Stand 22.5.2007,
Die Plünderungsmöglichkeiten der
Best-"Verdiener" im Gesundheitssystem werden von ihnen
ebenso aufwendig gehütet wie ihre Steuerschlupflöcher.
Dazu Karl Lauterbach in einem
STERN-Interview vom 20.8.03 gegen die finanzstarke
Pharmalobby in der FDP:
Lauterbach:
Die Lobbygruppen des Beamtenbundes, der Pharmaindustrie,
der Apotheken und die Kassenärztlichen Vereinigungen
versuchen, die notwendigen Änderungen zu sabotieren. ..
Zu den Lobby-Erfolgen der Pharmaindustrie
auf Kosten der kleinen Beitragszahler und des
Arbeitsmarktes ("Lohnzusatzkosten"!) schreibt Hans
Weiss, Autor des Buches "Bittere Pillen":
Der Pharmakonzern Novartis
beispielsweise, viert- oder fünftgrößter der Branche,
weist in seiner weltweiten Bilanz rund vier Milliarden
Euro weltweit aus! Das sind 20 bis 25 Prozent des
Umsatzes. Davon können andere Industriebranchen nur
träumen,
sh. "Nimm
2, zahl 1 - die Praktiken der Pharmaindustrie",
derstandard.at, 29.07.05. Die deutschen Klein- und
Normalverdiener leisten mit ihren überhöhten Beiträgen
für die überteuerten Arzneimittel in Deutschland also
nicht nur einen übermäßigen Beitrag zur Finanzierung der
medizinische Forschung in aller Welt, sondern auch zu
den immensen Umsatzrenditen der Pharmaindustrie und zur
Verschwendung durch die Lobbyisten.
Kritik an der Aktionswoche der
Klinikärzte äußerte indessen der Gesundheitsökonom Karl
Lauterbach. "Den Funktionären fällt nichts ein als der
Ruf nach mehr Geld", sagte Lauterbach. Das Problem liege
aber in schlechtem Management und ungerechter
Einkommensverteilung in den Krankenhäusern. So müßten
junge Assistenzärzte unter unattraktiven Bedingungen
arbeiten, während Chefärzte sehr häufig mehr als eine
Million und bis zu fünf Millionen Euro im Jahr
verdienten,
sh. "Ärzte
gehen auf die Straße", welt.de, 1.8.2005. Für dieses
"Honorar"-System muss der Kassenpatient nun auch noch
die Praxisgebühr bezahlen!
Ein Ossi (soll
jetzt nicht abwertend klingen) kostet um die 15.000 DM
pro Person pro Jahr
zitiert nach
BIB BürgerinitiativeBergbauBetroffener am Niederrhein.
In seinem Programm "bis neulich" von 2005 erklärt Volker
Pispers die Zusatzkosten für das Gesundheitssystem
damit, dass die neu niedergelassenen Ärzte [in den
Überversorgungsgebieten] den bereits vorhandenen nicht
einfach etwas wegnehmen, sondern sich ihre zusätzliche
Nachfrage nach Medikamenten und ärztlichen Leistungen
selbst schaffen (gesundheitsökonomischer "Fachausdruck":
"iatrogene Morbidität"). Allerdings gibt es in den
weniger lukrativen bis unrentablen ländlichen Gebieten
eine ärztliche Unterversorgung; vgl. "Zu
wenige Ärzte im Osten, zu viele in Großstädten",
abendblatt.de, 26.4.05. Siehe auch besonders "Über
das Buch 'Heilen verboten, töten erlaubt'"
von Kurt G. Blüchel mit dem interessanten Pulitzer-Zitat
und Blüchels Artikel: "Arzneimittel-Tollhaus
Deutschland", fr-aktuell.de, ohne Datum.
Auf keinen Fall wollen die Neoliberalen zu ihren
früheren Spitzensteuersätzen zurückkehren, durch die
sich auch die gesetzlich vorgeschriebene
Krankenversicherung angemessen finanzieren ließe. Mit
einer solchen Lösung nach dem progressiven Steuertarif
könnte man auch bestverdienende Privatversicherte an der
Finanzierung des Solidarsystems beteiligen. Durch
Entlastung der Löhne nach skandinavischem Vorbild von
den unverhältnismäßig hohen Beiträgen für das
Solidarsystem und durch ähnliche Maßnahmen könnte man
die Arbeitslosenquote so auf das dortige Maß halbieren.
