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Zuletzt ergänzt am 26.2.2010.
Exkurs: Steuer-Parasitismus, Zocker-Billionen und
Risiko-Verschleierung
1) Einleitung
2)
Beispiel: Die Zumwinkels in Liechtenstein
3)
Beispiel: Österreichs
Neoliberale gegen EU-Solidarität
4)
Deutsche Arbeitnehmer finanzieren den Export ihrer Arbeitsplätze
5)
Maßnahmen gegen weltweiten Steuer-Parasitismus
und gegen Zockerei auf Kosten der Steuerzahler
6)
Verbal-Radikalismus
von Finanzminister Steinbrück
7)
Untersuchungsausschuss zum Kontrollversagen bei der Hypo
Real Estate
8)
G20-Krisengipfel - Schwarzer Tag für Schwarze Liste
1) Einleitung
27.5.2009 eingefügt zu Beginn der Einleitung bei
Steuer-Parasitismus.htm:
"Steuerparasitismus" innerhalb von Deutschland
In diesem
Exkurs geht um den Parasitismus der Steuer-"Oasen" durch deren
Hilfsangebote
bei
der Hinterziehung von Steuern auf Kapitalerträge. Es handelt
sich also um die Verschleierung von Kapitalerträgen in parasitären
Steueroasen – unter anderem in Verbindung mit der Finanzmarktkrise sowie
mit der ursächlichen Billionen-Zockerei und Risiko-Verschleierungen.
Dagegen
wurde der Steuerparasitismus durch direkte Gewinnverschiebungen
hier schon im Haupttext und im Exkurs
Unternehmenssteuerreform.htm an etlichen Stellen ausführlich behandelt. Dabei
geht es meist um die Subventionierung aus EU-Mitteln von Produktions-
und Gewinnverlagerung in Niedrigsteuer-Länder wie die Slowakei mit einem
Einheitssteuersatz von 19 Prozent. Folge ist die Vernichtung von
Arbeitsplätzen in Deutschland mit den Steuergeldern der künftigen
Arbeitslosen. Vorreiter war und ist der Subventions-Tiger Irland, der
immer noch Subventionen aus Deutschland erhält, obwohl das dortige
Durchschnittseinkommen dank solcher Gewinnverschiebungen und
Subventionen schon deutlich höher liegt als in Deutschland.
Zum
Thema Steuer-Parasitismus im weiteren Sinne gehören aber auch Gewinn-
und Produktionsverlagerungen innerhalb von Deutschland in Bundesländer,
die bei der Hilfe zur Steuerhinterziehung durch künstliche Verknappung
von Betriebsprüfungen eine Spitzenposition einnehmen. Dazu
zählen seit langem insbesondere die finanzstarken Länder Bayern und
Baden-Württemberg. Obwohl durch diese Heuchelei wohl noch viel
mehr Milliarden hinterzogen werden als durch die vorstehenden
Parasitismus-Formen, kann dazu in diesem Exkurs nur auf ein Interview
mit der häufig zitierten Steuer-Fahnder Reinhard Kilmer verwiesen
werden. (Sh.
"INTERVIEW - Es wird zu wenig geprüft", verdi.de,
3/2008,
13.3.2008). Es geht um zwei bis dreistellige
Milliarden-Beträge, auch abhängig davon, ob man die vielen kleinen
Mogeleien mit einbezieht oder nicht. Über den Großbetrug jener, die es
wirklich nicht nötig hätten, sagt Kilmer (ebd.):
Auch der Bundesrechnungshof kritisiert, dass zu wenig geprüft wird! Bei
einer Erhebung zeigte sich, dass nur jeder sechste Einkommensmillionär
überprüft wird - obwohl jede Kontrolle zu einer Nachzahlung von
durchschnittlich 135000 Euro führte. Und Betriebe müssen überhaupt nur
damit rechnen, dass ihre Bücher alle 50 Jahre überprüft werden. Die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hingegen können nicht mogeln, weil
sie ihre Steuern direkt vom Lohn abführen. Momentan haben wir hier eine
erhebliche Schieflage - und der Arbeitnehmer ist mal wieder der Dumme…
Im Durchschnitt nimmt ein Steuerfahnder pro Jahr 700000 Euro ein. Seine
Lohn- und Pensionskosten liegen aber nur bei 80000 Euro jährlich.
ver.di
PUBLIK | Das klingt wie ein sehr
lukratives Geschäft für den Staat. Und warum gibt es dann so wenige
Steuerfahnder?
Kilmer
| Die Länderfinanzminister machen eine ganz andere Rechnung auf. Von
jedem zusätzlichen Euro bleiben ihnen nur zehn Cent, weil der Rest in
den Länderfinanzausgleich fließt. Und auch die finanzschwachen
Nehmer-Länder haben kein Interesse, ihre Steuerfahndung auszubauen -
dann würden ja automatisch ihre Zuschüsse gekürzt.
Dass also
die Bücher gerade mal "alle 50 Jahre überprüft werden", obwohl je
Prüfung eine Steuerverkürzung von 135.000 Euro festgestellt wird, steht
in krassem Gegensatz zur Behandlung der Hartz-IV-Opfer, die durch die
Umverteilung nach oben ihren Arbeitsplatz verloren haben. Sie bekommen
zwar nur einen monatlichen Regelsatz von 351 Euro, aber man bezahlte bei
"schwerem Missbrauchsverdacht" sogar detektivische Überwachung. Aus
Sicht der Neoliberalen ist dieser "Missbrauch" offenbar wesentlich
schwerer als bei den 135.000 Euro, wenn also der Hartz-IV-Empfänger die
351 Euro durch Schwarzarbeit etwas aufstockt. Dazu heißt es im Südkurier
vom
4.6.2009
unter der Überschrift
"Verschärfte Überwachung bei Hartz IV geplant":
Die
Hartz-IV-Kontrolleure sollten demnach dann verstärkt zu Hausbesuchen bei
Arbeitslosen ausschwärmen und mit Zustimmung des Hartz-IV-Empfängers
auch Schränke kontrollieren, „wenn eine Sachverhaltsaufklärung sonst
nicht möglich ist“. Die Ergebnisse der Wohnungskontrollen sollten
detailliert protokolliert und „Auffälligkeiten“ für jeden Raum gesondert
beschrieben werden, heißt es in dem Bericht weiter. Den
Außendienstmitarbeitern solle es auch erlaubt sein, Nachbarn oder
Bekannte über die Hartz-IV-Bezieher zu befragen. Selbst Kinder sollten
befragt werden, wenn ihre Erziehungsberechtigten zustimmen.
Diese
"nachrichtendienstlichen Ermittlungen" wurden im Mai 2009 erst gestoppt,
nachdem ein Arbeitslosenforum "Klage gegen die BA" angekündigt hatte
(sh. ebd.).
Das
unglaubliche
Ausmaß der Hinterziehung und Heuchelei ändert aber nichts an den
katastrophalen Folgen des Parasitismus in Verbindung mit der
Billionen-Zockerei und Risiko-Verschleierung in den Steuer-"Oasen".
Über den Zusammenhang
zwischen Steuer-Parasitismus und "sozialer Marktwirtschaft" heißt es in
einem Interview der Süddeutschen Zeitung mit Oskar Lafontaine:
sueddeutsche.de: Bei maroden Banken
und Unternehmen verkommen Milliarden schon mal zu "Peanuts", bei den
sozial Schwachen geht es um jeden Cent. Verdient unser System in
Deutschland noch den schönen Namen soziale Marktwirtschaft?
Lafontaine: Das Ganze ist doch noch
viel schlimmer. Ich sage nur das Stichwort Commerzbank. Der Staat gibt
diesem Geldinstitut 18 Milliarden, aber er kontrolliert die Verwendung
des Geldes nicht und sieht tatenlos zu, wie die Commerzbank weiterhin
mit Steueroasen Geschäfte macht, also zur Steuerhinterziehung anleitet.
Während die Bundesregierung auf der einen Seite Hartz-IV-Empfänger
streng überprüft, ist die Regierung auf der anderen Seite die Hehlerin
der Steuerhinterziehung bei den großen Banken.
(Sh.
"Besuche bei Bankmanagern wären ergiebiger", sueddeutsche.de,
4.6.2009.)
Wenn man
nur die Hinterziehung deutscher Steuern-Milliarden mit Hilfe der Schweiz
betrachtet, wirkt dies noch eher gering im Vergleich zu den
Risiko-Verschleierungen durch die "Oasen" und zu den
Hinterziehungs-Hilfen durch die deutschen Finanzministerien. Aber die
Schweiz hält sich nicht einmal an die vereinbarte anonymisierte
Abführung der Quellensteuer in Milliardenhöhe, sondern versucht, sich
mit einem kleinen Bruchteil davon freizukaufen. Dazu Steinbrück:
Auch den Hinweis der Schweiz, dass Deutschland von dort 120 oder 130
Millionen Euro an Quellensteuer auf deutsche Einlagen erhalte, empfinde
er "als Scherz", sagte Steinbrück. "Fachleute sagen, dass deutsche
Steuerzahler 200 bis 300 Milliarden Euro auf Schweizer Konten haben."
(Sh.
"STREIT
UM STEUERHINTERZIEHUNG – Schweiz lässt Steinbrück ins Leere laufen",
spiegel.de,
30.12.2008.)
Außerdem sind diese hinterzogenen Milliarden in der Schweiz nur ein
kleiner Bruchteil dessen, was dem deutschen Staatshaushalt durch den
Steuer-Parasitismus insgesamt verloren geht. Es könnte erheblich zur
Erfüllung des verfassungsmäßigen Sozialstaatsgebots und zur
Arbeitsplatzbeschaffung durch effektive Steigerung der Konsumnachfrage
beitragen, wenn man es nicht auch wieder nach oben umverteilen würde.
Den Steuerparasitismus als Helfer bei der
Steuerhinterziehung auf Kapitalerträge nutzen insbesondere kleinere
Staaten, weil schon ein kleiner Prozentsatz der riesigen
Fluchtgelder einen beachtlichen Beitrag zu ihrem
Staatshaushalt liefert. Dass man
Doppelbesteuerungs-abkommen auch problemlos kündigen
kann, hat Deutschland gerade gegenüber Österreich
demonstriert,
als dort die Erbschaftsteuer mit den gleichen
fadenscheinigen Bezug auf eine höchstrichterliche
Entscheidung abgeschafft statt reformiert wurde (sh.
"Berlin
will Steuerflucht nach Österreich verhindern",
spiegel.de, 28.8.2007) wie seinerzeit die
Vermögensteuer in Deutschland. Zur Unterstützung der
Steuerflucht und gegen die Umverteilung nach oben durch
die Bundesregierung schreibt Sven Giegold:
Die Schweiz hat für ihre eigenen BürgerInnen ein System
der Abgeltungssteuer von 35%; also deutlich
höher als das, was jetzt die Bundesregierung plant. Für
Steuerausländer sind Kapitaleinkünfte in der Schweiz
hingegen steuerfrei und durch ein strenges Bankgeheimnis
geschützt. Bisher weigert sich die Schweiz, das
Bankgeheimnis im Rahmen des EU-Kompromisses
aufzuweichen. Diese Weigerung ist jedoch nicht sehr
glaubwürdig. Gegenüber den USA hat die Schweiz für
US-Anleihen einem System von Kontrollmitteilungen
zugestimmt… Die Bundesregierung möchte diesem
notwendigen Konflikt lieber aus dem Wege gehen. Statt
die Oasenländer unter Druck zu setzen, soll nun die
Steuergerechtigkeit zwischen Arbeits- und
Kapitaleinkommensbeziehern geopfert werden.
(Sh. Sven Giegold: "Hintergrundinfos zur
Abgeltungssteuer",
http://www.attac.de/schwedt/steuerinfo.htm, und "Neue
Niedrigsteuer für Kapitaleinkünfte",
Januar 2003, Fettdruck vom Verfasser.)
Über den Lizenzentzug durch die USA schreibt der
Steuerfahnder Reinhard Kilmer in der Broschüre zur
Konferenz "Globalisierung
und Steuergerechtigkeit", Berlin,
April 2005, in
Abschnitt 2.3:
Die USA haben derweil gezeigt, wie man es machen kann. Seit dem
Kalenderjahr 2000 melden alle
Großbanken der Welt ohne Murren und Knurren alle Kunden von
US-Wertpapieren der IRS (US-Steuerbehörde Internal Revenue Service),
damit die entsprechenden Steuern eingetrieben werden können.
Falls eine Bank nicht mitzieht, droht der Verlust der Lizenz in den USA.
Zur Förderung
der parasitären Pseudo-"Globalisierung" und zur
Finanzierung der weit überhöhten Eurokraten-Bezüge wollte der Kanzler der Bosse
noch über die Erhöhung des deutschen Netto-EU-Beitrags von
jetzt ca. 10 Milliarden Euro jährlich reden (DIE
WELT, 22.10.04), statt ihn für die Dauer dieses
Steuer-Parasitismus zu kürzen. Am Ende konnte er auch von der rechten
CSU nur noch links überholt werden, als deren Mitglied Michael Glos diese
"Großzügigkeit" für einen solchen versteckten Zweck mit dem Prinzip "Nach
mir die Sintflut" erklärte (sh. N24, 4.6.2005).
Nach Regierungsantritt seiner Union hat aber auch sie
diese Subventionen ohne Dumping-Auflagen erhöht.
Im Herbst 2008 wurde eine indirekte Form
des Steuer-Parasitismus offenkundig mit der Vergabe von ungesicherten
Staatsbürgschaften über viele Milliarden durch Finanzminister Steinbrück
und die Merkel-Regierung, mit denen unter anderem auch Zocker-Gewinne in
der Finanzkrise abgesichert werden (sh. hier
Abschnitt 5).
2) Beispiel:
Die Zumwinkels in Liechtenstein
Ein anderes Beispiel
für den Steuer-Parasitismus zu Lasten der europäischen Staaten und
darüber hinaus ist Liechtenstein. Auch hier finden die
Neoliberalen ein Schein-Argument für ihre unsägliche
Abgeltungssteuer von 25 Prozent zur Umverteilung nach oben, statt den
europaweiten Boykott gegen die dreisten Schmarotzer voranzutreiben, z.B. auch
durch Kündigung
von Doppelbesteuerungsabkommen mit den Parasiten-Staaten, durch
hohe Kapitalverkehrssteuern, speziell mit solchen Staaten, sowie durch
Lizenzentzug für ihre Bankgeschäfte und Niederlassungen in Deutschland
und der EU nach dem erfolgreichen US-Vorbild. Darüber berichtete
Frontal21 am 19.2.2008:
Ein Idyll in den Alpen: das
Fürstentum Liechtenstein – eingebettet zwischen den Schweizer und den
Österreichischen Bergen. Nur 34.000 Menschen leben hier. Und doch ist im
engen Tal Platz für 75.000 Briefkasten-Firmen. Liechtenstein – für
deutsche Steuerfahnder eine Fluchtburg für Geldwäscher und
Steuerhinterzieher.
O-Ton Reinhard Kilmer, ver.di,
Steuerfahnder:
Die Einwohner von
Liechtenstein kriegen wir locker auf der Südtribüne des Dortmunder
Fußballstadions unter. Und trotzdem haben wir mit diesem parasitären
Zwergstaat so viele Probleme. Es liegt unter anderem daran, dass es auch
in Europa bisher keine einheitliche politische Willensbildung gibt, die
hier mal etwas Druck aufbaut.
(Sh. oben und Ulrich Stoll und Herbert Klar: "Volle Konten - Die
Reichen und das System Liechtenstein", das
Skript zur Sendung vom
19.2.2008 und das Video
Steuerflucht: Das System Liechtenstein" Frontal21,
19.2.2008.)
Einerseits zahlte man im Auftrag der deutschen Regierung zu Recht bis zu
fünf Millionen für eine CD, auf der Steuerhinterziehungen einer
vierstelligen Zahl von Verdächtigen im Gesamtbetrag von mehreren hundert
Millionen Euro dokumentiert sein sollen. Es soll sich meist um reiche
und "prominente" Deutsche handeln.
Andererseits warnt man
aber die Steuerhinterzieher rechtzeitig durch das Vorziehen einer medienwirksame
Großaktion gegen den Post-Chef Klaus Zumwinkel, einen der
mutmaßlichen Täter. Damit gibt man den übrigen die Gelegenheit zur
strafbefreienden Selbstanzeige sowie zur Vertuschung und Behinderung der Steuerfahndung. Dies kann auch der Vorsitzende der Deutschen
Steuergewerkschaft und ehemalige Steuerfahnder, Dieter Ondracek, nicht
nachvollziehen (in der Sendung "ANNE WILL:
Die da oben: Wenn Reiche zu gierig werden", daserste.ndr.de,
17.2.2008, mit Video, sowie z.B. "Anne
Will und die Suche nach der Moral", welt.de, 18.2.2008). Laut
Ondracek haben die Fahnder den entscheidenden Tip im Fall von Zumwinkel
bereits im August 2007 erhalten. Man konnte aber aus Personalmangel noch
nichts unternehmen. Üblicherweise sind die Steuerfahndungen chronisch
unterbesetzt, obwohl jeder Fahnder das Vielfache seiner Personalkosten
hereinbringt. Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung wies bei
ANNE WILL (a.a.O.) darauf hin, dass sich Industriebetriebe lieber in
CDU/CSU-Ländern angesiedelt haben, wo die Fahndung auf möglichst kleiner
Flamme gehalten wird. Die Unterbesetzung könnte also System haben.
Es drängt sich auch
hier der Eindruck auf, dass es sich beim Vorziehen der Zumwinkel-Aktion
im CDU-regierten Nordrhein-Westfalen entweder um Dilettantismus oder Kumpanei im neoliberalen
Regierungsapparat handelt. Der Leiter der Bochumer Staatsanwaltschaft
ist sich jedenfalls sicher, dass die Information an Presseleute über
diese Aktion nicht aus seiner Behörde stammt (sh. dazu den Film:
"Fluchtburg Liechtenstein - Das Geldversteck der Reichen", zdf
frontal 21, 25.3.2008). Der Vorsitzende von Business Crime
Control Werner Rügemer vermutet (in dem Film), dass man sich gegen die
Steuerparasiten mit Lippenbekenntnissen begnügt, weil man in
Wirklichkeit die einflussreichen Großbetrüger in den eigenen Reihen
schützen will. In dem Falle oder bei bloßen Lippenbekenntnissen würden
die neoliberalen Regierungsparteien Beihilfe zur groß angelegten
Steuerhinterziehung leisten.
Die "fürstliche" LGT und andere Geldwäschereien dienten bereits als Geldversteck
für so unterschiedliche Profiteure wie die CDU (sh.
CDU-Spendenaffäre)
und den "ecuadorianischen Mörder und Drogenhändler Jorge Hugo Reyes
Torres" (sh.
parlament.gv.at, 1642/J XXIII. GP, 16.10.2007).
Sie sind – in "Zusammenarbeit" mit Gerhard Schröders Gazprom-Kanton
Zug - offenbar zugleich das Zentrum der Millionen-Schmiergeldzahlungen
im Sport (sh. "ISL-Prozess:
Steckt die FIFA drin?", zdf.de, 12.3.2008, mit Video über Festnahmen
in Zug, sh. hier auch
Schroeders-Freunde.htm). Gezeigt wird in dem Film "Fluchtburg" (sh.
oben) auch,
welche perfide Rolle Österreich bei diesem "Geldtransit" mit seinem
"Steuergeheimnis" übernommen hat und wie man die nobel residierenden
Zuträger in Deutschland gewähren lässt. Milliardenprofiteur Fürst Hans
Adam von Liechtenstein erklärt (in dem Film) die Reaktionen auf seine
Hehlerdienste sogar mit "Neid" gegenüber den Parasitismus-Profiteuren, ganz nach Art der neoliberalen Meinungsmacher in Deutschland
(sh. hier z.B. Merkels "Neid-Keule").
Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein spricht gar von schlechtem
Umgang mit "befreundeten Staaten". - Jahrzehntelang hatte haben die "Christlichen" dort die Gelder ihrer Großspender und
Politikkäufer verschwinden lassen, getarnt als "Stiftungen" und
"Vermächtnisse". (Sh. Ulrich Stoll
und Herbert Klar: "Volle Konten - Die Reichen und das System
Liechtenstein", a.a.O.) Dazu schrieb DER SPIEGEL vom
19.2.2000 unter der Überschrift "Die
brennende Frage der CDU-Spendenaffäre":
Helmut Kohl behauptet, nichts von dem
System schwarzer Konten gewusst zu haben. Uwe Lüthje, ehemals
Generalbevollmächtigter der CDU-Schatzmeisterei, behauptet, Kohl über
die Konten in der Schweiz und Liechtenstein informiert zu haben.
Wer lügt?
Derweil empören sich die pink-schwarzen
"Volksvertreter" und viele Großprofiteure lauthals darüber, dass ein
Multimillionär wie Zumwinkel sich aus unersättlicher Gier zu derartigem
Betrug hinreißen lässt, obwohl er es wirklich nicht nötig hat. Natürlich hätte Zumwinkel das nie getan, wenn er
auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit für das Auffliegen seiner
tugendhaft benannten "Devotion Family Foundation" gesehen
hätte. Nach allen bisherigen Erfahrungen konnte er sich aber auf den
Schutz der Steuerflüchtlinge durch die Unterstützung der
Parasiten-Staaten und die Untätigkeit der deutschen Behörden verlassen,
zumal die
LGT-Finanzgruppe der Liechtensteiner Fürstenfamilie persönlich
gehört und die "wohltätigen" "Stiftungen" für Steuerhinterzieher nach
Liechtensteiner Recht immer zuverlässig betreut hat. Außerdem gewährt
das Fürstentum bei solchen "Stiftungen" keinerlei Rechtshilfe gegen
Steuerbetrüger.
Dazu schreibt
tirol.com vom
19.2.2008 unter der Überschrift:
Liechtenstein spricht von deutschem "Angriff": USA haben
CD
Staatsoberhaupt
Erbprinz Alois: Deutschland will offenbar Hehlerei betreiben.
Die EU-Finanzminister wollen auf ihrer nächsten Sitzung das Thema
"Steuerflucht" besprechen. Die Organisation für Entwicklung und
Zusammenarbeit (OECD) kritisierte Liechtenstein weiter als unkooperativ.
Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International warf
Liechtenstein Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor und forderte
Konsequenzen.
Die neoliberalen
Meinungsmacher und Profiteure der Umverteilung nach oben
wie auch die Verteidiger der Parasiten-Staaten besitzen
nun noch die Dreistigkeit, der Liechtensteiner
"Steueroase" die deutsche "Steuerwüste"
gegenüberzustellen, wo man nur die Besteuerung
"vereinfachen" und vor allem noch weiter senken müsse,
um ihre Gier zu befriedigen
FDP-Chef Guido Westerwelle
unterstützte die Geldkoffer-Träger gegen Finanzminister Peer Steinbrück
(SPD), der dem Schmarotzertum nicht mehr tatenlos länger zusehen wollte:
FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle bezeichnete am Donnerstag im
Bundestag den undiplomatischen Umgang des Finanzministers mit dem
kleinen Nachbarland als Unverschämtheit und erklärte, für den normalen
Bürger sei in der Regel weniger die Steueroase als vielmehr die Wüste
drum herum das Problem.
(Sh.
"Leben in der «Steuerwüste»", nzz.ch,
20.3.2009.) Im Februar 2010 wurde publik, dass
Westerwelle für einen seiner zahlreichen und bestens
"honorierten" Lobbyismus-Vorträge im Jahre 2007
schon 10.000 Euro von der fürstlichen LGT-Bank erhalten
hat (sh. "FDP schützt ihre Steuer-Großbetrüger",
readers-edition.de, 26.2.2010, mit der folgenden
Collage:
. Man gibt sich sogar
"empört" und prüft "rechtliche Schritte" gegen der
Versuch, diesen Großbetrug und die Beihilfe dazu
aufzudecken. Wenn solche Provokationen noch nicht für
wirksame Gegenmaßnahmen ausreichen, sollten sich die
deutschen Regierungspolitiker von CDU/CSU und SPD gleich
offen auf die Seite der unersättlichen Großbetrüger stellen.
Auch Luxemburg steht am Pranger und versucht, solche
Gegenmaßnahmen zu blockieren. Der eher sympathisch
wirkende luxemburgische Finanzminister Jean-Claude
Juncker ist zu allem Überfluss auch noch "Vorsitzender
der Euro-Finanzminister". Er will den weit
herausragenden Vorsprung seines Landes beim
Pro-Kopf-Einkommen auf
Kosten der übrigen EU-Mitglieder offenbar nicht in Frage
stellen. Anscheinend sieht er seine Position in der
gleichen Ecke wie Liechtenstein. Dazu heißt es –
ebenfalls bei tirol.com (a.a.O.):
Mit Blick auf Liechtenstein sagte Juncker,
der auch Vorsitzender Euro-Finanzminister ist: "Dass es noch
Schlupflöcher gibt, ist unverkennbar." Es gebe allerdings auch
Fortschritte in Liechtenstein, dort gehe es seriöser zu als früher. Und:
er betonte: "Nicht Liechtenstein ist der Steuersünder, sondern die
Steuersünder haben die deutsche Staatsbürgerschaft."
Die gewerblichen Helfer beim Großbetrug der Raffkes und ihre
Lobbyisten in der Politik sind laut Juncker also
schuldlos.
Die FDP und andere Neoliberale setzen noch eins drauf,
indem sie dies gleich noch ausschlachten für ihr Ansinnen nach immer
weiteren Steuergeschenken für sich selbst und ihre
"Bestverdiener"-Kundschaft - durchsichtig
verpackt in die allgemein akzeptierten Forderung nach
Steuervereinfachung, z.B. bei Guido Westerwelle mit
gekonntem heuchlerischem Augenaufschlag für sein
TV-Publikum (sh. "Die
Elite verrät das Volk - Ruiniert die Gier unsere
Gesellschaft?", wdr.de, 20.2.2008, wo sogar Hubertus
Heil von der SPD diese Masche kritisierte). Dazu Gregor
Gysi, empört über solche scheinheiligen Dreistigkeiten -
bei einer Wahlkampfveranstaltung in Hamburg:
Ich bin diese ewigen
Steuergeschenke an die Reichen und Konzerne leid, immer mit der
Begründung, dann würden sie ehrlich bezahlen.
Zumwinkel und die andern
beweisen, da kannst du das noch so senken, sie bezahlen trotzdem nicht
ehrlich. Also brauchen wir endlich gerechte Steuern in Deutschland.
(Mitgeschrieben nach dem Kurzvideo "Steuer-Skandal
stärkt Linkspartei" der WELT-ONLINE, die unter dem
Weblink in einem Mix aus Unterhaltung, ausgewählter
Information und neoliberaler Propaganda noch
weitere Videos präsentiert. - Stand 22.2.2008.)
Nach Informationen der Berliner Zeitung vom 23.2.2008
soll der Staatsanwaltschaft noch eine zweite CD
mit Konten einer anderen Liechtensteiner Bank
vorliegen, der auch vier ehemalige
Bundestagsabgeordnete ihr Geld "anvertraut" haben,
darunter drei von der FDP und einer von der CDU (sh. "Politiker
in Steuerskandal verstrickt", berlinonline.de,
23.2.2008). Man könnte
meinen dass die CDU unterrepräsentiert ist, aber in
Luxemburg und weltweit gibt es noch viele weitere Banken
für Großbetrüger.
