Stand 24. Februar 2007
mit
Nachtrag vom 4.12.2007,
zuletzt ergänzt am 12.10.2009
Zurück zum Abschnitt 1:
Was sagen amerikanische Ökonomen zu
Steuersenkungen für Bestverdiener und Meinungsmacher?
Was bringt dagegen die Rossäpfeltheorie?
Exkurs zu Hartz IV
(Siehe hier auch die Exkurse:
Mindestlohn und
EU-Lohndumping.)
Die Arbeitslosigkeit der
Hartz-IV-Bedürftigen ist vor allem eine Folge der Konsumabwürgung durch
die Umverteilung nach oben, denn die Konsumquote der Einkommensschwachen
ist wesentlich höher als von jenen neoliberalen Politikern,
Meinungsmachern und Einkommensmillionären, die ihre jährlichen fünf- und
sechsstelligen Steuergeschenke weitgehend dem Konsumkreislauf entziehen
und womöglich in Steuer-"Oasen" verschieben. Dazu heißt es in der
DGB-Studie "Arbeitsmarkt aktuell" vom Mai 2009:
Die Arbeitslosigkeit der Hartz IV-Bedürftigen resultiert hauptsächlich
aus dem Mangel an Arbeitsangeboten. Persönliche Probleme scheinen
dagegen ein deutlich geringeres Beschäftigungsproblem zu sein. 68
Prozent der 1-Euro-Jobber haben eine abgeschlossene Ausbildung. Die
Befragung unterstreicht damit und insbesondere mit der Aussage zur Art
der Tätigkeiten ("entspricht regulärer Arbeit") die Aussage des
IAB-Kurzberichts, dass die Hälfte der 1-Euro-Jobber fit ist für den
ersten Arbeitsmarkt und 1-Euro-Jobs reguläre Beschäftigung "in nicht zu
vernachlässigendem Umfang" ersetzen.
(Sh.
"Praxis und neue Entwicklungen bei 1-Euro-Jobs", S. 10, dgb.de,
Mai 2009.) Eine vereinfachte Darstellung der Studie ohne diesen
entscheidenden Aspekt, aber dafür mit weiteren wichtigen Aspekten findet man
z.B. in der Berliner Zeitung:
"Ein-Euro-Jobs bringen Arbeitslosen wenig", berlinonline.de,
29.6.2009,
oder in der WELT:
"Ein-Euro-Jobs führen selten zur
Festanstellung", welt.de, 29.6.2009.)
Bezeichnend ist die Stellungnahme des DIW (sh. berlinonline.de,
a.a.O.) mit dem Argument pro Hartz-IV: "Es ist das einzige
Instrument, die Arbeitsbereitschaft von Langzeitarbeitslosen zu testen",
das nur für Extremfälle gilt (sh. die DGB-Studie). Gleichzeitig fordert
aber der DIW-Direktor Klaus F. Zimmermann eine Mehrwertsteuer-Erhöhung auf 25 Prozent (zur
Finanzierung der Umverteilung nach oben, sh. hier
"Zimmermann").
Das bedeutet aber eine weitere Konsumabwürgung, durch die noch mehr
ehrliche Arbeitnehmer zu Hartz-IV-Opfern werden.
Hartz IV ist ein Herzstück
der flott verkündeten Agenda 2010. Autor des Konzepts
ist VW-Personalchef Peter Hartz (sh. Hans-Joachim
Selenz: "Schwarzbuch
VW - Wie Manager, Politiker und Gewerkschafter den
Konzern ausplündern" und derselbe: "Volkswagen
- ein 'mafiöses System'"). Peter Hartz
handelte im Auftrag seines Genossen Gerhard Schröder von
der ehemals sozialdemokratischen SPD, der durch seine
Steuersenkung für Bestverdiener auf Kosten der Ärmsten
zum Liebling der Bosse und Meinungsmacher geworden war.
Man hält Oskar Lafontaine
jetzt im Laufe der Irreführungskampagnen vor, dass er
sich
als Finanzminister im Oktober 1998 zur
Arbeitslosenversicherung wie folgt geäußert habe:
Und ich lade die Partei und die Gewerkschaften ein,
darüber nachzudenken, ob wir nicht auch bei der
Arbeitslosenversicherung Korrekturbedarf haben, ob nicht
hier auch eher der Fall gegeben ist, nach dem
Sozialstaatsprinzip vorzugehen, statt nach dem Prinzip
der Versicherungsleistung. Wir wollen, dass der
Sozialstaat seine Leistungen auf die wirklich
Bedürftigen konzentriert.
sh. z.B. das
sozialdemokratische
forum.vorwärts.de.
Diese Position läge jedoch
durchaus auf der
Linie des skandinavischen Erfolgsmodells mit "Fordern
und Fördern" (sh. hier
index.htm), für das Lafontaine
auch heute noch entschieden eintritt und das sich in dem
steuerfinanzierten Modell auch bestens realisieren
lässt. Man bastelt also auch hier wieder aufs heftigste
an der Verdrehung der Tatsachen, um von der asozialen
Umverteilung nach oben abzulenken.
Zur flotten "Agenda
ZwanzigZehn" gehört auch das
Hartz-II-Konzept,
mit dem zum 1. Januar 2003 unter anderem die "Ich-AG"
und die
Ein-Euro-Jobs (= "Arbeitsgelegenheiten"
i.S.v. § 16 Abs. 3 i.V.m. §§ 2 und 3 SGB II) eingeführt
wurden. Die Arbeitsmarktstatistik lässt sich auf diese
Weise bestens frisieren, denn "wer, wie meist bei
1-Euro-Jobs, 15 oder mehr Stunden wöchentlich arbeitet,
gilt nicht mehr als arbeitslos" (sh. Günther Stahlmann:
"1-Euro-Jobs
aus rechtlicher Sicht", S. 3, Fußnote
6.). Das gleiche gilt allgemein für Aufstocker, die ihr
Existenzminimum nur mit staatlichen Zulagen erreichen.
Ein weiterer Trick ist der beabsichtigte
Zwangsruhestand für die etwa 400.000 Arbeitslose über 58
Jahre, womit diese zugleich automatisch aus der
Arbeitslosenstatistik herausfallen würden und die
erheblichen Rentenabschläge für Frühruheständler in Kauf
nehmen müssten (sh. "Die
Große Koalition will Arbeitslosenstatistik schönen",
welt.de, 22.1.2008).
Zur Kosmetik dient auch der Ersatz der früheren
Arbeitslosenhilfe durch Hartz IV, denn die wesentlich
verschärften Bedürftigkeitsregelungen führen dazu, dass
z.B. viele arbeitslose Ehefrauen nach einem Jahr keine
Arbeitslosenunterstützung mehr bekommen, wenn mit dem
Einkommen des Mannes gerade noch die
Sozialhilfegrenze plus eventuellen Mini-Zuschlägen
überschritten wird. Besonders in ländlichen Regionen bei
größeren Entfernungen und Niedrigstlöhnen sind kaum
geeignete Jobs zu finden. Auch die Arbeitslosmeldung
nach Ablauf des Arbeitslosengeldes I ist dann kaum noch
erfolgversprechend. Somit waren schon im Jahre 2005 mehr
als 2,4 Millionen Arbeitssuchende nicht als Arbeitslose registriert (sh. Bremer Institut für
Arbeitsmarktforschung: Kurzmitteilung vom
1.12.2005,
verdi.de).
Diese Zahl ist lt. FAZ vom 19.10.2007 nahezu konstant
geblieben. Zur
Definition der
"Beschäftigungslosigkeit" sh. auch:
"Unterschiede von ILO-Erwerbsstatistik und
SGB-Arbeitsmarktstatistik im Überblick" (sh.
Bundesagentur für Arbeit: "Der Arbeitsmarkt in
Deutschland - Monatsbericht, September 2005", S. 18).
Dem ZDH-Präsidenten Otto
Kentzler wurde mit den 1-Euro-Jobs zugleich Anlass gegeben zur berechtigten
Kritik an unnötiger Marktverzerrung und ausufernder
Bürokratie. Diese Kritik diente jedoch auch zur untergeschobenen Wahlpropaganda
für das FDP-Programm der
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben; sh. "Ein-Euro-Jobs
setzen dem Handwerk weiter zu -
ZDH-Präsident Otto Kentzler im Gespräch mit dpa wörtlich
am 11. August 2005". Diese Wahlpropaganda richtet
sich direkt gegen die Interessen der meisten
ZDH-Mitglieder, denen bei ihren moderaten Einkommen mit teilweiser Steuerfinanzierung
ihrer Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung besser
gedient wäre als mit einer Senkung des
Spitzensteuersatzes für ihre bestverdienenden
Verbandslobbyisten (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Aber Kentzler hat
zweifellos recht mit
seiner Kritik am Drehtüreffekt zu Lasten der regulär
Beschäftigten durch angeblich 200.000 Ein-Euro-Jobbern,
deren Zahl die rotgrüne Regierung lt. Kentzler noch auf 600.000
steigern wollte (sh. ebd.). Die Bundesagentur für Arbeit
spricht in ihrem Bericht für September 2005 zwar nur von
aktuellen 148.000 "geförderten Stellenangeboten", fügt
aber hinzu: "Im September gingen insgesamt 226.000
Stellenmeldungen ein, darunter 42.000
Arbeitsgelegenheiten." (Bundesagentur für Arbeit: "Monatsbericht
September 2005", S. 8; Hervorhebung
vom Verfasser als Hinweis auf obige Definition).
