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Sage mir, wer Deine Freunde sind ...



Auch die pragmatisch erworbene Freundschaft des Mediendirigenten und "lupenreinen Demokraten" Wladimir Putin (Schröder über Putin: sh. russlandonline.ru, 22.11.04 und "Russische Medien - Hauptakteur: Wladimir Putin", stern.de, 9.3.04) kann dieser Genosse der Bosse nutzen, um selber Boss zu werden in einer Pipeline-Gesellschaft mit seinen Bossen und Putin als Haupt-Initiatoren.

Die russische Kritik an dem "lupenreinen Demokraten" und ehemaligen Geheimdienstmann ist jedoch nach weitgehender Gleichschaltung der russischen Medien schwächer geworden. Die gelenkten Medienmacher haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Unbeugsame Journalisten und Kritiker der Tschetschenien-Connection werden auch aus diesem oder anderen Umfeldern bedroht - sh. in 2006 den Mord an Anna Politkowskaja: "Kritikerin den Kreml ermordet", tagesspiegel.de, 8.10.06, und zu Putins Tschetschenien-Statthalter für den russischen Geheimdienst, Ramsan Kadyrow, den Artikel "Termin mit dem Tod", zeit.de, 12.10.06, sowie den Film von Vincent Prado: "Tschetschenien: Der Kadyrow-Clan" (mit Video für RealPlayer ab Version 10 bei arte.tv, 4.10.06. Auch die bestialische Ermordung des mutigen Journalisten Iljas Schurpajew im März 2008 geht wahrscheinlich auf das Konto der Tschetschenien-Clique (sh. "Russischer Reporter niedergestochen und erwürgt", spiegel.de, 21.3.2008). Zum zweifelhaften plötzlichen Aufstieg Putins als Vertrauten des maßlos bereicherten Jelzin-Clans siehe unter anderem den preisgekrönten Film von Tania Rakhmanova: "Die Machtergreifung des Wladimir Putin", arte.tv, 5.10.2005, leider nicht im Web gespeichert).

Aufschlussreich für die Verstrickung des  russischen Geheimdienstes FSB ist auch der Bericht des Deutsche-Welle-Reporters Christoph Wanner, der in Tschetschenien (!) durch den russischen (!) FSB vorübergehend festgenommen wurde, weil er  zwar die erforderliche russische Akkreditierung hatte, aber dort "nicht im Begleitung von russischen Behörden gewesen" sei! (Sh. "Reporter der Deutschen Welle aus Tschetschenien ausgewiesen", dw-world.de, 15.12.06.)

Bei diesem Staatsterror, wie auch bei den bisherigen Staatsterroristen von Gnaden der USA oder anderen, stellt sich die offene Frage nach der stillschweigenden oder perfide wohlwollenden Duldung von Exzessen zur Interessenwahrung. Die Mordanschläge auf Journalisten sind zugleich Versuche, die Reste an Zivilcourage zu ermorden. Die Vorsitzende der schwedischen Teilorganisation von "Reporter ohne Grenzen", Eva Elmsäter, sprach von einer "klassischen Hinrichtung" Politkowskajas und sagte: "Leider passiert das in Russland viel zu oft" (sh. "Reporter ohne Grenzen: 'Klassische Hinrichtung', Journalistin war Trägerin des Olof-Palme-Preises", der standard.at, 7.10.06). Siehe auch zu den fehlgeschlagenen Attentaten auf die Journalistin Elena Tregubova: "Putin und die Pressefreiheit", ttt/daserste.de, 1.10.06. Sh. ferner Markus Minning: "Die Pressefreiheit in Russland...", SS 2006,  m.w.Nachw.).

