiteuren - von den neoliberalen Meinungsmachern und ihren Sachverständigen produziert - als
Hohen Voodoo-Priestern oder Medizinmännern der Umverteilung nach oben.
Ihre Ideologien werden
und stufenweise nach dem Prinzip der Zweckmäßigkeit und der „stillen Post" den
Verteilungsinteressen der Nachbeter angepasst.[19]
Diese kapieren zwar nicht viel, aber in den Etagen der Nutznießer doch
anscheinend fast alles, was sie zu ihrem Vorteil als Scheinargumente brauchen
können.
Die starke Korrelation
zwischen privatem Konsum und Entwicklung der Beschäftigung zeigt sich
auch in einer Untersuchung von Peter Bofinger zur Entwicklung dieser Größen von
1993 bis 1998 und von 1999 bis 2003 in ausgewählten OECD-Ländern. In dem
späteren Zeitraum war sie mit dem Korrelationskoeffizienten r = 0,680 deutlich
größer als die Korrelation zwischen Beschäftigungsentwicklung und
Gesamtinvestitionen mit r = 0,511.[20]
Allerdings war in den fünf Jahren davor der Einfluss des privaten Verbrauchs mit
dem Quotientwert r = 0,877 und vor allem der Investitionen mit r = 0,840 noch
wesentlich stärker. Diese Entwicklung wird u.a. an den fortschreitenden
Rationalisierungsinvestitionen liegen[21]
und an den Verlagerungen von personal- bzw. lohnintensiven Produktionen in
Niedriglohnländer, womit im Idealfall auch Arbeitsplätze in Westeuropa erhalten
oder geschaffen werden können. Sicher spielte für die Standortverlagerung auch die echte oder frisierte Verlagerung der
steuerpflichtigen Konzerngewinne auf Kosten der Allgemeinheit eine Rolle – noch
bevor sich das EU-subventionierte Steuerdumping[22]
und sonstiger Steuer-Parasitismus zugunsten der Konzerne und „Bestverdiener" verstärkt
auswirkte.[23]
Weit über die Hälfte der
ausländischen Direktinvestitionen gehen nach wie vor in
Hochlohnländer mit entsprechender Massenkaufkraft
(sh.
"Ausländische Direktinvestitionen (ADI) pro Jahr",
bpb.de, 2006). Andere Länder und Kontinente mit
viel größerer Bevölkerungszahl wie Indien, China,
Lateinamerika oder gar Afrika werden für Investoren vor
allem erst in dem Maße interessant, wie dort die Konsumkraft
der breiten Bevölkerung wächst und das Volkseinkommen
nicht durch Parasiten abgeschöpft wird.
In Deutschland hängt zwar jeder fünfte Arbeitsplatz vom
Export ab (sh. „Konjunkturmotor Export",
destatis.de,
30.5.2006, S. 7), aber die deutschen
Ausfuhren gehen zu etwa zwei Dritteln in die EU (sh.
ebd., S. 37). Die Globalisierung des
Handels ist also nicht zu verwechseln mit der
Globalisierung der Spekulation. Deren rasant steigender
Umsatz hat schon im Jahre 2005 - allein durch die
hochspekulativen Derivate mit 1400 Billionen Dollar -
mehr als das Dreißigfache der weltweiten
Wirtschaftsleistung (BIP) von etwa 40 Billionen Dollar
erreicht (sh.
memo.uni-bremen.de, S. 10, und
bpb.de, 2006). Würde man diese staatlich geförderten
parasitären Aktivitäten angemessen besteuern (Tobin-Steuer
usw.) und dadurch auf die vertretbaren
Kurssicherungsgeschäfte früherer Jahrzehnte
zurückführen, dann könnte man mit den Steuereinnahmen
sofort die Armutsprobleme der Welt lösen und die
globalen Kurssicherer dazu ihren Beitrag leisten lassen.
Statt dessen riskieren die wirtschaftsliberalen
Extremisten in Politik, Medien, Industrieverbänden,
"Forschungsinstituten" usw., dass sie Milliarden
Menschen durch einen Finanzkollaps ins Elend stürzen –
mit unabsehbaren politischen Folgen, nur um ihr Goldenes
Kalb und ihre Profite zu sichern im Namen ihrer
scheinliberalen „Freiheit" auf Kosten der existentiellen
Freiheit von Milliarden anderen.
Die Untersuchungsergebnisse von Peter Bofinger widersprechen vor allem denjenigen
neoliberalen Meinungsmachern, die auch heute noch
ständig ihre Einkommensteuersenkungen fordern für die vorgeschobenen „Investoren"[24]
-
zu Lasten der Konsumenten mit hoher Konsumquote.
Mit dieser eigennützigen Hortung des
Volkseinkommens und -vermögens an der Spitze betreiben sie weitere
Konsumdrosselung. Den tatsächlichen Investoren könnte man durch Finanzierung von
"Lohnzusatzkosten" mit den früheren Spitzensteuersätzen und durch Senkung der
Mehrwertsteuer im konsumnahen Bereich zur Einschränkung der Schwarzarbeit viel
besser helfen.
Statt dessen fördert man mit der
dreiprozentigen Mehrwertsteuererhöhung die
Schwarzarbeit, zu der die geschröpften Klein- und
Normalverdiener Zuflucht nehmen müssen. Dazu heißt es
zum Beispiel in der
Offenbach-Post online vom
27.10.06:
"Schwarzarbeit nimmt um 5 Milliarden
zu"
Wissenschaftler:
Mehrwertsteuererhöhung ist größtes Programm zur
Förderung der Schattenwirtschaft in der Geschichte
Hamburg/Linz (dpa) - Die
Erhöhung der Mehrwertsteuer ist nach Einschätzung eines
Wirtschaftswissenschaftlers „das größte
Schwarzarbeitsprogramm in der Geschichte der
Bundesrepublik". Der Umfang der Schattenwirtschaft werde
dadurch im kommenden Jahr um bis zu fünf Milliarden Euro
zunehmen, sagte Friedrich Schneider, Professor für
Volkswirtschaftslehre an der Universität Linz in einem
Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa...
Die
neoliberale Meinungsproduktion für den inländischen Medien-Konsum läuft auf
Hochtouren, aber beim Meinungs-Export haben auf diesem Gebiet die Bushs in den USA und ihre
neoliberalen Nachahmer den größten Erfolg.
Selbst unter den neuen US-Multimilliardären gibt es einige mit genug Charakter,
um gegen die Senkung ihrer persönlichen Steuern zu Lasten der „working poor"[25]
zu protestieren. In ihrem Fall geht es auch um die Dividendensteuer, von deren
Abschaffung sie selbst als Großaktionäre am meisten profitieren sollten. Der
Investment-Guru Warren Buffett gibt ein Beispiel, wonach er allein durch
die vorläufige Abschaffung der Dividenden-Steuer seine persönlichen Steuern für
einige hundert Millionen Dollar im Jahr einsparen könnte - auf Kosten seiner Empfangsdamen und der
übrigen Einkommensschwachen.[26]
Der Wert seiner Börsenbeteiligungen ist im Jahr 2003, dem Jahr des Zitats, von 30,5 auf 42,9 Mrd. $
gestiegen.[27]
Man hört von Warren Buffett auch immer wieder das Zitat:
"Es herrscht ein Klassenkampf,
und meine Klasse gewinnt". Ohne Kritik an den
Zitatverwendern, aber zur Klarstellung sei hier auf den
Originaltext verwiesen (sh.
rossaepfel-exkurse.de).
Bei der Lektüre des Briefes spürt man Buffetts Sarkasmus
gegen den Gesetzgeber und gegen seine Klasse. In einem
CNN-Interview vom 19.6.05 musste Buffett seinen feinen
Sarkasmus vorsorglich plattmachen mit dem Zusatz „aber
das sollte sie nicht".
Vielen mag es als noch
bemerkenswerter erscheinen, dass der 1930 geborene
Buffett 85 Prozent seines Privatvermögens ab 2006 in die
hochdotierte Wohltätigkeitsstiftung von Bill und Melinda
Gates einbringt (sh. „Mega-Spende - US-Investor Buffett
verschenkt sein Vermögen",
spiegel.de, 25.6.06,
sh. auch
Wikipedia).
Aber bei seinen obigen Zitaten geht es nicht „nur" um
Wohltätigkeit und um zweistellige Milliardenbeträge. Sie
betreffen vielmehr die Plünderung des Volkseinkommens um
Billionen.
Beiden Milliardären erscheint es offenbar abwegig, den
größten Teil ihres Vermögens ihren Erben zu vermachen
oder gar - wie etliche deutsche Steuerflüchtlinge - in
parasitäre Steueroasen zu verschieben. Dagegen
betrachten die Hauptprofiteure aus dem Volkseinkommen in
Deutschland eine angemessene Vermögen- und
Erbschaftbesteuerung nach international üblichen Sätzen
offenbar schon als Zumutung, so z.B. auch - in
anscheinend völlig argloser Weise - Günther Jauch mit
seinem Einwand gegen Peter Krämers entsprechende
Forderung.- Jauch: Das Geld sei doch schon als
Einkommen versteuert. Wie Krämer denn seine Forderung
einem Erben erklären wolle. Darauf der Multimillionär
Krämer: „Ich würde ihm sagen: Ich habe das Geld schon
versteuert, aber du noch nicht!" (sh. hier
Peter Krämer).
Den neoliberalen Meinungsmachern wird die
Aufrichtigkeit von Buffett unbegreiflich sein. Sie
dürften nur platt anmerken, dass Buffett bei dieser
Einstellung ja von sich aus seine Milliarden nach unten
verteilen könnte, damit sie selbst von einer sozialen
Fiskalpolitik verschont bleiben (sh. z.B. Michael Glos
gegen Peter Krämer hier unter
Abschnitt_1b). Mit einem derartigen
Pseudo-Ausgleich würde aber praktische keine sozial- und
konjunkturpolitische Verbesserung erreicht. Mehr könnte
Buffett für das Gemeinwohl tun, wenn er seine Milliarden
verstärkt zur politischen Förderung einer sozialen
Fiskalpolitik gegen die Neoliberalen einsetzte.
Anscheinend haben die
heftigen Proteste gegen die zynischen Umverteilungspläne der Bush-Regierung (im
Amt seit 1/2001) einen Mini-Erfolg gehabt. Die Besteuerung von Dividenden wurde
jedenfalls nicht ganz
abgeschafft, aber der föderale Spitzensteuersatz (Einkommensteuer des Bundes)
und die entsprechenden Steuersätze für die übrigen „Bestverdiener" wurden noch
weiter abgesenkt von maximal 39,8% in 2002 auf 36,1% ab 2003[28].
Das bedeutet z.B. für New York einschließlich Regionalsteuern
einen kombinierten persönlichen Spitzensteuersatz von 41,8% (sh. BMF:
"Fachblick - Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich",
Ausg. 2003, S. 23, &
Ausgabe 2004, S. 4). Zugleich wurden weitere
Absenkungsstufen für die föderalen Steuern bis 2010 festgeschrieben - anscheinend zur Absicherung gegen
weniger asoziale Nachfolgeregierungen. Auch damit ist man der pinkgrünlichen
Agenda 2010 schon etwas voraus, obwohl der deutsche Spitzensteuersatz jetzt
auf fast das gleiche Umverteilungsniveau abgesenkt wurde
wie die kombinierten Steuersätze in den USA. Die föderalen[29]
US-Basis-Steuersätze für Kleinverdiener (10% und 15%) wurden dagegen nicht
abgesenkt
Die Dividenden werden nun in den USA nur noch mit 15 bis 20
Prozent besteuert (!) und nicht mehr mit dem
allgemeinen föderalen Spitzensteuersatz
von maximal 39,8%, den Bush bis 2010 vorläufig auf 35% absenkt (sh.
ctj.org). Dieser
Spitzensteuersatz hatte von 1936 bis zur Regierung des
Republikaners Richard Nixon (1/1969 - 8/1974) bei mindestens 70% gelegen und
blieb für „unverdiente Einkommen" auch bei 70% bis zum
Regierungsantritt von Ronald Reagan (1/1981 -1/1989). Reagan tat, was
die verhinderten Kahlschläger weltweit sich nicht trauten oder nicht durchsetzen
konnten: Er senkte den föderalen Spitzensteuersatz für die Dauer seiner
Regierungszeit mit ausufernder Staatsverschuldung und
Dammbruch für den Raubtierkapitalismus auf ungeahnte 28
Prozent und wurde
insofern zum großen Leitstern der Neoliberalen in
der ganzen Welt - bis hin zu „Angie" Merkels „Visionär"
Paul Kirchhof. Damit erhöhte das Vorbild aller
Kahlschläger zwar zunächst die Arbeitslosigkeit
auf den historischen US-Wert von 9,7%, konnte sie aber durch Finanzierung seiner
Steuergeschenke für „Bestverdiener" aus exzessiver
Schuldenanhäufung bei entsprechender konjunktureller
Blasenbildung schließlich doch auf den Stand vor seinem
Regierungsantritt zurückbringen (sh. J. Weisman: „Reagan
Policies Gave Green Light to Red Ink",
washingtonpost.com, 9.6.04, und Bradford DeLong: „Where
Did Reagan's Tax Cut Go?", Berkeley,
6.4.2000).
Unter Bill Clinton (1/1993 - 1/2001)
wurde durch Steuererhöhung der Haushalt wieder
saniert mit etwa 40% Spitzensteuersatz des Bundes (plus
Regionalsteuern!), und die Arbeitslosenquote wurde weiter
abgesenkt (sh. „Top
Federal Income Tax Rates ...",
Liste der US-Präsidenten
und
Historische Arbeitslosenquoten
des US-Department of Labour).
Für die Dividenden gilt seit George W.
Bushs Dankeschön-Politik zugunsten seiner
Wahlkampf-Finanzierer nun der noch weiter
herabgesetzte (ohnehin ermäßigte)
Steuersatz für Spekulationsgewinne
(capital gains). Dabei werden anstelle des allgemeinen maximalen
föderalen Steuersatzes von 35,7% ab 2006 für die
Dividenden
und sonstige Kapitalerträge vorläufig nur maximal 15,7%
bis 15,4% erhoben.[28]
(sh. zunächst auch
ctj.org).
Zwischen Bush’s „Dankeschön" und der „Spenden"-Freudigkeit
besteht noch ein weiterer Zusammenhang. Dazu schreibt
DER SPIEGEL 15/2007 unter der Überschrift „Big Spender"
auf S. 67:
Seit 1976 werden die Wahlkämpfe der
Präsidentschaftsaspiranten auch aus öffentlichen Mitteln
bezahlt. Allerdings hat es der Kongress im Lauf der
Jahre versäumt, die Budgets den explodierenden
Wahlkampfkosten anzupassen; das ist die Hauptursache des
heutigen Problems.
George W. Bush war der Erste, der im Jahr 2000 das
öffentliche System verließ und seinen Vorwahlkampf – die
Primaries – allein mit privaten Spenden finanzierte.
Seither gibt es kein Halten mehr. Wozu mickrige 15
Millionen Dollar vom Staat nebst strengen Auflagen, wenn
auf dem freien Markt schon für Vorwahlen 250 Millionen
Dollar und mehr zu haben sind?
Weil die 15 Millionen Dollar also angeblich für
einen ehrlichen Wahlkampf nicht reichen, wird die
Demokratie auf dem „freien Markt" an die Meistbietenden
verschachert.
Für die beiden unteren
Steuerklassen wurde der Dividenden-Basis-Satz von 10%
auf 5% gesenkt.[30]
Die vorher schon bestehenden Vorzugs-Steuersätze von
21,2% bzw. 10,6%[28]
für Wertzuwächse wurde ebenfalls auf die vorstehenden
Sätze abgesenkt. Bei den Halbierungen der Dividenden-
und Wertzuwachssteuer für Kleinverdiener konnten die
Republikaner großzügig sein, weil in den untersten
Steuerklassen bei diesem Schacher ohnehin nur wenige Dividenden und
Wertzuwächse anfallen.