Die Wählertäuschung und der Großbetrug an den
Opfern des Schmarotzertums wird fortgesetzt durch die Umverteilungs- und
Parasitismus-Profiteure in Deutschland mit ihren durchsichtigen Parolen
gegen die Beendigung solcher Zustände. Die "Christlichen" können zur
Zeit nicht viel tun für diese Kundschaft, weil die SPD unter dem Druck
der Linken nun endlich ein wenig zur Rückbesinnung kommt. Dazu schreibt
die Süddeutsche Zeitung:
Müntefering sprach in der
Financial Times Deutschland von einer "Niederlage" der Kanzlerin
und drohte zugleich dem Koalitionspartner CDU/CSU "Krach" für den Fall
an, dass das Gesetz gegen Steueroasen nicht nächste Woche im Kabinett
behandelt werde. Wenn die Entscheidung jetzt nicht durchgezogen werde,
"führen wir die Debatte darüber, dass die Union die Steuerhinterzieher
schonen will".
(Sh.
"Attacken
gegen Merkel - Und jetzt auch noch die FDP", sueddeutsche.de,
19.3.2009.)
Dafür kann nun die FDP dieses fragwürdige Wählerpotenzial besser
ausschöpfen. Anfang 2009 hat sie eine erhebliche Verbesserung ihrer
Umfragewerte auf Kosten der CDU erreicht, weil diese Profiteure sich von
der CDU/SPD-Koalition nicht mehr ausreichend vertreten fühlen. Der
Parasitismus von außen gedeiht am besten, wenn das Immunsystem auch von
innen zersetzt wird. Gegen die zaghaften Abwehrversuche der SPD bleibt
das neoliberale Streben nach einer schwarz-gelben Koalition und die
Demagogie der FDP gewiss nicht ohne Wirkung. So heißt es in der
Süddeutschen (ebd.):
Allerdings legte sich
FDP-Chef Westerwelle auch mit Steinbrück an. Diesem warf er im
Steuerstreit mit der Schweiz unverantwortliches Verhalten vor. "Herr
Finanzminister, diese Art und Weise des Umgangs mit unseren
Nachbarländern ist eine schlicht undiplomatische Unverschämtheit", sagte
er im Bundestag. "Mit der Peitsche drohen, die Kavallerie gegen die
Indianer schicken, ich glaube, diese Art und Weise ist schlichtweg
unverantwortlich." Westerwelle spottete: "Sie können ja nicht einmal mit
der Schweiz Frieden halten."
Der Friede mit dem Schmarotzertum ist offenbar das
höchste Gut für die Neoliberalen. Aber an der Großaktion gegen die
Schweizer UBS in den USA sieht man, dass selbst im Zentrum des
Raubtier-Kapitalismus dieser FDP-Friede zu Lasten des eigenen Volkes
nicht mehr akzeptiert wird.
Auch die
rechte
Schweizerische Volkspartei (SVP) kämpft zusammen mit Guido
Westerwelles FDP für den Parasitismus. Ihr Züricher Nationalrat Hans
Kaufmann drohte schon mit dem Boykott deutscher Autos (sh.
"Kanton Zürich – SVP erwägt Boykott deutscher Autos", suedkurier.de,
16.3.2009).
Wegen der vielen deutschen Luxuskarossen in der Schweiz, könnte deren
Verkauf weltweit vielleicht sogar im Promillebereich zurückgehen, wenn
außer den Radikalen noch andere Schweizer diesem Aufruf folgten. Aber es
gibt ja eine weltweite Zunahme von kriminellen Geldtransfers und
Profiteuren der Umverteilung nach oben.
Ein freiwilliger Verzicht auf den Parasitismus ist jedenfalls nicht zu
erwarten. Auch in der Schweiz gibt es – ähnlich wie in Deutschland – nur
eine kleine Minderheit von Politikern mit Gemeinsinn. (Sh.
dazu das interessante DLF-Interview vom 19.2.07, mit Stefan Gisler,
Kantonsrat der Sozialistisch-Grünen-Alternative SGA in Zug, zu erreichen
über die Links hier in der entsprechende Passage unter
Unternehmenssteuerreform.htm). Mit ihrem Stimmenanteil
von ca. 30 Prozent ist die SVP etwas schwächer als die deutsche CDU/CSU.
Sie liegt mit etwa 10 Prozent vor der Schweizer Sozialdemokraten (SP),
also in ähnlichem Abstand wie die deutsche CDU vor der SPD. Eine Linke
gibt es kaum, statt dessen aber ein Sammelsurium von "Freisinnigen",
"Christlichen" und "Bürgerlichen". Ernsthafte Impulse gegen den
Parasitismus können also nur von außen kommen, ebenso wie gegen die
übrigen Geldverstecke.
Mit einem Embargo gegen die Schweiz ist es
allerdings nicht getan. Es geht unter anderem auch um Liechtenstein und
die parasitären Steueroasen von Großbritannien und Irland sowie um die
übrigen Schwarzgeld-Zubringer in der EU, insbesondere um Österreich und
Luxemburg. Hier müssen endlich die Namen mit allem Nachdruck genannt und
die Schwarze Liste vervollständigt werden. Dazu schreibt die Süddeutsche
(a.a.O.):
Die Bundeskanzlerin hatte
zuvor das Vorgehen der Regierung gegen Steuerhinterziehung verteidigt:
"Ich sage gerade in Bezug auf Steueroasen, dass es richtig und
unabdingbar ist, Ross und Reiter mit Namen zu nennen." Allein diese
Androhung habe schließlich bereits Wirkung bei einigen dieser Länder in
Europa gehabt.
Darauf entgegnete
Westerwelle: "Für die Menschen ist nicht die Oase das Problem, sondern
die Wüste drumherum." Grünen-Fraktionschefin Renate Künast antwortete
darauf: "In den Oasen saufen die großen Kamele. Sie haben sich heute
wieder einmal als Schutzheiliger der großen Kamele, die anderen das
Wasser wegsaufen, betätigt."
Es geht aber nicht um Steuer-"Oasen" und
Steuer-"Wüsten", sondern um Steuer-Parasiten, ihre Opfer und ihre
Unterstützer. Da Zitat zeigt, dass zumindest gegen diese
Art des Schmarotzertum eine Übereinstimmung von Grünen, SPD und Linken
möglich wäre.
Die SPD will aber die sozialdemokratische Idee
erneut verraten, indem sie zur Profitsicherung ihres eigenen
Establishments und der übrigen neoliberalen Meinungsmacher ein Bündnis
mit der Linken ablehnt. Mit Schwarz-Gelb würden dann wohl die
Wegelagerer in der angeblichen Wüste die Oberhand und gewinnen, ihre
Opfer noch mehr ausplündern und die Beute in ihre "Oasen" tragen.
Dagegen bietet die SPD-Jugendorganisation mit der Juso-Vorsitzenden
Franziska Drohsel einen großartigen Lichtblick gegen diesen Muff und
will den Verrat zugunsten der SPD-Bonzen nicht mitmachen (sh. "Bundestagswahl
- Juso-Chefin Drohsel für Rot-Rot-Grün", sueddeutsche.de,
11.5.2009).
Zu diesem Profiteuren der Umverteilung nach oben gehören
auch die Präsidentschafts-Kandidatin Gesine Schwan und
die Chef-Redaktion des STERN mit ihrem überlegenen Getue
gegen "pubertäre Kinder" und den professoralen
Gängelungs-Versuchen, wer zu zitieren sei und wer nicht.
Dazu schreibt der STERN:
Es spricht auch Franziska Drohsel, die Vorsitzende der
Jusos. Sie diskutiert den Gedanken, dass das Grundgesetz
alle möglichen Gesellschaftsformen zulässt, auch solche,
die das Recht auf Privateigentum aufheben. Drohsel
zitiert
Jean Jacques Rousseau, sie glüht vor linkem Eifer,
die Krise macht's möglich. Gesine Schwan, eine
konservative Sozialdemokratin mit Brosche am Revers,
hört zu, wie Eltern ihren pubertären Kindern zuhören,
wenn sie plötzlich allein in den Urlaub fahren wollen.
Dann tritt sie ans Mikrophon und sagt Drohsel, dass sie
sich in diesem Zusammenhang nicht auf Rousseau berufen
sollte. Sondern auf
John Locke. Also rein ideengeschichtlich betrachtet.
Drohsel hört zu. Und Schwan lächelt.
Die intellektuelle Schärfe, das Dozierende, Hinweisende,
mitunter auch Zurechtweisende, hat Schwan einigen
Missmut eingetragen. Aber auch Respekt.
(Sh.
"Wahl des Bundespräsidenten - Gesine Schwan im
Bundesvision-Contest", stern.de,
21.5.2009.)
"Respekt" verdient sie jedenfalls dann nicht, wenn sie
den egoistischen Verrat an der Sozialdemokratie durch
Ablehnung eines Linksbündnisses unterstützt oder den
Begriff des Neoliberalismus mit professoraler Autorität
zugunsten dieser Clique weichspülen will (sh. hier
rossaepfel-exkurse.de).
Zu einem Vorstoß gegen die Schweiz bequemte sich
ein Jahr vorher endlich auch der ehemalige
Finanzminister Hans Eichel, nachdem er nun nicht mehr
durchsetzen kann (sh. "BOYKOTT-AUFRUF
- Eichel wirft Schweiz Schutz von Kriminellen vor",
welt.de, 24.2.2008, zu einem Interview). Eichel sagte in
dem Interview:
Die EU werde nun wohl verstärkt darauf drängen, dass
auch die Schweiz den Informationsaustausch gemäß dem
OECD-Standard einführe. Dem "SonntagsBlick" sagte Eichel
weiter, die Schweiz und Liechtenstein müssten damit
rechnen, dass Deutschland mit ausländischen Unternehmen,
die kriminelle Aktivitäten begünstigten, keine Geschäfte
mehr machen wolle. Banken gebe es schließlich genug.
Es geht also auch im deutschen Alleingang ohne
Unterstützung der übrigen Steuerparasiten in der EU,
aber Eichel und die übrigen Neoliberalen waren für eine
solche Politik völlig fehl am Platze.
Auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD!), der die
asoziale Umverteilung nach oben wesentlich mitbetrieben
hat (sh. hier
rossaepfel-theorie.de),
wendet sich gegen die Ausreden für asoziales Verhalten
wegen angeblich immer noch zu hoher Steuern. Es macht
aber wenig Sinn, bei der Anprangerung der Zumwinkels
stehen zu bleiben. Außerdem dient es nur der Ablenkung,
wenn man lange nach den offensichtlichen Motiven der
Großbetrüger fragt und auf die "vielen kleinen
Zumwinkels"
verweist, statt die Parasiten-Nester auszutrocknen. Selbst
für diese Austrocknung hört man von Steinbrück allerhand
Wortgeklingel. Dazu zitiert DER SPIEGEL
diesen Finanzminister wie folgt:
Denkbar sei die Einführung einer Anzeigepflicht "oder
eine Quellenbesteuerung für jede Überweisung von
Deutschland nach Liechtenstein".
(Sh.
"NOTFALLS OHNE EU: Steinbrück droht Liechtenstein mit
harten Maßnahmen", spiegel.de,
28.2.2008.)
Gleichzeitig billigte aber derselbe Steinbrück den
Verzicht auf jegliche Grenzkontrollen nach dem Schengen-Abkommen mit
Liechtenstein, obwohl er weiß, dass ein großer Teil der Schwarzgelder im
Koffer dorthin geschafft wird. Die Begründung ist so fadenscheinig wie
für alles, was von solchen "Sozialdemokraten" und anderen Neoliberalen
zur Umverteilung nach oben unternommen wird:
Deutschland hat
EU-Innenkommissar Franco Frattini dazu aufgerufen, Liechtenstein keine
Steine in den Weg zu legen: "Es ist einfach nicht möglich, eine Enklave
im Zentrum von Europa zu haben."
(Sh.
"Deutsche Protektion für Steueroasen – Liechtenstein war dem Bund
schnurz", taz.de,
29.2.2008.) Gerade durch den Verzicht
auf Grenzkontrollen wird Luxemburg noch mehr zur parasitären Enklave.
Ohne den Verzicht könnte man es durch Kontrollen dermaßen abschotten,
dass es in dieser Hinsicht - bis zur Aufgabe solcher Machenschaften -
gar nicht mehr existiert.
Das eigentliche Wesen der deutschen
Umverteilungs-Gaukler ergibt sich aus folgender Meldung der taz
(ebenda):
Kurz vor dem Zumwinkel-Skandal hatte sich ausgerechnet die
Bundesrepublik noch für die Steueroase stark gemacht. Laut einem
internen Dokument des Finanzministeriums, das der taz vorliegt,
wollten Kommission und einige EU-Staaten wie Spanien und Tschechien die
Schengen-Aufnahme des Fürstentums von dessen Verhandlungsbereitschaft
über das Betrugsbekämpfungsabkommen abhängig machen. Nur durch
"nachhaltigen deutschen Druck erfolgte die Aufhebung der Vorbehalte",
heißt es darin.
Der Steuerexperte von Attac, Sven Giegold, sieht darin einen Beleg,
"dass Steueroasen für die Bundesregierung ganz normale Partner sind.
Öffentlich wird kritisiert, hinter verschlossenen Türen wird sogar
protegiert."
Im Grunde läuft das darauf hinaus, dass durch die
Hätschelung der Steuerparasiten der Druck für weitere Steuergeschenke an
die Meinungsmacher erhöht wird und dass dies auch noch als
"Globalisierungs"-Druck dargestellt wird.
Schärfere Grenzkontrollen und rigorose
Strafverschärfungen für Geldkoffer-Transporte sind notwendig, aber nicht
ausreichend, weil die europäischen Steuerparasiten mittlerweile das
Schwarzgeld zum großen Teil gar nicht mehr im Lande behalten, sondern es
in Übersee bunkern bei parasitären Sammelstellen, die sie mit ihren
eigenen Angestellten "betreuen". Außerdem können die Steuerbetrüger
ihren Geldkoffer auch selbst auf Reisen nach Übersee mitnehmen oder
mitgeben, wie ja auch heute schon etliche Schweizer und
Liechtensteiner Banken einen regelrechten Geldkoffer-Transportdienst
anbieten. Bei den übelsten Parasiten handelt es sich naturgemäß um
Kleinstaaten, weil nur sie allein auf Kosten der ausgesaugten
größeren Staaten bestens leben können. Notwendige und gewiss auch
hinreichende Schritte wären die Kündigung der Doppelbesteuerungsabkommen
mit ihnen (sh. oben) sowie notfalls Boykott und Embargo durch möglichst
viele betroffene Staaten, auch wenn diese dadurch selbst einige
Nachteile in Kauf nehmen müssten. Es müssen auch nicht alle
EU-Staaten an dem Zusammenschluss der Parasitismus-Opfer beteiligt sein,
wenn z.B. Luxemburg, Irland und Österreich ihre Blockadehaltung
beibehalten.
Zu den überseeischen Parasiten
schreibt das
"LIECHTENSTEINER VATERLAND" in seiner Ausgabe vom
25.7.2008
unter der Überschrift "Fürs Feierabendbier gehts zum Strand":
Grössere
Banken aus Liechtenstein haben mittlerweile Niederlassungen in Asien und
der Golfregion. Wichtige Metropolen sind neben Hongkong und Singapur,
Bahrein sowie Abu Dhabi und Dubai. Die Vorteile, Angestellte aus dem
Mutterbetrieb zu schicken, anstatt Einheimische zu gewinnen, sind deren
Kenntnisse über die Philosophie und die Abläufe des Unternehmens.
Cyrill Sele, Mediensprecher der LLB, sieht den grossen Mehrwert der zwei
Landesbank-Expats in Abu Dhabi darin, «dass diese als Bindeglied
zwischen den Kulturen fungieren. Dadurch wird die Zusammenarbeit
erleichtert». Die LGT nennt neben dem «Wissenstransfer an lokale
Kollegen» auch die «Effizienz» von entsendeten Angestellten (Expats) als
bedeutenden Faktor für den Umzug nach Übersee. Die Entsendung eines
Angestellten ist für einen Betrieb eine kostspielige Angelegenheit.
Aber der Aufwand bei der
Beihilfe und Anstiftung zum Steuerbetrug gegen das deutsche "VATERLAND"
lohnt die "kostspieligen" Entsendungen, solange die deutschen
Neoliberalen diesen steuerlichen Großbetrug unterstützen. Das
LIECHTENSTEINER VATERLAND versteht auch sehr gut, dass seine braven und
bestbezahlten "Expats" eher die "Philosophie und Abläufe" dieser
Machenschaften durchschauen und decken als unbedarfte Neulinge. Es kann
ihnen also zu ihrem Feierabendbier am Stand nur zuprosten und hoffen,
dass nicht einmal wieder einer auspackt. Die knapp fünf Millionen Euro
für die CD mit Hinterziehungs-Konten bei der Liechtensteiner
"Fürstenbank"
LGT (sh.
"Betrogene Betrüger", taz.de, 21.7.2008) haben für den deutschen
Fiskus inzwischen schon mehrere hundert Millionen Euro gebracht. Die
Erpresser der Liechtensteiner Landesbank haben für ihre kopierten
Hinterzieher-Daten angeblich fast zehn Millionen Euro bekommen (sh.
"Schwarzgeldkonten - Hunderte Steuersünder müssen zittern",
stern.de,
2.8.2008).
Der deutsche Staat wird also zukünftig schon etwas mehr aufwenden
müssen, um noch Milliarden an Betrugs-Geldern einzutreiben.
Die Informanten können sich auch nicht mit weniger zufrieden geben, weil
ihnen jede berufliche Zukunft verbaut ist.
Solange sich ein Datenlieferant in
der Banken-Metropole Singapur aufhält, wird er sich eine solchen
Transparenz-Beitrag kaum erlauben. Dort werden zwar nicht die deutschen,
Liechtensteiner oder andere internationale Steuer-Großbetrüger bestraft,
aber es gibt dort:
Hohe
Gefängnisstrafen bei Verstößen gegen das Bankgeheimnis.
Außerdem:
Keine
Kooperation mit ausländischen Steuerbehörden. Null Zinssteuern.
(Sh.
"Fluchtburg Singapur – Wie Liechtensteiner und Schweizer Banken
deutschen Steuersündern zur Seite stehen", swr.de, 28.7.08, wobei
anzumerken ist, dass es hier nicht nur um "Steuersünder", sondern um
Großbetrüger geht.) Die Transparenz wird dort also aufs härteste
bestraft und der Großbetrug belohnt. In den anderen überseeischen
Parasiten-Kleinstaaten ist es kaum besser, obwohl die deutschen
Großbetrüger ein Versteck im sicher erscheinenden Europa vorziehen.
In Deutschland können die
Großbetrüger so lange bei ihrer Steuerhinterziehung bleiben, bis sie
noch rechtzeitig vor ihrer Verfolgung von einer Aufdeckung erfahren und
sich dann noch durch Selbstanzeige vor der Strafe retten können. Aber
selbst von dieser Selbstanzeige raten ihnen die Steuerparasiten ab mit
dem Hinweis, dass man das Geld zur Verschleierung z.B. nach Singapur
verschieben könne. Dazu zitiert Report Mainz den Rechtsanwalt Klaus
Höchstetter, der bei Selbstanzeigen gegen die Blockaden der Anstifter
hilft:
»Wenn der
Kunde überhaupt nicht ansprechbar ist und bei seinem Willen bleibt, wird
er blockiert werden. Er wird Unterlagen nicht bekommen und er wird Geld
nicht in der Form ausgezahlt bekommen, wie er es möchte.«
Laut
Höchstetter scheint sich die Beratungsstrategie auszuzahlen. Fast jeder
zweite vermögende Mandant sei so von der Selbstanzeige abgebracht
worden. Andere Anwälte bestätigen die Erfahrung. Westliche Geheimdienste
sprechen gegenüber REPORT MAINZ gar von systematischer Beratung nach dem
Muster. Immer wieder werden die LGT, die Credit Suisse und die UBS
genannt. Uns gegenüber bestreiten die Banken bei Steuerhinterziehung zu
helfen. Die Schweizerische Bankiervereinigung erklärt dagegen:
Zitat:
»Im
Beratungsgespräch langjährigen Kunden, die Angst vor der deutschen
Steuerfahndung haben, Alternativen aufzuzeigen, ist durchaus legitim.«
Gegen all dies bieten die
deutschen Neoliberalen nur markige Worte, um dann wieder schnell zur
Tagesordnung überzugehen oder sich mit ihren eigenen schwarzen Kassen zu
beschäftigen.
Auch der Ökonom Peter Bofinger tendiert anscheinend eher
zu guten Worten. Er sieht den Schwerpunkt
in der treuherzigen Aufgabe, Verständnis für den Finanzbedarf des Staates zu
wecken (in seinem interessanten Artikel "Ursachen
des Steuerskandals - Zumwinkel und das Monster Staat",
sueddeutsche.de,
19.2.2008). Sein
"Monster Staat" richtet sich kritisch gegen eine
Formulierung von Nietzsche, der sowohl für Diktatoren
als auch für Neoliberale als Kronzeuge herhalten muss.
Die Gründe für diesen Finanzbedarf werden zwar von
Bofinger gut beschrieben und liegen auch auf der Hand,
aber den neoliberalen Meinungsmachern geht es gar nicht
um das Verständnis für die Gründe des staatlichen
Finanzbedarfes, sondern nur um ihre
Raffgier als ihren inneren "Denk"-Maßstab ebenso wie um
die Manipulation der Wähler zu deren Lasten und zum
eigenen Vorteil. Dafür arbeiten die Wudu-Ökonomen durch
wissenschaftliche Verbrämung ihrer finanzpolitischen
Umverteilungsvorschläge eng zusammen mit anderen
Profiteuren, insbesondere den bestbezahlten Söldnern des
Medienkapitals (sh. hier
rossaepfel-theorie.de). Bofinger schreibt
zutreffend:
Aber dazu reicht es auch schon aus, dass man die Steuerbelastung in Deutschland
als viel zu hoch betrachtet - eine Einstellung, in der man sich durch die Medien
Tag für Tag neu bestärken lassen kann. Und die Journalisten können sich wiederum
auf Wissenschaftler berufen, zum Beispiel auf die Gemeinschaftsdiagnose
führender Wirtschaftsforschungsinstitute vom Herbst 2007, in der eine
"durchgreifende Steuersenkung" gefordert wird, als wesentlicher Beitrag für
Wachstum und Beschäftigung. Da liegt es auf der Hand, dass man die notwendige
Steuersenkung individuell vollzieht, mit Hilfe von Liechtensteiner Banken.
Man könnte in diesem Zusammenhang auch die
bestbezahlten neoliberalen Professoren im politisch handverlesenen
fünfköpfigen "Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung" nennen, dem Bofinger selbst als
Außenseiter angehört, so dass er sie - als isolierter
Minderheitsgutachter und Mobbing-Opfer - besser nicht selbst zitiert
(sh. hier u.a. "Bofinger" in
rossaepfel-theorie.de).
Bofinger vermutet jedoch außer der Raffgier noch
andere Gründe für die Skrupellosigkeit der flüchtigen Absahner. Er
schreibt zu Beginn seines Artikels
Es liegt nahe, dies
einfach mit Raffgier zu erklären, damit also, dass Geld wie eine Droge
wirkt, die eine immer größere Abhängigkeit erzeugt und auch zu
selbstzerstörerischem Verhalten führen kann. Doch wenn man etwas genauer
hinsieht, erkennt man hinter dem Steuerskandal ein grundlegenderes
Problem, das nicht nur "die Reichen", sondern die Gesellschaft insgesamt
betrifft.
Das fehlende
Schuldbewusstsein bei der Steuerhinterziehung ist ein Symptom dafür,
dass immer mehr Bürger ein gestörtes Verhältnis zu unserem Staat
aufweisen. Er wird nicht als Interessengemeinschaft gesehen, die uns
jene Ziele ermöglicht, die wir über den Markt nicht erreichen könnten -
sondern als feindlich gesinnte Organisation, die die ihr zur Verfügung
gestellten Mittel verprasst, ohne einen Nutzen zu entfalten.
Dabei ist es gar kein Wunder, "dass immer mehr Bürger ein
gestörtes Verhältnis zu unserem Staat aufweisen", wenn schon die großen
Abkassierer des Volkseinkommens nicht einmal ihre Steuern daraus
bezahlen oder der Staat sie mit immer mehr Steuergeschenken bereichert –
zu Lasten der Ärmsten, die sich nur noch durch Schwarzarbeit usw. über
Wasser halten können. Von "Raffgier" kann man nur bei jenen sprechen,
die ohnehin mehr als genug zum Leben haben. Die übrigen müssen sich dem
Verhalten in einer Bananenrepublik anpassen, was sich wiederum die
Großprofiteure als allgemeine Akzeptanz für ihre Vorreiter-Rolle
zurechtdeuten.
Bofinger weist darauf hin,
dass die Steuerquote in
Deutschland, also die Steuereinnahmen in Relation zum
Bruttoinlandsprodukt, extrem niedrig ist. In der EU nimmt der Staat nur
in der Slowakei, in Polen und in Griechenland weniger Steuern als bei
uns.
Relativ hoch ist aber
die Belastung mit Sozialabgaben. Die Abgabenquote, die neben den
Steuereinnahmen auch die Sozialabgaben berücksichtigt, liegt aber
deutlich unter dem Durchschnitt der 15 alten EU-Länder. Die geringe
Ausstattung unseres Staates mit Einnahmen hat zur Folge, dass auch die
Staatsquote, also die Staatsausgaben in Relation zum
Bruttoinlandsprodukt, geringer ist als in den meisten der alten
EU-Länder.
In der Tat werden in Deutschland die Staatausgaben
vor allem von den Klein- und Normalverdienern bezahlt durch ihre
überproportionale Einkommensbelastung mit indirekten Steuern und die
unvermeidliche Lohnsteuer. Noch mehr sind sie belastet mit über vierzig
Prozent Sozialabgaben ab dem ersten Einkommens-Euro, wobei der etwa
hälftige Arbeitgeberanteil letzten Endes auch vor allem zu Lasten ihrer
Nettolöhne geht. Dagegen werden z.B. in den skandinavischen Ländern die
Kosten des Sozialstaates viel mehr von den System-Profiteuren mitbezahlt
durch wesentlich höheren Einkommen-Steuersätzen als hierzulande (sh.
hier rossaepfel-theorie.de). Auch dort gibt es
Steuerflüchtlinge, zumal es den Lobbyisten in Deutschland und der EU bis
heute gelungen ist, die Austrocknung der parasitären Oasen zu
verhindern.
Hilfreich gegen solche Großbetrügereien ist ein
BGH-Urteil vom Dezember 2008, wonach bei Steuerhinterziehung ab 100.000
Euro eine Freiheitsstrafe "in der Regel unerlässlich" ist (sh.
"Gefängnis für Steuerhinterzieher", sueddeutsche.de,
3.12.2008).