Auch der ehemalige russische Geheimdienst-Agent Alexander Litwinenko wurde ermordet, als er über den Mord an Anna Politkowskaja recherchierte. Er sah diesen Mord voraus und brachte neben dem hochverdächtigen russischen Geheimdienst FSB (Nachfolger des KGB) sogar dessen Förderer Wladimir Putin persönlich damit in Verbindung, war aber selbst nicht immer glaubwürdig (sh. "Ein strahlender Mord", oraclesyndicate.twoday.net, 5.12.06). Als Mordwaffe diente das radioaktive Polonium 210 (sh. "Strahlentod - Was Putin und den vergifteten Ex-Spion verbindet", welt.de, 26.11.06, und "THE BUS TICKET THAT PROVES WHERE SPY WAS POISONED - LETHAL DOSE GIVEN AT HOTEL", mirror.co.uk, 11.12.06).

Als Grund für die Ermordung sollte nach den Vorstellungen der Anstifter wohl der Verrat von Staatsgeheimnissen in Betracht kommen. Dazu Litwinenko:

 

Ich kannte keine Staatsgeheimnisse. Darum ging es nicht. Was sie so wütend machte war, dass ich angeblich ihr Heiligstes verriet. Ich verriet ihr Finanzierungssystem, verriet, auf welche Weise sie sich ihr Geld beschafften.

 

(Zitiert nach einem Bericht von Sabine Adler am 19.3.2008 kurz vor acht Uhr im Deutschlandfunk über den Film "Rebellion. Der Fall Litvinenko" von Andrej Nekrasov und Olga Konskaya, der leider nur in der Berliner Akademie der Künste gezeigt wurde - am 12.3.2008, in "Originalfassung, deutsch eingesprochen", sh. auch adk.de.) Es ging um das Finanzierungssystem der FSB-Agenten und ihrer Günstlinge. Dabei spielte die Petersburg-Connection des ehemaligen FSB-Direktors Wladimir Putin die entscheidende Rolle. Diese Verhältnisse hat der Publizist Jürgen Roth schon ausführlich beschrieben (sh. z.B. "Die Mafia, der FSB und Putin - Hintergründe des Mordes an Alexander Litwinenko", wirtschaftsverbrechen.de, 1 - 2007).

In Russland geht es auch weiterhin um die Privatisierung der Rohstoffe sowie des gesamten Volksvermögens zugunsten einer wachsenden Zahl von Milliardären und zu Lasten des ausgeplünderten Volkes, dass teilweise mit Brosamen aus den Ölmilliarden des eigenen Landes bei Laune gehalten und durch die staatlich kontrollierten Medien irregeführt wird. Es scheint fraglich, ob nun wirklich das heutige Finanzierungssystem offengelegt ist, z.B. mit Gazprom und den vielen Günstlingen, von dem auch Putin-Freund Gerhard Schröder mit seinen unbekannten Geldzuflüssen in der Schweiz profitiert. Genannt werden 250.000 Euro jährliche als Aufsichtsratstantiemen für Schröder. Das Konsortium hat vorsorglich seine Geschäftsadresse in der Schweizer Briefkasten-Oase Zug mit der besten Verschleierung von Geldtransfers und dem niederträchtigsten Steuer-Parasitismus auf Schweizer Boden (sh. hier auch Unternehmenssteuerreform.htm). Dazu der Schweizer Nationalrat Josef Lang:

 

Zug ist der Hauptmotor des Steuerdumpings in der Schweiz. Steuerdumping heißt, Firmen und reiche Personen zahlen die Steuern nicht dort, wo sie Kosten verursachen, sondern dort, wo die Steuern am tiefsten sind. Und das ist höchst unfair. Vor allem das Problem ist, das entzieht den europäischen Sozialstaaten die materielle Basis.


(Sh. "Fakt vom 23.6.2006 - Gerhard Schröder", mdr.de.) Die Aufdeckung des "Heiligsten", also des Finanzierungssystems, ist zum Glück in Deutschland nicht so gefährlich wie im Reich von Putins Günstlingen. Aber auch hierzulande und fast überall ist das "Heiligste" für die Profiteure der Umverteilung nach oben die Verschleierung ihres Lügengespinstes zum Besteuerungs- und Finanzierungssystem mit Hilfe ihrer bestbezahlten Meinungsmacher. Eine gewisse Ausnahme dürfte es durch die Transparenz-Regeln in den skandinavischen Ländern geben.