Für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben solche
Steuersenkungen auf Pump außer den üblichen Schwankungen
und Strohfeuern durch Schuldenprogramme nichts gebracht[31]
- im Gegensatz zur kräftigen Senkung der Arbeitslosenquote durch
statistische Tricks: Praktisch ist es so, dass
man in den USA nach einem halben Jahr Arbeitslosigkeit aus der
Arbeitslosenstatistik verschwindet, weil man keine
Arbeitslosenunterstützung mehr bekommt (sh. Barbara
Eisenmann: „Der
amerikanische Traum", Deutschlandfunk,
1.2.05). Eine weitere Reduzierung der Arbeitslosenquote
um etwa drei Prozentpunkte wird erreicht durch die
extrem hohe Inhaftierungsquote bei Arbeitslosen zuzüglich massenhaften
Gefängnispersonals:
Viele
Amerikaner mußten über 15 Jahre Einkommenssenkungen
hinnehmen. Dem gegenüber standen gigantische
Steigerungen für die übrigen 20%. Ein Fünftel aller
amerikanischen Beschäftigten arbeitet für Löhne
unterhalb der Armutsgrenze, die in den USA wesentlich
niedriger definiert ist als bei uns. Für amerikanische
Unterschichtjugendliche gibt es nur eine Art des
sozialen Aufstiegs: die Teilhabe an der organisierten
Kriminalität...
3% der Erwerbsbevölkerung
sitzen im Gefängnis. Das sind 6 mal so viel wie
bei uns. 7%
stehen direkt oder indirekt unter Justizaufsicht mit
allen möglichen Bewährungsauflagen. Ein amerikanischer
Ökonom interpretierte dies so, daß die
Langzeitarbeitslosen Deutschlands der
Gefängnisbevölkerung der USA entsprechen,
zitiert aus Harald Schumann:
Die Globalisierungsfalle,
Vortrag vom 15.12.1997. In den Jahren 2003/2004
saßen 2,2 Millionen US-Amerikaner hinter Gittern
(sh. dazu und zur Entwicklung der dort genannten 1,9%
entsprechend 1,3 Millionen Gefängnisinsassen für 1995:
Tobias Kaiser:
Rot-weiß-blaues Zahlenwunder, DIE ZEIT,
7/2004, und die Inhaftierungsquote je 100.000 Einwohner
in 2003 von ca. 700 in den USA und 150 in Europa unter
anglefire.com
mit zahlreichen Weblinks, sowie
kulturblog.de). In dieser Hinsicht „lohnt" sich
anscheinend die brutale Dankeschön-Politik zugunsten der
Strippenzieher auch für die Statistik, denn in dem Maße
wie das Volkseinkommen nach oben umverteilt wird, steigt
der Anteil der statistisch nicht erfassten
Langzeitarbeitslosen. Indem auch noch das
Existenzminimum der Umverteilungsopfer an die
"Bestverdiener" weitergereicht wird, geraten immer mehr
Arbeitslose verständlicherweise in die Kriminalität und
in die statistikfreundlichen Gefängnisse.
Ein wichtiger Faktor für Wachstum und
Arbeitsmarkt ist jedoch auch die Konsum- bzw.
Verschuldungsmentalität oder unvermeidliche Verschuldung
von Einkommensschwachen und Normalverdienern in einigen
Ländern, während in Deutschland durch begründetes
Angstsparen die Sparquote weiter erhöht wurde (sh. H.
Flassbeck und F. Spiecker: „Die Niederlande - Ein
Vorbild für Deutschland?"
Wirtschaftsdienst, Mai 2002.
Durch die Kürzung und spätere Streichung der
Eigenheimzulage zur Aufrechterhaltung der Steuersenkung
für „Bestverdiener" wird außerdem vielen
Einkommensschwachen die Beschaffung von eigenem Wohnraum
unmöglich gemacht, so dass sie nunmehr verstärkt in
Finanzanlagen sparen müssen.
Die Desinformation der Wähler zu den Segnungen der Steuersenkungen für
"Bestverdiener" und Milliardäre schreitet seit vielen Jahren immer weiter fort
(sh.
"Journalismus in den USA - Die Konten der Kommentatoren", von
Serge Halimi in
Le Monde Diplomatique vom 16.8.96)[32].
Die Jahrtausende alte Instrumentalisierung der Religion für solche Zwecke geht
jetzt hin bis zu Schulbuchaufklebern gegen die Darwinsche Evolutionstheorie.[33]
Moralisierende republikanische Umverteiler wollen den Staat „schrumpfen lassen …
auf eine Größe, dass wir
ihn in der Badewanne ertränken können."[34]
Dafür setzen sie und gleichgesinnte Medien gewaltige Finanzmittel ein. Im
Gegensatz zu früheren Zeiten wird das Volk nicht mehr durch Staatsterror
ausgebeutet, sondern
durch das Propaganda-Kapital zur gewünschten „freien" Wahlentscheidung
manipuliert.[35]
Nach solchem Propaganda-Krieg gegen das eigene Volk können selbst
die US-Demokraten in ihrem Wahlprogramm nicht mehr die Rückkehr zum Solidarstaat,
sondern nur noch einen Stopp von weiteren Umverteilungen nach oben propagieren -
ähnlich wie in Deutschland nach der steuerlichen
Selbstbedienungs-Orgie durch die neoliberalen „Bestverdiener".
Die Wertschätzung und Achtung der Meinungsmacher
in der Bevölkerung ist zwar von 2001 bis 2005 noch
weiter gesunken: gegenüber Journalisten von 18%
auf 10%, gegenüber Politikern von 10% sogar auf 6% -
gleichauf mit Fernsehmoderatoren
(sh. allensbacher
berichte,
2005/ Nr. 12 und
2001/ Nr.16).
Aber das Wahlvolk lässt sich von ihnen trotzdem
weiter manipulieren, weil ihm kaum etwas anderes als
neoliberale Irreführung vorgesetzt wird.
Der Investment-Milliardär George Soros,[36]
Autor von kritischen Büchern zum Welt-Finanzsystem, entlarvt den wahren Grund
der Steuersenkungen für Best-"Verdiener":
Sie nutzen im Grunde die Rezession
für die Umverteilung des Einkommens an die Wohlhabenden… Was wir nach meiner
Meinung jetzt brauchen, ist eine expansive Geldpolitik und ein temporäres
Defizit, nicht ein permanentes.[37]
Mit dem Hinweis auf die Geldpolitik betont Soros einen
Punkt, den schon etliche renommierte US-Ökonomen auch
beim einseitigen Krisen-Management der der Deutschen
Bundesbank kritisiert haben.
Die
Rezession war also eher ein willkommener Anlass für die Bush-Regierung, ebenso
wie für die deutschen Umverteiler. Tatsächlich erfolgten
54% der letzten US-Steuersenkungen zugunsten von 1% der Bevölkerung.[38]
Auch der Angriff auf das World Trade Center wurde zur Präsidentschaftswahl
in 2004 für diese Politik schamlos ausgeschlachtet.[39]
Das Prinzip ist dort wie hier, möglichst schnell und asozial nach oben zu
verteilen, um hinterher sagen zu können, dass der Staat kein Geld mehr habe für
Gemeinschaftsaufgaben und Konjunkturförderung.
Wenn
die Milliardäre Buffett und Soros hier als Positivbeispiele genannt werden,
bezieht sich das mangels genauerer Recherchen zunächst nur auf ihre
seltene und vielleicht die ganze Persönlichkeit kennzeichnende
Charaktereigenschaft, für jedermann vernehmbar gegen ihre eigenen
vordergründigen finanziellen Interessen aufzutreten,[40]
denn solche Äußerungen lassen auf andere Charaktereigenschaften schließen als
die Verteilung von Brosamen[41]
oder die moralische Aufrüstung zur Steuersenkung für „Bestverdiener" mit
"christlichen Werten", „christlicher Leitkultur" und Ablenkung durch
patriotische Parolen mit dem Patriotismus der Absahner gegen den Rest des Volkes.[42]
Sie wirken viel glaubhafter als jene Abzocker-"Patrioten", die traditionell auch
noch das eigene Volk als Kanonenfutter für ihren
Landraub- und Plünderungszüge opferten.
Die Wahrhaftigkeit gegen eigene Interessen
überzeugt auch viel mehr als die Propagierung von „moderner"
oder „neuer" statt „sozialer
Gerechtigkeit"[43]
oder die pathetische und egoistische Selbstbeschränkung auf Naturschutz, obwohl
der Mensch doch ein Teil der Natur ist.[44] Den Charakter der Profiteure,
Möchtegern-Profiteure oder ihrer beschränkten Nachbeter erkennt
man dagegen am leichtesten dann, wenn sie bei Gesprächen über Steuern und
Abgaben die Senkung des Spitzensteuersatzes
totschweigen, schönreden oder noch weiter vorantreiben
wollen oder wenn sie gar den Protest gegen die schamlose
Umverteilung nach oben als „Neid" oder „Neiddebatte" usw. bezeichnen
(suche bei Google mit „Neidsteuer" oder „Neid").
Indem die neoliberalen Charaktermasken die Kritiker ihrer asozialen Umverteilung in die eigenen Taschen
diffamieren, hoffen sie, ihre Opfer noch besser schröpfen zu
können. Ihr Gerede von „Menschenwürde" verstummt plötzlich, wenn sie durch die
Schröpfung der Ärmsten weitere Steuergeschenke ergattern
können.
Man sollte sich allerdings davor hüten,
den Protest von Buffett, Soros, Jim O'Neill (sh. unten), Lafontaine oder
Friedrich Engels (sh. unten) nur deshalb in Frage
zustellen, weil sie sich z.B. ein „Eigenheim"
entsprechend ihrem Einkommen leisten. Lafontaine
ist im Linksbündnis nicht der einzige Bestverdiener, der
ein Ende der Steuergeschenke für „Bestverdiener" fordert.
Dennoch ist es den neoliberalen Meinungsmachern
gelungen, die Quote für seine meistgenannten
Negativeigenschaften im Vergleich zu einer Umfrage von
1998 bis zur Bundestagswahl im Jahre 2005 drastisch zu
erhöhen (sh. „Oskar
Lafontaine, Image-Veränderung",
Allensbach 2005 /Nr. 15).
Lichtblicke zur
Rettung des Menschenbildes (sh. hier
Abschnitt 16) sind auch der Schweizer
Großbankier Hans J. Bär mit seinem beißend kritisch Buch
"Seid
umschlungen, Millionen", das er im März
2004 im Alter von 76 Jahren veröffentlichte, und der Hamburger Reeder
Peter Krämer
mit seiner Forderung:
Belasten Sie die
Vermögenden, statt den Arbeitnehmern und Rentnern
weitere Opfer abzuverlangen.
(sh. den offenen Brief seiner Gruppe in
FAZ und BILD Hamburg hier unter
rossaepfel-exkurse.de.) Auch
Bär und Krämer haben die
überraschende Gabe, dass sie unabhängig von seiner
Brieftasche denken und urteilen können. Im Falle von
Krämer merkt man das
sofort bei seinen Interviews mit Journalisten, die das
nicht können. Überraschend ist diese
Forderung nämlich nur, weil sie von einem Bestverdiener
kommt, denn nach den geschilderten Erfahrungen tendieren
viele Zeitgenossen fälschlich dazu, dass sie
allenthalben nur skrupellosen Egoismus und Charakterlosigkeit
erwartet, was natürlich auch als Freibrief für eigenes
Verhalten missverstanden werden könnte. Die eher
selbstverständliche Forderung Krämers gab daher Anlass
für einen Exkurs, der wegen seiner Länge hier den
ohnehin strapazierten Argumentationsfluss sprengen würde und daher
ausgelagert werden musste (sh.
rossaepfel-exkurse.de).
Bevor
ein sozialer Ausgleich geschaffen werden
kann, muss sich der Kampf zunächst gegen die
Wählertäuschung und Demokratie-Verhöhnung durch die
neoliberalen Propagandisten richten. Gerade der Protest
von Bestverdienern gegen die Steuersenkung für
Bestverdiener beweist, dass nicht nur „Neid" die Ursache
für die Empörung über diese asoziale Umverteilung sein kann und
dass es auch Menschen gibt, die
nicht nur entlang ihren eigenen Vorteilen denken können,
die ihren persönlichen Vorteil und den ihrer Sippe nicht
über alles stellen. Der Protest der
ärmeren Umverteilungsopfer ist in jedem Fall
gerechtfertigt, allein schon wegen der
Arbeitsplatzvernichtung durch die Umverteilung nach
oben, ganz gleich ob man ihnen „Neid" unterstellt oder
nicht.
Auch
Jim O'Neill, Chef-Volkswirt der „weltweit größten Investmentbank" [45] Goldman Sachs und damit zweifellos mehr als ein
Besserverdiener, hat kein Verständnis für die Umverteilung nach oben durch die
deutschen neoliberalen Propagandisten. Er fordert für Deutschland eine
"phantasievolle Fiskalpolitik":
O'Neill:
"Weil die Reichen von ihrem Einkommen relativ weniger für Konsum ausgeben als
die Armen, muss die Fiskalpolitik bei den unteren Einkommensgruppen ansetzen.
Dieser Aspekt wird von vielen deutschen Ökonomen und Politikern vernachlässigt."[46]
Er
traute seinen Ohren nicht, als er die Mainstream-Ökonomen aus der deutschen
Provinz hörte:
Ich war vor ein paar Wochen in Berlin. Da ging es um ein effizienteres
Steuersystem, das das Wachstum fördert. Erst dachte ich, ich habe die Vorschläge
nicht richtig verstanden. Doch bald wurde mir das absurde Verständnis von
Makroökonomie klar. Wir haben tatsächlich ernsthaft diskutiert, ob man nicht die
Unternehmensteuern senken und im Gegensatz die Umsatzsteuer anheben sollte. Da
haben die Unternehmerverbände gute
Lobby-Arbeit geleistet. Aber dass es überhaupt diskutiert wird, ist
wirtschaftspolitisch nicht zu Ende gedacht. Dann können sich die deutschen
Konsumenten noch weniger kaufen. Eine höhere Umsatzsteuer würde der
Volkswirtschaft endgültig den Garaus machen.
Der
Ökonom O'Neill urteilt also botmäßig milde, als ob die Umsatzsteuererhöhung
zugunsten der Steuersenkung für Volksbetrüger und
andere „Bestverdiener" nicht durch deren asoziale Raffgier
bestimmt wäre. Er sieht aber als Praktiker eines ganz klar: Bei
der Steuersenkungs-"Disputation"[48]
geht es den neoliberalen Best-"Verdienern"
in Wirklichkeit nicht um Probleme der ökonomischen
Theorie und schon gar nicht des Gemeinwohls, sondern sie ist nur
"Lobby-Arbeit", egoistischen Ideologie und Meinungsmache. Kein Argument
oder Scheinargument ist ihnen zu weit hergeholt, um die Umverteilung zu ihren
Gunsten mit Zähnen und Klauen zu verteidigen und weiter zu forcieren. Die
Neoliberalen sind keineswegs „Liberale" (=
Freiheitliche), auch wenn sie sich so nennen. Es sind
nur Egoisten, denn sie setzen ihre mediale Macht und
Ellenbogen-Freiheit auf Kosten der Freiheit von anderen
ein. Bei der Gesetzgebung fordern sie allenthalben
"Liberalisierung" und „Deregulierung", um auch für die
Primärverteilung das „Gesetz" des wirtschaftlich
Stärkeren durchzusetzen. Das führt insbesondere
durch ungebremst anwachsende unvorstellbare
Spekulationsblasen auf den globalen Finanzmärkten erst
wieder im Jahre 2008 zu riesigen Banken-Pleiten, die
leicht in einer neuen Welt-Wirtschafskrise gipfeln
können – mit großen Gefahren für die Demokratien. Aber
die Wirtschaftsliberalen konnten ja sogar von den
Diktaturen profitieren und lehnen selbst die
Spekulations-Dämpfung durch die Börsenumsatzsteuer ab.
Mit einem Prozent Börsenumsatzsteuer könnten in
Deutschland außerdem noch jährlich ca. 40 Milliarden
Euro eingenommen und etwa 500.000 Arbeitsplätze
geschaffen werden. (Sh.
"500.000 Arbeitsplätze durch
Börsenumsatzsteuer", tagesspiegel.de,
11.1.2007). Statt dessen erhöhen die
Neoliberalen lieber die Mehrwertsteuer, zuletzt um ca.
25 Milliarden Euro jährlich, zu Lasten der
Massenkaufkraft und vernichten dadurch Arbeitplätze.
Nicht nur O’Neill, Stiglitz und die
zahlreichen US-Ökonomen verdeutlichen die völlig
konträren Wirkungen von Mehrwertsteuererhöhungen und
Erhöhungen des Spitzensteuersatzes für den Arbeitsmarkt.
Sogar die deutschen bestbezahlten „Experten" der
Umverteilung nach oben mögen die voraussichtliche
Vernichtung weiterer Arbeitsplätze durch eine
Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland nicht bestreiten.