Neben den ca. 200.000
Ein-Euro-Jobbern gab es im September 2005 noch 310.400
Existenzgründer, die mit staatlicher Förderung meist nur
für maximal 3 Jahre über Wasser gehalten werden und so
als Selbständige aus der Arbeitslosenstatistik
verschwinden. Dazu gehören 236.400 "Ich-AGs" und 74.100
Bezieher des sechsmonatigen "Überbrückungsgeldes" (sh. "Monatsbericht
September 2005", a.a.O., S. 11).
Besonders diese Gruppen können durch Marktverzerrung den
nicht geförderten Handwerkern und ähnlichen
Selbständigen mindestens ebenso zusetzen wie die von
Kentzler kritisierten Ein-Euro-Jobber.
Den etwa 500.000
geförderten Existenzgründern und Ein-Euro-Jobbern steht
eine Abnahme der "sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungen" gegenüber, so dass die Sozialkassen
noch stärker belastet werden. Auf diesen "Abbau
regulärer Arbeitsplätze" hat der Chef der der
Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise einmal
wieder am 30.6.05 hingewiesen (sh. "Ein-Euro-Jobs
drücken Arbeitslosenzahl", stern.de,
30.6.05):
"Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
entwickelt sich weiter ungünstig", warnte Weise. Die
Zahl sozialversicherungspflichtiger Jobs habe im April
um 333.000 unter Vorjahreswert gelegen.
Tatsächlich dürfte diese
Zahl im September 2005 sogar um etwa 400.000 unter dem
Vorjahreswert gelegen haben (sh. "Monatsbericht
September 2005", a.a.O., "Tabellenanhang,
Eckwerte des Arbeitsmarktes", zweite Zeile rechts). Im
Juli 2005 belief sie sich auf 26.007.600 bei ca.
38.966.000 "Erwerbstätigen" und ca. 4,77 Millionen
Arbeitslosen (ebd., Zahlenzeile eins und drei). Das
entspricht einer Arbeitslosenquote 11,5% bezogen auf die
"zivilen Erwerbspersonen insgesamt" und von 12,8%
bezogen auf die "abhängigen zivilen Erwerbspersonen".
Die staatliche Förderung
von 500.000 Existenzgründer und Ein-Euro-Jobber
bringt zwar einerseits eine Verminderung der
Arbeitslosenquote um etwa ein Zehntel.
Der Fortfall der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen um bis zu
400.000 hebt dies jedoch weitgehend wieder auf
und bringt zu den Kosten für die Arbeitsförderung auch
noch erhebliche Ausfälle für die Sozialkassen. Die
verantwortlichen Politiker haben jedoch für diesen
Doppelten Aufwand aus der Staatskasse den statistischen
Vorteil, dass sie sich bei der nächsten Wahl nicht eine
drastische Erhöhung der Arbeitslosenquote vorwerfen
lassen müssen.
Dass sie dieses Problem am ehesten durch Rückkehr
zu ihren Spitzensteuersätzen der
Wirtschaftswunderjahre und durch (teilweise)
Steuerfinanzierung der Sozialabgaben lösen könnten, wird
von ihnen und den übrigen neoliberalen Meinungsmachern
peinlichst verschwiegen (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Im Gegensatz zu Ein-Euro-Jobs und Ich-AGs dürfte sich
die Marktverzerrung durch Kombilöhne in Grenzen halten,
wenn man diese Zuschüsse nicht an die Arbeitgeber,
sondern an die Arbeitnehmer auszahlt und geeignete
Rahmenbedingungen schafft (sh. insbesondere die Studie
von Bruno Kaltenborn und Lars Pilz: "Kombilöhne
im internationalen Vergleich",
IAB-Werkstattbericht, Ausgabe 10 / 1.8.2002, über
iab.de; ferner:
"Kombilohn"
bei Wikipedia m.w.Nachw.). Diese Art der Förderung
wird in etlichen westlichen Marktwirtschaften
erfolgreich praktiziert. Die Sozialleistungen für
Erwerbsunfähige und Ruheständler nach deutschem Standard
bleiben davon unberührt.
Aber das Fordern und aufwendige
Fördern geht ins Leere, solange die
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben
fortgeführt wird und durch diese Politik ständig neue
Konkursopfer zu Sozialfällen werden.
Ein eigenes nicht nur
anekdotisches Beispiel zu
Hartz IV mit einem
unerwarteten Protagonisten soll hier noch eingefügt
werden:
Wenn man keine Vorstellung von der Politikerversorgung hätte, wäre zu erwarten,
dass ein abgestrafter EX-Minister dank christdemokratischer Härte bei
der Weihnachtsentscheidung von 2003 und dank der rosagrünlichen
Kahlschlags-Kumpanei[66]
nach Ablauf seines
Anspruchs auf Arbeitslosengeld I, Einführung von Hartz IV und einem finanziellen
Striptease
in aller Öffentlichkeit die Straße fegen muss (sh.
Foto[68])
- zu 30% unter Tarif[67],
damit ihm seine Mini-Sozialhilfe nicht um 30% gekürzt oder auf
Sachleistungen umgestellt wird! Denn er wird ja für sich und seine
Ehefrau mindestens die jeweils 90% und für seine minderjährigen Kinder die
jeweils 60% bis 80% von den knapp 350 Euro monatlich plus
Sozialwohnungs-Pauschale brauchen,[69]
nachdem er vorher mehr als 10.000 Euro + Kostenpauschale
usw. monatlich auf dem Konto hatte. Zumindest für die abgestürzten Normal- und Besserverdiener oder
Konkursopfer bezeichnet man das - gerade beim gegenwärtigen Arbeitsmarkt - zu
Recht als "Armut und Ausgrenzung per Gesetz".
Mit einer derartigen Abspeisung wären die gesetzlichen
Versicherungsleistungen aus den fünfzig- oder sechzigtausend Euro schon
erschöpft, die er als Normalverdiener während der Jahrzehnte seines
Arbeitslebens in diese Arbeitslosenversicherung eingezahlt hätte (sh.
Lafontaine-Rede v. 28.4.05 in Krefeld und
sogar
BILD v. 23.4.05),
wenn er nicht als Minister das zehn- oder zwanzigfache an Pension ohnehin
unbegrenzt umsonst bekäme. Der Rest sind Brosamen. Aber durch solche
"motivierenden" Maßnahmen geben ihm die profitierenden Meinungs- und
Gesetzesmacher immerhin die Lottochance, irgendwann wieder an ihrer sogenannten
"Spaßgesellschaft" und Kahlschlagspolitik aktiv teilzunehmen.
Zwar kann sich unser zu Recht weggejagter Minister auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes
berufen, aber dieses Prinzip verbietet nach Meinung der
Neoliberalen nicht die Umverteilung nach oben, solange man nicht bei
US-amerikanischen oder gar Drittwelt-Verhältnissen angekommen ist.[71]
Auch kann er sich nicht - wie der gern zitierte Klavierspieler - darauf berufen,
dass er beim Straßefegen seine Fingerfertigkeit verliert[72]
oder krank wird, denn er ist doch an der frischen Luft. Außerdem sagt seine
SPD-Ministerkollegin Renate Schmidt (ebenfalls 10.000 Euro netto +
Kostenpauschale bei monatlich mehr als 1.000 € rosagrünlichem Steuerrabatt)
zur wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich: "Armut hängt nicht vom Geld ab".
"Sie fordert von den ’klugen Müttern’ Eintopf mit Saisongemüse statt Fast Food
und plädiert für ’Haushaltskurse’ damit Eltern und auch Kinder ’mit ihrem Geld
wirtschaften lernen’" (sh. Wolfgang Lieb in:
NachDenkSeiten, 28.2.2005). Diese guten
Ratschläge seiner Ex-Kollegin werden ihm vielleicht weiterhelfen, zumindest
gegen den Wohlstandsbauch.
Vielleicht findet er ja auch in
fortgeschrittenem Alter trotz der von ihm mitverursachten Arbeitslosigkeit
doch noch einen Mini-Job in der Fremde, verlässt Haus und Hof, Frau und Kind,
Freunde und Bekannte oder seine kranken Eltern, um in einem alten Bundesland mit
etwas geringerer Arbeitslosigkeit neu anzufangen. Für einen neoliberalen
Minister wäre das gewiss sehr erkenntnisfördernd. Aber die Arbeit zum
Dumpinglohn 30% unter Branchenniveau oder gar zu 1,50 Euro pro Stunde als
Zuschlag zur Sozialhilfe (für maximal zulässige sechs bis zwölf Monate) wird irgendwann –
durch die ständige Rotation und Neubesetzung solcher Stellen - einen anderen Niedrig-Lohn-Jobber zum
Arbeitslosen machen ("Drehtüreffekt") und die gewerblichen Dienstleister in
Bedrängnis bringen, auch wenn offiziell ständig das Gegenteil beteuert
wird. Vielleicht wird der geschasste Minister auch zu denjenigen gehören, die
engagiertes Personal in der Wohlfahrtspflege verdrängen.
Auf jeden Fall wird er die Löhne noch weiter nach unten treiben, so dass er am
Ende mit der niedrigen Sozialhilfe nach Hartz IV doch noch besser fährt als
ein "working poor" (sh.
Fußnote 25).
Irgendwann entdeckt ihn DIE WELT schlafend
auf der Parkbank: Siehe ihr
Foto[74]
mit dem Text: "Die Armutsschwelle liegt in Deutschland bei 938 Euro im
Monat".[75]
Aber damit müsste er als Alleinstehender doch eigentlich noch sehr bescheiden
nach den Rezepten von Renate Schmidt leben
können, wenn er davon z.B. nur 350 bis 450 Euro Wohnungskosten zu bezahlen hätte? Tatsächlich
beträgt das Sozialgeld für einen Alleinstehenden in Westdeutschland aber nur
347 Euro plus Kosten für eine Wohnung auf Sozialniveau.[76]
Diesen einfachen "Eckregelsatz" kann man sich einprägen.