Dies könnte auch bereits im Falle von Zumwinkel greifen. Allerdings
wurde das Verfahren so verzögert, dass jetzt ein Teil verjährt ist und
damit die angeklagte Hinterziehung knapp unter der verschärfenden
Haftgrenze von einer
Million Euro liegt (sh. ebd.)
Derweil setzen die "Fürsten" der
Hehlerei in Liechtenstein ihre Dreistigkeit fort. Während sie
dem Druck aus den USA zur Offenlegung bei Betrugsverdacht nachgeben,
fordern sie von ihren heimlichen Komplizen unter den EU-Politikern für
den gleichen Hehlereiverzicht ein Doppelbesteuerungsabkommen und den
nachsichtigen Umgang mit Großbetrügern (sh.
"Steuerfahndung: Liechtenstein kommt US-Steuerbehörde entgegen",
handelsblatt.com,
8.12.2008).
Zumwinkels "Schutzengel" des Großbetrugs
Von
entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Zumwinkel-Prozesses ist die
Verzögerung der Anklage durch knappes Überschreiten einer
Verjährungsfrist. Dadurch wurde die angeklagte Steuerhinterziehung unter
die maßgebende Grenze von einer Millionen Euro gebracht. Im STERN heißt
es dazu:
Es geht um 1,18 Mio. Euro, die Zumwinkel in den Jahren 2001 bis 2006
hinterzogen haben soll. Ein erst wenige Tage altes Grundsatzurteil des
Bundesgerichtshofs sieht für Steuerhinterziehungen über der
Millionenmarke eine Freiheitsstrafe vor.
Mittlerweile ist die Schadenssumme bei Zumwinkel unter die wichtige
Millionengrenze geschrumpft. Das Jahr 2001 gilt als verjährt. Eine
Schlamperei ist schuld: Der Durchsuchungsbeschluss für Zumwinkels Villa
schlummerte 14 Tage bei dem zuständigen Richter vom Amtsgericht Bochum.
Erst zehn Stunden nach Ablauf einer möglichen Verjährungsfrist für das
Jahr 2001 wurde das Dokument unterzeichnet. Zumwinkels Anwalt pocht auf
Verjährung. Es bestehen verschiedene Auffassungen. Das Gericht gibt dem
Anwalt recht, die Staatsanwaltschaft Bochum verzichtet auf Rechtsmittel.
Zum Entsetzen von Lichtinghagen. Die ist gerade auf Steuersünderjagd in
München und erfährt von dem Rechtsmittelverzicht ihrer Vorgesetzten im
Nachhinein.
(Sh. Jens
Brambusch:
„Staatsanwältin im Krieg“, stern.de,
15.12.2008.)
Der
Rechtsmittelverzicht durch die Oberstaatsanwaltschaft trägt nun dazu
bei, dass eine Haftstrafe ohne Bewährung kaum noch zu erwarten ist. Die
zuständige Staatsanwältin Lichtinghagen war pünktlich vor Prozessbeginn
weggemobbt worden. Dazu schreibt der SPIEGEL ONLINE:
Sie gilt als eine der härtesten Steuerermittlerinnen der
Republik - jetzt wechselt die Bochumer Staatsanwältin Lichtinghagen den
Job und wird Richterin an einem Amtsgericht. Damit zieht sie die
Konsequenz aus Querelen innerhalb der Bochumer Staatsanwaltschaft.
Die Bochumer Staatsanwaltschaft hatte der 54-Jährigen wenige Wochen vor
Beginn des Strafprozesses gegen Zumwinkel das Vertrauen entzogen und sie
innerhalb der Behörde in die Jugendabteilung versetzen wollen.
Dagegen hatte sich die resolute Juristin gewehrt. Zunächst mit
Erfolg, wie es schien: Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha
Müller-Piepenkötter (CDU) wollte die Anklägerin samt dem
Liechtenstein-Komplex nach Köln umsiedeln. Doch Lichtinghagens
Vorgesetzte legten nach und warfen ihr nun Verfehlungen bei der
Verteilung einkassierter Geldbußen an gemeinnützige Organisationen vor.
Am Dienstag zog die Anklägerin die Reißleine in der teilweise öffentlich
ausgetragenen Schlammschlacht.
Vielleicht
hatte Zumwinkel einflussreiche Verbündete. Die meisten Medien
berichteten in ihrer oberflächlichen Art vor allem über die kritisierte
Verteilung von Geldbußen an gemeinnützige Organisationen durch
Lichtinghagen und ihren Behördenchef Schulte. Dagegen kommt ein Bericht
im STERN eher zu den eigentlichen Fragen:
Die Strippenzieher heißen Bernd Schulte und Hans-Ulrich Krück.
Schulte leitet die Bochumer Staatsanwaltschaft, Krück ist der
Oberstaatsanwalt, der der Schwerpunktabteilung 35 vorsteht.
Rückendeckung bekommen die Herren von Generalstaatsanwalt Manfred
Proyer aus Hamm, Vorgänger von Schulte in Bochum.
Als Lichtinghagen sich der Versetzung am vergangenen Mittwoch
widersetzt, einen Anwalt nimmt und das Justizministerium einschaltet,
wird die Gangart noch ruppiger. Die Justizministerin von
Nordrhein-Westfalen, Roswitha Müller-Piepenkötter, schlägt vor, die
Staatsanwältin mitsamt ihren Fällen nach Köln zu versetzen. Für Proyer
ein Affront…
Ein anderer Mitarbeiter erzählt von Fällen, in denen Behördenleiter
Schulte mit Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen
Korruption lief, Tennis spielte und Kontakte über den Rotary-Club
unterhält. Er erzählt davon, dass es eine erhebliche Beweislast gegeben
habe, das Verfahren aber eingestellt wurde. Dass der ermittelnde
Staatsanwalt weggemobbt wurde.
Die Vorwürfe gegen Lichtinghagen, so ein Steuerfahnder, zeigen, wie
verzweifelt versucht würde, die Fälle ins Leere laufen zu lassen.
(Sh. Jens
Brambusch:
„Staatsanwältin im Krieg“, stern.de,
15.12.2008.)
Ab dem 22.
Januar musste sich Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel vor dem Landgericht Bochum
wegen Steuerbetrugs verantworten. Schon vorher stand angeblich fest, dass der
65-Jährige von einer Gefängnisstrafe verschont bleiben würde. Dazu heißt es im
FOCUS:
„Steuerbetrug: Zumwinkel kommt angeblich mit Bewährungsstrafe davon“,
focus.de,
12.1.2009:
Klaus Zumwinkel steht ab dem 22. Januar vor Gericht
Wie das „Handelsblatt“ vom Dienstag unter Berufung auf Justizkreise
berichtete, verständigten sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft
darauf, dass die Ankläger im Prozess maximal zwei Jahre Haft auf
Bewährung fordern werden. Im Gegenzug solle Zumwinkel ein Geständnis
ablegen.
Die Staatsanwaltschaft habe sich nicht dazu geäußert, berichtete die
Zeitung weiter. Ein Sprecher des Landgerichts Bochum sagte demnach, das
Gericht wisse nichts von einer Absprache, müsse darüber aber auch nicht
informiert werden. Allerdings sei es nicht üblich, dass ein Gericht über
den Antrag der Anklage hinausgehe.
Mit Hilfe
der Teilverjährung und durch Wegmobben der profilierten Staatsanwältin
konnte man also um die Gefängnisstrafe für den Millionenbetrug recht
glatt herumkommen.
Der
„Schutzengel“ beschert ihm außerdem bei vorzeitigen Ausscheiden aus dem
Dienst eine Monatsrente von 100.000 Euro mit vollem Inflationsausgleich,
von dem die Normalrentner und regulären Steuerzahler mit ihrer
Durchschnittsrente von knapp 1200 Euro nur träumen können (sh.
„Der Fall Zumwinkel – Millionen von der Post“, stern.de,
21.2.2009).
Diese Rente
entspricht einem „maximalen Versorgungsgrad“ von 75 Prozent des
Fixgehaltes, der sich aber nicht – wie üblich – auf das
Lebensdurchschnittseinkommen sondern auf das Einkommen der letzten zwölf
Kalendermonate bezieht.
Dazu schreibt
der STERN (a.a.O.):
Der "maximale Versorgungsgrad", den
jüngere Vorstände erreichen können, liegt übrigens nur noch bei 50
Prozent. Er wurde vor einigen Jahren gesenkt. Zumwinkel und einige
andere Alt-Vorstände sind davon aber explizit ausgenommen. Diese in
einem kleinen Nebensatz im Geschäftsbericht erwähnte Regelung ist rund
400.000 Euro im Jahr wert.
Hinzu kommen
noch erhebliche Renten aus anderen Quellen in vielfacher Höhe der
Durchschnittsrenten (sh. ebd.).
Bei allem öffentlichen Interesse für den Fall
Zumwinkel ist nicht zu übersehen, dass es auch in noch größeren
Betrugsfällen nicht zum tatsächlichen Antritt einer Haftstrafe gekommen
ist. Dazu heißt es in der WDR-PANORAMA-Sendung vom 22.1.2009:
Die Zwölfte Große
Strafkammer am Bochumer Landgericht hat bereits in einem Pilotverfahren
des Liechtenstein-Komplexes geurteilt - und damit einen möglichen
Strafrahmen fixiert. Im Sommer vergangenen Jahres hatte die Kammer, die
in Bochum über Zumwinkel zu Gericht sitzt, nach nur 23-minütiger
Beweisaufnahme einen geständigen Kaufmann aus Bad Homburg wegen
Steuerhinterziehung in Höhe von über acht Millionen Euro zu einer
zweijährigen Bewährungsstrafe und der Zahlung von 7,5 Millionen Euro
Geldbuße verurteilt.
(Sh.
„Kurzer Prozess gegen Zumwinkel“, wdr.de, 22.1.2009.) Diese Kammer
ist also weit entfernt von der Inhaftierung ab einer Betrugssumme von
einer Million Euro entsprechend dem BFH-Urteil (sh. oben).
Der Großbetrug durch Multimillionäre erfolgt nicht
aus Not, sondern aus Gier. Diese klare Feststellung gegen Zumwinkel
äußerten die Staatsanwälte mit übertriebener Vorsicht nur als
„Verdacht“. Es ist jedenfalls nicht so wie bei den Hartz-IV-Opfern der
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben. Mit einiger
Dreistigkeit wollen die Justizvertreter die angeblich mildernden
Umstände daraus ableitet, dass ein umfassendes Geständnis für die
ohnehin nachgewiesene Tat abgelegt wurde und dass der Multimillionär
Zumwinkel die Steuerschuld von einer Million Euro plus Strafe von einer
weiteren Millionen unverzüglich beglichen hat.
Der ehemalige Richter
Wolfgang Nešković (DIE LINKE) sagte in einem (leider nicht
aufgezeichneten) DLF-Interview vom 27.1.2009 kurz vor sieben Uhr, zu
seiner Zeit am Landgericht habe man für 100.000 Euro Betrug etwa ein
Jahr Strafe verhängt. Das habe bei einer gestaffelten Strafzumessung für
einem Betrug von einer Millionen für eine Haftstrafe von etlichen Jahren
ohne Bewährung gereicht. Zumwinkel habe zwanzig Jahre lang den Staat
systematisch betrogen. Im Gegensatz zur Behandlung von kleinen
Straftätern seien aber inzwischen die Strafen für Großbetrug ganz
allgemein erheblich reduziert worden. Der Staat stelle nicht genug Geld
zur Verfügung für genug Richter und Staatsanwälte, die gegen die
spezialisierten Anwälten für Wirtschaftskriminalität bestehen können.
Auch dadurch verstärke sich die Neigung der Staatsanwälte zu offenen
oder stillschweigenden Absprachen im Interesse der Großbetrüger. Die
Nordrhein-Westfälische Justizministerin Müller-Piepenkötter konnte schon
vor der Urteil (zur Beruhigung von Zumwinkel?) darauf hinweisen, dass
die Richter in solchen Fällen kaum über den Strafantrag der
Staatsanwaltschaft hinausgehen.
3)
Beispiel: Österreichs
Neoliberale gegen EU-Solidarität
Unter den alten EU-Ländern
tut sich nun nach dem weiterhin
EU-subventionierten Dumping-"Tiger" Irland, dem
parasitären Steuerfluchthelfer Luxemburg, der
Fremdvermögens-"Oase" Großbritannien usw. nun auch
verstärkt Österreich
hervor unter seiner neoliberalen
Wolfgang-Schüssel-Regierung (sh. "Wie
konnte es zu der ungleichen Verteilung der Steuerlast in
Österreich kommen?",
attac.at, 20.7.05). Auch dort erreichte man
das kleine Arbeitsmarktwunder (mit ca. acht
Millionen Einwohnern und ohne nennenswerte Altlasten)
nicht zuletzt auf Kosten von
Deutschland, Skandinavien
usw.
durch die staatlich organisierte Abschöpfung fremden
Volkseinkommens
(pervertiertes Stiftungsrecht als Steuerstiftung
zugunsten von deutschen Milliardären, sh. "Die
Reichsten Österreichs sind Deutsche",
krone.at, ohne Datum, recherchiert 2.9.04;
kleiner Steuer-Grenzverkehr
für deutsche
Einkommensmillionäre, sh. "Einen
Steinwurf hinterm Schlagbaum", taz.de,
8.3.02; "Österreichs
Banken wildern", welt.de, 25.6.06; seit 2006:
Gruppenbesteuerung mit Organschaftsmodell zur
Verschiebung von Unternehmensgewinnen nach Österreich usw.). Ein Beispiel
unter vielen ist die Zentralsitzverlegung des
zweitgrößten europäischen Kunststoffkonzerns Borealis
von Kopenhagen nach Wien, wie Schüssels
Bundeskanzleramt Österreich am
19.12.05 stolz vermerkt. Dazu
schreibt DIE PRESSE aus Wien (diepresse.com,
7.12.05):
Borealis:
Steuer gab Ausschlag für Wien
Wien (ps). Wien habe sich in der Frage
des neuen Konzernstandortes gegen Kopenhagen, Brüssel
und London durchgesetzt, bestätigte
Borealis-Aufsichtsratschef und OMV-Vorstand Gerhard
Roiss nach der entscheidenden Aufsichtsratssitzung am
Montagabend vor Journalisten in Wien. Die dänische
Borealis übersiedelt wie berichtet Mitte 2006 nach
Österreich.
Ausschlaggebend sei vor allem die Steuersituation in
Österreich gewesen, so Roiss. Die Körperschaftsteuer
(KöSt) sei mit 25 Prozent niedriger als in Dänemark (28
Prozent), Großbritannien (30 Prozent) und Belgien (34
Prozent). Dazu käme noch der Vorteil der
Gruppenbesteuerung (grenzüberschreitender
Verlustausgleich, Anm.) in Österreich, die sich für die
in zehn Ländern mit Produktionsstandorten vertretene
Borealis positiv auswirken dürfte...
Hintergrund der
Übersiedlung ist die Übernahme der Borealis durch die
OMV und deren Hauptaktionär Ipic aus Abu Dhabi. Die
beiden hatten im Juli ihren norwegischen Partner Statoil
für 920 Mill. Euro ausgekauft.
Nachdem Österreich
seit 2005 die Unternehmen nur noch mit 25 Prozent
besteuert, fand der neoliberale österreichische
Finanzminister Grasser nichts dabei, dass die Behörden
seiner Regierung nun deutsche Firmen anschreiben, um sie
zur Steuerflucht nach Österreich zu veranlassen (sh.
"Deutschland und Österreich streiten um
Firmen-Abwerbung",
berlinonline.de, 8.4.06).
4)
Deutsche Arbeitnehmer finanzieren über EU
den Export ihrer Arbeitsplätze
Zum Thema Steuer-Parasitismus war aus der
rosa-grünlichen Koalition außer hinhaltenden
Lippenbekenntnissen auch im Bundestags-Wahlkampf 2005 nichts zu hören - anscheinend aus
Angst vor Medienkampagnen der Dumping-Profiteure mit Rückendeckung von SchwarzGelb. Diese
Gefahr wurde jedoch durch die große neoliberale
Koalition ein wenig gemindert. Die Absurdität der Dumping-Duldung
ließ sich wohl nicht mehr wegreden, so dass nun sogar im
Koalitionsvertrag Maßnahmen gegen das Steuerdumping
gefordert werden. Die BDI-Oberen mit ihrem
Argumentations-Artisten Klaus Bräunig können sich
möglicherweise nicht mehr auf ihre neoliberalen
Lobbyisten in der CDU verlassen, wenn sie Deutschland
ebenfalls zur Verstärkung seines Steuerdumpings durch
Umverteilung nach oben auffordern (sh. "Scharfe
Kritik an Steinbrücks Steuerdumping-Vorstoß",
ftd.de, 29.12.05, und "Wirtschaft
kritisiert Peer Steinbrücks Vorstoß gegen Steuerdumping,"
welt.de, 30.12.05). In diesem Falle hätte die große
Koalition wenigstens etwas Positives
gebracht. Die bedingungslose Subventionserhöhung für die
Dumping-Vorreiter durch "Angie" Merkel weist jedoch
vorläufig noch nicht in diese Richtung.
Die Kritik an dieser Subventionierung des Steuerdumpings
kann man nicht - wie Günter Verheugen - damit abbügeln,
dass auch ohne solche Subventionierung oder
EU-Erweiterung westeuropäische Unternehmen Arbeitsplätze
im Ausland schaffen oder dorthin verlagern. Man könne
doch z.B.
einfachere Erzeugnisse für den chinesischen Markt
normalerweise nicht mit westeuropäischen Gehältern
herstellen - trotz höherer Produktivität in
Europa. Damit sichere man auch Arbeitsplätze in
Deutschland. Ein ausschließlich in Deutschland
hergestelltes Auto könne sich auch kein Deutscher
leisten. Außerdem sei Deutschland der größte Gewinner
der Globalisierung, betonte Verheugen einmal wieder vor dem
Millionen-Publikum von Maybrit Illner am 13.1.06 in der
Sendung "Wie
stoppen wir den Jobexport?" (mit Video).
In der Tat profitieren z.B. die Hersteller und
Exporteure deutscher Werkzeugmaschinen und ihre
Aktionäre von deren mächtig
steigenden Einsatz zur Produktion in anderen Ländern zu Lasten der hiesigen Arbeitnehmer. Aber nach dieser Argumentations-Methode wird stets den
eigentlichen Problemen des Steuerdumpings durch
allgemein akzeptierte Gemeinplätze ausgewichen. Es wird
auch nicht gesagt, wieso man den Spitzensteuersatz für
die Profiteure zu Lasten ihrer Opfer in Deutschland
senkt. Auch Maybrit Illner unterschlug - wie allgemein
üblich - wieder die entscheidende Frage
nach der Senkung des Spitzensteuersatzes für sie
und die übrigen Anwesenden von 53 auf 42 Prozent, also
nach der Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach
oben.
Am Ende der Sendung suchte Michael Glos
wieder die rosa-schwarze Konjunkturabwürgung zu
verteidigen mit seiner abgedroschenen Thatcher-TINA-Formel
(There-IS-No-Alternative)
gegen den argumentationsstarken Journalisten und
Buchautor Harald Schumann. - Man muss Maybrit Illner
trotz aller Problematik solcher Sendungen zugute halten,
dass sie außer Schumann noch den Gewerkschafter Sieghard
Bender als weiteren Opponenten geladen hatte.
Ansonsten gilt in ihren Sendungen
bei Verteilungsthemen ebenfalls meist das Prinzip: Ein Abweichler
gegen alle Neoliberalen. Aber auch in ihrer Sendung vom
11.5.06 (Löhne,
Steuern, Bürokraten) hatte sie zum
Beispiel außer dem überraschend revitalisierten und
brillanten Ottmar Schreiner (SPD) noch den
EU-Gewerkschafter Reiner Hoffmann geladen – neben Hans-Werner Sinn sowie den Lobbyisten
der Profiteure Michael Glos (Bundeswirtschaftsminister,
CSU) und Arend Oetker (BDI-Vize). Die Argumentation von
Hans-Werner Sinn ist
zwar professionell und interessant, aber er argumentiert
einseitig im Interesse der Umverteilung nach oben,
ähnlich den Apologeten der Herrschaft im Mittelalter und
zu allen Zeiten. Auch Maybrit Illner ist inzwischen
anscheinend zu den Neoliberalen übergelaufen (sh. zu
ihrer Entwicklung seit 2007 hier die
Einleitung zum
Haupttext).
5)
Maßnahmen gegen weltweiten Steuer-Parasitismus und
gegen
Zockerei auf Kosten der Steuerzahler
Die Betrugs- und Manipulationsmöglichkeiten mit Hilfe der
Steuerparasiten sind sehr vielfältig. Dazu heißt es bei dw-world.de:
Zu den echten
Steueroasen, in denen der Fiskus ausländische Anleger überhaupt nicht
behelligt, zählen Finanzplätze wie die Bahamas, Hongkong, Singapur,
Russland oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Aber auch als
Finanzmetropolen eher unscheinbare Länder wie Island, Kroatien, die
Türkei oder Norwegen.
Wie aber gelangt Geld,
dessen Zinsen nicht deklariert werden sollen, in diese Staaten? "Einmal
kann man es mit Bargeld-Transfers machen", sagt Ondracek, was aber vom
Umfang her begrenzt sei. Stattdessen kann man überweisen: Dazu werden
getarnte Rechnungen dazwischen geschaltet. "Das sieht dann aus wie ein
ganz normales Geschäft, man bezahlt etwas für eine Ware ohne
Lieferung, oder für eine Dienstleistung, die aber nie stattgefunden
hat", weiß Ondracek. So werden die Gelder dann transferiert, aber
meistens um drei oder vier Ecken.
Der 64-Jährige Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft weiß, wovon
er redet – immerhin hat er lange Jahre als Betriebsprüfer und
Steuerfahnder gearbeitet. Deshalb gibt sich Ondracek auch keinen
Illusionen darüber hin, dass alle Steueroasen dieser Welt durch
politische Sanktionen trockengelegt werden könnten: "Die Politik hat nur
begrenzte Möglichkeiten dagegen vorzugehen", sagt er. Politischen Druck
könne sie nur auf Staaten ausüben, die dafür empfänglich seien. "Ich
kann mir aber nicht vorstellen, dass man Druck auf Dubai ausübt. Die
sind autark und haben selber so viel Geld. Das dort geförderte Öl
braucht hingegen jeder."
(Sh. "Steueroasen
für Anleger: Verschwiegen und steuerfrei", dw-world.de,
20.2.2008.)
Nicht all diese Länder zählen zu den beliebten
Komplizen für große Steuerbetrüger aus Deutschland, den USA und anderen
Industriestaaten. Das gilt z.B. für das Hochsteuerland Norwegen. Aber
auch in Russland wird man kaum sein abgeschöpftes Geld verstecken
wollen. Die Türkei ist ohnehin auf das Entgegenkommen der EU angewiesen.
Das eigentliche Problem sind die zahlreichen
Kleinstaaten, die zum großen Teil vom Steuerbetrug leben oder die
Steuer-Hehlerei als einträgliches Zusatzgeschäft betreiben.
Betrachtet man weltweit diese Kleinstaaten, die die kriminellen
Potentaten, Rauschgifthändler, großen Steuerbetrüger usw. gegen die
Behörden und die Öffentlichkeit in ihren Herkunftsländern schützen,
so ist der Ausdruck Steuer-"Oasen" viel zu schönfärberisch. Vielmehr
handelt es sich um Komplizenschaft von Steuer-"Piraten" mit den
Großbetrügern auf Kosten des jeweiligen Volkseinkommens (sh. auch
hier Dritte_Welt.htm).
Gegen diese Länder kann man aber unter anderem
vorgehen durch drastisch zunehmende Sondersteuern für den allgemeinen
Bankverkehr und schärfer werdende Grenzkontrollen. Gewiss würden die
Gegenmaßnahmen dieser Länder auch einige Kosten verursachen, aber der
Schaden bei ihnen wäre bei Bedarf jedenfalls wesentlich größer als bei
den großen Industriestaaten. Er würde sie also irgendwann zum Einlenken
bringen, wenn man nicht die Profiteure des Steuerbetruges mit Hilfe
ihrer Meinungsmacher solche Maßnahmen auch in Zukunft hintertreiben
lässt.
Mit Verschärfung der
Bankenkrise im Herbst 2008 zeigen sich auf einmal auch die neoliberalen
Politiker empört über ihre gehätschelten Finanzmanager des Raubtier-Kapitalismus. Noch
empörender ist das Verhalten von den Politikern der gegenwärtigen und
früheren deutschen Regierungen, weil sie diese Zustände selbst
verursacht haben durch Aufnahme von parasitären Steuer- und
Finanzoasen in die EU mit der marktradikalen Begleitmusik der übrigen
neoliberalen Meinungsmacher. In ihrer selektiven Deregulierungs-Wut
akzeptieren sie zwar Vorschriften über die Krümmung von Salatgurken,
protestieren aber aufs heftigste gegen die Unterbindung von
Dumpingsteuern. Sie lassen es unter anderem zu, dass der
Staatsfinanzierer Hypo Real Estate seine Gewinne zu einer Tochter nach
Irland verschiebt, weil die Finanzjongleure dort mit 12,5% nur einen
Bruchteil der deutschen Steuer zahlen und weil ihre irischen
Tochterbanken dort windige
Bankgeschäfte betreiben können auf Kosten des deutschen Steuerzahlers -
ohne Rücksicht auf die deutsche Bankenkontrolle. Diese Dumpingsteuer
dient ausschließlich dem Parasitismus zu Lasten anderer EU-Staaten, denn
die Iren zahlen in ihrem eigenen Land am Ende wesentlich höhere Steuern
(sh.
"UNTERNEHMENSTEUER: Irland - 12,5 Prozent und 30 Grad",
manager-magazin.de,
17.5.2005)
und haben wegen der Manipulationen auch ein wesentlich höheres
Durchschnitts-Einkommen als ihre deutschen Subventionszahler.
Als Aushängeschild billigten die verantwortlichen neoliberalen
Finanzpolitiker in Deutschland ausgerechnet die altehrwürdig
erscheinende Depfa
Bank plc. (ehemals Deutsche Pfandbriefanstalt), deren Geschäftssitz
zuletzt von Wiesbaden eigens in die irische Steuerfluchtburg und
Subventions-Abgreifstelle Dublin verlegt wurde - zur Gewinnverschiebung
und Risikoverschleierung. Zwar hat der irische Staat für
irische Banken in der Finanzkrise eine Garantie abgegeben, diese soll
aber offenbar nicht für die irische DEPFA gelten (sh.
"Irische Regierung will HRE-Tochter Depfa nicht helfen",
de.reuters.com, 6.10.2008), weil sie dem Subventions-Tiger lediglich zur
Abschöpfung deutscher Steuergelder diente. Die bayerischen Kontrolleure
und Vorstände bei der HRE haben sich beim Kauf dieser Alibi-Bank im
Jahre 2007 die Abfindung von deren Ex-Chef Gerhard Bruckermann 100
Millionen Euro kosten lassen (sh.