Auch wenn Putin nach Einschätzung etlicher Analysten persönlich nichts mit all den Morden an Journalisten und Publizisten zu tun hat, geht seine Manipulation der Medien doch weit hinaus über die unerträgliche Manipulation durch die Medien hierzulande, in Italien, den USA und  in anderen westlichen Ländern (sh. hier Demokratie-Kauf.htm). Auf diese Weise verhindert Putin eine breite Öffentlichkeit zur Aufklärung der Morde und übertrifft bei Sonntagsfragen mit etwa 60 Prozent der Stimmen (sh. "Mord als Form des Wahlkampfes", Russland-Aktuell, 2.12.06) bequem die Zustimmungsraten westlicher Manipulateure. Dabei helfen ihm natürlich auch die Wohltaten durch den Gas- und Öl-Segen.

Ohne Medienmanipulation mit Hilfe der Ölmilliarden und ohne und Gewalt wäre es kaum möglich, die plötzliche Privatisierung des russischen Volksvermögens und Volkseinkommens zu Lasten der Ärmsten in wenigen Händen abzusichern, denn in Russland konnten sich die Profiteure nicht auf ein eingespieltes Söldnerheer von eigennützigen neoliberalen Meinungsmachern stützen. Einen Monat vor dem Mord an Anna Politkowskaja ließ der Kreml auch noch die Tageszeitung Kommersant aufkaufen. Dazu schrieb die Berliner Zeitung::

 

Mit der Übernahme des Kommersant führe Usmanow einen Auftrag des Kreml aus, schrieb die Zeitung am Donnerstag in einer Offenheit, die ihr wohl nicht mehr lange erlaubt sein wird. "Usmanow hat den Kommersant entweder auf direkte Anweisung des Kreml gekauft oder zumindest in Abstimmung mit ihm", urteilt auch Wladimir Pryblowski von der Panorama-Stiftung. "Dies bedeutet das Ende der Unabhängigkeit des Kommersant - der einzigen Zeitung, die uns noch umfassend informiert hat."

 

(Sh. "Eine unabhängige Stimme soll verstummen - Kreml-Günstling Usmanow bringt den Kommersant, Russlands führende Zeitung, in seinen Besitz", berlinonline.de, 4.9.06.) Die Einschätzung von Wladimir Pryblowski steht außer Zweifel, nachdem der unter Putin bereits die maßgeblichen Fernsehstationen durch Gasprom aufgekauft oder durch andere Günstlinge gleichgeschaltet wurden (sh. ebd.).

 

Trotzdem gab es beim Kommersant noch angestammte Journalisten, die an der Aufdeckung von Verbrechen der Nomenklatura interessiert waren, so der Militär-Journalist Iwan Safronow, der nicht einmal zur Opposition gegen den Putin-Clan gezählt wird. Dazu titelte die Süddeutsche Zeitung am 6.3.07 "Moskauer Fenstersturz" und schrieb:

 

Safronow war Ende vergangener Woche aus einem Fenster im fünften Stock seines Wohnhauses in Moskau gestürzt. Seine Kollegen und Verwandten glauben nicht daran, dass er das freiwillig getan hat. Sie halten den 51-Jährigen für das Opfer eines Verbrechens. Fest steht, dass Safronow als Militärexperte der Zeitung Kommersant genügend Gelegenheit hatte, sich Feinde zu machen...

 

Bislang jedenfalls will die Justiz nichts davon wissen, dass der Tod Safronows der jüngste in einer Serie sein könnte - einer Serie von Journalistenmorden in Russland. Nach Angaben der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ sind seit dem Amtsantritt von Präsident Wladimir Putin im Jahr 2000 in Russland 21 Journalisten ermordet worden.

Allein im vergangenen Jahr kamen drei Reporter ums Leben. Das bekannteste Opfer war Anna Politkowskaja, die sich weltweit durch ihre Berichte über Verbrechen in Tschetschenien einen Namen gemacht hatte. Bis heute ist das Verbrechen an ihr nicht aufgeklärt...