Davon werden die geringeren Regelsätze für die
übrigen Familienmitglieder mit Faktoren abgeleitet.
Statt dessen ließen die Volksverdummer vom ZDF während
der TV-Sendung "Berlin Mitte" in einer Bildtafel 1.885
Euro Nettoeinkommen vorgaukeln für eine vierköpfige
Familie von Hartz-IV-Empfängern (sh. "12
Euro fürs Nichtstun", linkezeitung.de,
9.6.06). Darin sind jedoch 200 Euro für einen 1-Euro-Job
hineingemogelt, der normalerweise nach sechs Monaten
nicht verlängert werden darf, damit bei dem knappen
Angebot solcher Jobs auch andere Hartz-IV-Empfänger
einmal eine "Chance" bekommen (sh. "Vom
Ein-Euro-Job in die Rente",
wdr.de, 7.9.05).
Außerdem ist die zulässige Hartz-IV-Maximalmiete für
einen 4-Personen-Haushalt in Berlin von 619 Euro
eingerechnet (sh.
berliner-arbeitslosenzentrum.de,
Seite besucht 10.6.06). Ohne den 1-Euro-Job bleiben also
zum Leben 1.885 - 200 - 619 = 1.066 Euro oder 266,50
Euro pro Kopf im Monat, die unserem Minister insgesamt zustünden,
also nicht etwa plus Kindergeld.
Das wäre für seine Leistungen und für die neoliberalen
Meinungsmacher vielleicht durchaus angemessen, nicht
jedoch für einen qualifizierten Arbeitnehmer, dessen
Unternehmen durch deren Umverteilung nach oben in die
Pleite getrieben wurde.
Aus dem korrigierten
Nettoeinkommen von 1.685 Euro lässt sich dann für einen
Alleinverdiener ein vergleichbares monatliches Bruttoeinkommen von etwa
1.750 Euro berechnen, denn bei Steuerklasse III fallen
in 2006 ohne Kirchensteuer 6 Euro Lohnsteuer an (sh.
Abgabenrechner des
Bundesfinanzministeriums). Abgezogen werden ferner etwa
21% hälftige Sozialabgaben entsprechend ca. 368 Euro.
Hinzu kommen jedoch 308 Euro Kindergeld, die der
Hartz-IV-Empfänger nicht zusätzlich hat. Das ergibt also
ein vergleichbares verfügbares Einkommen von 1.750 - 6 -
368 + 308 = 1884 Euro so dass unser Minister angeblich
durch "Nichtstun" einen Stundenlohn von z.B.
1.750/160 = ca. 11 Euro erreicht. Eine Mitarbeit der Ehefrau wird
also ausgeschlossen. Keine Rede ist auch von der hohen
Arbeitslosigkeit durch Umverteilung nach oben und davon,
dass man nicht einmal genug 1-Euro-Jobs anbieten kann.
An dem Beispiel sieht man auch, dass die Steuersenkung
für Kleinverdiener von ihnen unfreiwillig erkauft
wird durch unverhältnismäßig hohe Belastung ihrer Löhne
und durch sonstige Belastungen mit den Kosten des
Sozialstaates. Dagegen bleiben die bestverdienenden
Meinungsmacher mit ihren Einkommensteilen oberhalb der
Beitragsbemessungsgrenzen davon völlig unbelastet. Auch
die übrigen Einkommensarten wie Politikerbezüge,
Kapitaleinkünfte der Einkommensmillionäre, Bestverdiener
usw. bleiben von diesen Sozialabgaben sorgsam verschont.
Da die Arbeitgeber im obigen Beispiel für den
Kleinverdiener noch weitere 368 Euro Sozialabgaben
monatlich bezahlen müssen, ist es kein Wunder, dass
Arbeitsmarkt und Konsum immer weiter
heruntergewirtschaftet werden zu Gunsten jener, die laut
verkünden "Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft" und
die ihre überschüssige Geldschwemme womöglich im Ausland
oder in Steuervermeidungsmodellen bunkern (sh. hier
das Hauptthema unter
rossaepfel-theorie.de).
Unser Minister hat jedoch ausgetönt. Vielleicht findet mal für
einen oder zwei Monate einen Job als
Spargelstecher und gehört zu den wenigen
deutschen Arbeitslosen, die auf die Moralappelle der
Umverteilungs-Profiteure und Arbeitsplatzvernichter
eingehen. Immerhin kann er damit z.B. in Brandenburg
3,78 Euro pro Stunde verdienen und hat als
Alleinstehender mit jeweils 8 bis 10 Stunden Arbeit am
Tag bei einer Sieben-Tage Woche an der frischen Luft
dann sogar etwa mehr Geld in der Tasche als mit Hartz-IV
(sh. "Wer
sticht den Spargel?", dradio.de, 26.5.06)
Die neoliberalen Moralapostel würden ihm das
selbstverständlich vormachen, wenn sie einmal an seiner
Stelle wären, selbst dann, wenn sie - wie der
obige Familienvater - dadurch ihre Hartz-IV-Bezüge
vorübergehend von 1685 auf 1885 Euro netto steigern
könnten. Sie täten das allein schon aus Solidarität mit
den bestverdienenden Arbeitsplatzvernichtern, damit die
ihre fünf- oder sechsstelligen Steuergeschenke behalten
können. Anschließenden Arzthonorare für die Behandlung
von Rücken- und Gelenkproblemen durch die ungewohnte
Arbeit gehen sowieso auf Staatskosten.
Die jährlichen
pinkgrünlichen Steuergeschenke für Michael Fuchs (CDU)
liegen zwar nur im fünfstelligen Bereich, aber nach den
CDU-Plänen oder gar nach den Vorstellungen von Merkels
"Visionär" Kirchhof sollte ja noch viel hinzukommen.
Auch er entrüstete sich in der SWR-Sendung
"Quergefragt" vom 7.6.06:
"Ich nenne Ihnen
ein konkretes Beispiel, das mich wirklich ärgert. Wir
haben im Bundestag darüber diskutiert, dass wir bei den
Saisonarbeitern Deutsche haben wollen, und dass es nicht
nur Ausländer sein sollen. Sie wissen, dass wir 340.000
Saisonarbeiter aus dem Ausland haben."
Es ist aber
keineswegs so, dass Fuchs nicht wüsste, was er da redet,
denn es geht den Neoliberalen keineswegs um Information
des Talkshow-Publikums, sondern nur um Propaganda und
Irreführung.
Mit den 1.066 Euro
erhält dieser utopische Ex-Minister für sich mit seiner vierköpfigen Familie zum Leben weit weniger als das, was
die neoliberalen Noch-Minister durch ihre eigennützige Umverteilung monatlich allein an Steuern
sparen.
Ob er nach komplizierten
Definitionen als "arm" gilt[77]
oder ob er trotz Ministerbezügen auf der Parkbank schläft ist dabei
völlig
gleichgültig und eignet sich vor allem für Ablenkungs-Debatten. Interessant ist
vielmehr, dass durch die Umverteilung die Schere zwischen Arm und Reich laut
Armuts- und Reichtumsbericht immer weiter auseinander geht, wie viele Kinder in
die Sozialhilfe fallen und dass sich immer mehr Arbeitnehmer zugunsten der
Bestverdiener und "idle rich" als "working poor"[78]
über Wasser halten müssen. Jedenfalls sollte er sich an der Verfassungsklage der
Contra e.V. mit ihrem engagierten Vorsitzenden
Dieter Nolte beteiligen, um gegen die Aushöhlung des Sozialstaatsgebotes durch die
neoliberalen Best-"Verdiener" anzugehen.
Diese werfen sich dagegen in die Brust - zusammen mit
Wolfgang Clement,
indem sie ihr Umverteilungsopfer diffamieren und von ihm
erwarten, dass er sich zunächst ihrer
raubtierkapitalistische "Winner-Loser-Ideologie" nach
US-Vorbild unterwirft. Zunächst soll der gescheiterte
Ex-Minister also ihr "Bewerbungstraining" durchlaufen
und ihren "Erfolg" anbeten (sh. "Die
Bekämpfung der Arbeitslosen - Barbara Ehrenreich
beschreibt ihre amerikanische 'Irrfahrt durch die
Bewerbungswüste'", zeit.de, 16.3.06).
Besonders engagiert für die Umverteilung nach oben durch
Hartz IV zeigen sich Einkommensmillionäre und sonstige
"Bestverdiener", so auch z.B. Porsche-Chef und
Schröder-Freund Wendelin Wiedeking (sh. Fred Schmid: "Hundt,
Rogowski und anderes Volk",
isw-muenchen.de,
10/2004), der sich ansonsten sehr sozial gibt. Mit
dem Snob-Effekt seiner überteuerten Luxus-Autos lässt
sich viel Geld verdienen. Bei einem geschätzten
Jahreseinkommen von mindestens 15 Millionen Euro (sh. "Gegen
die Wand gefahren", taz.de,
25.5.05) hat er durch Schröders Senkung des
Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent eine jährliche
Steuerersparnis von mehr als 160.000 Euro, die ja
irgendwie aufgebracht werden müssen zu Lasten der
einkommensschwachen Konsumenten.