Sie wollen aber aus Egoismus nicht die Alternative der
Rückkehr zu ihren früheren Spitzensteuersätzen begreifen.
Um dem Volk diese angebliche
Alternativlosigkeit einzuhämmern, werfen sie ständig
beides in einen Topf, z.B. mit der Online-Frage zur Sendung: „Unter den Linden" vom
15.5.06 mit dem Moderator
Hartmann von der Tann:
"Verhindern Steuererhöhungen den
Konjunkturaufschwung? JA - NEIN", ein typisches
Manipulationsbeispiel, denn ein solches Ausmaß an
Ignoranz bei Meinungsmachern ist einfach nicht vorstellbar.
In vorderster Front
unter den Meinungsmachern bei der Begriffsverwirrung zur
Umverteilung in die eigenen Taschen steht auch die FDP
mit ihrer Galionsfigur
Guido Westerwelle.
Zur Verstärkung
der Desinformation ließ man in der Sendung den
Honorar-Professor
Michael Hüther (sh. auch hier
Abschnitt_1b.htm), Direktor des
arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft und
INSM-"Botschafter"
gegen Gregor Gysi antreten (sh.
Video-Aufzeichnung).
Hüther nutzte teilweise
Argumente, die man als Nicht-Ökonom in einer solchen
Sendung nur schwer widerlegen kann. Gegen Gysis Hinweis
auf den Kreislaufentzug der Steuergeschenke für
"Bestverdiener" behauptete Hüther nach dem
üblichen Schema, dass
kein Geld für den Kreislauf verloren gehe. Diese Finte
folgt der
meist falsch verstandenen Erstsemester-Gleichung für die
geschlossene Volkswirtschaft: „Sparen
= Investitionen", weil die Auslandsbeziehungen von den
neoliberalen Ideologen bei Bedarf geflissentlich unterschlagen
werden (sh. Arthur Schopenhauer:
Eristik,
Kunstgriffe 29, 3 u.a.). Nach den so verbreiteten Vorstellungen
dürfte es in den USA mit ihren Sparquoten nahe Null kaum noch
Investitionen geben (sh. „The
economics of saving...", economist.com,
7.4.05, und „Household
saving rates", OECD 2006). Aber obwohl Gysi kein Ökonom ist,
konnte er gegen die durchsichtige Argumentation von
Hüther bestens bestehen.
Die vereinfachte Gleichung
I(nvestitionen, netto) = S(paren) ist außerdem typisch
für ökonomische Interpretationsprobleme, weil sie
einerseits auf buchhalterischer Definition in der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beruht mit X – M =
Exporte – Importe = 0 und G – T = Staatsausgaben –
Steuern = 0. Bei Werten ungleich Null gilt die
Definition S
= I + (G-T) + (X-M) „ex post".
Andererseits kann diese Gleichung aber auch als
Gleichgewichtsbedingung und Verhaltensannahme für die
realen Werte „ex ante" aufgefasst werden (in
Abhängigkeit z.B. vom Realzins), weil die rein
buchhalterische Identität auch Investitionen auf
überquellende Lager einschließt.
Fast wortgleich gegen die Stärkung
der Konsumnachfrage und zur Umverteilung nach
oben in die eigenen Taschen äußerten sich Hüther
zusammen mit den „„INSM-Botschaftern"
Thomas Straubhaar (HWWA-Präsident), Bernd Raffelhüschen
(Vorstandsmitglied der „Stiftung Marktwirtschaft") und
weitere 250 Wirtschaftsprofessoren in ihrem „Hamburger
Appell"
kurz vor der Bundestagswahl 2005 für eine neoliberale
Wahlanzeigen-Kampagne der Arbeitgeber-finanzierten INSM
(Sicherungskopie sh. hier:
Text &
Liste).
Zu den Steuergeschenken für die agitierenden
"Bestverdiener" als angebliche Investitionsnachfrage oder
sonstige konjunkturwirksame Nachfrage in Deutschland
siehe auch Herrmann Remsperger (Vorstandsmitglied der
Deutschen Bundesbank): „Globale
Ersparnisströme, Bretton Woods II und
dunkle Materie", Bremen, 1.4.2006, u.a. S. 7, mit
Sicherungskopie
hier).
Ob man das derzeitige Absinken der
Sparquote in den meisten Industrieländern auf deren
sinkende Nachfrage nach Investitionskapital zurückführt
oder umgekehrt (sh. oben „Household
saving rates…"): Die Steuersenkung für
die „Bestverdiener" und die Umverteilung nach oben in
Deutschland wird hier nur die Konsumnachfrage noch
weiter schwächen und den Einkommensschwachen die Mittel
entziehen für ihren extrem steigenden Spar- und
Vorsorgebedarf.
Die INSM wuchert in den Anzeigen mit dem Argument: „250
Professoren – 10 Thesen – 1 Meinung … Der Hamburger
Appell ist ein Aufruf von 250 Wirtschaftsprofessoren für
eine konsequente Reformpolitik … Zehn Experten äußern
sich mit ihren Thesen zur aktuellen Lage". Diese zehn
plakativen Experten-Äußerungen der Bestbezahlten kann
man eher als Verpackungs-Slogans bezeichnen, die
üblicherweise als unbestrittener Vorspann von
konjunkturschädlichen Forderungen nach weiteren
Steuersenkungen für „Bestverdiener" herhalten müssen. Der
bezweckte Eindruck auf die ebenfalls neoliberale oder
nachbetende und naive Meinungsbildungs-Maschinerie wurde
jedoch nicht verfehlt, wie die Foren zeigen (sh. z.B.
myblog.de und
wiwi-treff.de). Von Gewerkschaften oder SPD hört man
zwar Gegenstimmen, aber das übrige kritische Denken in
Deutschland ist weitgehend vom Mainstream überwuchert
(sh. immerhin die „Gegenrede"
von Jürgen Hoffmann im „Hattinger Kreis" – mit
Sicherungskopie
hier, weil
als PDF-Datei schon nicht mehr erreichbar, und die
verständlicherweise nonchalante, aber trotzdem
verdienstvolle „Übersetzung"
von Harald Wozniewski).
Mitunterzeichner für die INSM waren auch die Professoren
Clemens Fuest (Mitglied im
Kronberger Kreis der neoliberalen „Stiftung
Marktwirtschaft"), Hans-Werner Sinn und Stefan Homburg
(sh. unten). Bei den übrigen Mitunterzeichnern lässt
sich oft nicht vermuten, ob sie den Text überhaupt
richtig gelesen und die lobbyistischen Hintergründe
durchschaut haben oder leichtfertig waren wie manche
"Prominente", die ihr Mitmachen bei der Kampagne „Du
bist Deutschland" später bereut haben.
Im Grunde gibt es auf alle elf Proklamationen des
"Bestverdiener"-Appells als Antwort nur den Hinweis auf den
einen Dollar von Orszag und Stiglitz. Mit seiner
Rückführung und mit der Anhebung der deutschen
Steuerquote auf das mittlere Niveau von Großbritannien
ließen sich – wie hier beschrieben – ihre
Konjunkturförderungs-Vorschläge im wesentlichen
finanzieren. Allerdings müssten sie auf ihre
konjunkturschädlichen Steuergeschenke verzichten. Das
weisen die neoliberalen Meinungsmacher aber dort wie stets zurück,
indem sie auf die Arbeitsplatzbeschaffer zeigen: „Hohe
Arbeitskosten und hohe Steuerlasten mindern
unternehmerische Gewinne und damit unmittelbar die
Investitionsbereitschaft", als ob der Mehrzahl der
Arbeitsplatzbeschaffer mit der teilweisen
Steuerfinanzierung ihrer Sozialversicherungsbeiträge
nicht viel besser gedient wäre als mit der Senkung des
Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent, den sie
in den allermeisten Fällen gar nicht erreichen (sh.
unten)!
Selbst Thomas Straubhaar, Chef des
Instituts HWWI, der hier als Neoliberaler mehrfach
hervorzuheben war, fordert die Steuerfinanzierung von
sozialen „Grundsicherungsmodellen", auch wenn er als
Mittelloser damit nur auf Sozialhilfeniveau versorgt
würde und als Verfechter der Umverteilung nach oben gar
kein Geld dafür einplanen kann:
Seine Forderung: „Die enorm hohen Belastungen durch die
Lohnnebenkosten treiben einen breiten Keil zwischen
Brutto und Netto. Das muss sich ändern, indem die
beitragsfinanzierten Sozialversicherungssysteme durch
steuerfinanzierte Grundsicherungsmodelle ersetzt
werden."
(Sh. die BILD-Aktion mit Hans Werner Sinn
und anderen: „Arbeitslose
mehr fordern", bild.de,
11.2.2008, sowie dort den Link zum Rest der Aktion:
"Bild
berichtete" > „Wo
bleibt der Anreiz für Arbeit?",
bild.de,
11.2.2008.)
Der „Gemeinwohl"-Appell
der Neoliberalen wirft noch einmal ein krasses Schlaglicht auf
die Lage der universitären Wirtschaftsideologie in
Deutschland (sh. auch
nachdenkseiten.de),
besonders dann, wenn man ihn dem obigen Appell der mehr
als 400 US-Ökonomen gegen die gleichgerichtete
Umverteilung durch die Bush-Regierung gegenüberstellt.
O'Neill
fordert also für Deutschland vor allem die Stärkung der Konsumnachfrage und
liegt insoweit auf der Linie der Nachfragetheorie von John Maynard Keynes (1883
– 1946), steht also im Gegensatz zu den neoliberalen Anhängern der
Angebotstheorie.
Zu dem theoretischen Richtungsstreit
siehe auch den hervorragenden journalistischen Beitrag
von Stephan Kaufmann in der Berliner Zeitung:
"Wissenschaft – Geringe Nachfrage – Weltweit erlebt die
Lehre des Ökonomen Keynes einen Aufschwung. Nur in
Deutschland werden seine Anhänger an den Rand gedrängt".[49] Dieser Richtungsstreit wird von den Profiteuren jedoch
lediglich zur Ablenkung von ihrer Selbstbedienung durch Steuersenkung für „Bestverdiener" usw.
verwendet.
Die immer noch angesehene Berliner Zeitung (von
Gruner+Jahr/Bertelsmann/Liz Mohn, dann kurzfristig
Holtzbrinck und seit 1.12.05) wurde Ende 2005 übernommen von den
"Optimierungs"-Investoren um den Briten David
Montgomery, sh.
welt.de, 1.12.05.
Danach wurde die Startseite bunt wie bei der Bildzeitung
und kräftig animiert. Man muss sich durch allerlei
Klamauk hindurchklicken, bis man zum Informationsteil
kommt. Aber schon vor dieser Übernahme gab es neoliberale Tendenzen. Das zeigt der Artikel des leitenden
Redakteurs Christian Bommarius über die Hartz-IV-Opfer,
"Anweisungen an Hundehalter", „sächsischen Leinenzwang",
"Revolutionsbuchhalter" sowie „ein paar hundert"
verregnete und „johlende" Demonstranten mit
"entfesseltem Protest" im „Zeltchen" mit
Lafontaine am 14.6.05 in Chemnitz. Ein Zufallstreffer
ist die Stimmungsmache des Lokalredakteurs Jan
Thomsen in seinem Artikel: „Keine Hilfe vom lauten
Lafontaine",
berlinonline.de, 12.6.06,
der auch noch großspurig als „Analyse" bezeichnet wird.
Besonders aktiv und niveaulos in den Kampagnen für den Neoliberalismus und gegen Lafontaine ist auch DER SPIEGEL.
Wer nicht an die Entstellung von Tatsachen durch
Meinungsmacher in deren Eigeninteresse glaubt, wird hier wie
anderswo im Wahlkampf fast täglich eines Besseren
belehrt, z.B. in C. C. Malzahns
SPIEGEL-"Bestverdiener"-Version von „Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit",
SPIEGEL ONLINE 20.7.05,
oder in dem „Bericht" von Markus Feldenkirchen: „Der
rote Panther", in: DER SPIEGEL, 27/2005, S. 45, der nach
der schamlosen Umverteilung zugunsten der SPIEGEL-
Redakteure nur „wütende oder ... sturzbetrunkene
Gesichter" bei Lafontaines Rede in Chemnitz sehen konnte. Dass Lafontaine solche
Umverteilungen als „soziale Schweinereien" bezeichnet,
ist für den linientreuen SPIEGEL-Journalisten eine
"Mischung aus Verfolgungswahn und Größenwahn" - und
weiter: „Oskar Lafontaine hätte wohl selbst nicht
gedacht, dass er einmal so tief herabsteigen würde",
ebd. - Was ist bloß aus dem SPIEGEL geworden?
Zu seiner Arbeit im Berliner SPIEGEL-Büro des
Aust-"Kronprinzen" Gabor Steingart schreibt der ehemalige
SPIEGEL-Wirtschaftsredakteur Oliver Gehrs:
"Die Währung des Spiegel
ist Angst", zitiert Steingart den Reporter einer
Wochenzeitung, „Angst nach innen und Angst nach außen."
Er findet den Satz sehr treffend...
Das mit der Angst nach innen jedoch stimmt
uneingeschränkt. „Einmal im Jahr werden alle ans Fenster
gerufen, dann wird eine Leiche auf den Hof geschmissen,
und alle schauen, wer da liegt", sagt ein eher
unängstlicher Redakteur.
Wer Aust kritisiert hat, ist gegangen, und nicht mal
seine Stellvertreter, von Augstein einst mit viel Macht
ausgestattet, wagen noch Widerspruch...
und zur Ideologie von Steingart heißt es
weiter:
Die Lohnnebenkosten müssen runter, die
Sozialausgaben gekappt und der Föderalismus weitgehend
abgeschafft werden.
(Sh. „Hoch
zu Ross- Der Chefredakteur von
Deutschland", taz.de, 12.3.05). Die Wikipedia
charakterisiert die Manipulations-Übertragung von oben
nach unten, wenn sie zu
Gabor Steingart
schreibt (Stand 3.12.06):
1995 wurde er vom neuen
Spiegel-Chefredakteur
Stefan Aust zum Ressortleiter Wirtschaft in Hamburg
befördert. In dieser Funktion sammelte Steingart
wiederum neoliberal orientierte Wirtschaftsredakteure um
sich...
Kritische Beobachter wie etwa
Roger Willemsen sehen in Steingart die Verkörperung
eines Wandels des SPIEGELs seit den 1990ern hin zu
neokonservativen und
neoliberalen Themen. Unter Steingart wurde die
Chefredaktion durchgehend mit Wirtschaftsjournalisten
besetzt. Der SPIEGEL nehme unter Steingart zunehmend
einseitig die Perspektive der Wirtschaft auf, ehemalige
Sozialkritik käme kaum noch vor...
Steingart wird als möglicher Nachfolger von Stefan Aust
als Spiegel-Chefredakteur gehandelt.
Der Ausblick auf die Fortsetzung des
neoliberalen Kurses nach Aust läßt nur hoffen, dass DIE
ZEIT als letzte halbwegs neutrale Print-Alternative
einer wöchentlichen Informations-Aufbereitung auf
ihrem Kurs bleibt oder ihren kritischen Journalismus
noch weiter entwickelt.
Seitdem die Spiegel-Redakteure durch Augsteins
Beteiligungs-Schenkung (sh. „Der
Widerspenstigen Lähmung", zeit.de,
17.11.05) und testamentarische Mehrheitsverfügung zu
entscheidenden Miteigentümern des Verlages geworden
sind, steht die Gewinnbeteiligung daraus anscheinend für
viele von ihnen im Vordergrund. Daher ist neben ihrem
eigenen Einkommensteuersatz anscheinend das Wohlwollen
der großen Anzeigenkunden immer mehr zum Maßstab ihrer
Berichterstattung geworden.
Das SPIEGEL-Beispiel
kann sicher auch zum Verständnis der Meinungsmache und
Herrenreiter-Attitüde in anderen Medien beitragen. Die
Senkung der „Lohnnebenkosten" durch Beendigung der
konjunkturschädlichen rosagilbgrünen Steuergeschenke an
Steingart und die übrigen „Bestverdiener" wäre allerdings
sehr hilfreich für den Arbeitsmarkt. Anscheinend hat
Steingart auch den oben zitierten Markus Feldkirchen in
sein Berliner Büro zur Verstärkung geholt, wo
Feldkirchen - in 2003 noch beim Tagesspiegel - jetzt im
Impressum erscheint. Das könnte Anlass geben, sich
einmal die Artikel von Steingart und seinen übrigen
Mitarbeitern genauer anzuschauen. Inzwischen ist
Steingart wegen seines „unverhohlenen Pro-Merkel-Kurses"
jedoch bei den Gesellschaftern selbst unter Druck geraten (sh.