"Depfa-Bank k.o., Bund haftet, Chef hat 100 Millionen Euro bekommen",
taz.de,
14.10.2008).
Zu den "Leistungen" von Gerhard Bruckermann heißt es in dem Artikel:
Ex-Chef Gerhard Bruckermann hatte die Depfa
in den Jahren zuvor auf ein riskantes Geschäftsmodell getrimmt.
Langfristige Verbindlichkeiten sollten mit immer neuen kurzfristigen
Krediten finanziert werden, schreibt die FAS in ihrer Sonntagsausgabe.
Der Unterschied zwischen den höheren Zinsen für die langfristigen
Krediten und den niedrigeren kurzfristigen Zinssätzen sollte das
Geschäft finanzieren.
Eben diese Geschäfte der Depfa hatten in
den vergangenen Woche die Hypo Real Estate ins Schlingern gebracht und
letztlich das Rettungsprogramm für den gesamten deutschen Bankenmarkt
provoziert...
Die Financial Times Deutschland schrieb im April 2007 unter der
Überschrift "Der Absahner” über Herrn Bruckermann, das er den Sitz der
Depfa nach Irland verlegt habe, wo nicht so genau nach den
Vorstandsgehältern gefragt werde. Die seien zeitweise höher gewesen als
die des Vorstands der Deutschen Bank.
Die Milliarden-Schäden durch das parasitäre irische
Laissez-faire hätte man aber getrost einem dortigen Staatsbankrott
überlassen können, wenn nicht auch noch die Übernahme dieser Risiken zu
Lasten des deutschen Steuerzahlers erfolgt wäre. Dieses Kontrollversagen
durch die "Deregulierungs"-Wut in Deutschland ist letztlich von den
neoliberalen Politikern zu verantworten. Der ehemalige HRE-Chef Georg
Funke übernahm diese Milliarden-Verluste auf das Risiko des deutschen
Steuerzahlers im Juli 2007 ohne entsprechende staatliche
Kontrollen. Er ließ seine Depfa dafür auch noch 5,7 Milliarden Euro
zahlen. Davon ließ der Depfa-Chef Gerhard Bruckermann selbst 100
Millionen in die eigene Tasche fließen und verschwand dann mit
unbekanntem Ziel. Bei der Übernahme der Depfa durch die HRE hatten sich
die unkalkulierbaren Risiken bereits in Milliardenhöhe aufgetürmt.
Dazu heißt es in dem Artikel "100 Millionen statt 102 Milliarden Euro",
fazfinance.net,
6.3.2009:
Dass die Depfa gegen die "goldene Bankregel" einer fristenkongruenten
Refinanzierung der Kredite verstoßen hat, war auch Funke nicht verborgen
geblieben. Auf der Pressekonferenz zur Übernahme am 23. Juli 2007 in
München räumte er Zinspositionen der Depfa ein. Diese beinhalteten
Chancen, aber auch Risiken. Gegenüber Analysten soll Funke dann
deutlicher geworden sein und die Kapitalmarktsparte der Depfa mit dem
Spielkasino Monte Carlo verglichen haben.
Stephané Wolter, ein
ehemaliger Risiko-Controller in der HRE, sagte dazu in einem Interview
von SPIEGEL ONLINE:
Mit dem Kauf der Depfa war das Umfallen der HRE programmiert. Die Welle
an kurzfristigen Verbindlichkeiten war schon beim Erwerb der irischen
Tochter so stark, dass man nur noch beten konnte: Hoffentlich trocknet
der Geldmarkt für die Depfa nicht aus!
(Sh.
"Protokoll -öffentlich, 24.6.2009" über die 11. Ausschusssitzung vom
19.6.2009,Seite
40.)
Ex-Bundesbankpräsident
Hans Tietmeyer,
ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der Depfa und später der HRE
ist "der Kragen geplatzt", als er das totale Scheitern seiner Aufsicht
zugeben musste ("Tietmeyer:
HRE-Aufsichtsrat von Vorstand nicht ausreichend informiert." - 2.
Untersuchungsausschuss -
02.07.2009).
Aus der Befragung des HRE-Aufsichtsratsmitglieds Kurt F. Viermetz vor
dem Untersuchungsausschuss und aus anderen Aufsichtsrats-Befragungen
ergibt sich, dass ernsthafte Warnungen anscheinend gar nicht bis zu
dieser Kontroll-Instanz durchdringen, zumal die Wirtschaftsprüfer von
den Zocker-Vorständen engagiert werden. Selbst ein erfahrener Banker wie
Tietmeyer ist offenbar mit seinem komfortablen Aufsichtsratsmandat
überfordert. Eigentlich brauchte man also im Bankgeschäft eine
regelmäßige, strenge und sehr eingehende Kontrolle des Vorstandes durch
unabhängige, staatlich ausgewählte Prüfer. Dann könnten man sich
die hohen Kosten für das Honoratiorengremium von Spezis und
Ex-Vorständen sparen, wenn es ohnehin nicht zur Erfüllung seiner
wichtigen Kontroll-Aufgaben imstande sind (sh.
"Protokoll -öffentlich, 24.6.2009" über die 11. Ausschusssitzung vom
19.6.2009).
Die gleiche Gewinnverschiebung und Risikoverschleierung unterstützten
die staatlichen und überwiegend privaten BDI-Kontrolleure der
Industrie-Kredit-Bank (IKB) auch als "Zweck" der irischen
IKB-"Zweckgesellschaften" Rhinebridge und Rhineland Funding,
wonach diese Bank letztlich mit etwa neun Milliarden Euro auf Kosten des
deutschen Steuerzahlers saniert und dann zum Schnäppchenpreis von 115
Millionen Euro an den "Finanzinvestor" Lone Star der Kanzlei von Friedrich Merz verschleudert
wurde (sh. unten). Dazu heißt es im Handelsblatt vom
20.10.07
unter der Überschrift
"Schlechte Noten für IKB-Tochter Rhinebridge":
Die Schieflage bei Rhinebridge und der zweiten Zweckgesellschaft
Rhineland Funding hatte die Krise bei der IKB ausgelöst. Die Vehikel
haben massiv in Wertpapiere investiert, die mit zweitklassigen
US-Hypothekenkrediten (Subprimes) besichert sind. Sie finanzieren sich
über die Aufnahme kurzfristiger Schuldverschreibungen. Mit dem
Zusammenbruch des Subprime-Marktes und dem Preisverfall entsprechender
Papiere ist der Wert des Portfolios eingebrochen, und Anleger liehen den
Gesellschaften kaum mehr neues Geld.
Die Verschiebung der Unternehmensgewinne in parasitäre Steueroasen
wird von den verantwortlichen Meinungsmachern auch weiterhin nicht einmal ernsthaft
thematisiert. Im Grunde handelt es sich um staatliche Steuer-Fluchthilfe
durch die Neoliberalen in der
Hoffnung, dass sie selbst auf ihre Umverteilungs-Gewinne aus dem
Volkseinkommen ihren Beitrag zum Gemeinwesen auf ein Minimum reduzieren
können. Dies
haben die Best-"Verdiener" seit der Jahrtausendwende auch schon
schrittweise durchgesetzt mit der Senkung ihres Spitzensteuersatzes von
53 auf 42 Prozent und mit der Abgeltungssteuer von 25% anstelle
ihres früheren Spitzensteuersatzes von 53% plus Solidaritätszuschlag auf
Gewinnausschüttungen.
Erst im Jahre 2004 haben die Parasitismus-Profiteure das
Steuerdumping noch einmal verschärft durch Aufnahme von Ländern wie der
Slowakei mit einem Einheitssteuersatz von 19 Prozent! Damit vergrößern unsere hochgejubelten
Regierungspolitiker - aus Opportunismus und eigener Gier - den Abstand
zwischen Arm und Reich und schwächen die Konsumnachfrage noch weiter.
Das Mindeste wäre nun, dass der Staat seine
Kredite an die Finanzjongleure nur gegen Übertragung ihrer
Eigentumsanteile zu den abgestürzten Marktpreisen gewährt, damit er
diese Anteile später wieder verkaufen kann (sh. die Empfehlung des
Finanzwissenschaftlers Helge Berger in dem Artikel
"Den Kredit verspielt", tagesspiegel.de,
1.10.2008).
Das macht jedoch auf längere Sicht keinen
Sinn, wenn nicht zugleich die hartnäckigen Widerstände gegen
ausreichende internationale Finanz-Regulierungen aufgegeben werden, wie
sie auch von den deutschen Neoliberalen mit ihrer Forderung nach
"weniger Staat" immer wieder betont werden (sh. unten die Zitate aus
"Frontal 21"). Entscheidend ist dabei auch die
Spekulations-Eindämmung durch eine internationale Börsen-Umsatzsteuer:
Sogar Hilmar Kopper, der ehemalige Chef der Deutschen Bank plädiert für
eine entsprechende Staatsbeteiligung, allerdings ohne ausreichende
Stellungnahme zur Gesamtregulierung der Finanzströme:
"Man sollte angeschlagenen
Banken keine Garantien geben, sondern sie verstaatlichen", sagte der
frühere Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, der ZEIT. Der Staat
übernimmt die Institute, rekapitalisiert sie und kann sie danach wieder
privatisieren. Für den Staat aber kann es sich sogar lohnen: Er kauft in
der Krise und verkauft, wenn es wieder besser geht", sagte Kopper...
(Sh.
"Finanzkrise - Kopper plädiert für Verstaatlichung von Banken", ZEIT
ONLINE,
8.10.2008.)
Dagegen steigert sich der hochgejubelte Finanzminister Steinbrück (SPD)
mit Unterstützung der übrigen Neoliberalen noch in seiner notorischen
Politik der Umverteilung nach oben (sh. hier
rossaepfel-theorie.de), indem er den Steuerzahler sogar für die
Zocker der Hypo Real Estate mit zig Milliarden Euro bürgen lässt, ohne
ihm dafür rechtzeitig die entsprechenden Kontrollrechte zu sichern. Erst
im nachhinein spricht seine schwarz-rötliche Koalition wahlwirksam, aber
ziemlich vage von der Begrenzung der milliardenfachen Profitverteilung
auf Kosten des Steuerzahlers. Die Gewinne werden zunächst verschoben,
dann parasitär privatisiert und danach vom Steuerzahler noch abgesichert
durch indirekte Kursstützung für die Bankaktien (oder andernorts durch
deren viel zu teuren Aufkauf durch den Staat). Das Risiko tragen nicht
die Manager und auch nicht Steinbrück mit seinen Neoliberalen, sondern
der Steuerzahler. Anstatt eine klare Absicherung zu präsentieren, wirft
sich der "sozialdemokratische" Lobbyist der Neoliberalen in
die Brust und begnügt sich in der Zeit des Sturmes mit Nebelkerzen, absurden Ausreden und
wohltönenden Wortgirlanden zum Einlullen der Wähler. Dazu heißt es in
der Süddeutschen Zeitung vom
10.10.2008
unter der Überschrift
"Verstaatlichung von Banken - Die Mogelpackung":
Kanzlerin
Merkel überlegt noch, Hilmar Kopper und Oskar Lafontaine sind dafür: Die
Freunde der Verstaatlichung von Banken sind inzwischen eine bunte
Koalition - obwohl überall Gefahren lauern.
In der schlimmsten Wirtschaftskrise seit
1929 gibt es doch noch Überraschungen: Der Ex-Chef der Deutschen Bank
fordert den Staat auf, Geldhäuser zu übernehmen. "Man sollte
angeschlagene Banken verstaatlichen", wird Hilmar Kopper dieser Tage
zitiert.
Der einstige oberste Geldmanager der
Republik ruft die Regierung auf, marode Kreditinstitute unter ihre
Kontrolle zu bringen, flottzumachen und dann wieder zu verkaufen. Der
71-Jährige lenkt damit den Blick darauf, dass Deutschland in der
Bankenkrise ganz anders vorgeht als übrige Nationen.
Verstaatlichungen rund um den Globus
Vielerorts findet eine zumindest teilweise
Verstaatlichung statt: Der Staat wird vorübergehend Miteigentümer an
Banken, um seine Anteile später hoffentlich mit Gewinn wieder zu
verkaufen. Die Briten tun es, die Isländer und Belgier tun es, die
Amerikaner haben es längst getan - und sie denken über weitere Schritte
nach. Nach dem Aufkauf der Immobilienfinanzierer Fannie und Freddie und
des weltgrößten Versicherers AIG will Finanzminister Henry Paulson
womöglich weitere Bankaktien beim Staat parken.
Die Bundesregierung dagegen hat die Rettung
von Hypo Real Estate (HRE) ganz anders organisiert. Sie springt mit
einer Bürgschaft ein, für die es Sicherheiten gibt. Für den Steuerzahler
bedeutet das, er haftet im schlimmsten Fall mit 26,5 Milliarden Euro.
Aber Eigentümer, der Vorstände feuern und später womöglich Gewinne
einstreichen kann, wird er nicht.
Die "Gefahren lauern" hier am meisten in der mangelhaft
gesicherten Vergabe von Bürgschaften über 50 Milliarden Euro mit
Staatsbeteiligung (lt.
Tagesschau,
vom
6.10.2008)
von 15 Milliarden! Es ist schon grotesk, dass ein Großbankier wie Hilmar
Kopper diese Absicherung des Steuerzahlers gegen Milliarden-Bürgschaften
aus dem Volkseinkommen fordern muss, während die regierungsamtlichen
Lobbyisten der neoliberalen Meinungsmacher ihre Zocker einfach mit
solchen schlecht gesicherten Milliarden bedienen. Dazu Oskar Lafontaine
in einem SZ-Interview:
Lafontaine: Viele Arbeitnehmer,
Rentner und Hartz-IV-Empfänger verstehen nicht, wenn die Regierung
Merkel für die Pleitebanker sofort Milliarden bereitstellt, aber
zugleich für Lohnzurückhaltung plädiert, eine Rentenkürzung nach der
anderen beschließt und die Verbesserung sozialer Leistungen verweigert.
Im Übrigen bin ich skeptisch. Die Tatsache, dass jene, die sich früher
dem Diktat der Finanzmärkte unterworfen haben, jetzt anders reden, sagt
noch lange nicht, dass sich wirklich etwas ändert. In den USA soll der
Investmentbanker Hank Paulson als Finanzminister den Weg aus der Krise
weisen. Das ist so, als machte man den Chef eines Drogenrings zum
Beauftragten gegen den Rauschgifthandel.
(Sh.
"Lafontaine im SZ-Interview - 'Investmentbanker sind kriminell'",
sueddeutsche.de,
3.10.2008.) Auch in Deutschland werden die Böcke zu Gärtnern gemacht
- vor allem mit Hilfe der neoliberalen Medien. Die Gefahr durch den
"gefährlichsten Mann Europas" (Rupert
Murdochs THE SUN im Jahre 1999 über Lafontaine) für die
Umverteilungs-Profiteure bestand offenbar in seiner Warnung vor deren
gieriger Unterstützung von Steuer-Parasitismus und Zockerei.
Zu den skrupellosesten
Lobbyisten für Zocker und Steuerparasiten gehörten Tony Blair und die
übrigen britischen Neoliberalen im Einklang mit Gerhard Schröder und
seinem Tross. Die Teilverstaatlichung von britischen Banken durch
Übertragung von Vorzugsaktien könnte also verwundern, wenn man nicht
weiß, dass es sich dabei um stimmrechtslose Aktien handelt. Dazu heißt
es im Focus:
Auf Stimmrechte wollen Brown und Darling verzichten. Aber
sie wollen die Banken dazu verpflichten, sich bei den Gehältern für ihre
Vorstandsdirektoren und bei Bonuszahlungen künftig zu beschränken.
Außerdem sollen die Banken zusagen, dass sie das frische Kapital auch
tatsächlich für konjunkturförderliche Darlehen an Unternehmen und
Hauskäufer ausgeben.
(Sh.
"Großbritannien - Die Milliarden, die keiner will", focus.de,
9.10.2008.)
Die Gefahr von staatlichen Beteiligungen durch die deutsche
neoschwarz-rötliche Regierung liegt genau darin, dass sie sich auch mit
solchem Larifari zufrieden gibt. So schreibt z. B. DIE WELT vom
10.10.2008:
Die Bundesregierung arbeitet nach Informationen von WELT ONLINE an einem
Rettungsplan für das deutsche Finanzsystem nach englischem Vorbild. Über
den Plan soll dem Vernehmen nach im Kabinett in den nächsten Tagen
entschieden werden. In der Union gibt es erhebliche Widerstände.
(Sh.
"Bundesregierung plant Einstieg bei Banken", welt.de, 10.10.2008.)
In diese Richtung tendieren auch die ersten Äußerungen der CDU-Vorsitzenden und
Kanzlerin Merkel, während Finanzminister Steinbrück (SPD) wohl künftig
notgedrungen einige Mindestvoraussetzungen erfüllen will:
Sowohl Kanzlerin Merkel
als auch Finanzminister Peer Steinbrück wehrten sich gegen den Eindruck,
die Bundesregierung wolle die Banken verstaatlichen. Wenn für die Banken
Kapital bereitgestellt werde, sei dies nichts anderes, als wenn sich
auch sonst Firmen Kapital auf dem Markt besorgen würden, sagte Merkel.
"Insofern ist es in dem Sinne keine Verstaatlichung, dass der Staat
jetzt vorhat, auf Dauer in die Banken einzugreifen, sondern es ist eine
Hilfe durch den Staat." Bei einer Unterstützung könne der Staat den
Instituten dann aber auch "Auflagen machen", betonte Merkel.
Bundesfinanzminister
Peer Steinbrück (SPD) sagte, als Gegenleistung für die Annahme
staatlicher Hilfe müssten sich die Banken an bestimmte Auflagen halten.
So behalte sich der Staat in solchen Fällen Einfluss etwa bei der
Kreditvergabe, bei Managergehältern mit Boni und Abfindungen und bei der
Dividendenausschüttung vor, sagte Steinbrück in Washington.
(Sh.
"EU-Staaten steigen bei Krisenbanken ein", welt.de,
12.10.2008.)
Dagegen schieben die marktradikalen Ideologen von der Springer-Presse
und ihrer Lobbypartei CDU die mangelnde Kompetenz der jetzigen
Staatsbanker und Parteienspezis vor, um die Steuer-Milliarden ohne echte
staatliche Entscheidungsrechte zu verteilen, als ob diese
Mitentscheidung ein Dauerzustand werden müsste:
Allzu oft
haben deutsche Politiker Banken in Staatsbesitz vor allem als Instrument
für ihre Industriepolitik genutzt. Davor wären sie auch diesmal nicht
gefeit. Hiesige Landesbanken sind das beste Beispiel dafür. Ausschließen
ließe sich das, indem der Staat sich an den Banken im Notfall eben nicht
mit normalen Stammaktien beteiligt, die ein Stimmrecht garantieren.
Stattdessen sollte er sich auf Vorzugsaktien ohne Stimmrecht
beschränken. Damit wäre gesichert, dass der Staat den Banken
hilft, ohne sie für politische Interessen in Haftung zu nehmen. Außerdem
müsste im dafür nötigen Gesetz festgeschrieben werden, dass die Häuser
nach ihrer Rettung wieder privatisiert werden müssten.
(Sh.
"Was jetzt noch bleibt", welt.de, 9.10.2008, Hervorhebung vom
Verfasser.) Diese Begriffs-Verwirrer sehen also sehr wohl, dass die
maßgebende Mitentscheidung der Milliarden-Bürgen kein Dauerzustand sein
muss, wollen sie aber trotzdem von vornherein mit solchen Tricks
ausschließen.
Entscheidend ist auch nicht, wie lange
der Staat die billig aufgekauften Stimmrechts-Aktien (= Stammaktien) an
heruntergewirtschafteten Privatbanken hält, sondern vor allem, dass das
Management sowie die Regulierungen und Kontrollen für diese und andere
Banken funktionieren. Dazu
Oskar Lafontaine in einem taz-Interview vom
10.10.2008:
Empfinden Sie Schadenfreude, wenn
sogar US-Präsident Bush an eine Teilverstaatlichung von Banken denkt?
Nein, eher Genugtuung. Aber es ist ein
Treppenwitz des Geschichte, dass in der Wall Street, der Hochburg des
Kapitalismus, die Verstaatlichung der letzte Rettungsanker ist…
Vor ein, zwei Jahren war ja die Linkspartei die einzige,
die die Privatisierung der Sparkassen abgelehnt hat. Heute sehen wir mit
Heiterkeit, wie die anderen die Sparkassen loben.
Sind Staatsbanken wirklich der
Königsweg? Die Verluste der IKB und der Landesbanken zeigen was
passiert, wenn der Staat sich als Banker betätigt.
Bitte, die IKB war eine Privatbank,
bei der der BDI eine wesentliche Rolle gespielt hat. Die Landesbanken
sind ins Trudeln geraten, weil Politiker wie Steinbrück, Milbradt und
Huber ihnen erlaubt haben, wild zu spekulieren. Das zeigt, dass die
Landesbanken sich auf ihre Aufgabe beschränken müssen - die
Regionalwirtschaft zu fördern.
Also sollen die Landesbanken
bleiben?
Natürlich. Fatalerweise will die
Regierung eine Konzentration der Landesbanken. Offensichtlich hat man
also dort gar nichts verstanden. So ein Mega-Institut hätte doch in noch
größerem Stil spekuliert und wäre jetzt ein Sanierungsfall.
Die SZ-Interviewer von Lafontaine verfallen ebenfalls (sh.
oben) in die übliche Deregulierungs-Ideologie für die Finanzmärkte,
weil man ja auch die Gütermärkte nicht übermäßig regulieren sollte:
SZ: Scharfe Kontrolle ist absolut
nötig. Wenn der Staat aber der Wirtschaft alles haarklein vorschreibt
und gar noch selber Unternehmen betreibt, ist das in der Geschichte
meist schiefgegangen. Sie stülpen doch einfach Ihre überholte Ideologie
über ein aktuelles Problem.
Lafontaine: Finanzmärkte
funktionieren anders als Gütermärkte. Das müssen Sie endlich verstehen.
Die Menschen sind seit Jahren Opfer einer falschen Ideologie: Die
Finanzbranche schreibt dem Staat vor, was er zu tun hat. Ein Staat, der
sich dem unterwirft, bekommt die Probleme, die wir jetzt erleben. Die
Diktatur des Monetariats ist auch nicht besser als die des Proletariats.
SZ: War die Rettung der Hypo Real
Estate (HRE) richtig?
Lafontaine: Die Liquidität der Bank
musste gesichert werden. Falsch aber ist es, wenn Finanzminister
Steinbrück die Forderung der Branche zurückweist, die Bank zu
verstaatlichen. Wenn der Steuerzahler Geld gibt, muss er auch an den
Entscheidungen und den möglichen späteren Gewinnen beteiligt sein.
Andere Staaten sind da klüger.
SZ: Die Steuerzahler sollen ja Geld
aus dem Teilverkauf der HRE erhalten. Wenn die Regierung dagegen die
Bank verstaatlicht, wird es vielleicht noch teurer für die Steuerzahler.
Das zeigen doch die Landesbanken: Staatlich kontrollierte Institute
murksen oft ohne Ende.
Lafontaine: Die Landesbanken haben
versagt, weil ihnen unseriöse Spekulationsgeschäfte von Politikern wie
Steinbrück, Huber und Milbradt erlaubt oder aufgedrückt wurden. Aber so
schlimm wie die Privatbanken in der Wall Street haben sie es nicht
getrieben.
Hier plappern die Interviewer die regierungsamtliche Behauptung nach
von der geplanten Entschädigung der Steuerzahler durch einen Teilverkauf
der Bank, die aber (mit großen Teilen aus der HypoVereinsbank) schon
längst den internationalen "Heuschrecken" ausgeliefert wurde (sh. die
Aktionärsstruktur unter Wikipedia:
Hypo Real Estate, Stand
12.10.2008).
Ausgerechnet die profitieren jetzt von der Bürgschaft. Für einen
Aktienanteil von 24,9% haben dessen Verkäufer insgesamt nur 1,1
Milliarden Euro erzielt (sh. J.C. FLOWERS & Co.,
Press Release, Hamburg,
24 June 2008),
so dass die Bürgschaft von 50 Milliarden durch einen Börsenwert der Bank
von ehemals insgesamt 4,5 Milliarden Euro "gesichert" war.
Es zeigt sich auch wieder die eingehämmerte Ideologie der neoliberalen
Meinungsmacher von der angeblichen Wirtschaftsfeindlichkeit der Linken
und des ehemaligen Finanzministers Lafontaine, den sie im Dienste des
Raubtier-Kapitalismus weggemobbt haben aus eigener Gier nach immer
größeren Steuergeschenken zu Lasten der Ärmsten :
SZ: Sie haben mit der Börse noch
alte Rechnungen offen: Als Sie 1999 als Finanzminister zurücktraten,
schossen die Kurse in die Höhe.
Lafontaine: Das war verständlich.
Die Investmentbanker und Hedgefondsmanager kannten meine Vorschläge für
das internationale Finanzsystem: feste Wechselkurse zwischen den
Währungen, Kontrolle des Kapitalverkehrs und Austrocknen der
Steueroasen. Deshalb haben die Sektkorken geknallt, als ich ging.
SZ: Sie fordern wegen der
Finanzkrise einen geistig-moralischen Umbruch. Ist das die Chiffre für
Sozialismus?
Lafontaine: Es geht um die
Gerechtigkeit, ohne die es keinen Zusammenhalt der Gesellschaft gibt.
Bankmanager wie Herr Ackermann fordern 25 Prozent Rendite. Ein Bankkunde
würde für eine solche Forderung ausgelacht. Da sehen Sie, dass die
Maßstäbe nicht mehr stimmen.
SZ: Da stimmen Ihnen viele Menschen
zu. Aber wie machen Sie es besser?
Lafontaine: Die Regierung muss
hochspekulative Hedgefonds, den Schrotthandel mit verbrieften Papieren
und die Auslagerung von Risiken in Zweckgesellschaften verbieten.
Überhaupt ist das Interview ein Lehrstück gegen die parasitäre
Umverteilung nach oben. Es wurde daher von den neoliberalen Medien auch
weitgehend ignoriert. Eine ausgezeichnete Zusammenfassung findet man
dagegen in dem Artikel von Florian Rötzer:
"Lafontaine: 'Das
Finanzkasino muss geschlossen werden'", Telepolis, heise.de,
4.10.2008.
Diese Positionen werden noch einmal nachdrücklich unterstrichen durch
eine Rede von Oskar Lafontaine zur Finanzmarktkrise, die als Video
gespeichert ist bei YouTube, erreichbar unter
http://www.zeitgeistlos.de/zgblog/2008/de-gefurchtete-oskar/.