Bei den 400-Euro-Jobs wurden
schon die "schlimmsten Befürchtungen bestätigt" durch Wegfall von 227.000
regulären Einzelhandels-Arbeitsplätzen in einem Jahr und Entstehung von 176.000
Minijobs im gleichen Zeitraum.[79]
Auch dieses Problem ließe sich nach den skandinavischen Erfolgsmodellen lösen
(sh. das Beispiel Dänemark).
In Dänemark erhält der Arbeitslose nach
vier Jahren Arbeitslosigkeit eine durchaus
existenzsichernde Sozialhilfe. Das waren nach einer
Übersicht aus 2004 immerhin 8.409 Dänenkronen monatlich
(sh.
ECOTEC: Basisinformationsbericht (BIB) Dänemark 2004,
Blatt 21) oder nach heutigem Kurs umgerechnet 1130
Euro für einen Alleinstehenden über 25 Jahre. Zum
1.1.2007 waren es 8.952 Kronen (sh.
EU: Missoc, Gegenseitiges Informationssystem zur
sozialen Sicherheit, …, Vergleichende Tabellen,
Stand
1.1.2007, Blatt 126). Bei einem Preisniveau vom
1,28fachen des deutschen Niveaus liegt er auch damit
deutlich über dem deutschen Hartz-IV-Niveau
einschließlich Wohngeld. (Sh. "Internationaler Vergleich
der Verbraucherpreise – Fachserie 17 Reihe 10 – Juli
2009",
destatis.de.) Allerdings wird in Dänemark
kaum jemand so lange arbeitslos sein, da die
Arbeitslosenquote nur halb so hoch ist wie hier und
nicht so viele ordentliche Arbeitsplätze durch
Umverteilung nach oben vernichtet wurden.
Es ist in Dänemark auch nicht so wie in
Deutschland, dass Langzeitarbeitslose oder lebenslange
Dumpinglöhner unweigerlich unter das deutsche
Sozialhilfeniveau fallen mit Grundsicherung und
Wohngeld, das hier bei insgesamt etwa 800 Euro monatlich
liegt. Vielmehr wird die Grundrente (Folkepension) dort
nach Wohnsitzjahren berechnet. Damit verhindert man
auch, dass deutsche Hartz-IV-Opfer im Rentenalter nach
Dänemark umziehen. Diese Wohnsitzjahre werden berechnet
ab dem 15. Lebensjahr. Wer danach mindestens 40 Jahre in
Dänemark gelebt hat, erhält als Alleinstehender eine
jährliche Volksrente (Folkepension) von 59.424 + 59.820
= 119.244 Dänenkronen (Stand 1.1.2007). Das sind ca.
16.000 Euro. Hinzu kommt noch eine jährliche Zusatzrente
(arbejdsmarkedets tillaegspension, ATP) von 20.700
Dänenkronen (ca. 2800 €) für sozialversicherte
Langzeitbeschäftigte. (Sh.
EU: Missoc, Gegenseitiges
Informationssystem zur sozialen Sicherheit, …,
Vergleichende Tabellen,
Stand
1.1.2007, Blatt 68.)
Die Demonstrationen gegen
die schamlose Umverteilung nach oben mit dem letzten Anstoß durch Hartz IV konnten nicht
unbegrenzt andauern, aber die Wahlen in Sachsen und Brandenburg haben schon
gezeigt, was die nächsten Bundestagswahlen bringen können. Dies könnte sogar noch positiv ausgehen, wenn sich mit
einem nationalen (und international koalierenden) Linksbündnis gegen den
Neoliberalismus eine echte Alternative bietet und sich die Teile der Ex-Sozialen
mit den neuen Sozialen zunächst einmal zusammentun, um gegen die Asozialen anzugehen.
Was man durch Zusammenstreichen der Bezüge von arbeitslosen
Ex-Ministern (sh.o.) und - auf Druck der CDU - von schuldlos abgestürzten
Bestverdienern oder Durchschnittsverdienern auf Sozialhilfeniveau einspart,
wird stattdessen verwendet zur Schaffung gut bezahlter zusätzlicher
Arbeitsplätze in den Behörden, um die Arbeitslosigkeit intensiver zu verwalten.
Die ersten Prüfungsergebnisse des Bundesrechnungshofes werden zwar noch auf
Reibungsverluste bei der Umstellung zurückgeführt,[91]
aber es kommt anscheinend doch so, wie es bei der jetzigen Arbeitslosenquote mit
diesem teuren Hartz-Aktionismus kommen musste:
Der Bundesrechnungshof hat
der Bundesagentur für Arbeit ein vernichtendes Zeugnis für ihre
Vermittlungstätigkeit ausgestellt. Nach einem internen Bericht an den Vorstand
der Nürnberger Behörde waren von 605 überprüften Vermittlungsvorschlägen nur 4,6
Prozent erfolgreich. Nicht einmal jeder 20. Vorschlag habe zu einer
Arbeitsaufnahme geführt, kritisieren die Rechnungsprüfer nach Informationen der
Berliner Zeitung.[92]
Dabei sind zukünftige Schäden durch die 1-Euro-Löhne
und z.B. Millionenverschwendung für überflüssiges neues Arbeitsamt-Design (lt. ARD-"Kontraste"-Bericht
vom 27.5.05) noch
gar nicht berücksichtigt. Auch die Kombi-Löhne wären sehr problematisch.
Für beides braucht man jedenfalls nicht einen derartigen Personalaufwand nach
dem Hartz-IV-Getöse der großen Umverteiler-Koalition. Außerdem muss eine
regionale Zersplitterung der Umverteilungskritik unbedingt vermieden werden, auch wenn
den Neoliberalen sehr daran gelegen ist. Die Umverteilung schafft nicht eine
Trennung zwischen Ost und West, sondern zwischen Arm und Reich.
Zu Hartz IV hier noch ein Beispiel von Oskar
Lafontaine aus seinem Interview vom 5.3.05 mit der
Rhein-Zeitung, Koblenz, lt.
keineluftmehr.de:
Ein Arbeitnehmer, der 53 Jahre alt ist und einen
Durchschnittsverdienst hatte, hat 60.000 Euro in die
Arbeitslosenversicherung einbezahlt. Er bekommt noch ein
Jahr Arbeitslosengeld und damit 10.000 Euro zurück. Dann
verweist man ihn auf die Sozialhilfe. Das ist natürlich
absolut unzumutbar. Keiner gesellschaftlichen Gruppe in
Deutschland würde man das zumuten. Nur mit den
Arbeitnehmern glaubt man, so etwas machen zu können. Da
dies von allen Parteien zu verantworten ist, bilden sich
jetzt natürlich neue Initiativen.
Dieses Beispiel hat Oskar Lafontaine
schon öfter verwendet. Man findet es auch in seinem Buch
"Politik für alle", Berlin 2005, S. 31.
Viele Bestverdiener, aber noch viel mehr
Irregeführte halten Lafontaine jetzt im Laufe der
Irreführungskampagnen vor, dass er sich als
Finanzminister im Oktober 1998 anders zur
Arbeitslosenversicherung geäußert habe. Aber die Betonung
liegt in dem Beispiel auf der jahrzehntelangen Beitragsdauer
und der hohen Einzahlung.
Soweit die Sozialsysteme nicht
über Beiträge, sondern über entsprechend höhere Steuern,
insbesondere für Bestverdiener, finanziert werden,
erhalten auch die Klein- und Normalverdiener mehr Mittel
zur Eigenvorsorge. Die volle Differenz zwischen den
obigen 60.000 und 10.000 Euro kann ihnen nicht zugute
kommen, weil es auch bisher - wie bei jedem
Versicherungssystem - etliche Arbeitnehmer gab, die mehr
herausbekamen als sie eingezahlt hatten. Aber bei
einer Steuerfinanzierung lassen sich für eine Bedarfsprüfung im
Vorruhestand jedenfalls andere Maßstäbe anlegen, obwohl
Lafontaine dies auch früher nicht einmal gefordert hat. Im
übrigen ist mit Lafontaine auf das steuerfinanzierte und durchaus
soziale dänische Modell des Forderns und Förderns zu
verweisen.
Es gibt allerdings auch Hartz-IV-Missbrauch, der zur
Diffamierung der Hartz-IV-Opfer durch die neoliberalen
Meinungsmacher herhalten kann. So schreibt DIE WELT in
ihrem unverfänglich betitelten Artikel "Beck:
Gesundheitsreform muss 15 Jahre tragen",
welt.de, 8.6.06,
über eine Kritik durch Kurt Beck:
In der Debatte um Korrekturen an den Hartz-IV-Regelungen
fordert SPD-Chef Beck mehr Anstand von
Sozialleistungsempfängern. "Man muß nicht alles
rausholen, was geht", sagte Beck der WELT. Er habe sich
nicht vorstellen können, daß Schüler in die
Einliegerwohnung der eigenen Eltern einzögen, sich als
Bedarfsgemeinschaft anmeldeten und nach dem Abitur
Leistungen einstrichen. "Damit muß Schluß gemacht
werden", sagte Beck. Es gebe Dinge, die mache man nicht.
Verantwortlich machte Beck vor allem "falsche Beispiele"
in der Politik, aber auch in "der Beletage der
Wirtschaft". "Manager, deren Unternehmen bei besten
Gewinnen keine Steuern mehr zahlen, sind als Männer des
Jahres gepriesen worden", beklagte Beck.
Kommentierungen wie "mehr Anstand von
Sozialleistungsempfängern" stammen allerdings meist von
jenen, die in ihrer Berichterstattung und in ihren
Umverteilungskampagnen gerade diesen Anstand vermissen
lassen und die ihre Ehrentitel gerade an jene staatlich ermutigten
Steuerparasiten weit oberhalb von allen
Hartz-IV-Dimensionen verleihen.