Oliver Gehrs: „Aust im Nacken",
taz.de., 31.10.05).
Schon seit dem Wahlsieg des
Schröder-Lafontaine-Bündnisses am 27.9.1998 bis zum
Rücktritt von Lafontaine im März 1999 hat DER SPIEGEL
unter dem Chefredakteur Stefan Aust maßgeblich an der
Steuersenkung für seine „Bestverdiener" mitgewirkt, indem
er sich an der Kampagne der neoliberalen Propagandisten
gegen Lafontaine beteiligte und so die Umverteilung nach
oben durch den hochgejubelten Kanzler der Bosse und
seinen Tross unterstütze (sh. z.B. die SPIEGEL-Artikel
in den Monaten vor dem Rücktritt von Lafontaine).
Diese hatte er auch den neoliberalen
Meinungsmachern noch einmal recht deutlich in Aussicht
gestellt, unter anderem in einem Interview mit der
Zeitschrift „Die Woche". Das Handelsblatt titelte und
schrieb am 1.9.1995:
SPD / Entscheidung Scharpings findet
Beifall der Fraktion. CDU: Schroeders Entlassung bringt
nur eine Atempause.
Vor allem die SPD-Linke zeigte am
Donnerstag Genugtuung ueber die Entlassung Gerhard
Schroeders als wirtschaftspolitischer Sprecher.
Schroeder
werde in der Bundespolitik keine Rolle mehr spielen,
erklaerte ihr Sprecher, Eberhard Kuehlwein…
Anlass für den neuen Konflikt war ein
Interview Schroeders in der Zeitung „Die Woche". Darin
hatte der niedersächsische Ministerpräsident sich erneut
eine Kanzlerkandidatur für 1998 offen gelassen und zudem
erklärt, es gehe nicht mehr um sozialdemokratische
oder konservative Wirtschaftspolitik, sondern um
moderne
oder
unmoderne.
(Sh.
Handelsblatt.com,
Nr. 169 vom
1.9.1995, Seite 06, letzte Hervorhebung vom
Verfasser.)
Wegen dieses angekündigten Abschieds von
der Sozialdemokratie durch den Kanzler der Bosse sahen
die neoliberalen Meinungsmachern mit dem großen Kapital
im Hintergrund (Bild, BamS und Glotze) eine einmalige
Chance, die SPD für ihre Umverteilung nach oben
einzuspannen. Sie jubelten den Kanzler der Bosse deshalb
dermaßen hoch, dass die verbleibenden Sozialdemokraten
in der SPD sich auf ihn trotz all seiner
anti-sozialdemokratischen
Losungen als Zugpferd einließen und Oskar
Lafontaine mit allerlei Zusicherungen als Garant für den
Erhalt der Stimmen von links missbrauchten.
Solche Rationalisierungen der Gier von
Abkassierern konnte Schröder sich angeblich
wissenschaftlich verbrämen lassen durch seinen
Referatsleiter für Wirtschaft und Ökonomen Alfred Tacke,
der ebenfalls nach einigen Winkelzügen sein Schäfchen
bei einem begünstigten Energiekonzern ins Trockene
gebracht hat (sh.
"Abschied von der alten Tante",
DER SPIEGEL 37/1995, 11.9.1995, und hier
Pro7Sat1.htm#Tacke).
Lafontaines eigentlicher Fehler war es, sich als
SPD-Parteichef auf solche Leute mit ihrer neoliberale
Meute von profitierenden Meinungsmachern einzulassen.
Er musste dies sehr bald erkennen.
Den tatsächlichen Inhalt der Lafontaine-Rede
in Chemnitz hat zum
Glück der Video-Filmer Olaf Berzins aufgenommen
und ihn in vier Teil-Dateien zum Download abgespeichert
bei
Indymedia.org
unter
- ein großes Verdienst des informierenden Journalismus gegen den
gemeinschaftsschädlichen Meutejournalismus. (Die erste Datei
konnte nach dem Herunterladen durch ZIEL SPEICHERN auf der
Festplatte mit dem RealPlayer erst abgespielt werden,
nachdem die Endung ~.ogg durch ~.rm ersetzt wurde.)
Allein dieses Video bringt jedenfalls mehr Aufschluss
als die Desinformation ganzer Sammlungen von
Christiansen, SPIEGEL, FOCUS (sh. unten) usw. Im
ARD-Christiansen-Archiv findet man aus ihrem
Talk-Theater ohnehin nur handverlesene Zitate, die die
Umverteilung nach oben zumindest nicht ernsthaft in
Frage stellen dürfen. Ansonsten muss man sich mit ihren
großartigen Selbstdarstellungen auf den Webseiten nach
Art der Champus-Schickimicki-Benefiz-Veranstaltungen
wohltätig abspeisen lassen (z.B.
"UNICEF-Botschafterin",
"Eine Frau redet Klartext",
"Sabine Christiansen: Die Fakten" usw.), mit
denen die selbstgeadelten Spender durch ihren
steuerlichen Verteilungs-Lobbyismus für sich den
UNICEF-Kindern in der Dritten Welt viel mehr entziehen,
als sie ihnen an Brosamen anbieten.
Zur SPIEGEL-Journalistik in Wirtschaftsfragen sh. auch die
NachdenkSeiten.de, z.B. „Hinweis - Der Spiegel -
dümmer geht's nimmer",
18.6.05; oder : „Propaganda-Maschine der Neoliberalen -
Hat das ZDF diese Gleichschaltung nötig?", ebd., 8.6.05;
oder zum Manager-Magazin aus dem SPIEGEL-Verlag:
"Hinweis: Manager-Magazin - dümmer geht's nimmer", ebd.,
7.6.05; oder
Albrecht
Müller: „Wie
'Der Spiegel' zu dem wurde, was er ist"). Möglicherweise sind nach dem Tod von Rudolf Augstein
viele Redakteure durch erhöhte laufende
Gewinnauszahlungen aus ihren allzu großzügig geschenkten
Unternehmensbeteiligungen von Besserverdienern zu
"Bestverdienern" geworden und konnten das charakterlich nicht
verkraften, so dass die besagte Herrenreiter-Mentalität
Einzug gehalten hat (sh. oben die Reiterstatue von
"August dem Starken" und zur Gesellschafterstruktur:
Rudolf Stöber: „Das Mediensystem in der Bundesrepublik
Deutschland",
uni-leipzig.de).
Dagegen berichteten z.B. ausgerechnet DIE WELT und das ZDF, ja sogar
der FOCUS von „begeisterten" 8.000 Zuhörern in Chemnitz
und „Beifallsstürmen". Die Veranstalter sprachen
allerdings selbst „nur" von „mindestens 4.000
Kundgebungsteilnehmern" (lt. freiepresse.de, Chemnitz).
Aber wenn es (nach anderen Aussagen) auch nur halb so viele waren, so
wären es doch jedenfalls mehr als die geschmähten „paar
hundert" gewesen.
Drei Tage nach dieser Demonstration
der neuen Linken hat die große Koalition der
neoliberalen Umverteiler und Selbstbediener die
Galgenfrist bis zum Absturz in Hartz IV für über 55
Jährige mit jahrzehntelangen Einzahlungen immerhin
wieder verlängern wollen auf die ursprüngliche 32
Monate (sh.
Bundestag beschließt
..., ndrinfo.de, 17.6.05) - mit verräterischer
Eile, obwohl die CDU/CSU am Vortag noch gegen
die Verlängerung war (sh.
Union kritisiert Kurs der SPD,
n-tv.de, 16.6.05). Die vereinigte Linke wirkte also schon
ohne Bundestagsmandat,
aber nur bis zum Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU, in dem sich die
"Christlichen" doch wieder mit der Begrenzung auf 18 Monat durchsetzen konnten
(sh. „Arbeitslosengeld
I wird für Ältere doch nicht verlängert", welt.de, 3.11.2005.
- Ab 1.1.2008 erhalten es 58jährige und ältere für 24
Monate nach mindestens 24 Versicherungsmonaten sh.
Wikipedia:
Arbeitslosengeld_I.)
Die Kritik an der Ausplünderung älterer Arbeitsloser
wurde im November 2006 von Jürgen Rüttgers (CDU)
wiederholt und von seinen „Christen"-Freunden wiederum
zurückgewiesen mit der Generations-hetzerischen
Heuchelei, dass ein Mehr für die Alten zu einem Weniger
für die Jungen führe - also nicht zu einer Kürzung der
unglaublichen Steuergeschenke für die bestbezahlten
Volksverdummer (sh. hier
Gesundheitsreform.htm).
Es wundert nicht, dass auch Ruck-Präsident
Roman Herzog (CDU)
als Großprofiteur solcher Steuer-Geschenke davon ablenkt. Dafür
erweckt er bei BILD den Eindruck, dass am Ende „die
Älteren die Jüngeren ausplündern" (sh. „Roman Herzog
warnt vor Rentner-Demokratie",
bild.de,
11.4.2008). Statt der beleidigenden 1,1 Prozent
Rentenerhöhung für drastische Kaufkraftverluste - nach 45
Jahren ehrlicher Arbeit - erhält er schon nach fünf Jahren
Dienstzeit als Präsident daraus - und für die
Fortsetzung seiner neoliberalen Propaganda - einen jährlichen
"Ehrensold" von mehr als 200.000 Euro plus Dienstwagen,
Chauffeur, Sekretärin usw., und das bis zum Lebensende. Zwar hatte
er recht, dass man den „Gürtel enger schnallen" müsse
und dass dafür ein „Ruck" durch Deutschland gehen müsse,
jedenfalls in bezug auf sich selbst und die übrigen
Profiteure der Umverteilung nach oben (sh. hier
Linksbuendnis.htm).
Aber offenbar hat er diese Forderung doch nicht an
sich und die Hörer seiner Rede im Berliner
Luxushotel Adlon gerichtet, sondern an
Einkommensschwache und Mittelschicht, die zu seinen
Gunsten ausgeplündert werden. (Hier lässt sich sogar der
FOCUS zitieren: Sh. "
Generationenkonflikt
– Geißler wirft Herzog Beleidigung der Rentner vor",
focus.de,
14.4.2008.) Selbst Jürgen Rüttgers begreift
mittlerweile:
"Es wird volkswirtschaftlich nicht funktionieren, dass
wenige Menschen im Arbeitsprozess viele Rentner
finanzieren". Wenn die Politik Beschlüsse mit
Auswirkungen auf die Rente fasse, zu denen es keine
Beitragseinnahmen gebe, „dann muss sie die Steuermittel
aufbringen, um das zu finanzieren", sagte der
CDU-Politiker dem Bonner „General-Anzeiger".
(Sh. de.reuters.com,
13.4.2008, und
"Eine Frage der Gerechtigkeit",
dradio.de,
12.4.2008). Das bringt ihm zwar heftige Kritik
ein von der neoliberalen CDU-Kundschaft, aber wahrscheinlich
hat er gar nicht seine und deren Steuergeschenke
gemeint, sondern wieder einmal die Mehrwertsteuer zu
Lasten der Ärmsten und Normalverdiener. Auch Horst
Seehofer lässt gelegentlich ahnen, was die CDU/CSU nach
ihrem missbrauchten christlichen Namen sein könnte (sh.
"Seehofer:
Renten sollen wie Löhne steigen – 'Die Rentenformel muss
wieder eine Vertrauensformel sein'",
linie1-magazin.de,
12.4.2008).
Nach einigem Zögern ist auch Angela Merkel auf die
Rüttgers-Kritik an der „sozialdemokratischen"
Ausplünderung älterer Arbeitsloser eingeschwenkt. Offenbar hat sie erkannt, dass ihre
Pseudochristen auf diese Weise die
Schein-Sozialdemokraten von der SPD bestens
vorführen können mit deren Agenda 2010
(sh. „Müntefering
schimpft über 'Sauerei von Rüttgers'",
welt.de, 10.11.06). Man hängt sich hier heuchlerisch an
die Forderung der WASG und tut so, als würde man sie
erfüllen. Nachdem die Umfragewerte der CDU von Juni 2005
bis November 2006 von mehr als 45 Prozent auf weniger
als 30 Prozent eingebrochen sind (sh.
SPIEGEL-ONLINE-Umfrage-Barometer), will
man plötzlich den Arbeitslosen mit langer
Beitragszahlungsdauer eine Scheinlösung bieten, indem
man gerade einmal ein halbes Jahr Bezugsdauer hinzu
gibt. Offenbar will man dies tückischerweise tatsächlich
von den jüngeren Arbeitslosen finanzieren lassen, um von
den eigenen Steuergeschenken abzulenken.
(Sh.
dagegen weiter unten das Beispiel Dänemark mit einem
Arbeitslosengeld von 90% für maximal vier Jahre und
einer Arbeitslosenquote, die nicht einmal halb so hoch
ist wie die Quote in Deutschland. Allerdings gibt es
dort einen Spitzensteuersatz von 59 Prozent - vgl.
Bundesfinanzministerium: „Die
wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2006",
S. 66, Tabelle 5)
Das dänische strenge Prinzip „Fordern und Fördern"
kann aber nicht funktionieren bei der deutschen
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben.
Schon deshalb kommt für die Neoliberalen auch kein
Arbeitslosengeld von 90 Prozent auf maximal vier Jahre
in Frage. Bei einer solchen Arbeitslosenunterstützung
und gleichzeitiger Arbeitsplatzvernichtung hätte die
Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 2006 z.B. nicht einen
Überschuss von 11,2 Milliarden Euro verbuchen können
Bei der deutschen Arbeitslosenquote von etwa 10 Prozent
hätte man dann auch nicht den Beitrag zur
Arbeitslosenversicherung von 6,5% auf 4,2% senken
können. (Zum Überschuss und zur Beitragssenkung sh. z.B.
"Arbeitsmarkt
- Arbeitsagentur hat 11,2 Milliarden Euro übrig",
faz.net, 29.12.06). Dann hätten sich die neoliberalen
"Besserverdiener" unter den Meinungsmachern auch nicht
freuen können über eine spürbare Senkung ihres
Arbeitnehmeranteils zur Arbeitslosenversicherung. Dazu
heißt es in BILD vom 4.1.06:
So viel kriegen Sie jetzt netto MEHR!
Mehr Netto im neuen Jahr! Arbeitnehmer
können sich jetzt schon auf ihren Januar-Gehaltszettel
freuen! Sie bekommen mehr ausbezahlt, weil die
Sozialbeiträge unter dem Strich sinken. Das bringt im
Jahr bis 540 Euro nette mehr…
Für die BILD-Redakteure werden die 540
Euro mit Sicherheit erreicht. Für die Kleinverdiener
bringt die Senkung ihres Beitrages zur
Arbeitslosenversicherung bei gleichzeitiger Erhöhung
ihres Krankenversicherungsbeitrages jedoch längst nicht
genug zum Ausgleich der zusätzlichen Belastungen, die
ihnen durch die Mehrwertsteuererhöhung usw. aufgebürdet
werden.
Bezahlt wird die Zeche durch die Rentner, Studenten,
Arbeitslosen und alle Einkommensschwachen.
Die
Neoliberalen, d.h. die „modernen" „Freiheitlichen" im Sinne ihrer wirtschaftlichen
Bereicherungs-"Freiheit" aus dem Volkseinkommen zu Lasten der
wirtschaftlichen Freiheit von anderen,[50]
haben also hierzulande bei den Meinungsmachern immer noch eindeutig die
Oberhand. Sie berufen sich auf die „Monetaristen", „Neoklassiker" und den
liberalen Ökonomen Adam Smith (1723 – 1790).
Ihren Feldzug für ihre
Umverteilung nach oben führen sie angeblich zugunsten der „Investoren",
denn die investieren nur in neue Arbeitsplätze, wenn sie ordentlich verdienen. Die
Nachfrage nach den zusätzlichen Produkten werde dann schon von selbst kommen,
nämlich durch die Arbeitseinkommen aus den neuen Arbeitsplätzen.