Bekannt ist mittlerweile allerdings, dass Safronow wieder an einer „heißen Geschichte“ gearbeitet hat. Kommersant berichtete am Dienstag, der Journalist habe Informationen über geplante illegale Waffenlieferungen aus Russland nach Syrien und Iran gehabt.

Er habe allerdings gefürchtet, dass der russische Geheimdienst FSB nach der Veröffentlichung ein Verfahren wegen Geheimnisverrats gegen ihn einleite. Die Redaktion will nun eigene Nachforschungen zum Tod des Kollegen anstellen - mit Vermutungen oder gar Beschuldigungen hält sie sich aber bislang zurück.

 

Auch die übrigen Indizien im Artikel der Süddeutschen Zeitung sprechen klar für Mord und Vertuschungsabsichten. Interessant ist, dass der Verdacht hier nicht auf kriminelle Apparatschiks und Statthalter abgelenkt wird. Vielmehr wird Putins FSB direkt in den Mittelpunkt gerückt.


Dass Schröder sich mit seinem Griff nach dem großen Geld "keinen Gefallen" tut (so Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie lt. dradio.de, 11.12.05) ist ebenso richtig und falsch wie die Aussage, dass er sich, seinen Parteioberen und den übrigen "Bestverdienern"  mit seiner Steuersenkung für Bestverdiener "keinen Gefallen" getan hat, aber diesmal haben seine rotmaskierten Profiteure wirklich nichts davon. Dennoch bleibt er damit voll auf seiner und ihrer Linie: Es geht stets angeblich nur darum, "Verantwortung zu übernehmen" (auch für eine bezahlbare deutsche Gasversorgung von Gnaden der schröderschen Putin-"Freunde"):
 

"Auf Wunsch der drei Partner bin ich gerne bereit, Verantwortung im Aufsichtsrat der Gesellschaft zu übernehmen", erklärte Schröder nach Angaben seines Berliner Büros.
 

(Sh.: "Altkanzler wird Aufsichtsratschef", tagesschau.de, 9.12.05). In Wirklichkeit ging es wohl dem Kanzler der Bosse  schon vor seinem Regierungsantritt allzu sehr um die fatale Faszination des großen Geldes nach seinem Motto "Ich will hier rein", aber nicht nur ins Kanzleramt. Schon deshalb haben ihn die Neoliberalen stets als einen der Ihren empfunden.

Auch wenn mit Rücksicht auf das Medienecho "nur" eine "knappe" sechsstellige jährliche Anfangsvergütung für die begrenzte Anzahl seiner Aufsichtsratssitzungen vereinbart wird, so lässt sich das nach Erlahmen des politischen Interesses gewiss noch deutlich steigern, denn der Profit aus dem Pipeline-Geschäft für die beteiligten Konzerne dürfte zu Lasten der Verbraucher erheblich sei, zumal bei der jetzigen Art der Lobby-Preisbildung durch Quasi-Monopole der privatisierten Energie-Konzerne. Auch Schröders "Verantwortung" bei der Steuersenkung für "Bestverdiener" richtete sich effektiv gegen das Gemeinwohl. Die Entrüstung bei FDP und CDU klingt jedoch heuchlerisch, wenn man sich an die nicht aufgearbeiteten wesentlich klareren Fälle Bangemann-Telefonica und vor allem Kohl-Kirch erinnert oder auch nur ihre heutige Politik der Umverteilung in die eigenen Taschen betrachtet.

In keinem Fall sollte sich Westeuropa auf die schönen Worte von Gerhard Schröder und den russischen Ölhahndrehern verlassen. Dazu heißt es bei wissen.de :

 

"Die Russen setzen ihr Gas als politische Waffe bei den ehemaligen Staaten der GUS ein", sagt auch Manfred Panitz vom Bundesverband der Energieabnehmer (VEA), "keiner gibt uns die Garantie, dass sie das nicht irgendwann auch bei uns machen." Man müsse deshalb nach Alternativen suchen, etwa die Möglichkeit Flüssiggas zu importieren. "Weltweit werden inzwischen 20 Prozent des Gases als Flüssiggas transportiert - und damit kommen andere Länder als Lieferanten in Betracht."