Die
Formulierung von Beck klingt anders, obwohl auch er
mitverantwortlich ist für die schamlose Umverteilung
nach oben. Jedenfalls verfällt er nicht in den
unsäglichen "Abzocke"-Jargon, den sein INSM-Genossen
Wolfgang Clement
trickreich gegen die Falschen gerichtet hat.
Aber immerhin thematisiert Beck auch diesen fehlenden
"Anstand" bei gewissen Managern, die die weit geöffneten
Schlupflöcher nutzen. Viel wichtiger wäre es gewesen,
den "Anstand" der neoliberalen Meinungsmacher zu
thematisieren, die für den Erhalt solcher Schlupflöcher
und zig-Milliarden-"Abzockung" Stimmung machen
oder die Stimmungsmache der Lobbyisten willfährig
verbreiten. Außerdem müsste Beck sich zunächst einmal
dafür einsetzen, dass die pinkgrünlichen Steuergeschenke
von vielen Milliarden jährlich für diese Meinungsmacher
und für die "Beletage der Wirtschaft" beendet werden,
denn allein mit Moral-Appellen ist bei der Ausnutzung
legalisierten Missbrauchs wenig auszurichten, weder bei
den kleinen noch bei den großen Nutznießern.
Das ursprüngliche Gezeter über ausufernde Leistungen für
das Arbeitslosengeld (Hartz IV) war eher eine
Show-Veranstaltung der Neoliberalen. Dazu schrieb die
SÜDDEUTSCHE vom 27.10.05 in dem Artikel: "Hartz
IV - Die gefühlte Kostenexplosion":
Alle klagen über explodierende Kosten bei Hartz IV.
Nicht weniger als 26 Milliarden Euro soll die
Arbeitsmarktreform in diesem Jahr kosten, fast doppelt
soviel wie geplant. Jedoch: Vor der Reform, im Jahr
2004, gab der Staat für Arbeitslosen- und Sozialhilfe –
heute zusammengefasst im Arbeitslosengeld II – 27,6
Milliarden Euro aus. Also nicht weniger, sondern sogar
ein wenig mehr als heute.
Ein erstaunlicher Befund angesichts der aufgeregten
Diskussion. "Wenn von Ausgabensteigerungen die Rede ist,
bezieht sich das nur auf die erhofften Einsparungen",
sagt Richard Hauser, Wirtschaftsprofessor von der
Universität Frankfurt.
Allerdings sind durch die Missbrauchs-Legalisierung
Haushaltslücken in 2006 entstanden, wie sie bei der
Schaffung von Steuerschlupflöchern usw. in noch weit
größerem Umfang produziert werden. Bei den Ärmsten will
die CDU/CSU jedoch kürzen, um die Umverteilung nach oben
abzusichern. Sh. dazu: "Politik nach Bedarf - Die Union
will den Regelsatz für Arbeitslosengeld-II-Empfänger
kürzen, weil die Ausgaben für Hartz IV zu hoch sind.
Wodurch ist die Arbeitsmarktreform teurer geworden als
erwartet?",
tagesspiegel.de, 19.5.06.
Zur Ablenkung von ihrer
Umverteilung nach oben stellen die schwarzen und gelben
Meinungsmacher allerlei zweistellige Milliardenbeträge
für die angebliche Hartz-IV-"Kostenexplosion" in den
Raum. Arglistig wird unterschlagen, dass der größte Teil
der Mehraufwendungen für Hartz-IV durch
Minderaufwendungen für die Sozialhilfe und das Wohngeld
bedingt ist. Auch hier musste Kurt Beck die Dimensionen
zurechtrücken:
SPD-Chef Kurt Beck betonte am Montag in Berlin, die
Mehrkosten für die Hartz-IV-Reform lägen in diesem Jahr
bei »deutlich unter zwei Milliarden Euro«.
(Sh. "Lafontaine:
Ausgaben für Erwerbslose sinken",
jungewelt.de, 30.5.06). Vor Einführung von Hartz IV hat
der Staat im Jahre 2004 38,6 Milliarden Euro
für die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger
aufgewendet. Im Jahr 2005 lagen die Aufwendungen für das
Arbeitslosengeld II und das Wohngeld bei insgesamt 37,3
Milliarden Euro (sh. "Annahmen
zu Hartz IV waren 'zu positiv'",
netzeitung.de, 31.5.06). Gemessen an dieser
Größenordnung ist der Mehraufwand von knapp zwei
Milliarden nicht überraschend. Aber selbst dieser
Mehraufwand ist noch zum großen Teil durch handwerkliche
Fehler bei der Gesetzesabfassung entstanden. Unabhängig
davon ist aber das Gesetz insgesamt der Hauptfehler
angesichts der groß angelegten Arbeitsplatzvernichtung
durch Umverteilung nach oben.
Das
Übermaß der Langzeitarbeitslosigkeit geht auf das Konto
der Umverteilung nach oben durch die pinkgrünlichen
Neoliberalen unter Druck der Schwarzen und der übrigen
neoliberalen Meinungsmacher. Durch die Schröpfung der
Hartz-IV-Empfänger zur Finanzierung der
Umverteilungs-Konsequenzen wird die Abwürgung der
Konjunktur noch verschärft.
Beraten ließen sich der Kanzler der Bosse und sein Tross
bei Hartz-IV nicht nur durch ihre selbst ausgewählten
Wirtschaftsweisen (sh.
rossaepfel-theorie.de)
und durch Peter Hartz, sondern auch durch die
"Freistellungs-" und Armstellungsspezialisten von
McKinsey und Roland Berger, die für solche
konjunkturschädlichen Ratschläge ihrerseits
Millionenhonorare kassieren. Als "Papst" dieser Zunft
konnte sich durch seine häufigen Medien-Auftritte mit
entsprechendem Personalisierungsgrad Roland Berger
hervortun. Durch seine Präsentation als großen
Sachverständigen in den Talkshows von Christiansen & Co.
wird dieser kostenlose PR-Effekt noch verstärkt (sh. "Abzocke
und Bluff – Was droht uns mit einer Beraterrepublik?",
titel thesen temperamente, 11.6.06).
Die angehende Unternehmensberaterin Julia Friedrichs,
26, sollte z.B. von McKinsey "eingekauft" werden mit
einem Jahres-Anfangsgehalt von 67.000 Euro plus
Dienstwagen usw. Gegen irgendwelche Skrupel verkündete
man ihr die simple Glaubens-"Passion" der "Berater"- "Elite" (sh. ebenda):
"McKinsey hat ganz klar das Prinzip, das hat mir ein
Berater gleich am ersten Abend erklärt: Es gibt
Gewinner
und Verlierer in der Welt. Sei froh, dass Du zu den
Gewinnern zählst, und habe nicht zu viel Mitleid mit den
Verlierern."
Sie
hat es jedoch vorgezogen, den Posten abzulehnen und über
ihre Erfahrungen als Journalistin zu berichten. Angeregt
wurde sie dazu von Thomas Leif, dem Vorsitzenden des
Netzwerks Recherche.
Leif hat sich mit dem Thema bereits in seinem Buch "Beraten
und verkauft"
befasst. In der Sendung wurde auch Neil Glass
vorgestellt, der zu dem Thema das Buch "Die
große Abzocke"
geschrieben hat. Dazu heißt es ebd.:
Neil Glass: "Es gibt es ein moralisches Problem: Hier
treffen nicht Raubtiere auf Raubtiere, sondern Raubtiere
auf Schafe!"
Neil Glass trifft einen Kernpunkt. Überhaupt versetzt
man sich mit einer solchen
sozialdarwinistischen
Winner-Loser-Ideologie auf die Stufe des Tieres zurück.
Es erinnert an den Faschismus. Wer so denkt, kann zumindest die Tierschutzgesetze für
sich in Anspruch nehmen.
Nachtrag vom 4.12.2007:
Zum 1. Juli 2007 hat die neoliberale Koalition eine
Anpassung der Hartz-IV-Leistungen an die allgemeine
Teuerungsrate vorgetäuscht durch Erhöhung des
Regelsatzes von 345 auf 347 Euro monatlich (sh.
paritaet.org). Inzwischen hat der Paritätische
Wohlfahrtsverband hierzu eine Studie vorgelegt. Dazu
meldete die
Nachrichtenagentur AFP am
29.9.2007:
Seit der Berechnung des Regelsatzes von 347 Euro hätten
die Bezieher rund 16 Euro an Kaufkraft eingebüßt, heißt
es nach Angaben der "Welt am Sonntag" in einer Studie
des Verbandes. Hartz-IV-Empfänger könnten also
inzwischen 4,6 Prozent weniger Waren und
Dienstleistungen kaufen als im Januar 2004, als der Satz
offiziell berechnet wurde.
Die 347 Euro mögen gerechtfertigt sein für den
monatlichen Lebensunterhalt der neoliberalen
Volksbetrüger, nicht jedoch für jene, die durch deren
Umverteilung nach oben ihren Arbeitsplatz verloren haben
(sh.
rossaepfel-theorie.de), womöglich nach
jahrzehntelangem Arbeitsleben. Mit den 347 Euro haben
die Empfänger der schwarz-rosa-grünlichen
Steuergeschenke offenbar die äußerste Grenze dessen
ausgetestet, was von den ebenfalls profitierenden
Richtern gerade noch mitgetragen wird. Wenn aber dieses
Minimum noch weiter real geschrumpft wird, sollten die
Umverteilungs-Opfer erneut die Gerichte anrufen und auf
die Straße gehen.