Die Neoliberalen
weisen dagegen jede Frage nach ihrer Verantwortung für die Finanzmarktkrise
zurück und geben sich staatstragend mit der Parole, dass man jetzt nur
nach vorn schauen dürfe. Aber ohne Rückschau gibt es auch keine
vernünftigen Regelungen für die Zukunft. Die sind jedoch anscheinend
auch gar nicht gewollt, denn systematisch werden die Böcke zu Gärtnern
gemacht. Dazu heißt es in der Netzeitung vom
15.10.2008
unter der fragwürdigen Überschrift:
"Sozialethiker Hengsbach verteufelt Rettungspaket":
Der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach hat das
Banken-Rettungspaket der Bundesregierung als riskant kritisiert. «In dem
Milliardenpaket sind Aufputschmittel enthalten, um das, was in die Krise
geführt hat, fortzusetzen», sagte der emeritierte Professor für
Christliche Sozialwissenschaft der «Stuttgarter Zeitung». «Dieses Paket
schützt nicht den Sparer, sondern die für die Krise verantwortlichen
Banken.»
Es gebe vier Prominente unter den Hauptverursachen der Krise:
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Commerzbank-Chef Martin Blessing,
den Präsidenten des Bankenverbandes, Klaus-Peter Müller, und den
Finanzchef der Allianz, Paul Achleitner. «Es ist auffällig, dass die
vier Herren mit am Tisch saßen, als das 500-Milliarden-Paket geschnürt
wurde», sagte Hengsbach. Es gebe also eine wechselseitige
Komplizenschaft.
Hengsbach beklagte, dass Pläne für eine Neuordnung der Finanzmärkte
derzeit nicht zu sehen seien. «Jetzt heißt es wieder: Wir müssen erst
die Krise pragmatisch bewältigen, und dann kommt der neue
Ordnungsrahmen», sagte der Sozialethiker. «Der kommt nicht, so fürchte
ich.»
Friedhelm Hengsbach hat
dabei einen weiteren Verantwortlichen noch nicht benannt, nämlich Hans
Tietmeyer, den früheren Bundesbank-Präsidenten. Tietmeyer ist auch Mitverfasser des
"Sozialwortes der katholischen Bischöfe", von dem Hengsbach einmal
sagte, es könne auch aus dem Tagebuch von Guido Westerwelle stammen (sh.
"Manches könnte von Guido Westerwelle stammen", taz.de,
13.12.2003).
Ein "Sozial"-Bewusstsein in diesem Sinne ist offenbar auch ganz im
Interesse des Medienkapitals und seiner Mitprofiteure, denn die
Springer-Presse lässt dazu schreiben:
Sechs Jahre verteidigte Hans Tietmeyer die frühere Bundesbank
gegen alle Versuche politischer Einflussnahme. Gestern übte der
sozialdemokratische Teil der Politik späte Rache und verweigerte ihm die
Berufung zum Chefvertrauten von Kanzlerin Angela Merkel in Finanzfragen.
Begründung: Der 77-Jährige gehört zum Aufsichtsrat der vom Staat
geretteten Hypo Real Estate, Merkel wolle also den Bock zum Gärtner
machen. Den kurzsichtigen Spott konterte Tietmeyer mit souveräner Geste:
Er verzichtete auf den Job.
(Sh. "Kopfnoten -
Überraschende Vertrauens-Beweise: Hans Tietmeyer", welt.de,
16.10.2008.)
Es ist kaum zu fassen, dass ein Aufsichtsrat und ehemaliger Bundesbanker
die maßlose Zockerei und den Steuerparasitismus unbeaufsichtigt lässt,
mit dem die Gewinne der Hypo
Real Estate zur Depfa nach Irland verschoben wurden, und dass er dann auch
noch zur Bewältigung der dadurch ausgelösten Krise als
Kanzler-"Vertrauter" berufen wird.
Der "Vertrauensbeweis" von
Merkel für Tietmeyer ist allerdings nicht mehr sehr überraschend, wenn
man z.B. ihre Unterstützung durch die Marktradikalen von der
Springer-Presse und durch ihre übrigen vier mitschuldigen "Berater"
bedenkt (sh. oben).
In diesen Medien findet man
allerdings wenig über die "Qualifikation" Tietmeyers. Man muss schon in
weniger kapitalstarken Blättern ohne große Massenwirksamkeit
recherchieren, um mehr Fakten statt einseitiger Propaganda zu finden. So
heißt es z.B. bei ngo-online.de:
Lafontaine erinnerte daran,
dass im Jahr 1996 Bundesbankpräsident Tietmeyer vor dem
Weltwirtschaftsforum in Davos gesagt hätte: "Meine Herren, Sie alle sind
jetzt der Kontrolle der internationalen Finanzmärkte unterworfen."
Lafontaine dazu: "Wenn heute ein Bundesbankpräsident so etwas sagte,
würde er wahrscheinlich gleich in eine Heilanstalt eingeliefert werden.
Aber damals wurde diese Aussage mit großem Beifall von allen
Versammelten aufgenommen." Sie habe auch großen Anklang in der deutschen
Öffentlichkeit gefunden. Die damalige Überzeugung und Auffassung sei
tatsächlich gewesen, "dass die internationalen Finanzmärkte alles
richtig regeln, dass sie die richtigen Findungsprozesse in Gang setzen
werden, während die Politik nichts anderes zu tun hat, als diesen
Findungsprozessen Rechnung zu tragen und ihnen zu folgen."
(Sh.
"Lafontaines Abrechnung mit Steinbrück 'Regierende gaben Spekulanten
grünes Licht'", ngo-online.de,
25.9.2008.
Dies sind genau die Worte aus der Rede von Oskar Lafontaine zur
Finanzmarktkrise, die als Video gespeichert ist bei YouTube, erreichbar unter
http://www.zeitgeistlos.de/zgblog/2008/de-gefurchtete-oskar/, und
die in den neoliberalen Medien natürlich weitgehend ignoriert wurde.)
Friedhelm Hengsbach liegt mit seinen Zweifeln an der Lernfähigkeit oder
Lernwilligkeit der Neoliberalen jedoch ganz auf der Linie des ehemaligen
IWF-Chefs Michel Camdessus:
Der frühere Chef des
Internationalen Währungsfonds, der Franzose Michel Camdessus, hat den
Politikern die Hauptschuld an der Weltfinanzkrise gegeben, weil sie
beschlossene Reformen nicht umgesetzt hätten.
Paris - "Ich fühle eine gewisse
Frustration", sagte Camdessus der Wirtschaftszeitung "Les Echos"
(Dienstagausgabe). Die nötigen Reformen seien schon vor elf Jahren im
Internationalen Währungsfonds (IWF) beschlossen worden und der Fonds
habe auch vor der Subprime-Krise gewarnt.
(Sh.
"Ex-IWF-Chef - Politiker sind schuld an der Finanzkrise",
manager-magazin.de,
14.10.2008.)
Nicht nur die Söldner des Medienkapitals vom Axel-Springer-Konzern,
sondern auch alle übrigen neoliberalen Meinungsmacher wollen offenbar
ihre Beute aus dem Volkseinkommen retten vor einer Beteiligung am
Gemeinwesen. Dies wird stets eingekleidet in die Forderung nach weniger
Staat (zur Umverteilung nach oben) - in der Gewissheit: "Nur die Reichen
können sich einen armen Staat leisten" (sh.
Zitatensammlung),
also nicht die Mehrheit derer, die das Volkseinkommen erwirtschaften.
Das Politmagazin Frontal 21 vom 14.10.2008
brachte dazu Zitate und Video-Passagen von einem Kritiker und mehreren
typischen Vertretern dieser Zustände (sh.
rossaepfel-theorie.de mit Exkursen und zahlreichen Zitaten zu
Personen und Parteien):
Michel Camdessus, ehemaliger Chef des
Internationalen Währungsfonds, lt.
manager-magazin.de v.
10.10.2008:
"Wenn es im globalen Dorf keinen Wächter gibt, wird es schnell ein Dorf
der Banditen."
Guido Westerwelle, FDP-Chef und Lobbyist
der Groß-Profiteure, am 30.11.2005:
"Die Eingriffe des Staates sollen
zugunsten von mehr marktwirtschaftlichen Elementen und von mehr
Eigenverantwortung zurückgeführt werden."
Roland Berger, Unternehmensberater und
häufiger Gast in neoliberalen Talkshows, am 10.2.2002:
"Der Markt will(?) weniger Staat. Wir
müssen mehr den Unternehmern vertrauen und weniger den Beamten."
Rainer Brüderle, Bilderbuch-Lobbyist für
die FDP-Großspender, am 24.9.1999:
"Wir wollen die Eigenverantwortung
stärken. Weniger Staat und mehr Eigeninitiative Raum geben."
Helmut Kohl, ehemaliger CDU-Bundeskanzler
und Rentner-Schröpfer, am 4.8.1983:
"Wir wollen nicht mehr Staat, sondern
weniger."
Angela Merkel, CDU-Bundeskanzlerin seit
2005 und hochgejubelte Favoritin der Volksverdummer, am 14.3.2003:
"Dass wir Vertrauen in die Menschen
setzen und den Rückzug des Staates ermöglichen."
Solche Parolen haben
die Neoliberalen noch bis zum Beginn der Finanzmarktkrise verkündet,
dann aber sofort opportunistisch und ganz entschieden geleugnet, um
flugs das Gegenteil zu behaupten.
In ihrem
"Finanzmarktstabilisierungsgesetz" (FMStG) vom
17.10.2008 haben sie sich alle möglichen Hintertüren offen gelassen.
Ihre selbst verursachte Notlage zur sofortigen Schaffung von
Stabilisierungsmaßnahmen haben sie mit ihren Lobby-Beratern zur
Einschleusung von Trojanern missbraucht. Damit können sie in
"Ausschüssen" hinter den Kulissen auch nach der Krise ihr ruinöses Spiel
weiter treiben als Lobbyisten der Finanzjongleure und der
Parasitismus-Profiteure - ohne wirkliche Kontrolle und nur im
öffentlichen Vertrauen auf ihren völligen Sinneswandel.
Die eigentlichen Ursachen für das Übergreifen des Finanz-Debakels auf
Deutschland war die Verschleierung von Spekulations-Risiken und die
Gewinnverschiebung durch eigens dafür gegründete "Zweckgesellschaften"
in parasitären Steuer-"Oasen". Dieses Grundübel wurde von den
Schönrednern gar nicht erst in Angriff genommen. (Sh. z. B.
"Nichts gelernt aus der Finanzmarktkrise - Zocken als ob nichts gewesen
wäre", rbb-online.de/_/Kontraste/,
23.10.2008.)
Statt dessen folgen die neoliberalen "Volksvertreter" nach wie vor den
"Ratschlägen" ihrer Lobbyisten. (Sh. z.B.
"Weitere harte Belege für
die Mitwirkung des Bundesfinanzministeriums am Casinobetrieb zu unseren
Lasten. Betr.: TSI", nachdenkseiten.de,
7.4.2008.)
Der TSI-Spekulanten-Lobbyist für undurchsichtige Schrottpapiere
Jörg Asmussen
konnte bei allen Neoliberalen von Schröder bis zu den
"christlichen" Volksverdummern schon in jungen Jahren mit seiner
Empfehlung dieser Zeitbomben Karriere machen als
Ministerialdirigent und später als Staatssekretär von Peer Steinbrück
(!), weil er die Einstellung solcher Leute
genau getroffen hat und als Steinbrücks Staatssekretär offenbar weiterhin
trifft. (Sh. z.B. auch "Finanzministerium
- Ein Manager mit Beamtenstatus", zeit.de,
9.6.2004,
sowie das Interview mit Oskar Lafontaine:
"Steinbrück ist für den Schrotthandel verantwortlich",
berlinonline.de,
25.9.2008,
und Jens Berger:
"Wenn sich
der Bock zum Gärtner macht", TELEPOLIS,
20.10.2008.)
Man wollte bei den Casino-Profiten nicht ins Hintertreffen geraten.
(Sh.
"Die Zauberlehrlinge der Schuldenflut", tagesspiegel.de,
18.10.2008.)
Asmussen:
Dabei war uns stets wichtig, dass sich auch
der Markt für Asset Backed Securities (ABS) in Deutschland stärker als
bislang entwickelt.
(Zitiert nach
jjahnke.net, Stand
2.11.2008., auf dessen Webseite verwiesen wird, weil es in diesem Exkurs
wie auch im Haupttext vorrangig
um die "Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben" geht und
weitere Exkurse zu den Exkursen vermieden werden sollen. Sh. auch:
http://www.jjahnke.net/finanz.html,
29.10.2008.) Allerdings
machen auch hier die großen Anteilseigner den eigentlichen Profit, während später die
Steuerzahler und Krisenopfer die Zeche zahlen.
Zu den "ABS" schreibt Joachim Jahnke (ebd.).:
Zur Erinnerung: ABS sind Asset Backed
Securities oder Verbriefungen, die mit einem Portfolio von
Vermögenswerten unterlegt sind. Dazu gehören vor allem die miesen
amerikanischen Hypothekenpapiere, an denen jetzt weltweit die Banken zu
ersticken drohen, falls nicht der Steuerzahler einspringt.
Die Banken-Lobbyisten lehnen dagegen die Spekulations-Dämpfung durch
Wiedereinführung der Börsen-Umsatzsteuer ab. In diesem Fall würden die
großen Bankgeschäfte angeblich in ausländische Zweckgesellschaften
verlagert und dort verschleiert auf das Risiko des deutschen
Steuerzahlers. Genau dies ist aber auch ohne
Börsenumsatzsteuer
schon geschehen mit den irischen Zombie-Banken. Die größten Finanzplätze
sind in Großbritannien und den USA, obwohl es dort eine
Börsenumsatzsteuer gibt. Es ist unbegreiflich, wie man die Banken weiter
gewähren lässt, statt solche Gewinn- und Risikoverschiebungen zu
verbieten oder zumindest erst einmal völlig transparent zu machen, auch
für den Fiskus. Es kann doch nicht sein, dass Deutschland und
andere EU-Staaten sich die Risiko-Verschleierung und das Steuerdumping
durch Staaten wie Irland und Großbritannien, Luxemburg, Österreich usw.
mit ihren Zwerg-"Oasen" aufzwingen lassen. Um
diese Zustände zu zementieren, wollen die Lobbyisten der
Gewinnverschieber sogar noch die irischen Dumpingsteuern
ausdrücklich absichern, statt ihre Steuerhehler zum EU-Austritt
zu drängen (sh.
"Irland will zweites EU-Referendum", tagesspiegel.de,
12.12.2008,
und vor allem: "Für eine Gemeinschaft freier Nationen",
irish-solidarity.net,
12.12.2008,
veröffentlicht auch von
scharf-links.de,
11.12.2008.)
Ein Ausschluss von Mitgliedstaaten ist nach dem EU-Verträgen nicht
möglich. Aber die Verträge sind - insbesondere im Hinblick auf die
Steuerpolitik - so schlecht verhandelt, dass man den irischen
Wählern für eine endgültige Ablehnung dankbar sein müsste. Als Ausweg
bietet sich die Gründung einer europäischen Kerngemeinschaft ohne Steuerparasitismus
und durch Volksabstimmungen. Die Parasitismus-Opfer könnten danach
geschlossen aus der Alt-EU austreten und einen großen Teil der
EU-Institutionen
übernehmen. Sie könnten gegen die Steuer-Parasiten in Europa und Übersee ähnlich erfolgreiche Maßnahmen
ergreifen wie etwa die USA gegen die Betrugshelfer in der Schweiz und
anderswo (sh. oben). Solche Lösungen werden zur Zeit gerade von den
Hehler-Staaten innerhalb der EU blockiert, aber auch deren übrige
Unterstützer in dem neu zu gründenden Kerneuropa würden dagegen ihre
geballte neoliberale Meinungsmacht aufbieten und ihre sonstigen Lobbyisten-Heerscharen in
Stellung bringen. Die Neoliberalen fördern solche
Machenschaften im Grunde mit den gleichen Tricks und
Verlagerungs-Drohungen, mit denen sie auch das Steuerdumping solcher
EU-Staaten aus Gier unterstützen.
Soweit es dabei um die Finanzmarktkrise geht, wendet sich
sogar Bundespräsident
Horst Köhler (CDU) gegen solche "Monster"-Märkte.
Dazu heißt es im Tagesspiegel vom
12.10.2008
unter der Überschrift
"Finanzkrise – Den Kapitalmarkt vom Monster zum Maß zähmen":
Bundespräsident Horst
Köhler redet nicht wie der Blinde von der Farbe, wenn er sich zu den
Turbulenzen des Finanzmarktes äußert. Immerhin war der Mann mal
Präsident des Sparkassenverbandes und Chef des Internationalen
Währungsfonds, kennt also die Risiken und möglichen Verwerfungen des
globalen Geldgeschäfts. Bereits im Mai, als längst offenkundig war, dass
die Investmentbanken in den vergangenen Jahren mit der weltweiten
Veräußerung wild zusammengewürfelter Kredit- und Forderungspakete ein
viel zu großes Spekulationsrad gedreht hatten, forderte er dazu auf, die
außer Kontrolle geratenen "Monster" des Kapitalmarkts mit ihrer Gier
nach immer höheren Renditen zu zähmen. Und fing sich aus den Chefetagen
deutscher Banken dafür Prügel ein.
Auch den Kritikern von der
Opposition geht es genau darum, dass sich die Schuldigen mit dem
Finanzmarktstabilisierungsgesetz
weiterhin der staatlichen Kontrolle widersetzen. Dazu heißt es im Spiegel Online:
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast und Linksfraktionschef Gregor Gysi
entgegneten, sie könnten der Regierung nicht so viel Geld anvertrauen -
jedenfalls nicht ohne weitere Kontrollen. "Dieses Paket ist ein
500-Milliarden-Euro-Blankoscheck", sagte Künast. Das Gesetz sei mit
Hilfe der Bankmanager geschrieben worden und atme daher den Geist: "Gib
mir das Geld und misch dich nicht ein." Ein neuer Ausschuss reiche als
Kontrolle nicht aus. Vielmehr habe die Regierung vor den Bankern
kapituliert: "Sie sitzen mit weißen Fahnen hier im Plenum."
(Sh.
"480-Milliarden-Programm – Regierungsparteien feiern ihren
Banken-Kraftakt", spiegel.de,
17.10.2008.)
Die Begründung für einen parlamentarischen Entschließungsantrag der
Grünen dazu beginnt wie folgt:
Die aktuelle Debatte um die Rettung der deutschen Finanzbranche darf
nicht vom eigentlichen Problem
unregulierter Märkte ablenken. Jahrzehntelang haben Politikerinnen und
Politiker überall auf der
Welt und auch in Deutschland den Abbau von Regeln vorangetrieben, um den
Finanzmärkten mehr
Raum zu geben. Diese Strategie ist krachend gescheitert.
(Sh.
"Entschließungsantrag...", BT-Drs. 16/10662, vom 17.10.2008.) Und
die wesentlich konkretere Einleitung zum Entschließungsantrag der Linken
lautet:
Die Finanzmarktkrise ist zugleich eine Krise der Demokratie, der
Wirtschafts- und Sozialordnung. Die
Politik wird von den Finanzmärkten nicht nur kontrolliert, sie wird von
ihnen beherrscht. Hier nur von
Marktversagen zu sprechen, ist unzureichend – es handelt sich um
Marktversagen und ein Versagen
der Politik, welche die Finanzmärkte entfesselt hat. Nur eine
grundlegende Neuordnung der
Wirtschafts- und Sozialpolitik wird Vertrauen wieder aufbauen können,
nur eine Umverteilung von
Reichtum wird den Anlagedruck an den Finanzmärkten beseitigen können.
Die Finanzmarktkrise zwingt den Staat zum Eingreifen. Es ist grob
fahrlässig, dass die
Bundesregierung erst jetzt zum Handeln bereit ist.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
sicherzustellen, dass das Parlament umfassend beteiligt wird und das
Finanzmarktstabilisierungsgesetz
zwingend folgende Bedingungen erfüllt:
·
Jede öffentliche Kapitalbeteiligung wird mit Stimmrechten
versehen, das heißt
Teilverstaatlichung.
·
Die Bestimmungen zur Festlegung von Gebühren für
Bürgschaften und von Preisen, zu denen
Risikopapiere übernommen werden, sind vom Bundestag zu verabschieden und
so
auszugestalten, dass sie nur gegen angemessene Gegenleistung erfolgen.
·
Wenn Finanzunternehmen in der Zukunft wieder
wirtschaftlich dazu in der Lage sind, müssen
sie die Risikopapiere ausnahmslos zurückzuerwerben.
·
Mindestauflagen bezüglich der Geschäftspolitik der
beteiligten Finanzunternehmungen
(Dividenden, Managementvergütung, Kreditvergabe usw.) sind vom Bundestag
zu
verabschieden.
·
Der
Finanzsektor muss die Verluste aus dem Finanzstabilisierungsfonds selbst
tragen.
(Sh.
"Entschließungsantrag...", BT-Drs. 16/10652, vom 16.10.2008.) Da
diese Voraussetzungen nicht erfüllt waren, hat die Linke lediglich auf
ihr Recht zur Fristwahrung beim parlamentarischen Verfahren verzichtet,
um nicht ein dringendes Gesetz zu verzögern, an dem sie gegen die
neoliberale Mehrheit sowieso nichts mehr ändern konnte. Ebenso haben
sich die Grünen verhalten und mussten sich dafür ebenfalls von den
Mehrheitspolitikern loben lassen.
Mittlerweile wurden tatsächlich Schadenersatzansprüche gegen einige
hochbezahlte Zocker in den Chefetagen der Banken gestellt, aber nicht
bei den Staatsbanken, sondern bei der IKB, die mit fast zehn Milliarden
Euro aus Steuergeldern saniert und dann für 115 Millionen Euro an
die Finanzinvestoren Lone Star der Kanzlei von Friedrich Merz (CDU) verschleudert
wurde (sh.
"Rund neun Milliarden Euro Steuergeld retteten die IKB", welt.de,
22.8.2008).
Die Schadenersatzansprüche kamen auch nicht von den hierfür berufenen
staatlichen Stellen, sondern von den "Finanzinvestoren" selbst. In seiner Debatte mit Oskar Lafontaine bei Maybrit Illner am
31.10.2008 war Merz bemüht, seine Rolle dabei herunterzuspielen: Er sei
lediglich ein Partner der großen Kanzlei und habe mit dem Deal so gut
wie gar nichts zu tun gehabt. Auf der Webseite der
Kanzlei wird er jedoch als Partner für solche Geschäfte
präsentiert:
Friedrich Merz konzentrierte seine Praxis auf
gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten, einschließlich Firmenkauf
und Fusionen sowie Bankwesen und Finanzen.
(Friedrich Merz concentrates his practice on corporate matters,
including mergers and acquisitions, and banking and finance.)
(Sh.
mayerbrown.com, Stand
31.10.2008.) Außerdem werden
dort seine guten
Beziehungen zur Politik hervorgehoben. Dies hat sich anscheinend auch
bei der Deutschen Börse bewährt, der Merz lt. der Debatte bei Illner
nach eigenen Worten ebenfalls "geholfen" hat, als sie an den
"Finanzinvestor" TCI verkauft wurde (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Der Charakter solcher "Hilfe" wird deutlich durch folgende
Erläuterungen:
Friedrich Merz soll Aufsichtsrat der Deutschen Börse werden. So will es
der Hedge-Fonds TCI, der dafür sorgte, daß Börsenboß Werner Seifert und
Aufsichtsratschef Rolf Breuer gehen müssen. Der Ex-Vorsitzende der
Unions-Bundestagsfraktion berät TCI mit seiner Kanzlei Mayer, Brown,
Rowe & Maw.
Anwälte entdecken neue Betätigungsfelder, das zeigt das Beispiel Merz.
Immer häufiger haben Kanzleien neben Rechtsberatung auch Lobbyismus im
Angebot. Während die einen auf Firmenpolitik einwirken, versuchen sich
die anderen auf dem politischen Parkett in Berlin. "Public Policy
Advisory" nennen die Kanzleien die Einflußnahme auf politische
Entscheidungen gegen Bezahlung
(Sh.
"Kanzleien mischen in der Politik mit - Rechtsanwälte entdecken den
Lobbyismus", morgenpost.de,
23.5.2005.)
Die Sanierung der IKB mit den staatlichen Steuer-Milliarden wurde
jedenfalls politisch geschickt begründet, indem man die IKB vorher zur Begriffsverwirrung
zunächst als eine staatliche Bank dargestellt hat. Dies behauptete auch
Friedrich Merz in der Debatte mit Oskar Lafontaine bei Maybrit Illner am
30.10.2008. Dabei musste er doch am besten wissen, dass nur 38 Prozent
der IKB im Staatsbesitz der KfW waren (sh. Wikipedia:
IKB_Deutsche_Industriekreditbank, mit weiteren Nachweisen, Stand
31.10.2008).
Statt dessen behauptete er gegen Lafontaine bei Illner, dass es 96
Prozent seien. Er hätte dies spätestens wissen müssen, als Gregor
Gysi am 15.2.2008 in einer
Bundestagsrede sagte:
Es war ein Kardinalfehler, dass Sie bis heute 80 Prozent der Lasten bei
der IKB übernehmen, obwohl wir nur 38 Prozent der Anteile halten. Darin
liegt Ihre eigentliche Verantwortung.
Aber verblüffenderweise erhielt der Autor des Buches "Mehr Kapitalismus
wagen" mit seinen demagogischen Irreführungen auch noch mindestens den
gleichen Applaus wie Lafontaine in der Talkshow. Dies liegt sicher nicht
nur daran, dass die Gegner von Lafontaine die meisten Claqueure
aufbieten können, sondern vor allem an der jahrzehntelangen
Volksverdummung durch die neoliberalen Meinungsmacher.
In Wirklichkeit hatte der
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit seinen Firmen bei der
IKB den
maßgeblichen Einfluss, wie man aus der Zusammensetzung des Aufsichtsrats
leicht erkennen kann (sh. auch das obige
taz-Interview von Oskar Lafontaine). Nach dem Milliardensegen aus
der Staatskasse hat allerdings der KfW-Manager Werner Oerter den
Aufsichtsratsvorsitz von dem Ex-Eon-Chef Ulrich Hartmann übernommen (sh.
"Krisenbank - Neuer Chefaufseher bei der IKB", manager-magazin.de,
29.3.2008). Weiter heißt es in dem Artikel: "Zum stellvertretenden
Vorsitzenden wählte das Gremium Dieter Pfundt, Persönlich haftender
Gesellschafter des Bankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA." Dieses
Bankhaus war an der IKB mit fünf Prozent beteiligt. Der "Finanzinvestor"
Lone Star bestellte dann zum Aufsichtsratsvorsitzenden "Bruno Scherrer,
Head of European Investments, Senior Managing Director, Lone Star,
London" (sh.
Webseite der IKB, Stand
1.11.2008).
Der russische Bankier und
Touristik-Unternehmer Alexander Lebedew, der vorher schon den
Öger-Touristik-Konzern gekauft hatte und nun für die IKB deutlich mehr
als Lone Star bieten wollte, meinte zum Schnäppchen-Preis für den
Mandanten der Merz-Kanzlei:
"Bei aller Hochachtung vor Deutschland – die mangelnde Transparenz des
Verfahrens riecht mehr nach den Verhältnissen in meiner Heimat
Russland."
(Sh.
"Mangelnde Transparenz - Russischer Oligarch kritisiert IKB-Verkauf",
spiegel.de,
7.9.2008.)