 

(Sh. die Zwischenüberschrift "Gas als politische Waffe", wissen.de, 9.1.07, mit dem Hinweis auf die Untersuchung des DIW unter der Leitung von Claudia Kemfert. Sie kritisierte "im Interview mit MDR INFO, dass sich Deutschland zu sehr in Abhängigkeit von Russland begeben habe", sh.: "Gasstreit könnte zu Engpässen in Deutschland führen", mdr.de, 30.12.06.)


Der STERN titelt "Trojanisches Gas" und beschreibt Schröders gut bezahlte "Verantwortungsübernahme" am Putin-Gashahn wie folgt:

 

Die Erpressung der Ukraine durch Russland hat den Deutschen die Augen geöffnet: Der Pipeline-Vertrag mit dem Kreml war ein strategischer Fehler...
Die Gas-Geschäfte Moskaus stehen seither unter dem Generalverdacht eines Troja-Projekts...
Im September 2005, anderthalb Wochen vor der Bundestagswahl, wurde ein russisches Pferd nach Berlin gezogen. Das Weihgeschenk für den wahlkämpfenden Gerhard Schröder wurde von einem weitsichtigen russischen Diplomaten mit dem Satz kommentiert, man wolle "einer künftigen Bundesregierung etwas mit auf den Weg geben." Die Gabe, der neuen Zeit gemäß nicht ein hölzernes Pferd, sondern eine stählerne Röhre aus der Ostsee, wurde allseits bestaunt, ganz wie ehedem in Troja...

51 ist die Kennziffer der Machtentfaltung Putins. Mit 51 Prozent beherrscht der russische Staat den Giganten Gasprom, mit 51 Prozent auch die DeutschlandPipeline durch die Ostsee. Mit 51 Prozent will Putin sich den Ex-Kanzler als Vorsitzenden des Pipeline-Aufsichtsrats halten, und mit 51 Prozent könnte er sich schließlich selbst, so wird in Moskau gemunkelt, zum Chef der Gasprom machen, wenn seine Präsidentschaft 2008 endet. Er könnte damit mächtiger werden als sein Nachfolger: Jedem Land ein eigener Gaspreis, für jedes eine eigene Pipeline, die in Moskau auf- oder zugedreht werden kann - das ist erkennbar Putins Modell.
Und Deutschland beginnt zu begreifen. Der strategische Partner kann zur strategischen Bedrohung werden. Mehr als 40 Prozent ihres Gasverbrauchs deckten die Deutschen 2005 schon aus russischen Quellen, und wenn die Ostsee-Pipeline fertig ist, könnten es noch weit mehr werden.

 

(Letzte Hervorhebung beim Zitat. Sh. Hans-Ulrich Jörges: "Trojanisches Gas", stern.de, ohne Datum vorläufig gespeichert unter http://www.buergerinitiative-energiepreise.de/Archiv_ALLG/Archiv_07.html. Im Original zum Herunterladen gegen Gebühr unter http://www.stern.de/magazin/heft/552979.html?nv=ma_ah.)

 

Am 19. Januar 2009 wurde auch der Anwalt von Anna Politkowskaja, Stanislaw Markelow, ermordet und mit ihm die ebenso mutige junge Journalistin Anastasia Baburowa, die versucht hatte, den Mörder zu stellen.
 