Die
"Investoren" investieren also - angeblich wegen ihrer gesenkten
Spitzensteuersätze - schon einmal vorweg
in zusätzliches Angebot mit zusätzlichen Arbeitsplätzen durch Produktion
auf Lager - voll Vertrauen darauf, dass die Nachfrage dafür schon irgendwann wieder kommen
wird und sie dann ihre Lager wieder räumen können. Oberflächlich
betrachtet sieht es aus wie bei der Frage nach der Henne
und dem Ei. Im Anfang war also Henne, die das Ei legt und nicht
das Ei, aus dem die Henne entsteht. In Wirklichkeit geht es aber bei der
Angebots-"Theorie" um eine Rechtfertigungs-Ideologie für
die Umverteilung nach oben. Eine passende „Theorie" oder Rechtfertigung
haben die Profiteure in der Ideologiegeschichte stets
gefunden, um
diese Umverteilung in ihre eigenen Taschen
"wissenschaftlich" zu verbrämen. (Sh. auch den
Abschnitt
"Wirtschaftspolitische
Ueberlegungen - Sparen als Voraussetzung zum
Investieren?" in dem DIW-Wochenbericht
1-2/97, als außerdem der Geldüberfluss und der
Zinseinbruch noch nicht die Ausmaße des Jahres 2007
erreicht hatten.)
Statt dieser
zuversichtlichen Produktion auf Lager brächte der von oben
zurückgeholte eine Euro zur Senkung der
Sozialversicherungsbeiträge von Unternehmen und
Beschäftigten tatsächlich einen Wachstumsimpuls durch den daraus folgenden
zusätzlichen Konsum und die Senkung der
"Lohnzusatzkosten".
Dieser
Wachstumsimpuls erfolgte quasi extern, das heißt ohne
Henne-Ei-Leerlauf. Ohne die zusätzliche
Nachfrage und ohne die gleichzeitig erfolgende Senkung
ihrer „Lohnzusatzkosten" hätten die Unternehmen
überhaupt keine Veranlassung zu Neueinstellungen. Erst
aus dieser zusätzlichen Nachfrage ergeben sich auch
Investitionen in neue Arbeitsplätze anstelle der reinen
Finanzinvestitionen von anderen „Bestverdienern" oder der
Arbeitsplatzvernichtungs-Investitionen zur notwendigen
Kosteneinsparung. Außerdem würde mit dieser
Korrektur ein Zeichen gesetzt gegen die künstliche
Aufblähung von Sach- und Finanzwerten durch die globale
spekulative Geldschwemme, da viele sogenannte
"Investoren" mit ihren längst nicht mehr konsumierbaren
Einnahmen und billigen Krediten zur Spekulation in
Wertpapieren, Auslandsimmobilien und
Warentermingeschäften kurzfristig mehr Kasse machen als
durch arbeitsplatzschaffende Investitionen (sh. „Eine
Welt voller Blasen", DER SPIEGEL
13/2005). Das überquellende billige Geld
treibt zugunsten der Großaktionäre und
Options-Profiteure zu Fusionsfieber, Massenentlassungen,
Kursexplosionen und lockt Heuschreckenschwärme aller Art
zum Abfraß des Volkseinkommens. „Nach Berechnungen des
Datenanbieters Thomson Financial wurden im April
weltweit Übernahmen im Wert von 626 Mrd. Dollar
angekündigt. Die bisherige Höchstmarke lag bei 518 Mrd.
Dollar und stammt aus dem Januar 2000" (sh. „Zahl der
Übernahmen auf Rekordniveau",
welt.de,
2.5.2007).
Dagegen erfolgt die arbeitsplatzschaffende (Sach-)Investition
in ein Betriebsgebäude bei dessen Bau und nicht
durch Kursexplosionen, auch nicht bei seiner späteren Verwertung durch eine
Leasing-Gesellschaft oder in den Jahrzehnten der
Hypotheken-Tilgung.
Mit
Keynesianismus, Neoklassik bzw. Monetarismus hat das eigentlich nicht mehr
zu tun als neo-christliche Schlagworte mit dem Christentum oder
fundamentalistische Parolen mit dem Islam,[51]
aber mit dieser Position konnte man die Keynesianer in den entscheidenden
Gremien (z.B. Sachverständigenrat) und an etlichen Universitäten nahezu mundtot
machen. O'Neill will vernünftigerweise weder als strikter Anhänger der
Nachfragetheorie, noch der Angebotstheorie, sondern als „Pragmatiker"
argumentieren. Auf den Einwand der Interviewer: „Keynes ist tot" sagte O'Neill:
Adam Smith ist auch tot.
Und wenn die deutschen Ökonomen weiterhin so kategorisch denken, wird auch die
deutsche Wirtschaft demnächst tot sein (sh. a.a.O.,
Fußnote
46).
In der deutschen angebotstheoretischen Provinz ist die Theorie der Umverteilung nach
oben noch lange nicht tot, sondern herrschende Ideologie.
Die
neoliberalen Meinungsmacher in
Deutschland werden sich hüten, ihren theoretischen Rückstand zu den USA diesmal
so schnell aufzuholen, wie sie ihren theoretische Vorsprung zu Zeiten von
Milton Friedman, Ronald Reagan und Margaret Thatcher aufgegeben haben. Damals
konnten sie
durch ihre Beflissenheit bei der Überbrückung dieses Time-Lags die dreiste
Umverteilung zu ihren Gunsten begründen. In den USA haben die oberen 1%
der Einkommensbezieher mit solcher Politik ihren Anteil am Gesamteinkommen bis
zum Jahr 2000 auf 17% steil erhöhen können, nicht zuletzt auch durch Zunahme der
Billig-Jobs. In Großbritannien und Kanada war es ähnlich (sh.
Weltsozialbericht 2005 „The
Inequality Predicament 2005", UN/DESA, S. 108, vorgestellt
25.8.05 lt.
UN News Center). Deutschland ist mit der
Umverteilungspolitik seit PinkGilbgrün auf dem besten Weg dorthin.
Adam Smith zeigt sich aber noch lebendig, wenn er zu den
Gesetzesvorschlägen solcher Lobbyisten sagt, dass man
sie nicht nur gewissenhaft, sondern auch äußerst
misstrauisch prüfen müsse:
Sie kommen von einer Gruppe von Menschen, deren
Interesse niemals genau mit dem öffentlichen Interesse
übereinstimmt, die im allgemeinen darauf aus sind, die
Öffentlichkeit zu täuschen und sogar Druck auf sie
auszuüben...,
sh. Adam Smith: „An Enquiry Into the Nature and Causes
of the Wealth of Nations",
Chapter XI,
letzter Satz, übersetzt vom Verfasser. Dies ist jedoch
auch ein wichtiger Grund, warum die
"unsichtbare Hand" des
waltenden Marktes von Adam Smith nicht funktioniert.
Der tief religiöse Moralphilosoph und Ökonom Smith
konnte nicht voraussehen, dass diese idealistische
"unsichtbare Hand" ideologisch instrumentalisiert werden
würde zu dem, was Franz Segbers beschreibt als
"Religion des Marktes -
Neoliberalismus contra soziale Marktwirtschaft";
sh. auch Wolfgang Palaver:
"Kapitalismus als Religion"
mit Bezug auf das gleichnamige Fragment von Walter
Benjamin aus dem Jahre 1921. Zur „unsichtbaren
Hand" schreibt Joseph Stiglitz etwas zugespitzt mit Bezug auf die
"unsymmetrischen Informationen" (sh. oben bei Fußnote 14):
Die unsichtbare Hand von Adam Smith war unsichtbar, weil
es sie nicht gab...
Was wir tun können, ist die Verbesserung der
Information, damit es mehr Beobachtung und Kontrolle
gibt...
Solange die [Informations-]Mängel nicht zu groß sind,
werden traditionelle [Ökonomie-]Modelle einen Schimmer
von Information bieten. [Aber] diese Theorie ist nicht
robust... Sehr kleine [Informations-]Defizite
können zu monumentalen Katastrophen führen.
(Sh. A. J. Korytoski: „
Lauret
discusses information, globalization",
3.6.2002, The Amherst Student Online, übersetzt vom
Verfasser. „Lauret" ist Kurzform von Laureate. Zu den
Gastvorlesungen von Stiglitz am Amherst College gibt es
auch einige Audio Clips unter
http://www.amherst.edu/news/audio/stiglitz/).
- In Deutschland beruht die herrschende neoliberale
Politik der Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung
nach oben im wesentlichen auf Informationsmängeln, wie
sie Adam Smith in seinem obigen Zitat beschreibt und wie
sie auch anhand der obigen Zitate von Orszag und
Stiglitz deutlich werden.
Die „waltende Hand" der Neoliberalen verliert ihren
gierigen Wudu-Zauber durch folgendes Zitat, das John
Maynard Keynes zugeschrieben wird und seinem Durchblick
durchaus entsprechen dürfte:
Der Kapitalismus basiert auf dem verblüffenden
Glauben, dass niederträchtige Menschen die
niederträchtigsten Dinge tun zum größten Wohle der
Allgemeinheit.
(Sh. Michael Albert:
Moving Forward,
S. 128: „Capitalism is the
astounding belief that the most wickedest of men will do
the most wickedest of things for the greatest good of
everyone", übersetzt vom Verfasser.)
Wie das egoistische Gezerre um das angebliche Gemeinwohl
und die angeblich unumstößlichen „wissenschaftlichen
Erkenntnisse" der Wissenschafts-Notzüchtiger tatsächlich
abläuft, erhellt aus folgendem Erfahrungsbericht des
ehemaligen Finanzministers Oskar Lafontaine (sh.
Vorabdruck aus seinem Buch „Politik für alle" in:
DIE WELT,
13.3.2005):
Meine Rechtfertigung, den Mund aufzumachen und mich
einzumischen, beziehe ich daraus, dass neben meinem
privaten sozialen Engagement alle meine Vorschläge zur
Steuer- und Sozialpolitik zu einer stärkeren Belastung
der Besserverdienenden, zu denen ich gehöre, führen.
Diese Haltung verschafft einem in diesen Kreisen keine
Sympathie, sondern sie stößt auf Ablehnung und Spott.
Das erfuhr ich immer wieder, wenn ich in politischen
Gremien für die Beibehaltung des Spitzensteuersatzes von
53 Prozent kämpfte. Besonders allergisch auf den
Spitzensteuersatz reagierten Medienvertreter, deren
Einkommen das der Politiker in einer Reihe von Fällen
bei weitem übertrifft. Mittlerweise wurde der
Spitzensteuersatz deutlich gesenkt, und diejenigen unter
den Journalisten, die gut verdienen, gehören vielfach zu
den eifrigsten Befürwortern der neoliberalen Reformen …
Schließlich musste sich Lafontaine doch aus
überstrapazierter Kompromissfähigkeit hinter das
SPD-Wahlprogramm von 1998 stellen, worin nach dem Willen
der neoliberalen Schröder-Mehrheit der Spitzensteuersatz
von 53% zunächst nur auf 49% abgesenkt werden sollte
- zum Vorteil der
Politiker, sonstigen Meinungsmacher und der übrigen
"Bestverdiener" - bei gleichzeitiger
Pseudo-Entlastung für Klein- und Normalverdiener
durch Senkung des Eingangssteuersatzes von 25,9
"angesichts der schwierigen Finanzlage" zunächst nur auf
21,9
Prozent ("SPD-Programm
für die Bundestagswahl 1998" lt.
Beschluss des außerordentlichen Parteitages der SPD vom
17. April 1998 in Leipzig, S. 27 oben).
Einige Monate nach der Wahl senkte die
Schröder-Mannschaft trotz „der schwierigen Finanzlage"
unter Druck der Neoschwarzen und der neoliberalen Medien den
Spitzensteuersatz tatsächlich auf 42% und musste deshalb
zur Wahrung des Scheins auch den Eingangssteuersatz auf
15% senken. Damit erreichte man zum Ende der pinkgrünlichen
Regierung ein Haushaltsdefizit von weit mehr als den
zunächst zugegebenen 35 Milliarden Euro (sh.
unten).
Lafontaine wäre
ebenso unglaubwürdig geworden wie seine neoliberalen
Parteigenossen, wenn er sich als Finanzminister auch noch diese
Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 42 Prozent
hergegeben hätte, statt empört von seinen Ämtern zurückzutreten
(sh. zu den damaligen internationalen Kampagnen gegen
Lafontaine auch die Ausführungen nach
Linksbuendnis.htm#Rupert_Murdoch).
Er konnte aus nächster Nähe sehen, was sich unter dem
Kanzler der Bosse gleich nach Regierungsantritt
abspielte - jenseits aller Verzerrungen durch die
profitierenden neoliberalen Meinungsmacher und ohne den
Filter zur Irreführung der SPD-Basis.
Diese weitgehende Einnordung
der SPD-Basis gegen Lafontaine konnte in Ostdeutschland
nicht gelingen. Die Chemnitzer
Neue Presse schreibt am
2.5.07 zum Empfang für Lafontaine am 1. Mai 2007 in
Zwickau:
Tosender Applaus für SPD-Austritt
Von Gegnern als „Populist" beschimpft,
von Zwickaus 4500 Mai-Demonstranten mit tosendem Applaus
begrüßt: der vom SPD-Partei- zum Chef der linken
Bundestagsfraktion gewandelte Oskar Lafontaine.
Solche Meldungen findet man
in den neoliberalen Medien überhaupt nicht. Aber ihre
Hetzkampagnen wie bei Lafontaines Rede vom 14.6.2005 in
Chemnitz (sh. oben) konnten sie wohl niemandem mehr
verkaufen, auch wenn sich der FOCUS redliche Mühe gibt
mit der dicken Schlagzeile: „Söder
empfindet Linkspartei
als Schande" (sh.
focus.de,
1.5.2007). Weiter heißt es dort:
CSU-Generalsekretär Markus Söder wirft den
Gewerkschaften eine Annäherung an die Linkspartei.PDS
vor.
Der 1. Mai stehe
"für einen neuen, unseligen Pakt zwischen den
SED-Nachfolgern und dem DGB", sagte Söder am Dienstag in
einem Interview mit der Nachrichtenagentur ddp. Er fügte
hinzu: „Dieses tiefrote Bündnis ist eine historische
Schande für jeden freien Gewerkschaftler – gerade weil
die SED Gewerkschaftsmitglieder verfolgt und eingesperrt
hat."
Es hilft nichts, wenn
Markus Söder
bei jeder unpassenden Gelegenheit seine
Diffamierungs-Floskel „Luxus-Lafontaine" verhökert und
versucht, das Linksbündnis als Fortsetzung des
SED-Regimes darzustellen. Nach diesem Schema könnte man
seine „christlich-soziale" Union als Fortsetzung der
Ausbeutungsherrschaft von „Gottes Gnaden" für den Luxus
Weniger bezeichnen (sh. „Söder
will 'Hartz-IV' kürzen", zeit.de,
21.4.2007, und hier weiter unten „Wahlergebnisse"
nach Regionen und Konfessionen). -
Söders „Schande" zeigt aber, dass das Linksbündnis mit der Annäherung an
die Gewerkschaften auf dem richtigen Wege ist, da deren
Mitglieder und Arbeitnehmer von allen übrigen Parteien
verraten wurden und die Gewerkschaften nicht noch mehr
Mitglieder verlieren wollen.
Das
Interesse an Söder beschränkt sich hier eher auf seine
typische Rolle im faulen Spiel, die nach wenigen
Auftritten schon ein Gesamtbild erkennen lässt.
Selbst vor der Demontage des Bundespräsidenten schrecken
Söder, sein Ministerpräsident Edmund Stoiber und viele
weitere „Christliche" nicht zurück, wenn es um ihr
Weltbild als Recht(s)denkende geht. So sagte der
ehemalige Verfassungsrichter Ernst Gottfried Mahrenholz
zur scheinbar erfolgreichen CSU- und MedienKampagne
gegen einen Gnadenerlass durch den Bundespräsidenten
Köhler zugunsten von Christian Klar (sh. das
DLF-Interview
mit Mahrenholz vom
7.5.2007):
Das Bedauerliche an dieser Entscheidung
ist eben nur, dass diese lauten und überlauten Stimmen,
die seit Wochen, um nicht zu sagen seit Monaten immer in
dieselbe Richtung gingen und jetzt - Markus Söder wurde
eben schon erwähnt - bis hin zur möglichen Drohung einer
Nicht-Wiederwahl gegangen sind, dass dieses ganze
Konzert der Stimmen den Bundespräsidenten beschädigt
hat, weil man sagen könnte er hat sich am Ende dann doch
dem Druck gebeugt. Das hat er meines Erachtens nicht
getan…
24 Jahre würden der Gerechtigkeit ja auch
Genüge tun. Es gibt Mörder, die sehr viel weniger gebüßt
haben. Es gibt viele tausendfache Judenmörder, die
weniger gebüßt haben, und da hat sich merkwürdigerweise
niemand aufgeregt.
Wieso denn auch, wo doch die
"Christlichen" gleich nach dem Zweiten Weltkrieg ihre
Reihen mit den gewendeten Nazis verstärkt haben!