Stattdessen schielen die Neoliberalen auf die 103
Milliarden Euro Altersrückstellungen, die die
Privatversicherten über Beitragszuschläge im Laufe ihres
Lebens angespart haben. Dazu schreibt das Deutsche
Ärzteblatt (sh. "Fondsmodell: PKV warnt vor Absenkung
der GOÄ-Sätze",
Deutsches Ärzteblatt, 14.6.06):
Nach Kenntnis des PKV-Verbands ist in der großen
Koalition über einen Zugriff auf die
Altersrückstellungen diskutiert worden. Sie sind im
vergangenen Jahr um mehr als neun Milliarden Euro auf
derzeit 103 Milliarden Euro angestiegen. Zirka 88
Milliarden Euro davon sind Rücklagen der privaten
Krankenversicherung, zirka 15 Milliarden Euro Rücklagen
der privaten Pflegeversicherung. "Ein Zugriff darauf
wäre Enteignung", stellte Leienbach klar.
Diese Rückstellungen wurden gesetzlich zur Pflicht
gemacht, weil sonst viele Privatversicherte ihre hohen
Beiträge im Alter nicht mehr bezahlen könnten. Im
Gegensatz zur steuerlichen Lösung würde eine
Doppelbelastung der Privatversicherten über zusätzliche
Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung die
Privatkassen so schwächen, dass ihr relativ hoher
Finanzierungsbeitrag zum Gesundheitssystem allmählich
zur Neige ginge. Für die Kalkulation der
Altersrückstellungen sind die folgenden Erklärungen der
DKV nur ein Beispiel (sh. "DKV fürchtet Abwärtsspirale
in der Gesundheit",
netzeitung.de, 13.6.06):
Derzeit gehen rund 60 Prozent von den Beiträgen, die ein
heute 35-jähriger Privatversicherter bezahlt, in
Altersrückstellungen. Diese verzinsen sich und werden
dann für die steigenden Krankheitskosten im Alter
verwendet, wie der DKV-Chef erläuterte. «Eine
Fondslösung, in der die Privatversicherten einbezogen
würden, wäre die Einführung der Bürgerversicherung unter
einem anderen Namen», kritisierte Dibbern.
(Sh. auch: "Private Krankenversicherungen sind
Parasiten",
rbi-aktuell.de, 15.6.06).
Die große Koalition der Neoliberalen nähert sich also
wieder einmal der konjunkturschädlichste und perfideste
Lösung, um die eigenen Steuergeschenke zu erhalten.
Statt dessen könnte man die gesetzliche
Krankenversicherung als "Bürgerversicherung"
ausgestalten, in die alle einen bestimmten Prozentsatz
von allen ihren Einkünften ohne Begrenzung einzahlen.
Gegen diesen Beitrag könnte man z.B. den Beitrag
des Privatversicherten mit einem standardisierten
Basisanteil aufrechnen, der in der Privatversicherung
die Leistungen der gesetzlichen Versicherung abdecken
würde. Dann müsste jedoch auch der Anteil für die
Altersrückstellungen der privaten Krankenversicherung aufrechenbar sein, ohne den die Beiträge der
Privatversicherten im Alter nicht auf dem Niveau der
gesetzlichen Krankenversicherung zu halten wären.
Die Praxiseinrichtung der Ärzte und die Ausstattung der
Kliniken würde weit gehend über die Einnahmen aus der
gesetzlichen Kassen finanziert. Damit schüfen sie die
Voraussetzung, dass die Mediziner überhaupt
Privatpatienten behandeln könnten. "Die PKV lebt im
Grund parasitär von den gesetzlichen Kassen", sagte
Lauterbach. Dieses Verhalten sei "nicht schützenswert".
Wenn dem so wäre, so ließe sich doch keinesfalls daraus
folgern, dass man den Privatversicherten ihre
Ersparnisse aus der Altersrückstellung wegnimmt und so
für viele ihren Versicherungsschutz im Alter unbezahlbar
macht.
Die kann Lauterbach auch kaum so gemeint haben, da er ja
ansonsten für die Steuerfinanzierung eintritt. Dadurch
ließe sich sogar am besten eine Beteiligung der
überdurchschnittlich verdienenden Privatversicherten
erreichen.
SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles sagte der Zeitung,
eine Steuerfinanzierung sei der richtige Weg, die
Gesundheitskosten vom Lohn abzukoppeln. Gleichzeitig
stellte Nahles den Gesundheitsfonds in Frage. "Ich sehe
nicht, dass wir eine solche Sammelstelle für Beiträge
und Steuern brauchen, um Steuerzuschüsse an die Kassen
zu verteilen." Schließlich komme auch der derzeitige
Zuschuss für versicherungsfremde Leistungen von 4,2
Milliarden Euro an die Kassen ohne den Fonds aus. Ob
dieser Zuschuss nun noch wie bereits beschlossen im
nächsten Jahr um 2,5 Milliarden Euro gekürzt und ab 2008
ganz gestrichen werden soll, blieb offen. In der SPD
hieß es, dass eine Kürzung jetzt kaum noch durchzuhalten
sei. Schließlich droht den Krankenkassen bereits 2007
ein Defizit von acht Milliarden Euro.