---------
Von der großen neoliberalen Koalition ist zu den
Hartz-IV-Gesetzen auch in Zukunft nichts Wesentliches zu
erwarten. Die laufenden üppigen Steuergeschenke
für Best-"Verdiener" werden auch weiterhin von den
Hartz-IV-Opfern mitfinanziert durch den Zwang zur
weitgehenden Aufzehrung ihrer Ersparnisse, die sie im
Laufe jahrzehntelanger Arbeit angesammelt haben. Vor
Erreichen dieser Schwelle zum Offenbarungseid erhalten
sie nicht den Regelsatz von 347 Euro plus Beihilfe zur
Sozialmiete, auch nicht nach langem Arbeitsleben und
plötzlicher Arbeitslosigkeit infolge der
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben
(sh.
rossaepfel-theorie.de).
Auch daran wird sich unter eine Koalition mit den
"christlichen" Parteien nichts ändern. Ganz in diesem
Sinne behauptete der bestbezahlte und peinlich "smarte"
Claus Kleber, seit Anfang 2003 Leiter und
Moderator des Heute-Journals beim CDU-nahen
ZDF, in
einem
Interview vom 2.10.2007
(sh. dort Video von 21:45 Uhr) mit Kurt Beck (SPD):
Andererseits ist genau die Agenda 2010 das beste
Programm für über 50jährige, das wir je hatten !
Dies dürfte auch in etwa die Auffassung sein von Klebers
Chef und Intendanten
Markus Schächter
zur Agenda 2010 mit ihren Hartz-IV-Gesetzen. Über ihn
schreibt die Wikipedia:
2002 lieferten sich mehrere Kandidaten ein von
parteipolitischem Proporz geprägtes Rennen um den
Intendantenposten, aus dem der ZDF-Fernsehrat den als
CDU-nah geltenden Markus Schächter als Kompromisssieger
passieren ließ.
Zum
ZDF-Fernsehrat
heißt es ebenda:
Der ZDF-Fernsehrat setzt sich aus 77 Mitgliedern, die
die im Bundestag vertretenen politische Parteien (außer
Linkspartei) und weitere gesellschaftliche Gruppen
vertreten, zusammen...
Auch beim Aufhetzen der Jungen
gegen die Alten profilierte sich das
ZDF-Proporzprogramm mit
seinem HEUTE-Moderator
Claus Kleber und
passend ausgewählten "Sachverständigen" in vorderster
Front (sh.
"Video: Altersarmut – überschätztes Phänomen?",
zdf.de, 22.4.2008, und hier rossaepfel-exkurse.de).
In dem Video fehlt leider das unmittelbar daran
anschließende Interview von Kleber mit
Henning Scherf zu dem Propaganda-Machwerk, worin
dieser das Aufhetzen der unterschiedlichen Armutsgruppen
von Jung und Alt gegeneinander als Ablenkungsmanöver der
Umverteilungsprofiteure kritisiert (nach dem
bewährten Motto "Teile und herrsche") und ein
gemeinsames Vorgehen von Jung und Alt gegen die
Plünderung der Ärmsten fordert. Scherf weist zu Recht
darauf hin, dass der Sachverstand der überbezahlten
Meinungsmacher offenbar nicht reicht, um ca.
700.000 Sozialhilfe-Rentner als echtes Problem zu
erkennen (sh.
"Zahl der Rentner mit
Grundsicherung um acht Prozent gestiegen",
VdK.de, 15.20.2007). Die Sachverständigen und
neoliberalen Meinungsmacher meinen dagegen wohl,
dass erst eine viel größere Zahl als "Gefahr" für
die Umverteilung nach oben in ihre eigenen Taschen
zu gelten hat. Kleber fragte denn auch dreist,
wem der Schröpfungs-Kritiker Jürgen Rüttgers (CDU) das
Geld für seine Rentenreform "wegnehmen" wolle, wohl
wissend, dass er und Rüttgers zu den Hauptprofiteuren
der jährlichen fünfstelligen Steuergeschenke für
Bestverdiener gehören (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Mit derartiger neoliberaler
Propaganda im ZDF für die Agenda 2010 und gegen die
Mehrheit der TV-Gebührenzahler macht sich Claus Kleber
auch beliebt bei seinen potenziellen Privat-Finanziers,
die ihm pro Feierabend-Auftritt 20.000 Euro bezahlen.
(Sh. dazu
"Zapp plus: Nebenverdienste -
Wie Fernsehmoderatoren ihre Prominenz vermarkten",
www3.ndr.de,
17.6.2009.)
Der Hartz-IV-Aktionismus der CDU zur Verlängerung
der Frist vor dem Absturz in Hartz-IV wurde ermöglicht
durch die diversen Vorstöße des "Sozialschauspielers"
(lt. Hannelore Kraft (SPD), sh.
Gesundheitsreform.htm)
und NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU).
Er und Merkel wollen dies jedoch nicht durch Verzicht
auf ihre laufenden Steuergeschenke finanzieren, sondern
auf Kosten der jüngeren Arbeitslosen, die vielleicht
gerade eine Familie gegründet haben. Rüttgers:
"Die Jüngeren werden weniger Arbeitslosengeld kriegen"
und zustimmend zur Vorhaltung in einem FAZ-Inverview:
"Nur wer
40 Jahre Beiträge zahlte, bekäme nach dem CDU-Modell
zwei Jahre lang Arbeitslosengeld I" (sh. "CDU-PARTEITAG
- Weniger Arbeitslosengeld für Jüngere?",
manager-magazin.de,
27.11.2006, und FAZ-Interview vom
14.10.2007,
faz.net). Dazu heißt es dort weiter: "Auch
Kanzlerin Angela Merkel deutet vor ihrer Grundsatzrede
an, dass langjährige Beitragszahler für längere Zeit
Arbeitslosengeld beziehen sollten - zu Lasten der
Jüngeren."
Die Vorreiterrolle der CDU und von Angela Merkel bei der
Umverteilung nach oben wird noch einmal deutlich durch
eine Pressemeldung der Leipziger Volkszeitung vom
16.10.07 (sh. presseportal.de,
16.10.07, 4:00 Uhr)
unter der Überschrift "LVZ:
Merkel sichert Beck eine Milliarde Euro
Gestaltungsspielraum beim ALG I zu". In dieser
offenbar falschen, aber durch die Reaktionen trotzdem
erhellenden Meldung heißt es unter anderem:
Leipzig (ots)
- Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat
unmittelbar
vor dem heutigen (Dienstag) Spitzengespräch zwischen
Kurt
Beck,
Vizekanzler Franz Müntefering und Fraktionschef Peter
Struck
den
SPD-Vorsitzenden wissen lassen, bei der Neugestaltung
des
Arbeitslosengeldes I könne es einen
"Gestaltungsspielraum" von knapp
einer
Milliarde Euro geben. Das berichtet die "Leipziger
Volkszeitung"
(Dienstag-Ausgabe) unter Berufung auf die enge Umgebung
von Beck.
Einige Stunden später hat Merkel dies schon dementieren
lassen (sh. "Streit ums Arbeitslosengeld:
Merkel weist Berichte über Milliarden-Zusage zurück",
zeit.de, 16.10.07. 11:20h.) und damit ihre frühere
Hartz-IV-Rossäpfel-Vorreiterschaft bestätigt.
Am Tage zuvor hatte die Netzeitung gemeldet: "BA-Ausgaben
brechen um fast ein Fünftel ein" (sh.
netzeitung.de,
15.10.07), und der Tagesspiegel hatte gerade
gemeldet: "schließlich rechnet die Bundesagentur (BA)
nach neuesten Zahlen dieses Jahr mit einem Überschuss
von 6,5 Milliarden Euro" (sh. "Teure
Gerechtigkeit",
11.10.2007, tagesspiegel.de).
Die "Gerechtigkeit" darf also die Profiteuren der
Umverteilung nach oben vor allem nichts kosten. Selbst
bei voraussichtlichen 6,5 Milliarden Euro Überschuss
der Arbeitslosenversicherung infolge der (schlecht
genutzten) Weltkonjunktur pochen die Neokonservativen
auf Kostenneutralität, um diese Milliarden an die
Noch-Arbeitsplatzbesitzer und vor allem an Ihr
Unternehmerlager auszuzahlen. Sie wollen einer
Verlängerung des Arbeitslosengeldes für ältere
Arbeitgeber nur zu Lasten der jüngeren Arbeitslosen
finanzieren. Auf diese Weise soll abgesichert werden,
dass die Arbeitslosigkeit durch Umverteilung nach oben
allein zu Lasten der Arbeitslosen geht.
Die Forderung nach Verlängerung des Arbeitslosengeldes
um einige Monate nach den Vorstellungen der SPD-"Linken"
täuscht allerdings auch nur manipulativ hinweg über die
Abschaffung der einkommensabhänigen Arbeitslosenhilfe.
Außerdem wären die Beiträge von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern zur Arbeitslosenversicherung überhaupt
nicht erforderlich, wenn man die Sozialsysteme nach den
skandinavischen Erfolgsmodellen weitgehend über Steuern
finanzierte. Damit könnten die arbeitsplatzvernichtenden
Spitzenbelastung (= Differenzbelastung der
Einkommensspitzen = Grenzbelastung) von mehr als 60 Prozent auf die Löhne
der Durchschnittsverdiener erheblich gesenkt werden, und
die neoliberalen Großprofiteure würde wieder angemessene
Spitzensteuersätze bezahlen (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Der eigentliche Auslöser ist aber der
weitergeleitete Druck von der SPD auf die CDU durch die
Erfolge des Linksbündnisses.