Kennzeichnend für die Irreführungen durch die
neoliberalen Meinungsmacher ist auch folgende Behauptung
von
Söder
in einem
DLF-Interview
vom
4.7.2004:
Schauen Sie
Dänemark an, ein Beispiel: Dort sinkt das
Arbeitslosengeld innerhalb von einem Jahr unheimlich
schnell runter, und zwar beginnt es im ersten Monat mit
90 Prozent und geht dann runter auf zehn Prozent des
letzten Einkommens. Also eine ganz andere Situation.
Folge davon: Mehr Arbeit.
Tatsächlich werden die 90
Prozent jedoch über vier Jahre bezahlt
[87]
, wenn man dem Arbeitslosen keine Arbeit anbieten kann.
Aber bei dem dänischen Spitzensteuersatz von 59 Prozent
und der weitgehenden Steuerfinanzierung der
Sozialversicherungsbeiträge gibt es kaum
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben und
ist die Arbeitslosenquote dort nur halb so hoch wie in
Deutschland.
Zur Hetze der Neoliberalen gegen Oskar
Lafontaine sagte der engagierte Sozialethiker
Friedhelm Hengsbach
(SJ) in einem Interview mit der
Süddeutschen Zeitung
vom
27.6.2007:
Es liegt nah, dass politische Gegner so
reagieren, weil sie sich plötzlich in die Enge gedrängt
fühlen. Und zwar nicht moralisch oder persönlich,
sondern politisch. Eine solche Übersprungshandlung, die
Flucht aus der politischen Bedrohung heraus in die
Emotional- oder Personalebene ist zunächst verständlich.
Dies scheint zu milde, denn nach dem
Gesagten führt doch gerade die moralische und
persönliche Entlarvung der neoliberalen Meinungsmacher
zu deren Hetzkampagnen, viel mehr als ihre politische
Beeinträchtigung.
Selbst Hans-Hermann Tiedje, früherer
Chefredakteur der „Bild"-Zeitung und ungenierter
Vorkämpfer für die Umverteilung nach oben, meinte in
einer Diskussions-Runde bei Sandra Maischberger:
Er halte Oskar Lafontaine für
"paktfähig". „Ich habe mehrfach Absprachen mit ihm
gehabt. Die sind einfach eingehalten worden." Er könne
verstehen aber nicht billigen, dass Lafontaine 1999
"einfach weggerannt" sei, weil er „die Schnauze voll"
hatte „von einem Laden", in dem er „ständig
hintergangen" wurde.
(Sh. „Menschen bei Maischberger",
daserste.de, 28.11.06,
mit Video.) Dass Tiedje den plötzlichen Abgang
Lafontaines „nicht billigen" kann, hängt wohl auch damit
zusammen, dass ihn der Wählerbetrug an des
ausgeplünderten Klein- und Normalverdienern kaum in dem
Maße empörte wie jetzt der Verzicht auf eine weitere
Senkung seines Spitzensteuersatzes zu deren Lasten.
Die Versprechungen an die „Bestverdiener" wurden also
übererfüllt, während die Einkommensschwachen auf allen
Ebenen die Zeche zahlen - trotz Schein-Ersparnissen für
einige. Auch Franz Müntefering hat sich inzwischen auf
diesem Kurs als Parteivorsitzender verschleißen lassen,
um gleich danach als Arbeitsminister sein Unwesen zu
treiben: Schon in der Schröder-Regierung war
Müntefering mitverantwortlich für den Verrat an der
Sozialdemokratie und für die Arbeitsplatzvernichtung
durch Umverteilung nach oben. Aber angesichts von fünf
Millionen Arbeitslosen hielt er den verzweifelt nach
Arbeit Suchenden entgegen: „Wer nicht arbeitet, soll
auch nicht essen"! (Sh. "HARTZ
IV – Arbeiten fürs Essen",
zeit.de,
10.5.2006.) Damit sichert er sich gewiss die
Sympathie der übrigen neoliberalen Meinungsmacher. Aber
wie schon in der Weimarer Republik zu Zeiten von
Friedrich Ebert gilt für die ehemaligen SPD-Mitglieder
und -Wähler die Erkenntnis: „Wer hat uns verraten?
Sozialdemokraten!" (Sh. en.wikipedia:
Friedrich_Ebert, Stand
9.5.2009).
Sehr schnell fand das SPD-Establishment in dem
gefälligen und „pragmatischen" Matthias Platzeck einen
neuen Parteivorsitzenden für die alte Linie,
denn der kündigte (lt. DLF-Kommentar) gleich an: „Mit
mir wird es keinen Linksruck in der SPD geben".
Sein Nachfolger, Kurt Beck, wird bei den
schwarzrötlichen Koalitionären auch kaum etwas
Sinnvolles erreichen.
Wenn Lafontaine nun wieder an die verratenen
Grundsätze der Sozialdemokratie gegen den
Neoliberalismus erinnert, schießt man aus allen Rohren
gegen ihn, so auch nicht zuletzt die „Bestverdiener" beim
SPIEGEL und im
Folgenden auch die ansonsten renommierte SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:
Lafontaines Problem: Seine wirtschaftspolitischen Grundüberzeugungen werden in
Deutschland von kaum einem anerkannten Ökonomen geteilt. Schlimmer noch: sie
werden vielfach belächelt. … Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch eine
Angebotspolitik, also eine Förderung der Arbeit gebenden Unternehmen, hielt er
stets für einen Irrweg, die Thesen weltweit anerkannter Ökonomen für
"Geschwätz". Stattdessen wollte er die Nachfrage stärken und insbesondere die
"kleinen Einkommen" entlasten, um so über verstärkten Konsum für
Wirtschaftswachstum zu sorgen.[52]
Mit
den „weltweit anerkannten Ökonomen" kann es nicht weit her sein, wenn man die
obigen Äußerungen von O'Neill, Buffett, Soros, Orszag und Stiglitz sowie den 400
US-Ökonomen betrachtet. Aber bei den neoliberalen Wirtschaftsjournalisten sieht
es noch trüber aus als bei den prominenten deutschen Ökonomen, mögen sie auch
noch so viel „lächeln". Dazu haben sie bei ihren Bezügen meist auch allen Grund.
Richtig ist aber, dass die Grundüberzeugungen von Lafontaine speziell in
Deutschland „von kaum einem anerkannten Ökonomen geteilt" werden. Armes
Deutschland!
Zur Sicherung ihrer Steuergeschenke und
zur Andienung an ihre Karriere-Förderer sind solche
"Ökonomen" auch gern bereit, den kleinen Nachfrage- und
Steuereinnahmeboom kurz vor der dreiprozentigen
Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung der Umverteilung
nach oben kurzerhand auf den Segen ebendieser
Umverteilung zurückzuführen:
Neue Zahlen des Finanzministeriums deuten
an, dass sich die Struktur durch die Steuersenkungen der
rot-grünen Ära kräftig verschoben hat. Viele
Geringverdiener zahlen gar keine Steuern mehr, vor allem
aber wurden viele Topverdiener kräftig entlastet. Ist
das nun gut für die Wirtschaft und ist es gerecht? Die
Gerechtigkeitsfrage kann im Steuerrecht nie nur unter
reinen Verteilungsaspekten gesehen werden. Sorgt eine
Steuersenkung für mehr Wirtschaftswachstum und höhere
Einnahmen des Staates, dann ist damit auch den
Geringverdienern geholfen. Der Effekt tritt sicher nicht
immer ein, aber doch erstaunlich oft, wie das Beispiel
Österreich zeigt. Und es liegt nahe, dass Schröders und Eichels Steuersenkung heute mit Zeitverzögerung den
Aufschwung stützt."
(Aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG lt.
DLF-Wirtschaftspresseschau
vom 31.10.06, 13:55h, evt. dort noch als Flash
verfügbar; sh. dazu auch hier weiter oben das
GfK-Getrommel.) Auch die Arbeitsplatzvernichtung durch
die sonstigen Schröpfungen der
einkommensschwachen Konsumenten zur Finanzierung der
Steuersenkung für „Bestverdiener" werden hier tunlichst
ignoriert. Man mag es kaum glauben, auf welchem Niveau
auch die SÜDDEUTSCHE vielfach in ihrem Wirtschaftsteil
angekommen ist. Auch an diesem Beispiel sieht man
außerdem, wie solche
Indoktrination verstärkt wird durch die Redaktionsbesetzung der
übrigen Medien, hier also der DLF-Wirtschaftspresseschau.
Immerhin sind sich aber 42% der deutschen Ökonomen einig,
dass sie sich „in grundsätzlichen Fragen" nicht einig
sind. Weitere knapp 42% von ihnen zweifeln an ihrer
Einigkeit (sh. „Ökonomen-Umfrage
Teil 1",
ftd.de, 10.5.06, „Bilderserie:
Die Ergebnisse der Exklusiv-Umfrage",
Bild 2: „Sind sich Ökonomen in grundsätzlichen Fragen
einig?", Antworten: „Stimme nicht zu": 41,9%, „Stimme
etwas zu": 41,5%, „Stimme stark zu": 15,8%;
sh. hier
Oekonomen-Umfrage.htm).
Zur
Gleichschaltung der Wissenschaft siehe zum Beispiel das
Interview von
SeaGarden.de
(Mai 2006) mit dem Lügenforscher und emeritierten
Universitäts-Professor Wolfgang Reinhard:
SeaGarden:
Wenn wir nun die heutige Wissenschaftswelt betrachten,
spielt Vermarktung, die Einwerbung von Drittmitteln eine
immer größere Rolle. Was bedeutet das für die
Wissenschaft: Muss sie mitspielen oder gibt es eine
Alternative?
Wolfgang Reinhard: Ich fürchte nein,
aber wissen Sie, ich bin ja froh, dass ich aus dem
Geschäft raus bin. Ehrlich gesagt, ich war in dieser
Hinsicht immer ein bisschen skeptisch. Jede Wissenschaft
ist eine Art soziales System, sowohl die Wissenschaft
als solche, als auch die einzelnen Fächer. Jedes System
geht mit Abhängigkeiten formeller und informeller Art
einher. Man ist als Wissenschaftler also Zwängen
ausgesetzt und einem beträchtlichen Konformitätsdruck,
gerade, wenn man Karriere machen will. Je höher nun der
Druck, desto größer die Gefahr der Unaufrichtigkeit, im
Extremfall der Fälschung von Ergebnissen...
Es hat sich ja auch ein neuer Professorentyp heraus
entwickelt: Früher gab es Gelehrte, heute zunehmend
Macher.
Auch im Journalismus geht es um Geld,
Werbe-"Drittmittel", Selbstvermarktung, Konformismus,
Opportunismus, Karriere, Unaufrichtigkeit bis hin zum
"Extremfall" der Fälschung. Es lohnt sich, den
neoliberalen Tendenz-Journalismus hier noch einmal an
zwei Beispielen etwas näher zu betrachten. Der Bericht
stammt von Günter Wallraff, der sich vor fast 30 Jahren
unter falschem Namen bei BILD Hannover als Redakteur
einstellen ließ (sh. „Günter Wallraff im Interview über
BILD", Interviewer: Jakob Schmidt für die
readers-edition.de
der netzeitung.de, 11.7.06:
Schmidt: Sie
haben immer wieder Dinge geäußert wie: „BILD ist ein
Lügenblatt und sogar der Mülleimer ist zu schade dafür”…
Wallraff: Das sind jedoch keine
Meinungsurteile, sondern gerichtlich legitimierte
Tatsachenbehauptungen. So darf jeder heute BILD eine
"professionelle Fälscherwerkstatt” und das „Zentralorgan
des Rufmordes” nennen. Man muss sich klarmachen, dass
die - im wahrsten Sinne des Wortes - über Leichen gehen.
Ich habe Abschiedsbriefe gelesen von Menschen, über die
BILD schändlich berichtet hatte. Darin stand oft, dass
sie es mit dieser Schmach einfach nicht mehr ausgehalten
hätten.
Der Bericht ist so haarsträubend, dass
man ihn besser im Zusammenhang lesen sollte. (Sh. dazu
auch das
Interview der Frankfurter
Rundschau vom 26.6.01 mit Günter Wallraff
und dem früheren BILD-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje,
worin Tiedje versucht, die Vorwürfe auf vergangene
Zeiten zu beschränken. Sh. ferner hier z.B.
Pro7Sat1.htm und
unter
Linksbuendnis.htm
die Anstachelung der BILD-Leser zum „Wut-Brief",
um die steuerliche Umverteilung nach oben im Jahre 2004
zu beschleunigen, nicht zu vergessen die neuesten
Ablenkungs-Kampagnen der Großprofiteure gegen den
Mini-Nutznießer „Florida-Rolf", gegen Oskar Lafontaine,
Sibel Kekilli und viele andere Rufmordopfer.)
Typisch für die gesamte neoliberale Meinungsmache ist
auch ein
Focus-Artikel
vom 22.5.05, kurz vor der NRW-Wahl, der von vielen
Medien einschließlich der Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung vom 22.5.05 als „zuverlässige Quelle"
sinngemäß übernommen wurde:
Das
Kapital wandert ab
Im
ersten Quartal dieses Jahres sind Mittel im Rekordwert
von 150,4 Milliarden Euro ins Ausland geflossen.
Das berichtet FOCUS unter Berufung auf
Erhebungen der Deutschen Bundesbank. Damit haben sich
die Netto-Kapital-Exporte im Vergleich zum ersten
Vierteljahr 2004 fast verdoppelt. Ähnlich hohe Abflüsse
hatte die Bundesbank zuletzt während der kurzen Amtszeit
von Oskar Lafontaine (SPD) als Bundesfinanzminister
registriert.
Diese völlig schiefe und tendenziöse
Darstellung wurde lediglich richtiggestellt durch einen
Leserbrief (sh.
Nachdenkseiten,
24.5.05). Man kann dessen Zahlenangabe nachvollziehen im
Monatsbericht der Deutschen
Bundesbank vom Mai 2005, X.-
Außenwirtschaft, S. 71*, (1,9 Megabyte), unter den
Werten für das erste Vierteljahr 2005. Dieser Leser
lässt sich nicht einseifen(!) und schreibt:
Der jüngste
Monatsbericht der Deutschen Bundesbank weist für diesen
Zeitraum einen Saldo aller statistisch erfassten
Kapitalbewegungen von 19,3 Milliarden Euro aus. Für das
Gesamtjahr 2004 lag dieser Saldo bei 100 Mrd. Euro. Ein
Anstieg ist also nicht erkennbar. Die Kapitalbilanz ist
der Gegenposten zur Leistungsbilanz. Somit folgt
aus den hohen Exportüberschüssen Deutschlands im
Warenverkehr zwingend ein negativer Saldo der
Kapitalbilanz.
Diese
Definitionen lernt der Student
der Wirtschaftswissenschaften schon im ersten Semester
als Ergebnis der doppelten Staatsbuchführung (sh. M.
Göcke: „Zahlungsbilanz",
Wikipedia: „Zahlungsbilanz"
und Deutsche Bundesbank: „Geld
& Geldpolitik",
2004/2005). Zum Netto-Kapitalexport im weiteren
Sinne gehört auch eine Erhöhung der
Devisen-Reserven durch die Zentralbank (sh.
Monatsbericht a.a.O., S. 52). Der Focus-Chefredakteur
und mediale FDP-Aktivist
Markwort wandte sich zwar bei
Christiansen am 12.6.05
mit großer Geste gegen „Beleidigungen und Schmähungen",
fand sie „unwürdig und stillos". Das galt aber anscheinend nicht,
wenn sie sich gegen Lafontaine und die Linken richten,
denn denen warf er „nationalen
Sozialismus" vor (sh.
Christiansen TV),
obwohl die Linken doch als einzige im Weimarer
Parlament gegen den Nationalsozialismus aufgetreten sind
- gegen die Opportunisten und Karrieristen.
Auch damals galt die wichtige Erfahrung von
Marianne Birthler:
"Die Frage danach, wie und warum Menschen zu
Verrätern werden und andere sich selbst und ihren
Mitmenschen treu bleiben, stellt sich zudem in allen
Gesellschaften, die Diktaturen überwunden haben"
(sh. „Reaktionen auf den Oscar für 'Das Leben der
anderen'",
tagesschau.de,
26.2.07). Aber bei aller wirkungslosen
Meinungsfreiheit des Einzelnen gibt es im Kapitalismus
auch eine höchst wirksame
Demokratur des
gleichgerichteten Medien- und Proporzkapitals mit seinen
Söldnern und „wissenschaftlichen" Einrichtungen.