(Sh. "Regierung
erwägt massive Steuererhöhung für Gesundheitsreform",
spiegel.de, 22.6.06.) Welchen Sinn die neue Bürokratie
des Gesundheitsfonds überhaupt hat, erklärt der
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach höchst plausibel:
"Der Fonds ist der Einstieg in die Kopfpauschale. Ein
mehr als symbolischer Sieg für die Union."
(Sh. "Gewinner
und Verlierer", taz.de, 4.7.06). Das
bezieht sich nicht nur auf die "kleine Kopfprämie", die
von den Arbeitnehmern bei Bedarf zusätzlich zu ihrem
Pflichtbeiträgen erhoben werden soll (sh. "Große
Koalition ganz klein", taz.de, 4.7.06).
Auch Karl Lauterbach (SPD),
der Mitglied der Verhandlungsgruppe zur Reform war,
kritisierte den geplanten Einstieg in die
Steuerfinanzierung als viel zu klein. "Es ist aus meiner
Sicht nicht zu verhindern, dass mittelfristig die
Beitragssätze weiter steigen werden", sagte er im Sender
n-tv. "Denn der kleine Steuerzuschuss wird nicht
reichen, um das System mittelfristig ohne
Beitragssatzsteigerung zu finanzieren." Dies gelte
insbesondere, weil die Privatversicherten, die
Einkommensstarken, auch in Zukunft geschont würden.
(Sh. "Partei-Nachwuchs
wütend über Kompromiss",
spiegel.de, 4.7.06,
wo zur Ablenkung vom Gegensatz zwischen Arm und Reich
oder Links und Rechts wieder ganz nebenbei ein perfider
Gegensatz zwischen Alt und Jung geschürt wird.)
Die "christlichen" und "liberalen" "Bestverdiener"
lehnen also die einzig
sinnvolle Lösung zur Arbeitsmarktförderung durch Senkung der
Krankenversicherungsbeiträge ab, nämlich deren Finanzierung durch
Einkommensteuer-Zuschläge (sh.
rossaepfel-theorie.de). Ihr Motto "Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft"
ist ihnen hier plötzlich uninteressant, denn von solchen Beitragssenkungen
könnten sie persönlich nicht profitieren. Diese Entlastungen können ihnen nur
den Ausgleich bis zur Beitragsbemessungsgrenze von jährlich 42.750 Euro schaffen
(sh.
Beitragsbemessungsgrenze) und bringen diesen Ausgleich auch hier nur für
Zwangsversicherte. Für kleinere und mittlere Beamteneinkünfte könnte man bis zu dieser Grenze einen
Gehaltszuschlag zum Ausgleich der steuerliche Mehrbelastung einplanen, aber die
eigentlichen Bestverdiener müssten tatsächliche auf einen Teil ihrer
schwarzpinkgrünlichen Steuergeschenke verzichten. Heute berichten "Zeit", "Handelsblatt" und "FAZ", dass der Steuerzuschuss nach dem Willen der SPD-Spitze sogar bis zu 45 Milliarden Euro betragen könnte. Dies würde bedeuten, dass künftig ein "Gesundheitssoli" von 4,5 Prozent des Bruttoeinkommens erhoben werden müsste.
(Sh. "Wer wird von Chefärztin Dr. Merkel geschröpft",
spiegel.de, 22.6.06.)
Aber "4,5% des Bruttoeinkommens" machen keinen Sinn,
weil damit die konjunkturschädliche Umverteilung nach
oben nicht korrigiert würde. Die Finanzierung müsste
statt dessen durch einen höheren Solidaritätszuschlag
für alle zur Einkommensteuer erfolgen.
Wir, die Länder, die müssen mitwirken. Eine Partei
besteht aus Bundes- und Landespolitik. Bei den
Sozialdemokraten gibt es kaum mehr
Länderregierungschefs. Der einzige, der nennenswert ist,
ist Herr Beck und der ist Parteivorsitzender im Bund.