Sowohl Gazprom-Schröders "lupenreiner Demokrat" und Förderer der KGB-Connection, Ministerpräsident Putin, als auch der Präsident Medwedjew, beides Juristen, hatten sich vollmundig als Garanten des Rechtsstaats ausgegeben. Aber keiner von Ihnen stand an den Gräbern der Systemopfer oder setzte auch nur das mindeste Zeichen, das die Killer der Systemkritiker zum Einhalten bringen könnte. Auch von ihren eingekauften Meinungsmachern bei den TV-Sendern und sonstigen Medien war kaum etwas zu erwarten. Dazu heißt es im SWR vom 25.1.2009:

 

Für Karina Moskalenko, die Anwältin der Familie der ebenfalls ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja, ist das Schweigen von Minsterpräsident Wladimir Putin und Präsident Dimitri Medwedjew ein gefährliches Zeichen. ''Im Internet wird schon diskutiert, wer der nächste sein wird. Wenn sich ein Vertreter des russischen Staates klar und deutlich dazu äußern würde, könnte das meiner Meinung nach dazu beitragen, den nächsten Mord zu verhindern'', sagt Moskalenko. ''Wenn aber die Macht schweigt, stimmt sie dem, was passiert ist, zu.''

 

(Sh. „Ermordeter Menschenrechtsanwalt in Moskau beerdigt –‚ ‚Im Internet wird schon diskutiert, wer der Nächste ist“, swr.de, 25.1.2009.)


 

Anna Politkowskaja, Stanislaw Markelow und andere wurden offenbar ermordet, weil sie kurz davor waren, die Verbrechen von "Putins Statthalter in Tschetschenien", Ramsan  Kadyrow, öffentlich zu dokumentieren. Sh. "Russland – Wer erschoss Stanislaw Markelow?", WDR/Weltspiegel vom 3.5.2009. Dort heißt es weiter:

 

Wer den Mörder finden will, glauben Markelows Kollegen, der muss sich diese Fälle nur genauer ansehen.

Dieses merkwürdige Dokument könnte Markelow das Leben gekostet haben: Hunderte Seiten, säuberlich mit Kugelschreiber beschrieben. Ein Tschetschene hat sie verfasst, der Rechtsanwalt will sie beim europäischen Menschengerichtshof einreichen. Zitat: Ich, Mochmadsalach Masajew, wurde im Dorf Tsenteroi tagelang mit Elektroschocks gefoltert. Die Papiere sind politischer Sprengsatz.

Denn sie beschuldigen ihn hier, Ramsan Kadyrow, den Helfer Putins. Jetzt ist er offiziell tschetschenischer Präsident, eigentlich immer noch Bandenführer. Kadyrow gilt als zynisch und sadistisch, aber von seinen Foltermethoden und Machenschaften soll Europa nichts erfahren, er ist der Mann des Kreml.

Der Mann, der Kadyrow hier schriftlich beschuldigt, verschwindet auf mysteriöse Weise. Seine Erklärung bleibt auf Markelows Schreibtisch und das sei das Todesurteil für den Anwalt gewesen, meinen Exiltschetschenen.

 

 

Wacha Badjaew, Exil-Tschetschene

Markelow wusste alles über diese systematische Folterung, und diese Information über Kadyrow ist tödlich. Dem genügt nicht, dass ein Folteropfer verschwindet, auch dessen Anwalt muss getötet werden. Und: Der einzige andere Zeuge, der über die Folter aussagen wollte, mein Freund Umár, ist ja kurz vor Rechtsanwalt Markelow ebenfalls erschossen worden.

Wiener Zentralfriedhof, hier liegt dieser zweite Mann, der versucht hat, über das Folterregime zu sprechen: Umár Israilow.

Der mutige Tschetschene geht auch vor den europäischen Gerichtshof, Putins Statthalter Kadyrow habe ihn gefoltert. Zitat: "Dann begann Kadyrow die Kurbel zu drehen und versetzte mir einen Stromschlag. Ich spürte schlimme Schmerzen in meinem Kopf und meiner Hand."
 