Nach dem Ende der DDR wurden etliche wohl
weitgehend zu Unrecht beschuldigt, besonders von jenen,
die im Kapitalismus zu Recht beschuldigt werden müssten.
Die menschenverachtende Wählertäuschung zeigt sich heute im
Neoliberalismus zwar auf andere Weise, aber es kann doch
nicht sein, dass man aus deren unglaublichen
Exzessen unter den Rechten im Dritten Reich und in den
Jahrtausenden vorher nichts gelernt hat!
Solche fundamentalen Geschichtskenntnisse
sind jedoch anscheinend viel unwichtiger als das pseudo-philologische Studium der Wort-Verwendungen im „Dritten
Reich", womit lauernde Neoliberale die Kritik an
ihrer egoistischen Ideologie begierig zur Nazipropaganda
uminterpretieren, um sich so einen handlichen Knüppel
gegen ihre Kritiker zu verschaffen.
Schon früher wurden die aufbegehrenden Linken von
den Rechten diffamiert mit Parolen „Für Kaiser, Gott und
Vaterland" (sh. „Rede des Lehrers Kantorek" in: D.
Endeward/F. Hellberg: „Im
Westen nichts Neues", S. 103) oder „für
Führer und Vaterland" (sh.
LTI-Phrasen von
Victor Klemperer),
mit denen die indoktrinierte Jugend als Kanonenfutter für
die Profiteure verheizt wurde. Bei der Sinnverdrehung
will man sich auch keinesfalls mit der
folgenden Definition aus dem sechsbändigen Duden
(Mannheim, 1976) begnügen:
Fremdarbeiter, der (veraltend):
ausländischer Arbeiter; Gastarbeiter: als Kellner
arbeiten spanische F. (SPIEGEL 29, 1966, 72);
Noch nicht ein Jahr war vergangen seit dem Ende des
Krieges, seit der Befreiung der F. (Mostar, Unschuldig
153).
Hervorhebung vom Verfasser. Zum Begriff
"Fremdarbeiter" siehe aber im Spiegel-Interview
mit Gregor Gysi die Äußerung des SPIEGEL-Interviewers,
passend zur Kampagne gegen Lafontaine: „Das ist
Nazi-Deutsch" (SPIEGEL 25/2005, 38 f.). Damit
kritisiert der SPIEGEL ungewollt und zu Unrecht seinen
eigenen DUDEN-Sprachgebrauch aus der Zeit, als er noch
nicht auf der Neoliberalismus-Welle mitschwamm.
Zu
weiteren Einzelheiten der „Fremdarbeiter"-Kampagne gegen
Lafontaine sh. hier "Linksbuendnis.htm(1)".
Viel interessanter als die
angebliche Kapitalflucht nach der
Irreführungs-Propaganda des FOCUS wäre eine
Aufklärungskampagne zur Verlagerung von
Investitionskapital und steuer-frisierendem Kredit-Kapital
aufgrund des EU-subventionierten Steuerdumpings, das von den
Neoliberalen so vehement verteidigt wird als geheimer Hebel zur Senkung
ihrer persönlichen Steuersätze. Nun
wollten sie auch noch die
EU-Verfassung
missbrauchen, um ihr Dumping darin
möglichst unbemerkt zu zementieren. Dafür sahen
die Lobbyisten eine ausgezeichnete Chance, weil die meisten EU-Bürger kein besonderes Interesse haben, eine
Verfassung von etlichen hundert Seiten voller
verborgener Fallstricke auch nur
auszugsweise zu studieren, zumal dann, wenn sie auf deren Annahme oder
Ablehnung sowieso keinen Einfluss haben. Als Wähler
müssen sie sich beim gegenwärtigen System der Listenwahl einfach
auf den erträumten Anstand und die vermeintliche
Kompetenz der überbezahlten Eurokraten-Mehrheit und ihrer
neoliberalen Regierungen verlassen, auch wenn es immer
schwerer fällt.
Tatsächlich könnten die
Unternehmer mit einer teilweisen Steuerfinanzierung der
Arbeitgeberanteile aus ihrem Anteil an den jährlich
umverteilten ca. 60 Milliarden Euro[53]
und aus dem Schließen der Steuer-Schlupflöcher für
Einkommensmillionäre und internationale Konzerne
wesentlich mehr Arbeitsplätze schaffen als angeblich mit einer Steuersenkung für
"Bestverdiener" oder Scheininvestoren.
Allein die zusätzliche Senkung des Spitzensteuersatzes
um einen Prozentpunkt von 43% auf 42% ab 1.1.2005 sollte
nach dem „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des
Steuersenkungsgesetzes (Steuersenkungsergänzungsgesetz
StSenkErgG)" (Bundesrats-Drucksache
469/00 v. 18.8.00, Anlage, Seite 5) immerhin etwa
2,4 Mrd. Euro jährlich kosten. Es muss hier nicht
untersucht werden, welcher Anteil aus den jährlichen
Steuerreformkosten von 60 Milliarden Euro durch
Steuersenkungen für „Bestverdiener" dem Konsum und der
Nachfrage weitgehend entzogen wird und welcher Anteil
zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes im
internationalen Wettbewerb erforderlich war.
Vielmehr wären
der deutsche Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarkt am besten gestärkt worden, wenn man den
größten Teil der jährlichen 60 Milliarden Euro für die
Senkung der Arbeitnehmeranteile zur
Sozialversicherung verwendet hätte. Auch die
Arbeitgeberanteile ließen sich drastisch vermindern,
wenn man durch eine international übliche Steuerquote
die Sozialabgabenquote senkte (sh. etwas weiter
unten).
Selbst von
den Neoliberalen werden die hohen „Lohnzusatzkosten" für
Klein- und Normalverdiener als Hauptstandortnachteil
bezeichnet. - Die Unternehmenssteuersätze hätte man zur
Standortförderung auch aufkommensneutral durch Schließen
von Schlupflöchern senken können – unter anderem durch
Besteuerung der tatsächlichen Gewinne und von
Scheingeschäften bei Gewinnverschiebungen ins Ausland,
die außerdem noch steuerliche gefördert werden. Zur
Stärkung des Wirtschaftsstandortes beim
Exportweltmeister Deutschland gehört außerdem, dass der
schwache Konsum gestärkt wird. Dies hätte man ebenfalls
durch die teilweise Steuerfinanzierung von
Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung aus den
obigen 60 Milliarden Euro erreichen können.
In
Wirklichkeit hat diese Umverteilung nach oben seit ihrer stufenweisen
Umsetzung im Laufe der letzten Jahre für den deutschen Arbeitsmarkt bei
verbesserter Weltkonjunktur eine deutliche relative Verschlechterung gebracht.
Auch absolut gesehen war die Arbeitslosenquote in Deutschland im Jahre 2004 mit fast 10% höher
als zu Beginn der ersten Steuersenkungsstufe, denn die Arbeitslosenquote lag im
Jahr 1999 bei 8,4% und im Jahr 2000 bei 7,8%.[54]
Im Gleichen Zeitraum ist die Zahl der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten weiter
zurückgegangen
von 27,5 Millionen im Juni 1999 auf 26,2 Millionen im
Juni 2005, darunter die
Vollzeit-Arbeitsverhältnisse von 23,8 auf 21,8 Millionen
(sh.
pub.arbeitsamt.de,
Stand 9.3.06). Auch daran zeigt sich,
dass man die Steuersenkung für Meinungsmacher und
sonstige „Bestverdiener" rückgängig machen muss, um das
verschenkte Geld zur Absenkung der
arbeitsmarktbelastenden Sozialversicherungsbeiträge zu
verwenden.
Auf diese Weise ließe sich auch die Umwandlung der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen in
prekäre Arbeitsverhältnisse abbremsen und die Ausblutung
der Sozialkassen verhindern.
Dagegen lag die
Arbeitslosenquote in
Großbritannien im Jahre 2004 bei 4,7% und die
Steuerquote dort bei 29,4% (Anteil der
staatlichen Steuereinnahmen am
Bruttoinlandsprodukt),
während Deutschland mit
20,4% die niedrigste Steuerquote von den 15
westeuropäischen EU-Staaten hatte (sh.
BMF-Monatsbericht Februar 2006, S. 115) – trotz der
80 Milliarden Euro, die Deutschland jährlich für die
deutsche Einheit aufwendet. (Etliche neue EU-Staaten in
Osteuropa können sich eine niedrigere Steuerquote
leisten, weil sie entsprechende EU-Subventionen
erhalten.)
Interessant ist dabei, dass z.B. in
Großbritannien und in den USA die vermögensbezogenen Steuern in 2002
etwa 12 Prozent des Gesamtsteueraufkommens ausmachten,
während es in Deutschland weniger als 2,5 Prozent waren
(sh. OECD: „Revenue Statistics ... 1965-2004", S.
78, „Table 23 -
Taxes on property (4000) as
percentage of total taxation", und zur
Aufteilung dieser Steuern auf die einzelnen
Bemessungsgrundlagen ebenda auf Seite 98/99 die
Tabelle 38,
Position 4000). In der Tabelle 39 auf Seite 100
findet man schließlich das Gesamtaufkommen der
vermögensbezogenen Steuern als Prozentsatz des
jeweiligen Bruttoinlandsproduktes im Jahre 2004. Hier
sieht man, dass dieser Prozentsatz in Deutschland gerade
einmal 0,9% betrug, während er in Großbritannien bei
4,3% lag.
Diese 4,3 – 0,9 = 3,3% vom Bruttoinlandsprodukt würden
in Deutschland Steuermehreinnahmen gegen die
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben von
0,033 * 2200 Milliarden = ca. 73 Milliarden Euro
betragen (zum BIP sh.
wko.at). Bei der zusammenfassenden Betrachtung
der Substanzsteuern muss man sich nicht auf die
umstrittene Vermögensteuer beschränken, sondern kann
auch den Vergleich der Erbschaftsbesteuerung und der
übrigen Substanzsteuern mit den
Quasi-Vollbeschäftigungs-Volkswirtschaften einbeziehen,
so dass die neoliberalen Volksbetrüger hier weniger von
einem Punkt auf den nächsten ausweichen können.
Gerade auch im Hinblick auf
internationale Vergleiche macht es wenig Sinn, wenn die
Wikipedia die Ertragsteuern zu den Besitzsteuern zählt
(sh. „Steuer",
Stand 25.2.07), die Vermögensteuer gar als
"Verkehrssteuer" bezeichnet und eine Umfrage präsentiert
(Stichwort „Vermögensteuer")
mit folgendem Wortlaut:
Wieviel Prozent Vermögensteuern (ohne
Freigrenze) sollte der Staat erheben, um andere Steuern
zu senken und um dem Sozialabbau entgegenzuwirken
(Staatskonsum, Bürgerversicherung, Bürgergeld,...)
wo dann Alternativen von 0% bis zu
progressiven 9% vorgeschlagen werden. Man kann die
Vermögensteuer nicht ohne die Erbschaftsteuer und die
übrigen Substanzsteuern betrachten. Aber auch die
Sozialabgaben und die Mehrwertsteuererhöhung zur
Finanzierung der riesigen Steuergeschenke für
"Bestverdiener" bei den Ertragsteuern müssen mit
einbezogen werden. Natürlich sind auch die
Steuerschlupflöcher zu schließen (sh. hier insbesondere
Unternehmenssteuerreform.htm).
Der deutsche Rekord bei der niedrigsten
Steuerquote erklärt sich dadurch, dass Deutschland von
den 15 westlichen EU-Staaten eine der höchsten
Sozialabgabenquoten hat (= Differenz zwischen
Steuerquote und Abgabenquote (letztere sh.
BMF-Monatsbericht Februar 2006,
S.
116). Deutschland finanziert also den Staat weit mehr
über die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer
und Arbeitgeber als die meisten anderen Länder der EU15.
Die Sozialversicherungsbeiträge werden aber nur für die
Arbeitnehmereinkünfte im unteren und mittleren
Einkommensbereich erhoben,
so dass die Einkünfte
der Meinungsmacher und sonstigen „Bestverdiener" von
diesen Abgaben weitgehend ausgenommen bleiben und die
Konsumknebelung sich insofern auf die Arbeitnehmer mit
dem geringsten Einkommen und der höchsten Konsumquote
konzentriert.
Die rotgrünliche Steuersenkung um 60
Milliarden Euro jährlich besteht zwar hauptsächlich aus
Steuergeschenken, die durch sonstige Mehrbelastungen der
Einkommensschwachen weitgehend an die „Bestverdiener"
weitergeleitet wurden, auch wenn diese das natürlich
bestreiten. Aber es sind darin jedenfalls auch etwa 10
Milliarden Euro enthalten, die den Klein- und
Normalverdiener bei der „Riester-Rente" zum
Teilausgleich ihrer Rentenkürzungen zurückgegeben
werden.
Mag man also den Anteil der konjunkturschädlichen
Geschenke für Meinungsmacher und sonstige „Bestverdiener" an den 60
Milliarden höher oder auch etwas niedriger ansetzen, so
bleibt doch die Tatsache, dass Deutschland trotz bzw.
gerade wegen der niedrigsten Steuerquote eine der
höchsten Arbeitslosenquoten in der EU15 hat,
denn
gerade wegen dieser niedrigen Steuerquote bleibt für die
konjunkturfördernden Staatsausgaben kein Geld mehr übrig.
Gerade deshalb ist die Sozialabgabenquote so hoch,
und gerade diese verursacht die hohe Belastung der Löhne
im unteren und mittleren Bereich – zu Lasten der
Arbeitnehmer, Arbeitgeber und der Arbeitsplätze.
Dagegen hätte Deutschland mit der um 9 Prozentpunkte höheren
Steuerquote von Großbritannien zusätzliche
Steuereinnahmen von 0,09 * 2.215,7 = rund 200 Mrd. Euro
jährlich. Das reichte zu einer erheblichen Teil-
Finanzierung der
Arbeitnehmeranteile und der von den Arbeitgebern
beklagten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Auch wenn man die
"bereinigte" Steuerquote des Sachverständigenrates von
22,1% für 2004 annimmt (sh.
SVR-Jahresgutachten 2005/06,
Viertes Kapitel, Seite 255, Tabelle 25), so hatte
Deutschland immer noch die niedrigste Steuerquote der
EU15, und es bleibt zu den 29,4% von Großbritannien
immer noch eine Differenz von 7,3 Prozentpunkten
entsprechend 0,073 * 2.215,7 = ca.
160 Mrd. Euro. (Die 2.215,7
Euro per 2004 wurden entnommen aus den ausgezeichneten
internationalen Vergleichen der Wirtschaftskammer
Österreich, sh. dort die Tabelle „Wirtschaftsleistung",
Stand 22.2.06).
Durch die höhere Steuerquote
könnte man die Sozialabgabenquote senken und damit
tatsächlich einmal den ansonsten nur beschworenen
Selbstfinanzierungseffekt erreichen.
Die niedrige Steuerquote auf
Kosten der hohen Sozialabgaben-Quote ist auch ein
wichtiger Grund für die Richtigkeit der ZEW-Feststellung:
"OECD-Steuerquoten ungeeignet zur Beurteilung von
Investitionsstandorten" (sh.
ZEWnews September
2004).
Im
Hinblick darauf überrascht es nicht, dass Schweden und
Dänemark mit ihren viel höheren Spitzensteuersätzen und
Steuerquoten bei der „effektiven Steuerbelastung" der
Unternehmen (u.a. mit Sozialabgaben) wesentlich besser
platziert sind als Deutschland.
Es ist allerdings fraglich, ob
ZEW-Direktor Wolfgang Franz dafür auf seine
pink-grünlichen Steuergeschenke verzichten möchte oder
seinen großen staatlichen und privaten Finanziers einen
derartigen Verzicht zumutet (sh. hier
"Voodoo-Ökonomie").
Schon aus den obigen 200 oder 160 Mrd. Euro könnte
gut die Hälfte der Sozialversicherungsabgaben bezahlt
werden, ohne dass sich die Steuer- und Abgabenquote über
das mittlere Niveau von Großbritannien hinaus erhöhte.