Dazu schreibt die Netzeitung am 2.10.2007 unter der
Überschrift: "Arbeitslosengeld
I: CDU entdeckt die «Gerechtigkeitslücke»":
Der SPD-Chef entdeckt
seine links-soziale Ader, sehr zum Ärger des
Schröder-Gefährten und Arbeitsminister Müntefering. Der
DGB enttarnt indes das CDU-Modell zum ALG I als
«Täuschungsmanöver».
In den Regierungsparteien
mehren sich die Stimmen für eine verlängerte Bezugsdauer
von Arbeitslosengeld I für Ältere. Die Forderungen
unterscheiden sich in Details: SPD-Chef Kurt Beck will
die Dauer der Zahlung vom Lebensalter abhängig machen.
Beck erhielt dafür Beifall vom linken Flügel der Partei,
handelte sich aber scharfen Widerspruch von Vertrauten
des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) ein,
unter dessen Ägide die Arbeitsmarktreform Hartz IV
beschlossen worden war - darunter vor allem
Arbeitsminister und Vizekanzler Franz Müntefering. Die
Union knüpft die Verlängerung dagegen an die Dauer der
Beitragszahlung zur Arbeitslosenversicherung…
An dem Absturz-Regelsatz von 347 Euro anstelle der
früheren einkommensabhängigen Leistungen soll also
ohnehin nichts geändert werden. Auch die persönlichen
Ersparnisse müssen zunächst weitgehend aufgebraucht
sein.
Kurt
Beck ist ebenfalls mit den 347 Euro monatlich zufrieden,
solange es nicht ihn selbst betrifft. Jede weitere
Abkehr von der Umverteilung nach oben ist für ihn ein
Schritt "rückwärts":
In einem Interview mit der Rheinischen Post sagte
der SPD-Vorsitzende Kurt Beck in Bezug auf die Agenda
2010: "Von einem Dammbruch kann nicht die Rede sein. Ich
will und werde nicht rückwärts gehen." Forderungen vom
linken SPD-Flügel, bei der Hartz-IV-Reform auch die
Regelsätze und Schonvermögen zu erhöhen, lehnte Beck ab.
(Zitiert aus "Vor SPD-Parteitag in Hamburg: Beck:
Ich will und werde nicht
rückwärts gehen", sueddeutsche.de,
25.10.2007.) Insofern ist mit etlichen
Kommentatoren tatsächlich zu fragen, ob Beck sich
endlich auf die Werte der Sozialdemokratie besonnen hat
oder doch nur auf dem unmittelbar bevorstehenden
SPD-Parteitag gegen sein schwaches Image und bei den
Wahlen Anfang 2007 gegen die niederschmetternden
SPD-Umfragewerte punkten wollte. - Die Grünen profilieren sich mit ihrem
arrivierten Establishment ohnehin weiter als zweite
Partei der "Besserverdiener" (sh. "Grüne
kritisieren Strategieschwenk von Beck",
handelsblatt.com,
8.10.2007, und hier
rossaepfel-theorie.de.)
Dagegen ist die SPD-Parteibasis ist von der Agenda 2010
unmittelbar bedroht und unterstützt den Beck-Vorschlag.
Die bestbezahlten Regierungsmitglieder wie Franz
Müntefering, Peer Steinbrück, Ulla Schmidt, Frank-Walter
Steinmeier und auch Sigmar Gabriel sind jedoch
erwartungsgemäß mehr auf CDU-Linie und wollen mit deren
Irreführungs-Parole lieber in "neue Jobs investieren"
statt in "Arbeitslosigkeit". Im 45köpfigen SPD-Vorstand
stimmten nur die Staatssekretärin von Ulla Schmidt und
Jens Bullerjahn, stellvertretender Ministerpräsident der
großen Koalition von Sachsen-Anhalt, gegen die
Abmilderung des Hartz-IV-Absturzes (sh. "SPD-Streit:
Die ‚Stones’ mischen sich ein’", stern.de,
9.10.2007,
"Arbeitslosengeld
I – SPD-Chef Beck erklärt Streit für beendet",
welt.de,
22.10.2007).
Die neoliberalen SPD-Vorreiter
übernehmen die angeblich zwingende
Investitionsalternative in "Arbeitslosigkeit" oder "neue
Jobs" jedoch nicht nur, weil ihnen mit ihrer
Ellenbogen-Freiheit kein Hartz IV droht, sondern auch,
weil das CDU-Establishment aus dem gleichen Grund die
"Kostenneutralität" fordert. Damit soll ihre weitere
steuerliche Umverteilung nach oben in die eigenen
Taschen abgesichert werden. Außerdem befürchten die
Hauptprofiteure dieser Umverteilung in der SPD eine
Annäherung ihrer Parteibasis an DIE LINKE, mit der
sofort eine neue Regierung gebildet werden könnte, wenn
die Grünen mitmachen. Diese Annäherung ergibt sich
allein schon durch die Abmilderung von Hartz-IV. In
einer solchen Regierung müsste das rotkarierte
Establishment allerdings um seine Posten fürchten. Der
erste Durchbruch der SPD-"Linken" gegen ihr
Partei-Establishment und die Dumping-Folgen von Hartz-IV
erfolgte schon mit der SPD-Forderung nach gesetzlichen
Mindestlöhnen in Bereichen, wo der gewerkschaftliche
Organisationsgrad zu schwach ist. Auch hier müssen die
überbezahlten Neoliberalen in der SPD sich zur
Konfrontation mit der CDU bequemen.
Recht hat Müntefering mit seiner Feststellung, dass "die
Schaffung von Arbeitsplätzen" (ebd.) Priorität habe.
Aber solange er an den Steuersenkungen für
Best-"Verdiener" und der Agenda 2010 festhält, betreibt
er weiterhin Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung
nach oben. Bevor diese Selbstbedienungs-Politik
nicht beendet wird, ist der ganze Aktionismus der
neoliberalen Koalition in der Tat nur das angeprangerte
"Täuschungsmanöver", aber nicht nur der CDU,
sondern auch der SPD.
Auch das grüne Establishment konnte sich nicht länger
mit den 347 Euro monatlich begnügen, denn die Basis
forderte auf ihrem Parteitag vom 23. bis 25.11.07 eine
Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes auf ein
Existenzminimum von 420 Euro. Diese Erhöhung der
Grundsicherung kostet lt. Grünen-Sprecherin Anja Hajduk
jährlich etwa fünf Milliarden Euro, also nur einen sehr
kleinen Bruchteil dessen, was unter der rötlich-grünen
Regierung und ihrer Nachfolgerin nach oben umverteilt
wurde.
Die grüne Basis begnügt sich jedoch nicht mit den fünf
Milliarden Euro zusätzlich für die Hartz-IV-Opfer.
Vielmehr wollen sie insgesamt zusätzliche 60 Milliarden
Euro für verschiedene Projekte finanzieren. Dazu sagte
ihre Haushaltsexpertin Anja Hajduk der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" vom 26.11.07:
«Mehrausgaben von 60 Milliarden Euro sind nicht von
heute auf morgen zu machen, sondern schrittweise.» Die
Finanzexpertin betonte: «Wir wollen diese Ausgaben nicht
ausspielen gegen eine solide Haushaltspolitik.» Hajduk
erklärte, die von den Grünen vorgeschlagene Anhebung der
«Hartz IV»-Regelsätze von 347 auf 420 Euro würden dem
Bund etwa fünf Milliarden Euro im Jahr kosten. Diese
Mittel ließen sich gegenfinanzieren durch eine Anhebung
des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent und eine
aufkommensneutrale Unternehmenssteuerreform sowie den
Abbau von Subventionen.
(Sh.
pr-inside.com,
26.11.2007.) Inwieweit die Grünen ihre restlichen 55
Milliarden sinnvoll ausgeben wollen, muss hier nicht
untersucht werden. Mit ihrer Unterstützung der
Umverteilung nach oben in der Schröder-Regierung haben
sie jedenfalls viel Vertrauen verspielt. Mit dieser
Regierung haben sie den Spitzensteuersatz unnötigerweise
von 53 auf 42 Prozent gesenkt. Dennoch wird das grüne
Establishment durch die Parteitagsbeschlüsse vom 23. bis
25.11.2007 jetzt in
Richtung auf eine Koalition gegen die Neoliberalen
gedrängt. Deren
hochgejubelter Vorreiter und grün maskierter
INSM-"Kurator"
Oswald Metzger
müsste nun endlich zur FDP oder CDU wechseln. Für die
Grünen war er auf dem Parteitag jedenfalls nicht mehr zu
halten, nachdem er in einem stern-Interview gegen die
Anpassung der Grundsicherung polemisiert hatte durch die
üblichen neoliberalen Verallgemeinerungen einiger
Hartz-IV-Auswüchse (sh.
"Grüne: Buhmann Metzger",
zeit.de,
24.11.2007). Eine
solche Beleidigung ihrer eigenen "Agenda-2010"-Opfer
können sich die Grünen offenbar nicht länger leisten.
Die Finanzierung der bescheidenen fünf Milliarden und von vielen
weiteren Milliarden zur Absenkung der Sozialabgabenquote
und damit zur Stärkung der abgedrosselten Konsumnachfrage wäre
tatsächlich kein Problem: Allein mit der moderaten
Steuerquote von Großbritannien hätte man in Deutschland
schon jährliche Mehreinnahmen von 160 Milliarden Euro
(sh.
rossaepfel-theorie.de).