Zu den Hintergründen heißt es im Skript einer Radio-Sendung vom 27.4.2009 bei dw-world.de unter dem Titel "Russland- Die Macht des KGB ist ungebrochen":

 

In der zweiten Amtszeit ging es mit Jelzin schnell bergab. Er wusste nicht weiter, das Land stürzte in eine tiefe Krise. Als Retter bot sich ausgerechnet einer der Geheimdienstler an – Wladimir Putin. Ihn machte der Präsident erst zum Regierungschef und dann zu seinem Nachfolger im Kreml. Putin setzte die Reformen der Geheimdienste fort, allerdings in die entgegengesetzte Richtung: nicht um sie zu entmachten, sondern um sie zu seiner wichtigsten Stütze zu machen. Inzwischen sind die russischen Geheimdienste zu einem weit verzweigten System zusammengewachsen.

 

Die Aufklärung solcher Verbrechen durch die russischen Behörden scheint also aussichtslos, weil dort keine "lupenreinen Demokraten", sondern immer noch der KGB regiert.



 

 

Nachtrag vom 12.8.2009

Natalja Estemirowa und die Feinde der Aufklärung:

 

Auch in Russland gibt es nicht viele Journalisten und sonstige Meinungsmacher, für die eine ehrliche Aufklärung wichtiger ist als ihre persönlichen wirtschaftlichen und existentiellen Interessen. Aber dort geht es nicht nur um hochbezahlte Wählertäuschung oder wirtschaftliche Existenzsicherung, sondern auch um Leben oder Tod.  Zu diesen ganz wenigen Journalisten gehörte Natalja Estemirowa, eine herausragende Trägerin des Alternativen Nobelpreises, die wie Anna Politkowskaja in vorderster Front stand bei der Aufklärung der Staatsverbrechen in Tschetschenien (sh. "Die Feindin des Tyrannen", taz.de, 17.7.2009, und "Erneut Menschenrechtsaktivistin in Russland ermordet", telepolis, 16.7.2009). Wie beim immer noch nicht aufgeklärten Mord an Anna Politkowskaja und etlichen anderen Mordopfern deutet auch bei diesem Mord vom Juli 2009 alles auf Putins Tschetschenien-Statthalter Ramsan Kadyrow und seine zynischen Täuschungsmanöver. Alle Opfer dieser Mordserie wollten die Verbrechen von Kadyrow und seine Komplizenschaft mit Putin und dessen Geheimdienst aufdecken, der immer noch in Tschetschenien sein Unwesen treibt. Damit kommen auch die möglichen übrigen Täter im Falle von Stanislaw Markelow (sh. auf dieser Seite) immer weniger in Betracht. Die Einstellung Putins zu diesen Morden wird etwas klarer in folgender Passage aus dem oben zitierten Artikel  "Die Feindin des Tyrannen", taz.de, 17.7.2009:


Unmittelbar nach der Todesnachricht meldete sich auch Russlands Präsident Dmitri Medwedjew zu Wort: "Leider scheint es offenkundig zu sein, dass der sinnlose Mord mit der Arbeit Natalja Estemirowas als Menschenrechtlerin verbunden ist", zitierte ihn eine Pressesprecherin. Die Strafe für die Verbrecher müsse daher umso härter sein. Die schnelle Reaktion auf das Verbrechen war ein Novum für den Kreml, der bei ähnlichen Fällen entweder gar nicht oder erst spät Stellung bezog, wie im Fall der Journalistin Anna Politkowskaja, die im Jahr 2006 in Moskau erschossen wurde. Der damalige Präsident Wladimir Putin reagierte erst nach Tagen und in einer Weise, die international Bestürzung hervorrief: Der Tod der Journalistin hätte Russland mehr Schaden zugefügt als ihre Artikel, sagte er sinngemäß.