Der Lone-Star-Vertreter Friedrich meinte dagegen "Der Kapitalismus
ist nicht das Problem, sondern die Lösung". Er lobte die "moralische
Überlegenheit" dieser Wirtschaftordnung sogar noch in seinem Buch: "Mehr
Kapitalismus wagen" (Piper-Verlag, 2008, sh. Florian Rötzer:
"Der
Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung", heise.de,
9.10.2008.)
Sein Problem ist anscheinend nur, dass für die Abzocker-Profite aus dem
Volkseinkommen auch noch Steuern bezahlt werden sollen (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Jedenfalls führt der "Kapitalismus" in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass
die Pensionszahlungen an die Verantwortlichen aus den Chefetagen
einbehalten werden, um daraus einen Teil der Schadenersatzforderungen
gegen sie auszugleichen (sh.
"Erste
Bank-Manager sollen Geld zurückzahlen", spiegel.de,
23.10.2008)
zugunsten der IKB-"Finanzinvestoren" von Friedrich Merz & Co.! Die
verantwortlichen IKB-Chefaufseher bleiben aber von solche
Schadenersatzforderungen unbehelligt, so auch die Bundes-Ministern
Steinbrück und Glos, die beim IKB-Hauptaktionär KfW das Sagen hatten
(sh.
"KfW übernimmt Macht im IKB-Aufsichtsrat", welt.de, 30.3.2008).
Auch bei der staatlichen Sachsen-LB wurde ihr
hauptverantwortlicher Verwaltungsratschef, der sächsische Finanzminister
Horst Metz (CDU), von seinen Parteifreunden nicht auf Schadenersatz verklagt,
obwohl die Bank ihre Milliarden-Risiken in ihren eigens gegründeten
irischen Zweckgesellschaft verschleiert hat (sh. Wikipedia:
Sachsen_LB).
Offenbar wurden solche Verschleierungen von den neoliberalen Regierungen
nicht als Bilanzbetrug unter Strafe gestellt. Bei der Bayerischen Landesbank blockieren die CSU-Aufseher sogar die
Aufklärung solcher Milliarden-Verluste auf Kosten des Steuerzahlers (sh. "Huber
will nicht der Alleinschuldige sein - Horst Seehofer erzwingt Erwin
Hubers Rücktritt", welt.de, 22.10.2008). Möglicherweise befürchten ihre
Aufseher, wie z.B. der bayerische Finanzminister Huber, Staatminister
Joachim Herrmann oder Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber, dass diese
Vorstände dann auf die stillschweigende
Duldung durch die
Kapitalismus-begeisterten CSU-Politiker verweisen. Zumindest wollten sie
nicht vor der Bayern-Wahl vom 28.9.2008 ihre Unfähigkeit als Aufseher
und Volksvertreter publik werden lassen.
Auch
nach der Bayernwahl und kurz vor der Bundestagswahl setzt die CSU die Verschleierung ihrer
Verantwortlichkeit für die verzockten Milliarden bei der Hypo Real
Estate fort. Man hätte vielleicht erwartet, dass sie unter ihrem neuen
Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden Horst Seehofer zu mehr
Ehrlichkeit kommen würde. Aber ganz im Gegenteil treibt sie nun dieses
üble Spiel auf die Spitze, indem sie sogar mühsam erreichte Gesetze für
mehr Transparenz außer Kraft setzen will. Zu diesem Winkelzug von
Seehofer heißt es in der Sendung KONTRASTE vom
5.2.2009
unter der Überschrift
"Geheim - Weniger Transparenz bei Staatshilfen":
Mitten in der Wirtschaftskrise will er die Transparenz abschaffen. Wo
Banken und Politiker Fehler machen, das soll in Zukunft niemand
erfahren.
Seehofer will brisante Akten geheim halten - die Kontrollberichte der
BaFin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.
In deren Berichten ist zu lesen, was schief lief, wie die Aufsicht, wie
Gremien, nicht selten besetzt mit Politikern, wie Banker versagt haben.
Heikle Akten also. In die niemand mehr einsehen soll.
(Sh.
KONTRASTE, rbb-online.de, 5.2.2009.) Eine solche Einsichtnahme wurde bisher
garantiert durch das Informationsfreiheitsgesetz. Genau das missfällt
nun Seehofer und der CSU. Äußerer Anlass ist der Wunsch nach
Akteneinsicht eines Rentners in einem Prozess gegen einen
Finanzdienstleister. Aber tatsächlich geht es um die Hintergründe der
Verschleierung. Dazu
Wolfgang Gerke, Wirtschaftswissenschaftler, Bayerisches Finanz
Zentrum:
"Im Moment gibt es am meisten zu verstecken. Was hätte die Aufsicht
sehen müssen, was hat sie gesehen und trotzdem keine Maßnahmen
eingeleitet, und was ist ihr durch die Lappen gegangen. Das kann ein
Außenstehender nicht beurteilen. Es sei denn er hat Akteneinsicht."
Weiter
heißt es (ebd.):
Die Hypo-Real-Estate, bald ein Grab für 100 Milliarden? Steuergelder –
Wer in der Politik trägt Mitverantwortung?
Oder die Bayern LB: was haben die Politiker von der CSU wirklich
gewusst?
Gegen die
Fortsetzung der maßlosen Finanzspekulation gibt es bisher nur
Lippenbekenntnisse. Als einfachstes und sofort realisierbares Mittel zur
Verteuerung der Spekulation wäre die Wiedereinführung der
Börsenumsatzsteuer vorzuschlagen, wie sie auch in etlichen anderen
Staaten existiert. Aber das lehnen die Neoliberalen in Deutschland mit
hergesuchten Begründungen ab (sh. ihren massiven Einfluss in der
Wikipedia unter:
Börsenumsatzsteuer). Statt dessen haben sie lieber noch einmal zu
Lasten der Ärmsten die Mehrwertsteuer erhöht von 16 auf 19 Prozent,
obwohl diese natürlich auch "als Transaktionen die Effizienz der" Märkte
senkt und nicht nur die Großspekulanten und kleinen Aktiensparer
belastet. Schon mit 0,1% Börsenumsatzsteuer könnte man in Deutschland
höhere Steuereinnahmen zum Wohle der Allgemeinheit erzielen als mit der
Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte (lt. einer Studie des
Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) (sh.
"Börsenumsatzsteuer reloaded", boerse.ard.de,
11.2.2009.)
Die diversen deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten der Neoliberalen
stehen dagegen eher im Dienste ihrer Geldgeber. Aber eine
spekulationsbremsende Börsenumsatzsteuer müsste eher bei 0,5% als bei
0,1% liegen.
DIE WELT
ONLINE als ein Sprachrohr der Neoliberalen schreibt dazu am
2.3.2009
unter der irreführenden Überschrift
"Mittelschicht
zahlt mehr Steuern als vor 20 Jahren":
Die Union lehnt höhere Abgaben für Spitzenverdiener ab, ebenso die
Börsenumsatzsteuer, die die SPD-Vize Frank-Walter Steinmeier und Peer
Steinbrück fordern. "Wie man sich ausgerechnet jetzt die Köpfe über neue
Steuern zerbrechen kann, ist mir unverständlich", sagte
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) der "Bild am
Sonntag". Die Börsenumsatzsteuer entspreche der überkommenen Idee, "Sand
ins Getriebe der Finanzmärkte zu streuen". Eine solche Steuer sei gerade
jetzt kontraproduktiv, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Meister.
Steinmeier verteidigte dagegen den Vorschlag. Nicht nur der
durchschnittliche Steuerzahler dürfe bei der Bewältigung der Krise
herangezogen werden. Die starken Schultern müssten etwas mehr tragen als
die Schwachen.
Man sollte
meinen, dass die Neoliberalen mit ihrem Spruch "Freiheit statt
Sozialismus" etwas gelernt hätten aus der Finanzmarktkrise, die sie zu
mit ihrer ideologiegetriebenen Entfesselung der Finanzmärkte und
wirtschaftlichen Versklavung von Umverteilungsopfern zu
verantworten haben. Sie selbst haben mit ihrer üppigen Selbstbedienung
von einer solchen Krise nichts zu befürchten, ebensowenig ihre
tonangebenden Meinungsmacher bei der Springer-Presse von BILD bis WELT,
ganz im Gegensatz zu den eigentlichen Produzenten des Volkseinkommens
und regulären Steuerzahler.
Aber mit ihrer Deregulierungswut treiben sie viele von diesen
Unschuldigen ins Elend und unterstützen ihre finanzstärkste Kundschaft
bei der Steuerhinterziehung.
Im
eskalierenden Streit mit der SPD haben die "Christlichen" jetzt den
weniger bekannten Politiker Otto Bernhardt vorgeschickt, weil ihre
wichtigsten Trommler allmählich befürchten müssen, dass sie bei der
bevorstehenden Bundestagswahl als Handlanger der Steuerparasiten
dastehen (sh.
"Union will Steueroasen-Gesetz kippen Bernhardt: Steinbrück muss
Steuergesetz aufgeben", zdf.de,
25.3.2009).
Als Parole dient ihnen der alte Vorwand der Parasitismus-Profiteure,
dass es keine "Alleingänge" in der EU geben dürfe. Dahinter verschanzen
sich auch immer schon Luxemburg, Österreich, Belgien und Großbritannien
mit ihren Geldverstecken, als ob die Schweiz und Liechtenstein erst ihre
Zustimmung geben müsste. Schließlich gebe es auch ehrliche Unternehmer,
die mit den Kleinstaaten Geschäfte machen. Vor allem gibt es aber
die großen EU-Staaten, mit denen die Schweiz und Österreich Geschäfte
machen wollen. Und das sollen sie auch, sobald sie gegen die EU nicht
länger die kriminellen Machenschaften unterstützen und damit den
Neoliberalen in Deutschland in die Hände spielen.
Zu der weitgehend risikolosen Zockerei für solche Politiker und "Unternehmer"
ohne Unternehmerrisiko hat der US-Nobelpreisträger und Finanzexperte
Joseph Stiglitz unter anderen sogar dem Focus ein Interview gegeben.
Seine folgenden Aussagen über die Politik der Bush-Regierung gelten auch
in verkleinertem Maßstab für die deutschen Marktradikalen:
"Ihre Wirtschaftspolitik war eher eine Wohlfahrtspolitik für Big
Business, eine Politik der Agrarsubventionen und des Protektionismus.
Nach der Devise: Privatisierung der Gewinne, Verstaatlichung der
Verluste."
Eine der Hauptursachen für die
Krise sei die fehlende Aufsicht gewesen, erklärte der 2001
ausgezeichnete Nobelpreisträger. "Amerikas Regulatoren sind so
überzeugt, dass der Markt immer Recht hat, dass sie gar nicht
auf die Idee kamen einzugreifen." Auf die Frage, ob den
Verantwortlichen an der Wall Street die Gefahr nicht bewusst
gewesen sei, antwortete Stiglitz: "Der Punkt ist doch: Sie
spielen mit dem Geld anderer Leute. Wie sollen sie da einen Sinn
für das Risiko haben?"
(Sh.
"US-Wirtschaftsmodell hat ausgedient", focus.de,
19.10.2008.)
6)
Verbal-Radikalismus von
Finanzminister
Steinbrück
Parasitismus mit Rechtsverdrehung
Die Parasiten-Staaten
in der EU blockieren gemeinsame Maßnahmen ihrer Opfer-Staaten. Dazu
heißt es in EpochTimes Online am
21.10.2008
unter der Überschrift:
"Steinbrück droht 'Steueroase' Schweiz mit Peitsche":
Deutschland, Frankreich und 15 weitere
OECD-Länder erhöhen den Druck auf Steueroasen: Staaten wie die Schweiz
und Luxemburg, die nicht bereit seien, die Transparenzgrundsätze der
OECD einzuhalten, sollen auf die Schwarze Liste, forderte der deutsche
Finanzminister Peer Steinbrück am Dienstag in Paris. Die Schweiz
kommentierte die Forderung vorerst nicht.
Vor allem Steinbrück schlug scharfe Töne an
"Statt Zuckerbrot müssen wir auch zur Peitsche greifen", sagte er auf
einer internationalen Konferenz zum schädlichen Steuerwettbewerb.
Österreich, Luxemburg und die Schweiz waren trotz Einladung nicht nach
Paris gekommen, was die Zerstrittenheit in Europa deutlich machte.
Statt mit derartigem
Verbalradikalismus Eindruck zu schinden, müsste Steinbrück endlich gegen
solche EU-Staaten vorgehen, hinter denen sich die übrigen
Schmarotzerstaaten verstecken. Wie schädlich solche kleinen neoliberal
regierten Mitglieder für die EU sind, ergibt sich auch aus der Reaktion
der Schweizer Neoliberalen auf die Transparenz-Blockade durch diese
Staaten und die angebliche "Zerstrittenheit", die lediglich auf
Komplizenschaft beruht. Dazu schreibt der SPIEGEL ONLINE am
30.12.2008
unter der Überschrift
"STREIT UM STEUERHINTERZIEHUNG – Schweiz lässt Steinbrück ins Leere
laufen":
Im Schweizer Finanzministerium, dem
Eidgenössischen Finanzdepartment (EFD), zeigte man sich über die neue
Attacke Steinbrücks im Steuerstreit "nicht überrascht", wie Sprecher
Roland Meier auf Anfrage sagte. "Wir sind bereit, Schlupflöcher im
Zinsbesteuerungsabkommen zu stopfen", sagte Meier. Doch entsprechende
Forderungen müssten einstimmig von der EU kommen, nicht nur aus
Deutschland allein.
Um die Steuerhehlerei
etwas zu verbrämen, hat man in der Schweiz einen maßgeschneiderten
Unterschied erfunden zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Dazu
heißt es bei alliancesud.ch:
Hinzu kommt die weltweit
einzigartige Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und
Steuerhinterziehung bzw. die
Ausgestaltung des Bankgeheimnisses. Ausnahmen vom Bankgeheimnis sind
zwar möglich, zum Beispiel bei Verdacht auf Geldwäscherei oder
Steuerbetrug (Urkundenfälschung), nicht aber bei Steuerhinterziehung
(falsche, bzw. unvollständige Steuerdeklaration)
4.
Weil in der Schweiz nur der Steuerbetrug, nicht aber die
Steuerhinterziehung strafbar ist, leistet sie bei Steuerhinterziehung
keine internationale Rechtshilfe (Prinzip der doppelten Strafbarkeit).
Steuerpflichtige in der Schweiz werden jedoch administrativ verfolgt und
mit Bußen bestraft.
(Sh.
"Fact Sheet: Die Schweiz und die internationale Steuerhinterziehung",
12/2003,
S. 2, zu finden auch mit dem Suchwort "Steuerhinterziehung" auf der
Seite
alliancesud.ch.)
Das Schweizer "Prinzip
der doppelten Strafbarkeit" bestimmt für eine Amtshilfe die
Voraussetzung, dass das Steuervergehen sowohl in der Schweiz als auch in
dem geschröpften Wohnsitzland des Steuerhinterziehers strafbar ist. Da
aber Steuerhinterziehung zu Lasten eines fremden Staates in der Schweiz
nicht strafbar ist, kann es dafür angeblich auch keine Amtshilfe geben.
Dazu heißt es in dem obigen SPIEGEL-Artikel weiter:
Die Schweiz und Liechtenstein sollten die
gleiche Hilfe bei Steuervergehen gewähren wie den Vereinigten Staaten,
forderte er [Steinbrück]…
Die Schweizer sehen sich trotz der
Steinbrück-Attacken nicht veranlasst, die Gesetze zu verschärfen:
Steuerhinterziehung werde auch in der Schweiz bekämpft und mit happigem
Bußgeld belegt, so die Argumentation der Schweizer Regierung. Im Falle
der USA gehe es um Steuerbetrug, zudem hätten die USA ein
Amtshilfegesuch eingereicht, sagte Regierungssprecher Meier. Wenn
Deutschland ein solches bezüglich Steuerbetrugs einreichen würde, würde
die Schweiz diesem Folge leisten, sagte Meier. Doch ein solches Gesuch
liege nicht vor.
Ein solches Gesuch
erfordert aber, dass der Antragsteller alle Blockaden überwindet, mit
denen das Schmarotzertum abgesichert werden soll. Zu einem Schweizer
Rechtsgutachten in einem entsprechenden Streitfall mit dem USA heißt in
der NZZ am Sonntag vom
16.11.2008:
Knackpunkt: Steuerbetrug oder nicht?
Gutachter Prof. Urs Behnisch kommt nun in seinem Gutachten zum Schluss,
dass «das bloße Zwischenschalten einer Vermögensverwaltungs-Gesellschaft
kein ausreichendes Indiz für Steuerbetrug ist. Nach Schweizer Recht kann
man bei der Errichtung einer Offshore-Gesellschaft nicht einmal von
Hinterziehung von Einkommenssteuern sprechen. Diese ist erst gegeben,
wenn sich der Eigentümer von dieser Gesellschaft Geld auszahlen lässt
und diese Dividende nicht deklariert.» Für Steuerbetrug, so Behnisch
weiter, brauche es eine inhaltlich unwahre Urkunde oder ein
Lügengebäude. Darunter falle unter anderem das Ausstellen falscher
Rechnungen, eine Fälschung der Buchhaltung oder dass der Verdächtige mit
der zwischengeschalteten Struktur Geschäfte zu Vorzugskonditionen
abwickle.
(Sh. "UBS und die Berner Steuerbehörde geben sich selbstsicher.
–
Empörte US-Kunden gehen gegen UBS vor
Sie werfen der Bank vor, das Bankgeheimnis verletzt zu haben.
Schweizer Anwälte, die Dutzende von amerikanischen UBS-Kunden vertreten,
wehren sich gegen eine Weitergabe von Kundendaten an die USA."
Auch gespeichert unter
http://www.solami.com/ubs.htm.
Sh. auch
"STEUER-SKANDAL: Fürstenbank LGT schwänzt Anhörung vor US-Senat",
Spiegel Online,
18.7.2008)
Die USA drohen dagegen
einfach mit der flächendeckenden Schließung von Schweizer Bank-Filialen
und mit der Anklage ihrer Betrugs-Anstifter wegen Verschwörung gegen die
Vereinigten Staaten, da UBS-Strippenzieher – ebenso wie in den deutschen
UBS-Filialen – ganz offensichtlich bei der Steuerhinterziehung
mitgewirkt haben sollen (sh.
"USA erhöhen den Druck", nzz.ch,
16.12.2008,
und
"Dem Schwarzgeld auf der Spur – Banken als Komplizen",
frontal21.zdf.de,
23.9.2008, und besonders auch
"KAMPF GEGEN STEUERFLUCHT: Nichts geschehen gegen Steueroasen",
frontal21.zdf.de,
21.1.2009,
in der letzten Frontal21-Sendung des engagierten ZDF-Journalisten Theo
Knoll, der danach im ZDF-Auslandsjournal unschädlich platziert wird). Dass sich die großen EU-Staaten wie Deutschland von
solchen Kleinstaaten dermaßen vorführen lassen, liegt vor allem daran,
dass sie ähnliche parasitäre Staaten bereitwillig in die EU aufgenommen
haben und diese Blockierer ebenfalls von dem Betrug profitieren, ebenso
wie einflussreiche Millionenbetrüger in den großen Staaten.
Die folgende Passage
aus dem obigen
"Fact Sheet…" zeigt, dass die Schuldigen auch in der Schweiz gegen
das Volk regieren:
Vor allem mit ihrer
Weigerung, bei Verdacht auf Steuerhinterziehung internationale
Rechtshilfe zu leisten,
fördert die Schweiz aktiv den Zustrom von steuerhinterzogenen Geldern.
Und obwohl der Druck aus dem Ausland steigt und eine deutliche Mehrheit
der Schweizer Bevölkerung durchaus für eine Lockerung des
Bankgeheimnisses bei Verdacht auf Steuerhinterziehung ist5,
meinte der 2003 zurückgetretene Bundesrat Kaspar Villinger stur: "Das
Bankgeheimnis ist nicht verhandelbar." Zur Zeit bemühen sich
rechtsbürgerliche Politiker sogar, das Bankgeheimnis in der Verfassung
zu verankern.
Es ist genau dieser
Kaspar Villinger, der schon im in einer
Ständerats-Sitzung vom
2.6.2003
erklärt hat, wie man dem Steuer-Parasitismus begegnen kann:
Wir müssen mit den Amerikanern und als Welthandelsnation
auch mit allen uns umgebenden Staaten zu einem
Einvernehmen kommen. Wenn uns drei, vier Staaten das
Doppelbesteuerungsabkommen kündigen, haben wir ein
Problem, und zwar ein echtes und ein substanzielles.
Es dürfte Peer Steinbrück nicht schwerfallen, etliche
Opfer-Staaten des Parasitismus wie Frankreich und die
Skandinavier zu einem solchen gemeinsamen Schritt zu
bewegen. Dann würden auch die Ausrede der
Parasitismus-Profiteure in der EU wegen der
Chancengleichheit mit der Schweiz entfallen. Solange
Steinbrück es bei seinem Verbal-Radikalismus belässt,
unterstützt er selbst diese Zustände.
Tatsächlich sind Peer Steinbrück und seine
neoliberale Regierung nun als Kritiker des Steuerdumpings selbst völlig
unglaubwürdig geworden, denn inzwischen haben sie nach ihrer
Absenkung der Besteuerung von Kapitalerträgen von 53 und 42 Prozent auf
25 Prozent Abgeltungssteuer seit dem 1.1.2009 sogar noch die Schweizer
Dumpingsteuer von 35 Prozent unterboten, die durch den Parasitismus
subventioniert wird (sh. Wikipedia:
Kapitalertragsteuer,
Verrechnungssteuer und hier
Unternehmenssteuerreform.htm sowie die irreführende Tabelle des
Bundesfinanzministeriums:
"Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich",
2007,
S. 72-73, die Tabelle von den Dumping-Lobbyisten des Dresdner Bank
MEDIEN SERVICE:
"Tabelle: Internationaler Vergleich",
12/2008,
Seite 8, und
ESTV.ADMIN.CH:
"Das Schweizer Steuersystem", S. 6). Die deutschen Neoliberalen
bezeichnen diese Kritik der Schweizer neoliberalen Gleichgestrickten
zwar zu Recht als reines Ablenkungsmanöver, aber das erhöht nicht ihre
eigene Glaubwürdigkeit, auch wenn die Steuerparasiten zu den
Hauptschuldigen des Dumpingwettlaufs und der perfiden steuerlichen
Umverteilung nach oben gehören.
7)
Untersuchungsausschuss zum Kontrollversagen bei der Hypo Real Estate
FDP, Grüne
und Linke fordern einen Untersuchungsausschuss zum Kontrollversagen bei
der Hypo Real Estate. Es geht um deren Milliarden-Verlusten zu Lasten
des Steuerzahlers (sh. das Interview mit Peter Struck:
"Ein 'unanständiges Wahlkampfmanöver'", dradio.de,
28.3.2009). Darin müsste aber vor allem die Verantwortung der
Ausschuss-Befürworter in der Union für diese Milliardenverluste
untersucht werden. Es wäre auch zu klären, warum die bayerische
CSU-FDP-Regierung unter Horst Seehofer die gesetzlichen
Informationsrechte zu diesem Thema beschneiden will. Von den "christlichen",
"liberalen" und "sozialdemokratischen" Neoliberalen ist allerdings wegen
ihrer erheblichen Mitverantwortung für diese Verluste kaum ein
ernstzunehmendes Untersuchungsergebnis zu erwarten. Auch in ihren Medien
gibt es nur Verschleierungen. Ganz im Gegensatz dazu steht ein Artikel
von Thomas Lukscheider, der sich unter anderem die deregulierungswütigen
Heuchler von der FDP vornimmt unter der Überschrift:
"Kollektiver Blackout bei der FDP? Von Drückern, Oasen und Scharlatanen"
:
Nun auf einmal gerieren sich ausgerechnet die Spitzenvertreter dieser
Drückerkolonne für Schrottpapiere als Lordsiegelbewahrer seriöser
Finanzgeschäfte. Nun plötzlich will die FDP das alles nicht gewesen
sein, spielt Prinzessin "War ich nicht" und Guido Westerwelle mimt den
immer schon unverstandenen Bußprediger. Bereits 2002 habe er angeblich
für eine schärfere Bankenaufsicht plädiert (so am 7.10.2008 im Bundestag
und immer wieder in zahlreichen Vorträgen und Interviews der letzten
Wochen und Monate).
Doch die Wahrheit sieht anders aus: 2002 wollte die FDP Hans Tietmeyer
von der Bundesbank die generelle Finanzaufsicht im Lande übertragen,
jenem Hans Tietmeyer, der seit 2002 die irische Depfa und danach die
Hypo Real Estate beaufsichtigt hat, genau die Hypo Real Estate, die
jetzt wegen eben jener Depfa zum Fass ohne Boden für zig Milliarden an
Steuergeldern geworden ist. Jeder kann sich ausmalen, was ein Herr
Tietmeyer als oberster bundesweiter Finanzaufsichtschef bedeutet hätte.
Nein danke, Herr Westerwelle, kann man da nur sagen.
Im selben Jahr 2002 stemmte sich die FDP zusammen mit der Union dagegen,
dass die Bankenfinanzaufsicht Bafin Leerverkäufe untersagen kann.
Leerverkäufe sind eine der treibenden Kräfte des Finanzchaos. Damals im
Jahre 2002 meinten Union und FDP jedoch, ein Verbot von Leerverkäufen
leiste "keinen Beitrag, um die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen"
(Entschließungsantrag zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz,
Bundestags-Drucksache 14/8674).
(Sh. den
äußerst lesenswerten Artikel in der Linkszeitung
vom
15.2.2009, und die Antwort der FDP auf die Finanzmarktkrise
lt. PANORAMA-Bericht vom 5.3.2009:
"Partei der Unbeirrbaren - FDP preist Selbstheilungskräfte des Marktes",
daserste.ndr.de, 5.3.2009. Sh. auch das Buch "Mehr Kapitalismus wagen"
von Friedrich Merz (CDU)
der mit dieser Lobbyisten-Antwort noch mehr von der Krise profitieren
könnte.)
Die
genannten Vorstöße kamen zwar mindestens so sehr von der FDP-Lobbyisten
wie von den "Christlichen", aber der Entschließungsantrag stammt von der
CDU/CSU unter der Federführung ihrer Oberchristen
Friedrich Merz und
Michael Glos (sh.
Bundestags-Drucksache 14/8674 vom
19.2.2002). Darin heißt es:
Die Ermächtigung für die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht, in bestimmten Marktsituationen
Leerverkäufe zu untersagen, liefert keinen Beitrag, um die Stabilität
des Finanzsystems zu erhöhen, schafft aber gleichzeitig unnötige
Unsicherheit bei den Marktteilnehmern und mindert damit die
Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland. Hierauf haben alle Experten
einhellig in der Anhörung des Finanzausschusses hingewiesen. Die
Bundesregierung setzt sich mit dieser Regelung wissentlich über den
Sachverstand aller Experten hinweg.