Auch mit der gesamten Abgabenquote von Großbritannien,
also einschließlich von Sozialabgaben, würden der
deutschen Staatskasse statt dessen noch 130 Milliarden
Euro mehr zufließen. Diese nach oben verschenkten
Milliarden sind gerechnet per 2005/2006. Nach den
weiteren Umverteilungen durch Neorot und Schwarz dürfte
es noch mehr sein.
In vorderster Front unter den Meinungsmachern bei der
Begriffsverwirrung zur Umverteilung in die eigenen
Taschen steht auch die FDP mit ihrer Galionsfigur
Guido Westerwelle. Ihre
ständigen Forderung nach "Steuersenkungen" für derartige
"Leistungsträger" begründet sie inzwischen sogar mit
geheucheltem sozialen Gewissen gegenüber
Einkommensschwachen. In einer Talkshow bei Anne Will
hatte diese unter anderem Guido Westerwelle und eine
alleinerziehende junge Mutter zweier Kinder eingeladen,
die mit drei Jobs und 50 Arbeitsstunden pro Woche 1500
Euro netto im Monat verdient (sh. den tendenziösen
Titel:
"Hungern muss hier keiner – Ein
Land redet sich arm", ndr.de, 25.5.2008).
Damit liegt die junge Frau knapp 100 Euro über dem
Hartz-IV-Satz einschließlich Wohnungskosten für eine
solche Familie. Auf die Frage nach diesen 100 Euro sagte
sie, dass sie zwar viel zu wenig Zeit für ihre kleinen
Kinder habe, aber andererseits nicht "nackend" vor den
Ämtern stehen wolle. Sie wolle auch nicht mit der
verschleierten Diffamierung für Sozialhilfeempfänger
herumlaufen, wie sie in der Sendung insbesondere von
Westerwelle und der Journalistin Rita Knobel-Ulrich
betrieben wurde durch einseitige Auswahl von
unbestrittenen Negativbeispielen.
Westerwelle bekundete zunächst "Respekt" (vor so viel
Diffamierungs-Erfolg). Dann missbrauchte er die Not
sofort für seine stereotype Forderung nach
"Steuersenkungen", und zwar zugunsten der Frau, da doch
die Lücke zwischen ihrem Brutto- und Nettolohn viel zu
groß sei. Man müsse vor allem die Kinderfreibeträge
erhöhen. Der ebenfalls geladene Hubertus Heil (SPD)
wandte daraufhin ein, dass die Frau von
Kinderfreibeträgen ohnehin nicht profitiere. Diese
nützen nämlich nur den "Besserverdienern", da sie nur
bei hohen Steuersätzen mehr bringen als das Kindergeld.
Am ehesten sei der Frau nicht mit "Steuersenkungen",
sondern mit einer Steuerfinanzierung von Sozialabgaben
geholfen. Dafür wollte sich Westerwelle aber nicht stark
machen. Das brächte zwar viel für Arbeitnehmer,
Arbeitgebern, Konsumnachfrage und Arbeitsplätze, aber
kaum für ihn und die übrigen bestbezahlten neoliberalen
Meinungsmachern. Statt dessen sprang Westerwelle
"geschmeidig" ab auf die Mehrwertsteuer als rettendes
Thema. Mit diesem Schlenker konnte er triumphierend
ablenken und auf den Skandal verweisen, dass diese
Steuer doch gerade von der großen Koalition um drei
Prozentpunkte erhöht worden sei. Er sagte jedoch nicht,
dass damit seine eigenen Steuergeschenke gerade von den
Einkommensschwächsten finanziert werden.
12.10.2009
eingefügt:
Das FDP-"Bürgergeld" und die
neoliberalen Meinungsmacher:
359 Euro monatlich plus Sozialmiete
sind ihnen zu viel zum Leben
Zunächst wollten die bestbezahlten neoliberalen
Meinungsmacher einfach nur den Regelsatz für den
Lebensunterhalt um dreißig Prozent absenken, weil man
dafür keine 359 Euro im Monat benötige (sh. hier
rossaepfel-theorie.de - mit den
früheren 345 oder 351 Euro). Um so erstaunlicher ist es,
dass sie damit auch die Senkung ihres
Spitzensteuersatzes von 42 Prozent finanzieren wollen,
obwohl der für Verheiratete doch erst bei einem
Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro einsetzt.
Angeblich sollten die Opfer ihrer
Arbeitsplatzvernichtung durch Konsumdrosselung damit
auch besser motiviert werden, um sich nach den
vernichteten Arbeitsplätzen umzusehen oder um als
Bewerber für Dumpinglöhne die Lohndrückerei zu
verschärfen.
Inzwischen
kommt die Selbstbedienung auf Kosten der Ärmsten und der
Gemeinschaftsaufgaben in einer neuen Verkleidung daher.
Auf der FDP-Webseite findet man dafür den Titel:
"Das liberale Bürgergeld – aktivierend, transparent und
gerecht". Die Süddeutsche Zeitung schreibt
dazu:
Mit der Sozialpolitik der FDP ist es wie mit dem Witz
vom gebratenen Hähnchen. Zwei haben Hunger, der eine hat
das Hähnchen, der andere nicht. Der Erste isst es
dennoch alleine mit der Begründung, im Durchschnitt
hätte ja jeder ein halbes Hähnchen bekommen. Statistisch
gesehen seien also beide satt geworden.
Das Bürgergeld der FDP funktioniert ähnlich. Hartz IV
abschaffen ist zwar eigentlich eine Kernforderung der
Linken. Doch auch die FDP will einen Systemwechsel, wenn
auch einen, der Sozialverbänden und Linken noch weniger
schmeckt als Hartz IV.
Mit dem Bürgergeld sollen sämtliche Ausgaben für die
Grundsicherung wie Hartz IV, Wohngeld und Sozialhilfe
auf einen Haufen geworfen werden. Jeder Bedürftige
bekommt davon einen gleich hohen Anteil - nach den
Berechnungen der FDP 662 Euro pro Kopf und Monat. Das
war's. Keine Sonderzuwendungen mehr, kein Mehrbedarf im
Einzelfall.
(Sh.
"Hartz IV, das Bürgergeld und die FDP – Sozialverbände
laufen Sturm gegen FDP-Bürgergeld", sueddeutsche.de,
7.10.2009.) Sogar die Financial Times Online
erkennt im Bürgergeld eine "Mogelpackung" (sh.
"FDP-Vorstoß - Augenwischerei
Bürgergeld", ftd.de,
6.10.2009).
Dagegen findet die Mannschaft von
Claus Kleber für ihr ZDF-heute durchaus Experten, die
dieser neuen Tarnversion etwas abgewinnen können. Dort
heißt es:
Will die FDP die Linkspartei links überholen? "Ganz
bestimmt nicht", sagt Prof. Barbara Riedmüller vom
Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien
Universität Berlin, die an einer Expertenrunde der FDP
zum Bürgergeld teilgenommen hat. "Das Modell stammt aus
Amerika und passt durchaus ins liberale Denken." Denn
das Bürgergeld sei ein einfaches Konzept für jeden, der
unter dem Existenzminimum liege.
(Sh.
"Bürgergeld – sozialer als Hartz IV?", zdf.de,
6.10.2009.) Man sieht also auch hier - wie bei der
Aushöhlung der sozialen Krankenversicherung nach
FDP-Konzept - die USA als Vorbild.
Auch die Söldner
des großen privaten Medienkapitals freuen sich über
diese neue Geldquelle. Der FOCUS betont in seiner
Überschrift den löblichen Widerstand der FDP gegen das
asoziale Hartz IV:
"FDP dringt auf Ende von Hartz IV" und Springers
WELT titelt am
7.9.2010 kurz nach der Bundestagswahl mit
der Verheißung:
"Hartz-IV-Debatte - Bürgergeld soll vor der Sozialhilfe
retten". Über der Titelzeile bestätigen Guido
Westerwelle und Angela Merkel auf Fotos mit strahlendem
"Lächeln" die zuversichtliche Hoffnung der
Springer-Erben und ihrer Schreiber auf die Umverteilung
nach oben in ihre eigenen Taschen, damit sich "Leistung"
wieder lohnt.
Diese Leute
rechnen stets vor, dass ein Hartz-IV-Empfänger mit
seinem monatlichen Regelsatz von 359 Euro plus
Sozialmiete plus sonstige Sozialleistungen
auf monatlich über 800 Euro netto kommt und dass es auch
gelegentlich noch eine Notfallhilfe bei Sonderbedarf
gibt. Mit dem Bürgergeld von 662 Euro soll nun all dies
abgegolten sein. Dafür sollen etwaige Hinzuverdienste
zum geringeren Teil gekürzt werden. Im Hinblick auf den
totalen Striptease als Armutsbeweis gibt es keinen
Unterschied zu Hartz-IV.
Obwohl die
Springer-Schreiber all dies wissen, erwecken Sie doch
den Eindruck, dass das Bürgergeld "vor der Sozialhilfe
retten" kann. Weiter schreiben sie:
Die FDP will jedem Bedürftigen eine immer gleiche
Grundsicherung – im Wahlprogramm ist von 662 Euro die
Rede – auszahlen.
Die Rettung soll also darin liegen, dass man die
angenommenen 800 Euro zunächst einmal um etwa 140 Euro
kürzt, so dass von den 359 Euro zum Leben bestenfalls
noch 220 Euro übrig bleiben.
Zurück zum Abschnitt 1:
Was sagen amerikanische Ökonomen zu
Steuersenkungen für Bestverdiener und Meinungsmacher?
Was bringt dagegen die Rossäpfeltheorie?