Die Hälfte der Sozialabgaben wären etwa 20 Prozentpunkte
vom Bruttolohn bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Je
Prozentpunkt erwartet man 100.000 bis 150.000
zusätzliche Arbeitplätze, so dass allein schon die 20
Prozentpunkte zwei bis drei Millionen zusätzliche
Arbeitplätze ergeben könnten. Statt dessen würgt man die
Konjunktur mit der Mehrwertsteuererhöhung weiter ab (sh.
dazu den
Umkehrschluss
weiter unten und folgendes Zitat aus: „Weise:
Beitragssatzsenkung schafft bis zu 300.000 neue
Arbeitsplätze", vwdgroup.de, 23.3.06):
Die von der Bundesregierung geplante
Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung kann
nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) bis
zu 300.000 neue Arbeitsplätze schaffen. In einem
Gespräch mit Dow Jones Newswires sagte der
Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-Jürgen Weise, „ein
Prozentpunkt Reduzierung der Arbeitslosenversicherung
zur Hälfte bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern wirkt sich
nach einem Jahr mit 100.000 bis 150.000 Arbeitsplätzen
aus". Die Bundesregierung will die Beiträge ab dem 1.
Januar 2007 um zwei Prozentpunkte zurückführen.
Dass eine Beitragssatzsenkung in diesem Ausmaß
Arbeitsplätze schaffe, sei die Erwartung von
Wissenschaftlern „und das ist auch berechtigterweise die
Erwartung der Politik" erklärte Weise. Es bleibe
allerdings abzuwarten, „ob die Wirtschaft auch nach
diesem Modell tickt".
Zugleich räumte Weise ein, dass noch Unklarheiten über
die Finanzierung eines Teils der geplanten
Beitragssenkung bestehen. Ein Prozentpunkt soll nach dem
Willen der Bundesregierung aus der Erhöhung der
Mehrwertsteuer gegenfinanziert werden, den zweiten
Prozentpunkt soll die BA aus eigener Kraft aufbringen.
Dafür fehlen ihr allerdings nach eigenen Angaben noch
1,8 Mrd. EUR.
Wenn schon durch die Finanzierung
über die konjunkturdrosselnde Mehrwertsteuererhöhung bis
zu 150.000 zusätzliche Arbeitsplätze je Prozentpunkt
geschaffen werden können, wie viel mehr Millionen
Arbeitsplätze müssten sich dann über eine
Steuerfinanzierung nach britischem Vorbild schaffen
lassen - bei
britischen Mehrwertsteuersätzen
von (5% und 17,5% in 2005 - sh.
Mehrwertsteuersätze,
S. 3)!
Oskar Lafontaine gebührt das Verdienst, dass er
den Einnahmeverzicht aufgrund der deutschen
Dumping-Steuerquote im Anschluss an den
Jahreswirtschaftsbericht 2006 der Bundesregierung
öffentlich bezifferte (sh. seine Rede vom
26.1.2006:
"Umverteilung von unten nach
oben bremst das Wachstum"), denn diese Belastungsverschiebung
auf Kosten des Konsums und der Arbeitsplätze ist
unmittelbar im Zusammenhang zu sehen mit der hohen
Arbeitslosenquote und niedrigen Steuerquote in
Deutschland im Vergleich mit den völlig
entgegengesetzten Quoten z.B. in Großbritannien.
Schon
Jahre vorher wurde von ihm und etlichen
Neoliberalismus-Kritikern auf die niedrige Steuerquote
in Deutschland hingewiesen. In der besagten Rede bezog
sich Lafontaine bei der Berechnung aber doch nicht auf
die 9 Prozent, sondern auf eine Abweichung von 6 Prozent
bei der Abgabenquote. In der „Abgabenquote" (=
"Fiskalquote") sind die Steuer- und
Sozialabgabenquote zusammengefasst (also „kumuliert" –
sh. unten die Formulierung von Christoph Böhr). Mit den
6 Prozent kommt man auf einen staatlichen
Einnahmeverzicht von etwa 0,06 * 2.215,7 = 130
Milliarden Euro jährlich statt der obigen 200 Milliarden
Euro. Die 130 Milliarden Euro sind aber für die obige
Argumentation nicht relevant.
Ähnliche
Berechnung von Steuergeschenken im Zeitvergleich hatte
schon der Politologe Hans Eißel vorgenommen zu seiner
Aussage:
Würde die Regierung die
Unternehmensgewinne und großen Vermögen heute im
gleichen Umfang besteuern wie 1990, dann hätte sie
Mehreinnahmen von 81 Milliarden Euro.
Zitiert aus
Wolfgang Uchatius: „Wo stehen die Reichen?", zeit.de,
23.9.04. Von Dieter Eißel findet man zu
diesem Thema interessante ZIP-Dateien auf
seiner Webseite.
Lafontaines Argumentation mit der
Steuerquote hat jedoch den Vorteil, dass sie sofort
nachvollziehbar ist und sofort die Beziehung zur
Sozialversicherungsquote zeigt. Auch bei seiner Diskussion mit Christoph
Böhr (CDU) in der Sendung „Das Duell" (n-tv.de, 20.2.06,
22.10 Uhr) fragte Lafontaine, warum man auf die 130
Milliarden Euro verzichte. Damit fühlte sich zunächst einmal
der Moderator und bestbezahlte Meinungsmacher
Heiner
Bremer zu Recht angesprochen. Mit Bremer
hat der RTL-Sender von Liz Mohn über
n-tv einen
verlässlichen FDP-Mann engagiert, der sich auch schon in
einer Spitzenposition bei Friede Springer und
ihren „Meinungs-Direktoren"
bewährt hat. Er agitierte bei seinem TV-Publikum
einmal wieder heftig
gegen „laufende Steuererhöhungen", obwohl der
Steuersatz für seine Einkommensspitzen gerade viel zu
großzügig
gesenkt worden war - auf weniger, als man einem
Durchschnittsverdiener an Steuern und Sozialbeiträgen
abzieht:
Lafontaine: Und diese 130
Milliarden nehmen andere Länder ein, finanzieren damit
ihre Sozialsysteme, finanzieren damit ihre öffentlichen
Investitionen, finanzieren damit ihre hervorragende
Ausbildung, ihre hervorragende Forschung; wir verzichten
auf all das, weil wir einer Ideologie gefolgt sind, die
also völlig neben der Sache liegt, die Arbeitslosigkeit
immer weiter steigert …
Bremer: Wenn ich das richtig verstehe, heißt das
doch – oder bin ich da naiver Laie – dass wir das
Sozialsystem, so wie wir es gewohnt sind, gut erhalten
können, wenn wir laufend die Steuern erhöhen.
Lafontaine: … wenn wir dieselbe Steuer- und
Abgabenquote haben wie unsere europäischen Nachbarn.
Bremer: Die sind aber teilweise höher.
Lafontaine: Ja.
Bremer: Allerdings! Und irgendwo muss das Geld ja
herkommen? Ist das neue Gerechtigkeit?
So lieferte Bremer in seiner
wöchentlichen FDP-Propaganda-Sendung ganz nebenbei ein
typisches Beispiel für die Spontaneität in den simplen
Reflexen der neoliberalen Meinungsmacher. In jungen
Jahren - weniger arriviert - galt Bremer in seiner
FDP noch als „Linker" und machte vor seinem
Engagement bei Springer und Mohn eine lange
Zwischenstation bei der Zeitschrift
stern (sh.
Heiner Bremer).
Zugleich liefert er einen weiteren Beleg für die
Richtigkeit des erweiterten Eingangszitats von Galilei
und für die Funktionalität der allmählichen Etablierung
bei den meisten Meinungsmachern.
Andererseits zeigt sich, warum die Neoliberalen gegen
die starken Argumente von Lafontaine nur noch mit ihren
massenhaften Diffamierungen weiter kommen (sh. z.B.
hier in Abschnitt 1 und in
Linksbuendnis.htm).
Christoph Böhr fiel dann zu diesem Argument nur etwas
Unzusammenhängendes und kaum Verständliches ein. Er redete
- in seiner gefälligen Art - einfach von anderen Lohnniveaus in den übrigen
EU-Ländern und wich schließlich in seiner Antwort sofort
ausgiebig auf Hartz IV aus, wohl um von dem
unwiderlegbaren Verteilungsskandal wegzukommen, das
Thema herunterzuspielen, von dem Machtmissbrauch
zugunsten seiner großen Profiteure abzulenken auf
unerwünschte Hartz-IV-Gestaltungen der Umverteilungsopfer und
um Lafontaine auf
das neue Reizthema zu vergattern. Zunächst wurde aber noch
einmal der Anschein erweckt, als ob er und Bremer nicht
am selben Strang gegen Lafontaine zögen:
Böhr: Das geht jetzt ein bisschen
drunter und drüber, glaube ich.
Bremer: Nein, nein. Das ist 'ne klare Linie.
Böhr: Ja, ja, ja. Aber er hat sozusagen die
kumulierten Beträge genannt: Abgabenquote und
Steuerquote unserer Nachbarn. Aber da gibt’s ja sehr
unterschiedliche Lohnniveaus beispielsweise zwischen
Italien, Portugal, Frankreich, Großbritannien. Also das
alles zu kumulieren, glaube ich, führt uns nicht auf den
richtigen Weg. Ich will nur eine Bemerkung noch machen
zu der Kürzung des Arbeitslosengeldes im Rahmen von
Hartz IV.
Das Problem für Böhr besteht also
offenbar darin, dass nicht nur die Steuer- und
Sozialabgabenquoten „kumuliert" werden (sh. oben),
sondern dass man zur Berechnung von Durchschnittswerten
auch noch die Einzelwerte der jeweiligen Länder
zusammenzählen ("kumulieren") muss. Anscheinend will er
die niedrige Steuerquote in Deutschland darauf
zurückführen, dass es in Deutschland ein höheres
Lohnniveau gibt als in den meisten anderen EU-Ländern.
Dann müsste jedoch Deutschland eher eine höhere und nicht
eine niedrigere Steuerquote haben als die übrigen.
Die Ideologie-Fabrikanten von
Bertelsmann
(sh. oben)
haben ihre Ziele bei der Meinungsmache deutlich werden
lassen - nicht nur mit ihrer Heiner-Bremer-Agitation bei
n-tv (über RTL beteiligt),
sondern auch mit den Indoktrinations-Sendungen „Späth am Abend"
und „Rogowski Chefsache!". Als
neuen Geschäftsführer für diese Vertretung der
Kapitalinteressen mit neoliberalen Stammgästen bestellten sie Anfang 2003 Johannes Züll (sh. „Fiese
Philosophie", taz.de, 24.4.04; seit 9/03
Heiner Bremer; seit 8/06: Moderator
Lothar Späth, CDU,
INSM-"Botschafter",
engagiert über einen
Steuerflucht-
und Private-Equity-Fonds
für Großanleger (sh. „In
'Heuschrecken'-Fonds investieren",
boerse.ard.de, 17.5.05). Seit Juli 2005 ist auch
INSM-"Botschafter"
und Ex-BDI-Präsident Michael Rogowski als Moderator bei
Bertelsmanns n-tv,
ebenfalls engagiert über einen
Finanzdienstleister).
Typisch war die Rogowski-Sendung vom 19.3.06 mit zwei
Gästen: dem Drogeriekettenbesitzer Götz Werner
als Apostel des „bedingungslosen Grundeinkommens" durch
drastische Mehrwertsteuererhöhung bei Abschaffung der
Einkommensteuer
für ihn und die übrigen „Bestverdiener" (Einkommensteuer,
Erbschaftsteuer usw.) sowie mit den altbekannten
Platitüden der FDP, vertreten durch Hermann Otto Solms,
zur „Steuervereinfachung" als Vehikel zur Senkung des
Spitzensteuersatzes für ihn und seine Kundschaft auf 35
Prozent Der große Kapitaleinsatz gegen die
Linke zur Umverteilung nach oben und zur massenhaften
Wählertäuschung trug für die FDP jedenfalls nachhaltig
Früchte bei den Umfrage-Werten (sh. SPIEGEL-Umfrage-Barometer
seit der vorgezogenen Bundestagswahl vom 18.9.2005).
Götz Werner hätte
neben seiner Einkommensteuerfreiheit noch den
persönlichen Vorteil, dass seine mehr als zwanzigtausend
Drogerie-Angestellten weitgehend vom Staat bezahlt
würden über dieses bedingungslose Grundeinkommen, denn
wenn dieses sich wegen seiner anvisierten 50 Prozent
Mehrwertsteuer z.B. auf 1500 Euro belaufen müsste, dann
brauchte er nur noch ein paar hundert Euro je
Arbeitnehmer draufzuzahlen, um genug
Grundeinkommensempfänger zur Arbeite bei ihm zu
motivieren. In bezug auf seine persönlichen Vorteile und
auf die Schröpfung der Ärmsten durch die schockierende
Mehrwertsteuer waren seine Erklärungen in der
Diskussionsrunde bei Maischberger längst nicht so klar
wie seine Talkshow-erprobte Propaganda für diese
Umverteilung nach oben „zugunsten der Freiheit" (sh.
Video:
"Revolution: Nie mehr arbeiten! Geld für alle!",
daserste.de, 2.5.2006). Man konnte aber doch sofort
erkennen, warum er seine Einkommensteuer ganz abschaffen
möchte und statt dessen lieber einen winzigen Bruchteil
davon als Mehrwertsteuer zahlen will, zumal dann, wenn
seine Gewinne durch die staatlichen Lohnzahlungen
explodieren. Außerdem wird bei diesem „Modell" besonders
deutlich, warum die neoliberalen Lobbyisten im
Eigeninteresse eher für Kombilöhne oder staatliche
Lohnzuschüsse eintreten und sich gegen Mindestlöhne
sträuben, angeblich „im Interesse der Arbeitsplätze".
Gregor Gysi hat dieser halb naiven Bauernfängerei in
einer anderen Maischberger-Sendung eine ganz klare
Absage erteilt (sh.
"Angst vor Abstieg – wer kann von seinem Job noch
leben?", daserste.de, 13.2.2007). Oskar Lafontaine
war auch nicht dafür, fand aber mit Recht den Teil der
Idee interessant, dass der unfreiwillig Arbeitslose oder
sozial Schwache nicht mehr um seine Existenz bangen
muss. Das müsste er wohl tatsächlich nicht, wenn eine
wirklich „bedarfsorientierte" Grundsicherung für Rentner und unfreiwillige Arbeitslose
deutlich über dem heutigen Stand gebracht und finanziert
würde durch Rückkehr von Götz Werner und den
neoliberalen Meinungsmachern zu ihren früheren
Spitzensteuersätzen, wie es DIE LINKE fordert. Wenn
jedoch die Neoliberalen solche Ideen umsetzen mit 50
Prozent Mehrwertsteuer und weiteren Schröpfungen der
Ärmsten, dann wären selbst 1500 Euro monatlich kaum mehr
als ihre heutigen Sätze für Hartz-IV-Opfer oder für
staatlich bezuschusste Mindestrenten.
Einstweilen betreibt man diese
Umverteilung nach oben auch dadurch, dass immer mehr
"working poor" zugunsten der großen Profiteure und ihrer
neoliberalen Söldner in die Altersarmut gedrängt werden
durch Dumpinglöhne und Lohnersatzleistungen
("Nettoersatzquoten"), mit denen Deutschland im
internationalen Vergleich der Industrieländer zu den
Schlusslichtern dieser Einkommenskategorie gehört (sh.
die Studie der OECD: DRV-Schriften Band 61,
Ausgabe 2005, „Renten
auf einen Blick…", S. 43, mit den heutigen Werten,
die noch weit über den beschlossenen zukünftigen
deutschen Werten liegen, sowie Dieter Staadt: „Verkannt
und verkürzt", Freitag.de,
24.8.2007, und hier den Artikel „Rentenklau".)
Statt die simple Wirkung des umverteilten einen
Dollars zu begreifen (sh. oben), wollen die
schwarzrötlichen Koalitionäre nach ihrer
Regierungsbildung im November 2005
zunächst einmal 35 Milliarden Euro klientelschonend
von den einkommensschwachen Konsumenten abschöpfen - nach
dem Willen der „Christlichen" auch noch durch Erhöhung
der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte zum 1.1.2007 (sh. „Union
droht mit Abbruch der Gespräche",
welt.de, 27.10.05).
Bei Verzicht auf die Steuersenkung für „Bestverdiener"
und Verminderung der Sozialabgabenquote durch Erhöhung
der Steuerquote auf ein international übliches Niveau (sh.
oben) wäre die Arbeitslosenquote gewiss
schon deutlich gesenkt und damit das laufende
Staatsdefizit weitgehend beseitigt worden. Mit der jetzt
diskutierten Brutalisierung der
Umverteilung nach oben wird das Defizit nach Erhöhung
der Mehrwertsteuer mittelfristig tendenziell noch größer,
weil sich damit die Probleme auf dem Arbeitsmarkt
verschärfen.
Fortsetzung siehe
Abschnitt 1, Teil 2
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