Der Hinweis
auf den "Sachverstand aller Experten" scheint sogar begründet, denn die
tonangebenden deutschen "Experten" oder Lobbyisten in Medien, Politik
und "Wissenschaft" waren in der Tat die Vorkämpfer für eine maßlose
Deregulierung der Finanzmärkte, ihre Befreiung von Regeln zu Lasten des
Steuerzahlers, und für die Etablierung der Wudu-Ökonomie (sh.
rossaepfel-theorie.de). Besonders propagieren die "Christlichen" in
dem Forderungskatalog für ihre Kundschaft auch weitere Frei-Räume zur
Steuervermeidung und ‑hinterziehung, unter anderem gegen ein
"Konten-Screening", mit dem die Steuerhinterziehung bekämpft werden
sollte. Die FDP will ihrer Kundschaft den angeblich "gläsernen Bürger"
ersparen (sh. Rede von Gerhard Schüßler (FDP) am 22.3.2002 lt.
Protokoll zur 228. Sitzung im
Bundestag, zu finden mit Eingabe der Drucksachen-Nummer unter
"Parlamentarische Vorgänge" in
"Langform"). Den "gläsernen Bürger" soll es jedenfalls nicht bei den
FDP-treuen steuerlichen Großbetrügern geben, sondern nur bei den
Hartz-IV-Opfern ihrer Umverteilung nach oben, wenn die ihre monatlich
350 Euro unter der Hand noch ein wenig aufstocken.
In ihrem
"Antrag zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland" (sh.
Bundestagsdrucksache
15/748 vom
1.4.2003) hat die Union nochmal nachgelegt, weil ihr die
Deregulierung durch den Schröder-Clan zugunsten von "Heuschrecken"
(Private Equity) und des großen Finanzkapitals nicht ausreichte. Sie
wollte insbesondere "die steuerrechtlichen Unsicherheiten im Bereich von
Private Equity" beseitigen und ihre unersättliche Forderung nach
Steuersenkung für Bestverdiener unter dem Deckmantel der wünschenswerten
"Steuer-Vereinfachung" wiederholen.
Diese
Privatisierung der Gewinne zugunsten der Zocker und die Sozialisierung der
Verluste zu Lasten den Steuerzahlers fand ihren vorläufigen Höhepunkt im
"Investment-Modernisierungsgesetz" der Schröder-Clans zur Erleichterung
des Marktzugang von Hedgefonds, Derivaten und "toxischen" Papieren. Aber
auch das ging den "Christlichen" und der FDP nicht weit genug, ebenso
wie die fortwirkende steuerliche Umverteilung nach oben durch die
rosa-grünlichen Koalition. Thomas Lukscheider schreibt dazu (a.a.O.):
Am 1. Januar 2004 tritt Schröders Investmentmodernisierungsgesetz in
Kraft und schafft die Grundlage für die Zulassung von Hedgefonds. Der
Union und FDP geht auch das wiederum nicht schnell und nicht weit genug.
Am 29. Oktober 2004 lädt die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD)
zu einem Vortragsbufett der Maleki Group ins Hilton-Hotel Frankfurt.
"Pro Finanzstandort Deutschland!", so nennt sich die Veranstaltung.
Geladen sind als Besucher und Vortragende nur handverlesene Gäste. Auf
dem Finanzplatzpodium II "Internationale finanzpolitische
Rahmenbedingungen" findet man nach dem dem Coffee break um 16.30 Uhr
u.a.: Friedrich Merz (CDU), Joachim Poß (SPD) und Professor Andreas
Pinkwart, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP. Um 18.00 Uhr:
Umtrunk auf Einladung der HypoVereinsbank AG.
Wer sich mit der Initiative näher beschäftigt, entdeckt als Sponsoren so
erlauchte Namen wie Commerzbank und Deutsche Bank, Münchner Rück,
Allianz, Morgan Stanley und Bayern LB sowie als assoziierte Mitglieder
Citibank, UBS, Merrill Lynch - und Lehman Brothers.
Die
Profiteure des Casino-Kapitalismus konnten trotzdem zufrieden sein. Die
Schweizer
Steuerrevue Nr. 12/2003, S. 900 – 903 vermeldete unter der Überschrift
"Deutschland: Investmentmodernisierungsgesetz – Neuregelung für
Anlagefonds":
Es ist generell eine Liberalisierung und Modernisierung der rechtlichen
und steuerlichen Regelungen für Anlagefonds geplant. Dazu gehören, um
nur einige Beispiele zu nennen, eine Aufhebung der gesetzlichen
Fondstypen, erweiterte Anlagemöglichkeiten für derivative Produkte (wie
Optionen und Futures), ein vereinfachter Verkaufsprospekt, eine bessere
Kostentransparenz für den Anleger sowie eine Beschleunigung der
Genehmigungsverfahren. Erstmalig sollen «Sondervermögen mit zusätzlichen
Risiken» (Hedge Fonds) in Deutschland zum Vertrieb zugelassen werden.
Man
bezeichnet hier also die zunehmende Deregulierung der "derivativen"
Papiere zur Aufblähung der Finanzblase als "Modernisierung", ganz in
Sinne von Schröders Motto: "Es gibt
keine linke oder rechte Wirtschaftspolitik, sondern nur eine moderne
oder unmoderne".
Diese
"modernisierte" Finanzblase wurde vom Schröder-Clan nicht nur
aufgebläht, sondern auch noch weiter vergiftet nach Art der
Lehmann-Zertifikate (ABS = Asset Backed Securities). So heißt es in der
Begründung zum rosa-grünlichen Entwurf des sogenannten
Kleinunternehmerförderungsgesetzes (BT-Drs.
15/537 vom
11.3.2003):
Mit diesen Maßnahmen werden in
Deutschland wichtige Voraussetzungen für die Begebung von Schuldtiteln
geschaffen, die durch Kreditforderungen der Banken unterlegt sind bzw.
deren Rückzahlung an die Entwicklung solcher Kreditforderungen
gebunden sind (Asset Backed Securities bzw. Credit Linked Notes). Die
Banken können damit ihre Kredite oder die Risiken daraus am Kapitalmarkt
platzieren, indem diese zu größeren Portfolios verknüpft werden.
Obwohl die
Banken nach diesem Prinzip hochverzinsliche Schrottkredite vergeben und
an ahnungslose Kunden mit hohem Profit gebündelt weiter verscherbeln
können, würden sie in Deutschland das Geschäft vielleicht sorgfältiger
handhaben als die US-Banken. Aber zugleich erlauben die deutschen
Neoliberalen die Verschleierung der zugrunde liegenden Kreditrisiken bei
den EU-Zombie-Banken in Offshore-Steuer-"Oasen" von Irland (HRE/Depfa!)
und anderswo.
Die
Deregulierungs-Wut und so genannte "Modernisierung" des Finanzmarktes,
mit der die deutschen Neoliberalen jahrelang dem zerstörerischen
Treiben hinterher hechelten, bestand also vor allem in einer
Verbreitung der Finanzwetten auf traditionelle Basiswerte, wie
Wertpapiere, Devisen, Rohstoffe usw. Der legendäre US-Investor
Warren Buffett
hat diese massenhaft zweckentfremdeten
Derivate
schon im Jahre 2002 als latente und potenziell tödliche
"finanzielle Massenvernichtungswaffen" bezeichnet. Buffett: "In our
view, however, derivatives are financial weapons of mass destruction,
carrying dangers that, while now latent, are potentially lethal." (Sh.
"Berkshire
Hathaway Inc.: 2002 Annual Report", Omaha,
2003,
und hier
rossaepfel-exkurse.de/sammlung.htm.)
Den "Christlichen" ging diese "Deregulierung" noch nicht weit
genug. Noch heute wollen ihre Lobbyisten wie der "Finanzexperte"
Friedrich Merz
"Mehr
Kapitalismus wagen".
Die
Tonlage zur Beschreibung der Deregulierungs-Wut darf sich keinesfalls an
den Abwiegelungen der Schuldigen orientieren – nach dem Motto „Wir
müssen jetzt nur noch nach vorn schauen“. Ohne Rückschau schaffen sie
schon jetzt die Grundlage für ein neues Debakel. Insofern trifft nicht
nur Thomas Lukscheider (sh. oben) den richtigen Ton. Auch Heribert
Prantl spricht hier eine deutliche Sprache in seinem Kommentar "Banken,
Schattenbanken, Zombiebanken", sueddeutsche.de,
20.10.2008:
Warren Buffett, der Milliardär, hat diese Finanzprodukte als
"Massenvernichtungswaffen" bezeichnet. Dort, in den Schattenbanken,
Zombiebanken oder Zweckgesellschaften, wurde damit erst Geld verdient
ohne Ende. Und jetzt zahlt der Staat ohne Ende, um die Verluste
aufzufangen und die Wirtschaft vor dem Sturz in den Abgrund zu retten…
Die spanische Zentralbank hat den spanischen Banken die Abwicklung
außerbilanzieller Geschäfte untersagt. Warum ging das, was in Spanien
ging, in den anderen Ländern nicht? Warum ging das in Deutschland
nicht?...
Im Oktober 2006 schrieb Jörg Asmussen, seinerzeit Leiter der Abteilung
"Geld und Kredit" im Bundesfinanzministerium, jetzt dort Staatssekretär,
einen Aufsatz in der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, der
dies illustriert: Es müsse, schrieb er, seitens des Finanzministeriums
darauf geachtet werden, "dass den Instituten keine unnötigen Prüf- und
Dokumentationspflichten entstehen werden, wenn sie in 'gängige'
ABS-Produkte mit gutem Rating investieren". ABS steht für Asset Backed
Securities und meint jene Finanzpakete, in die Kredite zerstückelt,
verschnürt und dann weiterverkauft werden. Denn: Es "war uns stets
wichtig, dass sich auch der Markt für Asset Bank Securities in
Deutschland stärker als bislang entwickelt". Der "Giftmüll des
internationalen Finanzsystems" konnte also unter den Augen des Staates
steuergefördert deponiert werden.
Die
Deregulierungs-Profiteure haben ihre abgezockten Milliarden weitgehend
in Sicherheit gebracht, womöglich bei unkontrollierbaren
Steuer-Parasiten. Die verantwortlichen "Institute" wollen nun, dass der Staat ihnen auch ihre
Schrottpapiere abkauft und bei einer staatlichen "Bad Bank" deponiert.
In der Tat erfordern die abgewerteten Forderungen so starke Wertberichtigungen und
Eigenkapital-Schrumpfungen in den Bilanzen der Banken, dass dadurch die Kreditversorgung der Wirtschaft auf systemgefährdende Weise
eingeschränkt wird. Der mitverantwortliche Finanzminister Steinbrück
will – wie auch immer - zumindest zwischen
"toxischen Papieren" und "momentan illiquiden" Papieren unterscheiden
und nur für letztere eventuelle Staatshilfen gewähren (sh.
"INTERVIEW: DIW-Präsident will schnelle Lösung zur 'Bad Bank'",
faz.net,
15.4.2009).
Hierbei geht es z.B. um Schuldverschreibungen von Staaten wie
Griechenland und Portugal, die bis zur Fälligkeit wieder auf ihren alten
Wert ansteigen dürften (und sei es nur dadurch, dass sie dann mit neuen,
teureren Krediten voll abgelöst werden). Eine Zulassung von derzeit
überhöhten Bewertungen nach dem neuen US-Muster zur scheinbaren Stärkung
der Eigenkapital-Basis ist trotzdem sehr problematisch (sh. dazu das
umfangreiche Material unter
http://www.ax-net.de/inhalt/standards/ias_39/ias39_inhalt.htm und
dazu als Beispiel den
"Zwischenbericht zum 30. September 2008" der Deutschen Bank).
Den "Christlichen" und der FDP gefällt diese
Aufteilung gar nicht. Sie wollen anscheinend netter sein zu ihren
Milliarden-Zockern und sie nicht auf ihren absoluten Schrottkrediten sitzen lassen.
Nach ihrer Darstellung reicht es nur, wenn der Steuerzahler auch noch
Hunderte von Milliarden an Zahlungsgarantien für diese Kreditleichen
zugunsten der Banken und ihrer Aktionäre übernimmt. Auch die Liberalen möchten lieber die
endgültig wertlosen Papiere zu Lasten des Steuerzahlers in
Zweckgesellschaften entsorgen und dort "mit Garantien absichern, für die
aber die Banken zu zahlen hätten" (so Hermann Otto Solms lt.
Handelsblatt vom
2.4.2009
unter der Überschrift
"Union lässt im Bad-Bank-Streit nicht locker"). Die
Verschleierungs-Kunst entspricht dem bemerkenswerten FDP-Standard. In
Wirklichkeit will man für die volle Verschrottung zu Lasten des
Steuerzahlers lediglich eine Garantiegebühr erheben und ihm dadurch
einen ordentlichen Geschäftsablauf vorgaukeln.
Entscheidend ist
jedenfalls, dass durch die Bad Banks der Neoliberalen ihre Milliarden-Zocker nicht noch
einmal profitieren. Dazu heißt es im Züricher Tagesanzeiger vom
14.4.2009
unter der Überschrift
"Die Segnungen der Bad Bank":
In der «New York Times» hat Stiglitz ein Beispiel vorgerechnet: Die
vergifteten Wertpapiere sind heute unverkäuflich und haben deshalb
keinen objektiven Wert. Je nach Entwicklung der Finanzmärkte könnte ein
Papier in einem Jahr mit einer Chance von jeweils 50 Prozent 0 oder 200
Dollar wert sein. Der mittlere Wert beträgt somit 100 Dollar. Wegen der
Staatshilfe kauft die amerikanische Zweckgesellschaft das Papier für 150
Dollar. Der private Partner und der Staat wenden dafür je 12 Dollar
Eigenkapital auf. Die restlichen 126 Dollar schiesst der Staat in Form
eines garantierten Darlehens vor. Falls sich das Papier in einem Jahr
als wertlos herausstellt, verliert der Private 12 Dollar, der Staat aber
138 Dollar.
Falls sich das Papier dagegen positiv entwickelt und sein Wert auf 200
Dollar steigt, erhält die Regierung ihr Darlehen von 126 Dollar zurück.
Die restlichen 74 Dollar werden hälftig geteilt: Der Private hat somit
einen Einsatz von 12 Dollar auf 37 Dollar verdreifacht. Der
Steuerzahler, welcher 138 Dollar aufs Spiel gesetzt hat, kommt nur auf
einen Gewinn von 25 Dollar.
Wenn man
weiterhin auf die Ideologen den Neoliberalismus setzt, können also die
Deponien zum Nutzen Parasiten und zu Lasten der Parasitismus-Opfer
weiter ausgebaut werden.
Den Opfern dieser Deregulierung hilft es nicht, wenn sie zu
Zehntausenden protestieren
unter dem Motto
"Wir zahlen nicht für Eure Krise"
(so die Überschrift eines Artikels vom
28.3.2009
im Manager-Magazin zum G20-Gipfel). Die Ideologen der
Deregulierung sind aber nach wie vor gut bei Kasse. Für den Promoter des
Neoliberalismus und Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft
(IW), Prof. Michael Hüther, wie auch für den offenbar gleichgesinnten
Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), Prof. Thomas
Straubhaar, geht es dabei nicht um Ungerechtigkeit, sondern nur um "Die
gefühlte Ungerechtigkeit - Warum wir Ungleichheit aushalten müssen, wenn
wir Freiheit wollen", so der Titel, den sie trotz all dieser Exzesse
Anfang 2009 für ihr gemeinsames Buch gewählt haben, als ob ihre Gegner
alle Ungleichheiten beseitigen wollten. Sie setzen ihren angeblichen
Realitätssinn gegen "wabernde Befindlichkeiten" (sh. das Interview mit
Thomas Straubhaar vom
14.3.2009
als Audio bei
inforadio.de).
Bei der Besetzung solcher Direktoren-Posten geht es
anscheinend vor allem um neoliberale Linientreue. Man kann auch nicht
erwarten, dass die Lobbyisten der Großunternehmen für ihr Institut der
deutschen Wirtschaft einen kritischen Ökonomen einsetzen. Aber auch bei
den anderen medienwirksamen Forschungsinstituten haben die neoliberalen
Parteien offenbar genug Einfluss, um so etwas zu verhindern. Dies konnte
man u.a. bei der Entscheidung über den DIW-Direktor
Klaus
Zimmermann gegen Gustav Horn
beobachten.
Dagegen hat zumindest
der ehemalige republikanische US-Notenbankpräsident Alan Greenspan den
Wahnsinn seiner Deregulierungs-Wut und seines religiöses Vertrauen in
die "unsichtbare Hand" des
"waltenden Marktes" eingesehen, jetzt wo es zu spät ist. Dazu heißt es
in einem Feature beim NDR-Info im Forum vom
6.4.2009
unter dem Titel:
„Finanzkrise – Haben die Notenbanken versagt?“:
Aber nicht nur den Vorwurf, eine völlig falsche Geldpolitik betrieben zu
haben, muss sich Greenspan gefallen lassen. Auch bei der Aufsicht der
Banken habe er versagt, kritisiert der renommierte New Yorker
Ökonomie-Professor Joseph Stiglitz: Greenspan habe zu sehr an die
Selbstreinigungskräfte der Märkte geglaubt und zu wenig auf Kontrolle
gesetzt. Greenspan gab lieber Finanzinnovationen freie Fahrt, die der
erfolgreiche Investor Warren Buffet als Brandbeschleuniger bezeichnete.
Da hilft es auch nicht, dass Greenspan im Oktober vor dem Kongress in
Washington – völlig überraschend – bekannte: Er habe einen fundamentalen
Irrtum begangen, in dem er die Selbstheilungskräfte so hoch eingeschätzt
habe! Dies sei eine „schockierende“ Erfahrung gewesen, gab Greenspan im
Gespräch zerknirscht zu Protokoll.
8)
G20-Krisengipfel -
Schwarzer Tag für
Schwarze Liste
Der Londoner G20-Gipfel zur Finanzmarktkrise hat die schlimmsten
Befürchtungen zur Mauschelei erfüllt. Man gießt aus Steuergeldern 1000 Milliarden $ in
den Flächenbrand und schafft dadurch wieder freie Hand für die
Brandstifter. Diese können damit ihr profitables Geschäft anschließend
fortzusetzen. Es erinnert an die Immobilienspekulanten, die
erst die Wälder an Mittelmeerküsten abbrennen lassen, um sie dann mit
Hilfe korrupter Politiker auch noch in Bauland umzuwandeln.
Das eigentliche Problem der Risiko-Verschleierung und
Steuerhinterziehung in den Geldverstecken wird durch den Geldsegen
verschüttet. Auf die viel beschworene Schwarze Liste setzte man
lediglich vier Staaten, die aber in der aktuellen Lage kaum eine Rolle
spielen, nämlich Uruguay, Costa Rica, Malaysia und die Philippinen.
Nicht einmal die Geldverstecke in Irland stehen darauf, obwohl durch die
Risiko-Verschleierung dort doch die Milliardenlöcher ganz wesentlich
mitverursacht wurden, sowohl bei der Hypo Real Estate als auch bei
etlichen anderen Banken.
Dazu heißt es in der Financial Times Deutschland vom
3.4.2009
unter der Überschrift
„G20-Beschluss zu Steueroasen - Schwarze Liste wird zu schwarzem Zettel“
Mit Zusagen
über rund 1000 Mrd. $ ging der Gipfel in London zu Ende. Die Deutschen
setzten sich mit ihren Nein zu weiteren Konjunkturpaketen durch und
bekommen ihre schwarze Liste von Steueroasen - die aber gerade einmal
vier Länder umfasst.
Gordon Brown
ist nicht für emotionale Auftritte bekannt und auch am
Donnerstagnachmittag trug er die Ergebnisse des G20-Gipfels in gewohnt
nüchtern-nasalem Tonfall vor. Doch in der Wortwahl scheute der britische
Premier keine Superlative: "Den größten makroökonomische Stimulus, den
die Welt je gesehen hat", kündigte Brown an. 1000 Mrd. $ würden die 20
stärksten Wirtschaftsnationen im Kampf gegen die Krise bereitstellen.
Noch vor wenigen Jahren wäre ein solcher gemeinsamer Kraftakt nicht
möglich gewesen, sagte Brown. "Eine neue Weltordnung entsteht."
Durch das Herunterspielen der
eigentlichen Probleme im Schatten der Milliardenschwemme hat Gordon Brown es
geschafft, dass auch seine eigenen Parasitismus-Zentren auf den
Kanalinseln nun auf der sogenannten "Weißen Liste" stehen, also nicht einmal auf der
Grauen Liste, die für solche faulen Kompromiss geschaffen
wurde. (Sh. zur "Grauen Liste" im Jahre 2000 den Artikel
"Liechtenstein als einziges westeuropäisches Land in der Kritik ...",
handelsblatt.com,
22.6.2000.)
Um auf die Weiße Liste zu kommen, muss ein Staat mindestens zwölf
Abkommen zum steuerlichen Informationsaustausch (TIEA - Tax Information Exchange Agreement) nach OECD-Standard geschlossen haben. Zu dieser
Voraussetzung für die Kanalinseln schreibt die Baseler Zeitung am
4.4.2009
unter der Überschrift
"Die unschuldig weißen Inseln vor Britanniens Küste":
Der Leiter
des Informationszentrums Tax Research, Richard Murphy, warf Jersey vor,
TIEA-Abkommen unter anderem «mit Ländern wie Grönland, den Färöern und
Island» geschlossen zu haben, um sich aus der Schusslinie zu bringen.
Ein 2001 mit den USA geschlossener Vertrag habe seither zur Herausgabe
von Informationen «in nicht mehr als fünf Fällen» geführt. Das Problem
mit den TIEA sei, «dass es unglaublich schwierig ist, solche
Informationen anzufordern - und dass eine Steueroase sie ganz leicht
verweigern kann». Auch die Tatsache, dass Jersey nicht über ein
Trust-Register verfügt, ist vielfach kritisiert worden.
Regierungskritiker äusserten die Vermutung, Premierminister Gordon Brown
sei beim G-20-Gipfel einen stillschweigenden Deal mit den anderen
grossen Staaten eingegangen, um die Kanalinseln «weiss-waschen» zu
lassen. «Wie China seine Steueroasen hat auch London seine Krongebiete
eindeutig geschützt», meinte gestern der Verbund für
Steuergerechtigkeit, der in der Kampagne gegen Steueroasen im Königreich
eine führende Rolle spielt. «London, Wallstreet, Jersey und all die
anderen dürften eigentlich nirgendwo auf einer weissen Liste stehen.»
...
Am Rande
des G-20-Gipfels hatten auch hochrangige Vertreter der deutschen
Delegation darauf hingewiesen, dass die Briten mit ihren Finanzzentren
«eine sehr spezifische Interessenlage» verfolgten. Appelle zum Schutz
dieser Interessen hatten die Inseln in den Wochen vor dem Gipfel an die
Londoner Regierung gerichtet. Ein falscher Listenplatz könne Guernsey
schweren Schaden zufügen, liess Inselchef Trott den britischen Premier
wissen.
Einem
Bericht des Londoner «Guardian» zufolge haben Jersey und Guernsey in
jüngster Zeit sogar - für den Fall der Fälle - den Schritt zur
Unabhängigkeit von Grossbritannien vorbereitet. Gesetzgeberische
Vorbereitungen in dieser Richtung seien «weit fortgeschritten»,
berichtete die Zeitung, «und könnten jederzeit in Kraft gesetzt werden,
wenn London versuchen würde, an den niedrigen Steuersätzen der Insel
etwas zu ändern».
Auf der Grauen Liste stehen nun unter anderem
die britisch Cayman Inseln zusammen mit der Schweiz, Liechtenstein und
Monaco sowie die kleinen parasitären EU-Staaten Luxemburg, Österreich
und auch Belgien. (Sh.
"OECD-Listen: Schwarz und Grau", wort.lu,
3.4.2009,
sowie den Abdruck dieser Liste vom
2.4.2009
unter
http://www.oecd.org/dataoecd/38/14/42497950.pdf.) Besonders
aktive und stark frequentierte Parasitismus-Zentren wie Dubai und andere
Emirate fehlen auch dort (sh.
"STEUERFLUCHT - Steueroase Dubai", zdf.de, Frontal21,
10.3.2009).
Der Wikipedia-Artikel über "Steueroasen"
folgt für 2009 ebenfalls der irreführenden OECD-Liste (Stand
5.4.2009).
Auf den Cayman-Inseln gibt es in einem einzigen kleinen Bürogebäude von
wenigen Stockwerken inzwischen 17.000 Niederlassungen von
internationalen Firmen, darunter die bedeutendsten Banken, auch aus
Deutschland und natürlich aus den europäischen Steuer-"Oasen". Anstelle
von Klingelschildern findet man bei der Hausverwaltung dieser
Cayman-Zentrale eine Computer-Datei mit den Namen der Parasiten-Ableger.
Ihr Geschäftsmodell ist ebenso simpel wie bei ihren parasitären
europäischen Ablegern. Sie gründen einfach eine solche Briefkastenfirma
zur Gewinnverschiebung, so dass ein Großteil ihrer Gewinne dort entweder
ganz oder fast steuerfrei kassiert werden kann. (Sh.
"ZDF spezial: G20 - Der Krisengipfel", Moderation: Theo Koll",
zdf.de, 2.4.2009, 21:00 bis 21:45 Uhr.) Der Sprecher der
Briefkasten-Festung nennt diese Machenschaften dann auch noch gespielt
arglos eine Hilfe zur Wettbewerbsfähigkeit. Und das ist gar nicht so
abwegig, wenn der Wettbewerb vor allem über solches Schmarotzertum
funktioniert. Die neoliberalen Abzocker des Volkseinkommens in
Deutschland und anderswo gehen in ihrer Heuchelei noch weiter und nennen
es "Steuerwettbewerb".
Barak Obama kritisiert zwar die
Auswüchse auf den Cayman-Inseln, scheint aber stumm und hilflos im
Hinblick auf die Steuer-Parasiten im eigenen Land mit eigener
bundesstaatlicher Steuer-Gesetzgebung und verfassungsmäßigem
Schmarotzer-Schutz. Dazu schreibt die Frankfurter Rundschau vom
2.4.2009
unter der Überschrift
"G20-Gipfel - Eine Oase namens USA":
Kritiker
werfen Obama vor, mit zweierlei Maß zu messen. "Er ist ein Heuchler. Die
USA selbst sind die größte Steueroase der Welt", sagt Dan Mitchell,
Steuerexperte des Cato Instituts in Washington.
Staaten wie Delaware und Nevada räumten Unternehmern weitgehende
Anonymität ein, so Mitchell. Wer in Delaware eine Limited Liability
Company (LLC) gründet, muss dafür noch nicht einmal in die USA reisen.
Aus der Ferne lassen sich Kundenberater beauftragen, die auf Wunsch
alles nötige erledigen. Viele der jährlich über 100 000 neu gegründeten
Unternehmen in Delaware sind Briefkastenfirmen. Der Bundesstaat erhebt
so gut wie keine Steuern. Wenn das Geld außerhalb der USA erwirtschaftet
wird, und die LLC Ausländern gehört, müssen in den USA keine
Unternehmenssteuern gezahlt werden. So eine Firmengründung kann in 48
Stunden abgeschlossen sein und bietet deshalb schnelle Hilfe, um Geld
vor Steuerbehörden zu verstecken.