 

Recht hat er damit ganz gewiss, aber diesen Schaden haben seine Komplizen in Kauf genommen in ihrem und seinem Interesse, wie auch hierzulande - und überall - die skrupellosen Profiteure der Umverteilung nach oben jeden Schaden für ihr Land in Kauf nehmen. Im Wahlkampf 2007 blieb Putin noch bei seiner Hetze gegen seine Terror-Opfer. Dazu schreibt Katja Tichomirowa in der Berliner Zeitung vom 4.12.2007 unter der Überschrift "Putins Pläne":
 

Jedwede Opposition in Russland wird mit dem Generalvorwurf bedacht, von feindlichen Mächten gelenkt und finanziert zu werden. In der Putinschen Diktion klingt das so: "Schakale, die um ausländische Botschaften herumschleichen und Geld erbetteln". "Feinde des Volkes" sei eine Formulierung, die mit dem Wahlkämpfer Putin wieder Eingang in das Vokabular der Nomenklatura gefunden hätte, schrieb ein russisches Magazin in der vergangenen Woche.

 

(Eine Dokumentation solcher Putin-Tiraden findet man auch von Andreas Umland, Nationale Taras-Schewtschenko-Universität, Kyjiw, unter dem Titel: Russland vorm Abgrund - Putins Wahlkampfrede vom November 2007 als Gezeitenwende der postsowjetischen Politik, laender-analysen.de)


Es ist auch fraglich, ob sich der Präsident Medwedew gegen den ehemaligen russischen Geheimdienstchef Putin und dessen Geheimdienst-Schützlinge durchsetzen kann, wenn er es denn überhaupt will. Wollten sie wirklich gegen solchen Terror vorgehen, dann müssten sie ihrem Schergen Kadyrow und dem russischen Tschetschenien-Geheimdienst lediglich die russischen Milliarden-Gelder streichen, mit denen diese ihre Umtriebe finanzieren.

Derartige Verbrechens-Finanzierung war und ist auch in der westlichen Welt noch heute wie früher ein Mittel, um andere Völker auszurauben, unter der Knute zu halten und einzumauern - ebenfalls mit vielen getöteten  Widerstandskämpfern und mutigen Journalisten weltweit, die sich die Ausplünderung nicht gefallen lassen. Die gewaltsamen Rebellen werden dann aber als "Terroristen" bezeichnet, von denen etliche ihre Gewalt auch gegen Unschuldige richten, und ihre Tötung lässt sich dann dadurch rechtfertigen.
 

 

Schröder-Freund Putin finanziert also mit seiner Regierung schamlos weiter den Luxus und Prunk seinen Schergen Kadyrow in dem bitterarmen Land Tschetschenien. Kurz nach dem Mord an Natalja Estemirowa hat Kadyrow seine Killer zu weiteren Verbrechen angefeuert durch ein Interview, worin er die Menschenrechtlerin als "eine Frau ohne Ehre und Gewissen" bezeichnete. Die nächsten Mordopfer waren - bereits einige Wochen später - die Menschenrechtlerin Sarema Sadulajewa und ihr Ehemann Alek Dzhabrailow. Dazu heißt es im österreichischen Inforadio Ö1 vom 11.8.2009 noch recht verhalten unter der Überschrift: "TSCHETSCHENIEN - Wer für Menschenrechte kämpft ist vogelfrei":

 

Kadyrow: "Eine Frau, die niemand brauche"
Der hat nämlich vor wenigen Tagen ein bemerkenswertes Interview gegeben. Natalja Estemirowa, die prominente Menschenrechtsaktivistin, die erst vor einem Monat in Grosny entführt und ermordet worden ist, diese Natalja Estemirowa sei eine Frau gewesen, die niemand brauchte - eine Frau ohne Ehre und Gewissen, sagte Ramsan Kadyrow in diesem Interview. Damit hat er unter Umständen das Signal für weitere Morde gegeben, ohne diese direkt anordnen zu müssen. Eine ohne Ehre und Gewissen, eine die niemand braucht, die kann man ruhig aus dem Weg räumen, so mögen enge Verbündete des tschetschenischen Präsidenten gedacht haben.


Kadyrow entlarvt sich also noch eindeutiger als sein Finanzier Putin. Dieser hatte sich ja beschränkt auf die vieldeutige Äußerung, der Tod der Journalistin Anna Politkowskaja habe Russland mehr Schaden zugefügt als ihre Artikel (sh. oben.)
 




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