Weil Brasilianer ihre Geschäfte verstärkt in Delaware abwickeln, hat
Brasiliens Regierung den Bundesstaat nun auf eine Liste der
unkooperativen Steuerparadiese gesetzt...
Auch der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker bezeichnete
Delaware in einem FR-Interview als Steueroase. Auf einer möglichen
Schwarzen Liste von Steueroasen, so sagte er jetzt, müssten auch die
Bundesstaaten Wyoming und Nevada auftauchen - sonst seien die G20
unglaubwürdig.
Der luxemburgische
Vizepremier und Außenminister Jean Asselborn fand es befremdlich, dass sein Land schlechter gestellt wurde als Browns Kanalinseln. Er empörte sich aber
völlig zu Unrecht, dass sein Land überhaupt auf der Grauen Liste steht,
da man sich doch wirklich "bemüht" habe (die schlimmsten Auswüchse des
Steuer-Parasitismus ein wenig abzumildern). Im Deutschlandfunk klagte er
am 3.4.2009 : "Solidarität ist Mangelware geworden". (Sh.
"Diese Liste ist eine Zumutung", dradio.de,
3.4.2009,
8:11 Uhr.) Damit hat
er wiederum recht, denn der Steuer-Parasitismus ist das absolute
Gegenteil davon.
Asselborns Regierungschef Jean
Claude Juncker versuchte auf ziemlich billige Weise in einem
SPIEGEL-Interview, vom eigentlichen Kernpunkt abzulenken. Dazu schreibt
DIE WELT ONLINE vom
9.5.2009
unter der Überschrift
"EMPÖRUNG IN LUXEMBURG: Kritik an Steueroase erinnert an Nazi-Besatzung":
Mit Blick auf Äußerungen von SPD-Chef Franz Müntefering zu Steueroasen,
wonach man früher Soldaten dorthin geschickt hätte, sagte Juncker: „Wir
waren schon mal besetzt, wir haben unter deutscher Besatzung gelitten.“
Deutschland sei bis Juli 2005 selbst das größte Steuerparadies Europas
gewesen sei. Bis dahin habe kein nichtansässiger Ausländer Steuern auf
Zinseinkünfte zahlen müssen.
Juncker fügte aber völlig zu
Recht hinzu:
Heute locke
die britische Regierung größte Vermögen zielstrebig nach London, wo sie
nur minimal besteuert würden. Aber über dieses „Steuerparadies für
Multi-Milliardäre“ rede niemand, sagte Juncker.
Auch die Grünen entlarven
dankenswerterweise die Halbherzigkeit des Verbalradikalismus von Peer
Steinbrück:
Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin warf Steinbrück Unglaubwürdigkeit
und Dilettantismus vor. Solange Steinbrück nicht unterbinde, dass die
teilverstaatlichte Commerzbank und Landesbanken eigene Tochterfirmen in
der Schweiz, Liechtenstein oder auf den Cayman-Inseln unterhielten,
seien die Ankündigungen unglaubwürdig.
(Sh. ebd.)
Über das Zustandekommen der
Schwarzen Liste heißt es in dem
weiter
oben zitierten Artikel der Financial Times vom 3.4.2009:
Vor
allem auf Druck von Deutschland und Frankreich einigten sich die
G20-Vertreter auch darauf, eine schwarze Liste von unkooperativen
Steueroasen zu veröffentlichen. Insbesondere China hatte sich gegen das
Dokument gewehrt, weil es um Steueroasen wie Hongkong und Macao oder
Singapur in seinem Einflussgebiet fürchtete. In der von der OECD
veröffentlichten Liste taucht jedoch keines dieser Länder auf, zudem
ist sie sehr kurz: Lediglich Costa Rica, die Philippinen, Malaysia und
Uruguay werden genannt.
Man sieht also, dass nicht
einmal die internationale Finanzkatastrophe ausreicht, um die Profiteure
des Parasitismus zur Vernunft zu bringen. Vielmehr bedurfte es auch noch
des Drucks aus Frankreich und Deutschland. Der französische Präsident
Sarkozy hatte ja mit seiner vorzeitigen Abreise gedroht, wenn man ihn
allzu sehr an der Nase herumführen wollte. Viel hat er damit nicht
erreicht. Aber die deutschen Verbal-Radikalen konnten sich am Ende auch
nicht mehr dagegen wehren, dass ihren starken Worten nun auch zumindest
winzige Taten folgten.
Schlimmer
als die Informations-Blockaden der Steuerparasiten ist ihr angebliches
Entgegenkommen gegenüber ihren Parasitismus-Opfern, denn hier erreicht
die Heuchelei ihren Höhepunkt. Dies wird deutlich in einem Bericht von
Report Mainz unter dem infizierten Titel
"Kampf gegen die Steueroasen – Die Wahrheit hinter Steinbrücks
kämpferischen Parolen", swr.de,
6.4.2009.
Was hier als "Wahrheit" ausgegeben wird, ist entweder die reine Naivität
oder der Lobbyismus für die Parasiten. Zunächst kommentiert man:
Steinbrück hat das Schweizer Bankgeheimnis sturmreif geschossen und das
deutsch-schweizer Verhältnis gleich mit dazu.
Dann
präsentiert man einen Filmausschnitt mit der arglos posierenden
Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey und ihrem treuherzigen
Spruch:
»Mit einem solchen friedlichen und netten
Nachbarn geht man so nicht um.«
Es wird
berichtet, dass trotz dieses "netten" Informationsangebots durch die
Schweiz deren angeblich großzügiges Kooperationsbereitschaft von den
deutschen Finanzbehörden so gut wie gar nicht in Anspruch genommen wird.
Die nächste Passage erscheint ebenfalls als Satire, ist aber nicht so
gemeint:
Viele Schweizer können Steinbrücks Attacken nicht verstehen. Auch
Vermögensberater Andreas Meier nicht, der auch deutsche Klienten hat. Er
sagt, Deutsche Steuerfahnder hätten auch schon bislang manchen Schatz in
der Schweiz heben können, wenn sie nur gewollt hätten.
Für die Heuchelei solcher Angebote fehlt den Berichterstattern offenbar
jedes kritische Bewusstsein. Schon die Tax Information Exchange
Agreements (TIEAs) nach OECD-Muster machen die Parasitismus-Opfer
abhängig von dem scheinbaren Entgegenkommen der Parasiten. Dazu heißt es
in einer Stellungnahme für den Bundestag durch das tax justice network
(TJN) vom
März 2009
unter der Überschrift
"Steueroasen trocken legen – automatischen Informationsaustausch
sichern" :
Das zentrale Manko des Musterabkommens ist nach Ansicht des TJN, dass es
einen Informationsaustausch explizit nur auf Anfrage vorsieht (Artikel
5). Dies setzt voraus, dass die Steuerbehörden schon einen sehr
konkreten Verdacht haben, wer welche Gelder wohin gebracht hat. Es sei
an dieser Stelle daran erinnert, dass etwa der Fall Zumwinkel, der die
derzeitigen Anstrengungen zum Austrocknen der Steueroasen ins Rollen
brachte, nur ans Licht kam, weil dem Bundesnachrichtendienst eine DVD
mit Kundendaten der Liechtensteiner LGT-Bank zum Kauf angeboten wurde.
Im Normalfall stellt der Abschluss eines Abkommens nach OECD-Standard
keine Bedrohung für Steuerhinterzieher dar.
Das Manko lässt sich durch folgendes Beispiel illustrieren: Die
Kaimaninseln waren an der Ausarbeitung des OECD-Musterabkommens
beteiligt, verpflichteten sich bereits 2000 zu einem
Informationsaustausch im Rahmen der OECD-Initiative gegen schädlichen
Steuerwettbewerb und unterliegen im Übrigen auch der EU-Zinsrichtlinie.
Dennoch ließen die Steuerbehörden der Insel den "Spiegel" wissen, dass
in den vergangenen Jahren aus Deutschland gerade einmal zwei Anfragen
über Steuerfragen kamen.
Nach Informationen von TJN handelt es sich dabei um keinen Ausreißer.
Die Informationsweitergabe wird von den meisten Steueroasen von der
Erfüllung derart hochgesteckter Anforderungen abhängig gemacht, dass in
der Praxis der Versuch in den meisten Fällen nicht lohnt. So verlangen
die Behörden so mancher Steueroase, dass die Steuerfahnder jeden
Verdacht detailliert belegen, die genaue juristische Form der fraglichen
Geldanlage nennen und die korrekte Stelle angeben, die in der Steueroase
für diese spezielle Form der Anlage zuständig ist. Die geforderten
Informationen liegen den Steuerfahndern aber oft gerade deswegen nicht
vor, weil die Steueroasen für ihre Geheimhaltung sorgen.
Bilaterale Abkommen nach Art des Musterabkommens der OECD, die lediglich
einen Informationsaustausch auf Anfrage vorsehen, sind daher nach
Überzeugung von TJN kein geeignetes Mittel, um die Steuerhinterziehung
mit Hilfe von Steueroasen nachhaltig zu unterbinden. Dies gilt für
institutionell schwache Entwicklungsländer mit geringem Drohpotenzial
noch viel mehr als für die Bundesrepublik Deutschland.
Für zukunftsweisend erachtet das TJN stattdessen den automatischen
Informationsaustausch, wie er im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie bereits
praktiziert wird. Die Richtlinie sieht im Prinzip vor, dass
Mitgliedsstaaten einander Auskünfte über Zinszahlungen an ausländische
Zahlungsempfänger erteilen; inländische Anleger sind davon nicht
berührt. Dieser Informationsaustausch erfolgt auch ohne vorherige
Anfrage der Steuerbehörden eines Landes und ohne dass ein konkreter
Verdacht bestehen oder nachgewiesen werden muss.
Die besagte
Bestimmung findet sich gleich zu Beginn von Artikel 5 Paragraph 1 Nr. 39
des (Blatt 20) Artikel er besagte Artikel 5 des OECD-Musterentwurfs für
ein TIEA:
"AGREEMENT ON EXCHANGE OF INFORMATION ON TAX MATTERS" (Stand
3.10.2009),
worin die völlig unzureichenden Möglichkeiten des
Informationsaustausches näher bestimmt werden. Dieser
Informations-Scheinerfolg führt jedoch schon
einen Schritt weiter als der OECD-Entwurf für die geforderten
Doppelbesteuerungsabkommen, der zur Bekämpfung des Steuer-Parasitismus
noch viel weniger bringt. Die Unterzeichnung von mindestens zwölf von
diesen Freibrief-Besteuerungsabkommen reicht aber bereits für eine
Steuerhinterziehungs-"Oase" schon, um von der Grauen Liste
gestrichen zu werden,
wie die Schweiz im September 2009 durch die Unterzeichnung ihres
zwölften OECD-konformen Abkommens, zu guter letzt ausgerechnet mit der
Steuer-"Oase" Katar, die Erträge aus dem Ausland überhaupt nicht
besteuert (sh.
findfinvest.com, Stand
3.10.2009).
Wie nutzlos
auch die TIEAs nach OECD-Muster sind, zeigt allein schon die Tatsache,
dass sie von einigen der weiterhin hartleibigsten
Parasitismus-Profiteuren unterzeichnet wurden. Dazu heißt es in der ZEIT
unter der Überschrift
"Die
Schweiz will die Welt zermürben", zeit.de,
8.4.2009
Nr. 16:
Wieso aber sind etwa Steueroasen Jersey und Guernsey von der OECD auf
die weiße Liste gesetzt worden? Bundespräsident Merz mutmaßt in der
NZZ am Sonntag : »Wie es die Kanalinseln geschafft haben, ist für
mich ein Phänomen, das ich noch klären will.« Des Rätsels Lösung ist
einfach. Jersey, Guernsey und die Isle of Man haben TIEA mit Staaten wie
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden,
Norwegen, Dänemark, Finnland, Irland und Island unterzeichnet.
Und in dem
Bericht des
Tax Justice Network (sh. oben) für den deutschen Bundestag findet
man die Erklärung:
Das Manko lässt sich durch folgendes Beispiel illustrieren: Die
Kaimaninseln waren an der
Ausarbeitung des OECD-Musterabkommens beteiligt, verpflichteten sich
bereits 2000 zu
einem Informationsaustausch im Rahmen der OECD-Initiative gegen
schädlichen
Steuerwettbewerb und unterliegen im Übrigen auch der EU-Zinsrichtlinie.
Dennoch ließen
die Steuerbehörden der Insel den "Spiegel"“ wissen, dass in den
vergangenen Jahren aus
Deutschland gerade einmal zwei Anfragen über Steuerfragen kamen.
Der
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück verdient als Hauptakteur der
neoliberalen Umverteilung nach oben seit 1998 gewiss keinen besonderen
Schutz, obwohl ihm die Hilfstruppen der Schweizer Garden das eher als
Plus anrechnen dürften. Zur Wählertäuschung und um diesen Verrat an der
Sozialdemokratie zu kaschieren, fällt ihm im Wahlkampf 2009 wieder nur
die Erhöhung der irreführenden Reichensteuer ein, von der er und seine
neoliberalen Meinungsmacher auch weiterhin gerade noch komplett verschont bleiben (sh. hier
Reichensteuer.htm und
"Kritik am 'Placebo' Reichensteuer", netzeitung.de,
13.4.2009). Aber die gefälligen "Rechercheure" von Report
Mainz ignorieren völlig die Heuchelei ihrer Steuerparasiten und erwecken
bei den Adressaten ihrer Irreführung den Eindruck, als ob Steinbrück
hinter seinen "kämpferischen Parolen" nur die "Wahrheit" verberge.
Am ehesten findet man in dem Report noch ein Fünkchen "Wahrheit" in der
zitierten richtigen Aussage von Dieter Ondracek, dem Vorsitzenden der
Deutschen Steuergewerkschaft:
»Man könnte wesentlich mehr tun und wesentlich mehr aufdecken, wenn man
die genügenden Leute hätte. Die Ermittlungen in Richtung Schweiz über
den Rechtshilfeweg sind zeitaufwändig und verwaltungsaufwändig, und da
geht mancher Fahnder den Weg in Richtung Schweiz nicht, weil er die Zeit
nicht hat.«
Aber hier geht es ausnahmsweise nicht um Personalmangel bei der
Steuerprüfung, sondern darum, dass man von vornherein jeden Steuerprüfer
in dem Morast schickt, damit sich die Ermittlungen nicht mehr lohnen
(sh. TJN-Bericht oben) und daher von vornherein möglichst jeder Versuch
aufgegeben wird.
Wesentlich erhellender, wenn auch noch recht milde, ist dagegen der
historisch zurückgreifende Dokumentarfilm des Schweizers Beat Bieri
"Das Bankgeheimnis – Vom Erfolgsmodell zum Stolperstein".
(Sh. SF Schweizer Fernsehen vom
23.3.2009
mit Video-Aufzeichnung sowie bei 3Sat am 27.4.08 mit anschließendem
Interview von Frank A. Meyer mit Peer Steinbrück, ebenfalls dort
aufgezeichnet unter dem Titel
"Vis-a-vis
Peer Steinbrück"). Auch in dem Film kommt
ab der 37. Minute Peer Steinbrück zu Wort mit der Feststellung:
Die Schweiz bietet Konditionen an, die deutsche Steuerzahler dazu
einladen, in Deutschland Steuern zu hinterziehen… Die Schweiz ist nur
bereit, mit uns zu kooperieren, wenn es Steuerbetrug gibt. Aber diesen
Steuerbetrug meinen Steuerzahlern nachzuweisen, dazu bedarf es exakt der
Informationen die die Schweiz hat, aber sie liefert sie mir nicht. Das
ist das Problem.
Man blockiert also den Nachweis des Steuerbetruges so lange, bis
dieser auf andere Weise erlangt wurde. Genau dieser Blockade-Zirkel wird
aber von den Lobbyisten der
Steuer-Schmarotzer in FDP und neoliberalen Medien penetrant
unterschlagen. So schreibt z.B. die Liechtensteiner Zeitung
"Vaterland" vom
8.5.2009
unter der Überschrift
"Total daneben":
Die bayerische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Emilia
Müller (CSU), riet Steinbrück in der «Passauer Neuen Presse» zu einem
einmonatigem Schweigegelübde. Er rede sich sonst um Kopf und Kragen.
FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms sagte der «Bild»-Zeitung: «Seit
fünf Jahren gibt es die Möglichkeit, die Schweiz in Steuerverfahren um
Amtshilfe zu bitten, und bislang gibt es offenbar bloss ein einziges
Gesuch dieser Art aus Deutschland.»
Vom gleichen Schlage ist der FOCUS. Auch er beruft sich hier gern auf
das neoliberale Kampfblatt BILD und die gleichgesinnte
Springer-Presse. Wie diese hat auch er die Eigeninteressen seiner
Chefredaktion und Geldgeber fest im Blick. Das zeigt nicht nur die
Überschrift
"Steueroasen-Schelte – Steinbrücks Lizenz zum Meckern",
focus.de,
8.5.2009. Darin heißt es:
Steinbrück bedrohe die Schweiz mit Kavallerie und Peitsche, lasse die
Rechtswege aber praktisch ungenutzt. "Das zeigt, dass es ihm bloß um
Wahlkampfgetöse geht und nicht um Steuergerechtigkeit", sagte Solms.
Aber man erfährt in dem Artikel immerhin, dass sich nicht nur bei den
"Liberalen", sondern auch bei den "Christlichen" zahlreiche Unterstützer
des Schmarotzertums in Positur bringen:
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht
Polenz, mahnte, es gelte der alte Spruch: "Hart in der Sache, aber
freundlich im Ton." Der Flurschaden werde immer größer, außerdem sei
Steinbrück ein Wiederholungstäter.
Die bayerische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Emilia
Müller (CSU), riet Steinbrück zu einem einmonatigem Schweigegelübde. Er
rede sich sonst um Kopf und Kragen. "Es ist beispiellos für einen
deutschen Spitzenpolitiker, wie sich Peer Steinbrück durch eine Kette
verbaler Entgleisungen in der eigenen Partei isoliert hat", sagte Müller
der "Passauer Neuen Presse". CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf
Steinbrück bei "Bild.de" vor, dieser schade "dem Ansehen Deutschlands
bei unseren Nachbarn".
Dagegen zeigt Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) immerhin ein
Mindestmaß an Verbal-Radikalismus. Gegen die Empörung von Jean-Claude
Juncker als Wortführer der Parasitismus-Profiteure fand er zumindest
klare Worte. Dazu heißt es beim Nachrichten-Ticker von t-online/AP am
5.5.2009 unter der Überschrift:
"Steinbrück vergleicht Schweiz mit Ouagadougou":
Am Rande eines EU-Finanzministertreffens in Brüssel wandte sich
Steinbrück gegen den Vorwurf der OECD-Mitglieder Schweiz, Luxemburg und
Österreich, die Graue Liste sei über ihre Köpfe hinweg beschlossen
worden. Steinbrück verwies darauf, dass die drei Länder im Herbst eine
OECD-Ministerkonferenz zur Bekämpfung von Steuerbetrug boykottierten.
"Sie hätten ja kommen können. Und selbstverständlich werde ich sie zur
Nachfolgekonferenz im Juni in Berlin auch einladen: Luxemburg,
Liechtenstein, die Schweiz, Österreich und Ouagadougou", sagte der
Bundesfinanzminister. Das afrikanische Land Burkina Faso steht übrigens
nicht auf der Liste der Staaten, denen die OECD unzureichenden Einsatz
gegen Steuerhinterziehung vorwirft…
Die EU-Kommission beabsichtigt, mit der Schweiz und anderen europäischen
Ländern außerhalb der EU über ein Betrugsbekämpfungsabkommen zur
Eindämmung von Steuerhinterziehung zu verhandeln. Mit Liechtenstein
laufen solche Verhandlungen bereits. Steinbrück begrüßte dieses
Vorhaben, betonte aber, Deutschland werde sich dadurch von bilateralen
Verhandlungen mit diesen Ländern nicht abhalten lassen.
Steinbrücks Verhandlungsbereitschaft kann allerdings Zweifel wecken an
seinem konsequenten Beharren auf einem "automatischen
Informationsaustausch" (sh. oben) aller Daten, die zur Verhinderung der
Steuerhinterziehung nötig sind, also insbesondere auf einer Aufhebung
des Bankgeheimnisses im Umgang mit den Profiteuren des
Steuerparasitismus.
Bei ihrer
Informations-Blockade berufen sich sowohl Steinbrück als auch die
Parasitismus-Profiteure auf Artikel 26 des OECD-Musterabkommens über die
Amtshilfe in Steuersachen, mit dem sich die Parasitismus-Opfer haben
abspeisen lassen durch einen Wall von Hindernissen gegen eine effektive
Kontrolle. Das Liechtensteiner "Vaterland" schreibt dazu unter der
bezeichnenden Überschrift
"Von der Elastizität eines Standards",
vaterland.li, 11.4.2009:
Offene Interpretationsfragen
Dreh- und Angelpunkt der Debatte ist die
Frage, wann ein Land zugunsten der Steuerfahnder oder Finanzbeamten
eines anderen Landes sein Bankgeheimnis lüftet. In den Alpenländern, die
nun allesamt auf «grauen» Liste versammelt sind, werden die Standards
eher restriktiv ausgelegt, im Land von Peer Steinbrück, dem deutschen
Finanzminister, dem die Tageszeitung «Rheinische Post» diese Woche in
einem Kommentar den Titel «Ober-Sheriff der Steuerfahndung» verlieh,
legt man die Standards dagegen so weit aus als irgend möglich.
Die Interpretation des Eidgenössischen
Finanzdepartments von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz geht so: Der
Bundesrat habe entschieden, «dass die Schweiz den OECD-Standard bei der
Amtshilfe in Steuersachen nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens
übernimmt», erklärte das Department vor wenigen Tagen, als die Schweiz
Verhandlungen über ein Abkommen mit den USA ankündigte. «Das erlaubt»,
hiess es weiter, «den Informationsaustausch im Einzelfall auf konkrete
und begründete Anfrage mit anderen Ländern auszubauen». Ähnlich klingt
das bei Österreichs Finanzminister Josef Pröll: Österreich werde künftig
bei «begründetem Verdacht» einer ausländischen Behörde auf
Steuervergehen des Kontoinhabers Informationen über Konten austauschen,
sagt der Minister, schränkt aber ein, der Verdacht müsse «gut
dokumentiert» sein.
Automatismus «völlig undenkbar»
Liechtenstein hat sich vor knapp vier
Wochen noch einen Tag vor der Schweiz und Österreich zu den
OECD-Standards bekannt. «Diese sehen einen Informationsaustausch auf
Anfrage, jedoch keinen Automatismus vor», definiert Regierungschef Klaus
Tschütscher. Der Austausch auf Anfrage in einem gut dokumentierten
Einzelfall mit begründetem Verdacht auf Steuerhinterziehung, wie ihn
Liechtenstein Ende 2008 mit den Vereinigten Staaten im sogenannten TIEA
vereinbart hat, sei der «Massstab für die weiteren Verhandlungen», sagt
Tschütscher. Eine direkte Kontenabfrage eines ausländischen Finanzamts
wäre – und da ist er sich einig mit den Bankiers und Treuhändern im Land
– «völlig undenkbar».
Den «automatischen Informationsaustausch» wünscht sich Peer Steinbrück.
Auch in Frankreich hält man dies für die beste Variante.
Ebenso "undenkbar" ist das
offenbar für die deutschen Hilfstruppen der Steuerbetrüger in der FDP
und bei den "Christlichen". Dagegen könnte Steinbrück das sofort
erreichen mit der Linken und wohl auch mit den Grünen durch geeigneten
bilateralen Druck auf die "Oasen". Die "Sozialdemokraten" werden also
selbst zu Parasitismus-Schützern, indem sie Koalitionsverhandlungen mit
der Linken auf Bundesebene ablehnen. Dagegen könnte Steinbrück den
unerlässlichen Automatismus sofort
erreichen mit der Linken und wohl auch mit den Grünen durch
ausreichenden
bilateralen Druck auf die "Oasen". Die "Sozialdemokraten" werden also
selbst zu Parasitismus-Schützern, indem sie Koalitionsverhandlungen mit
der Linken auf Bundesebene ablehnen.
Was wirklich hinter der Unschulds-Pose der Schweizer
Außenministerin Micheline Calmy-Rey
steckt (sh. oben), sagte der Schweizer Bundespräsident Hans-Rudolf Merz
der Neuen Züricher Zeitung vom 21.6.2009 kurz vor seinem Besuch in
Berlin vom 23.6.2009:
«Aus Brüssel wird wohl ein Tief auf uns zukommen. Die EU arbeitet in
Richtung automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen. Das wäre
das Ende des Bankgeheimnisses. Und das wollen wir um keinen Preis.»
(Sh.
"Wie die Schweiz den Steuerstreit verlor", Baseler Zeitung,
23.6.2009.) Aber der Steuerstreit ist noch gar nicht verloren, solange
die Neoliberalen in Deutschland und Europa den Parasitismus
unterstützen.
Gegen die
Heuchelei der Parasitismus-Profiteure hat die schwarz-rötliche Koalition
auf Drängen der SPD am 20.4.2009 ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit
dem eine stärkere Kontrolle der Geldströme zwischen Deutschland und den
Geldverstecken erreicht werden soll. Allerdings werden die
Kontrollmechanismen auf Wunsch der "Christlichen" erst nach der
Bundestagswahl näher bestimmt, so dass sie dann bei einer Koalition
zwischen ihnen und der FDP sofort wieder beerdigt werden können. Dazu
heißt es in der Süddeutschen vom
21.4.2009
unter der Überschrift
"Die
Angst der Kanzlerin":
Dem Vernehmen nach
verständigten sich Steinbrück und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu
Guttenberg (CSU) nun offenbar auf einen Kompromiss, von dem beide
behaupten können, sie hätten sich gegen den jeweils anderen
durchgesetzt. So kann Steinbrück darauf verweisen, dass es generell bei
der Beweispflicht von Firmen und Bürgern bleibt. Zudem dürfen die
Finanzämter bei Top-Verdienern im Inland mit einem Jahreseinkommen von
mehr als 500.000 Euro verdachtsunabhängige Steuerprüfungen vornehmen.
Guttenberg wiederum kann sich zugutehalten, dass in dem Gesetz die
einzelnen Länder, die der Bund als Steueroasen betrachtet, nicht
namentlich genannt werden.
Dies soll erst in Rechtsverordnungen nachgeholt werden, die nach Angaben
aus Unionskreisen aber wohl nicht mehr vor der Bundestagswahl Ende
September diesen Jahres erlassen werden können. Im Falle eines Wahlsiegs
könnten CDU und CSU somit völlig auf sie verzichten.
"Die Angst
der Kanzlerin" vor dem Stigma der Parasitismus-Helferin im Wahlkampf ist
ihr also durch einen Trick genommen worden. Bei einer CDU-FDP Regierung
würden die erforderlichen Rechtsverordnung kaum zustande kommen, da dann
die Lobbyisten des Schmarotzertums mit Hilfe der neoliberalen Medien zu
Lasten der Ärmsten die Oberhand gewinnen. (Sh.
"Union will Finanzminister Steinbrück einnorden", welt.de,
8.5.2009.)
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