Deswegen werden wir in den nächsten Monaten erleben,
dass in der Union die Länderebene stärker mitwirkt als
in der SPD. Und wir waren uns bei den Beratungen der
Gesundheitsreform einig, dass wir keine Steuererhöhung
wollen, weil die unsere wirtschaftliche Entwicklung
gefährdet. Dies haben wir Angela Merkel gesagt, sie hat
dies voll und ganz akzeptiert. Ich glaube, dass dies ein
ehrlicher und richtiger demokratischer Prozess war. "In den nächsten Monaten" und Jahren will Günther Oettinger also mit den übrigen CDU-Ministerpräsidenten anscheinend weiterhin jeden Koalitions-Kompromiss blockieren, mit dem die Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben ein wenig abgemildert werden könnte. Es scheint glaubhaft, dass Angela Merkel diese Schonung der Umverteilungsprofiteure "voll und ganz akzeptiert" hat, denn so konnte sie bei ihrem bereitwilligen Wortbruch zu Lasten der Normalverdiener und Einkommensschwachen die CDU-Ministerpräsidenten vorschieben. Auch Andrea Nahles (SPD) diagnostizierte dieses Doppelspiel, allerdings etwas spät beim Poker von Markus Söder und einigen anderen Ländervertretern um ihren Solidarbeitrag in den Gesundheitsfonds:
SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles warf Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Gesundheitsreformdebatte ein "unfaires Spiel" vor. Sie tauche ab "und lässt die Länderfürsten der Union das Ruder übernehmen", sagte Nahles der "Frankfurter Rundschau". Mehrfach habe Merkel der SPD Zusagen gemacht, die dann von den Ministerpräsidenten kassiert worden seien. "Ich glaube nicht mehr, dass sie Opfer ist, sondern dass sie die Entwicklung bewusst laufen lässt, um so Positionen in Richtung der Union zu verschieben", zitierte das Blatt Nahles.
CDU-Politiker Rauen legt Seehofer Rückzug aus Fraktionsspitze nahe Scharfe Töne vor dem unionsinternen Arbeitsgruppen-Treffen zur Gesundheitspolitik: Der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, Peter Rauen, hat den CSU-Gesundheitsexperten Horst Seehofer zum Rückzug als Fraktions-Vize aufgefordert. «Ich bin der Meinung, er muss sich selbst prüfen, ob er mit dieser Außenseiterposition, mit dieser Nestbeschmutzung, die er ein ganzes Jahr betrieben hat, noch wirklich stellvertretender Fraktionsvorsitzender von CDU und CSU bleiben kann», sagte Rauen am Freitagmorgen in der ARD. Er bezog sich auf Seehofers ablehnende Haltung zu der von der CDU favorisierten Gesundheitsprämie...
(Sh. journalmed.de, 22.10.2004).
Nach den Reformwirren der vergangenen Wochen muss man
sich fragen, ob die Landesfürsten bei einer großen
Koalition nicht die Rolle notwendiger Korrektoren
übernehmen. Als "Hüter der Unionsidentität" und damit
Merkel-Kontrolleure sehen sie sich angesichts der
schwierigen Pattsituation der Koalitionspartner auf
Bundesebene schon heute. Tatsächlich aber scheinen sie
für die Dauer der großen Koalition auch die Einzigen zu
sein, die zumindest den größten Unsinn in Berlin
vermeiden können.
Statt "vermeiden können" müsste es hier wohl eher heißen
"durchdrücken können". Aber der bestbezahlte
Leitartikler wendet sich gerade gegen die Erhöhung
seines Spitzensteuersatzes zur Senkung der
Sozialbeiträge. Er findet statt dessen als
"Wirtschafts-Experte" die Schröpfung der Ärmsten durch
die Mehrwertsteuererhöhung und die weitere
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben "im
Prinzip richtig" (sh. ebd. und
rossaepfel-theorie.de):
Und bei der Gesundheitsreform waren sie es, die sich
vehement gegen den Einstieg in die Steuererhöhungen
aussprachen... Die Umsatzsteuer von einer Beitrags- zu
einer stärkeren Steuerfinanzierung der Gesundheit
mag im Prinzip richtig sein. Aber es ähnelt einem
politischen Selbstmordversuch, sie den Bürgern in dem
Moment zuzumuten, in dem gerade die
Mehrwertsteuererhöhung beschlossen wurde.
Von einem "Selbstmordversuch" kann man allerdings sehr
wohl reden nach der Volksverdummung durch solche
Meinungsmache in den Medien und anderswo. Unter solchem
Druck der Best-"Verdiener" und um die große neoliberale
Koalition zu retten, knickte schließlich auch SPD-Chef
Kurt
Beck ein und drohte indirekt den noch verbleibenden
Sozialdemokraten in der SPD mit Rücktritt, falls sie
ihre Seele nicht verkauften (sh. ebd. und die
interessante, aber etwas weichspülerische
Akteurs-Vorstellung: "Bluffen
bis zum Schluss", zeit.de, 3.7.06).
Dabei scheint selbst Beck
nicht hundertprozentig von dem Kompromiss überzeugt zu
sein. Zu deutlich ließ er seine Kritik am
Koalitionspartner durchblicken: "Ich hätte mir aber ein
stärkeres Umsteuern gewünscht: Beiträge runter und dies
mit Steuern kompensieren. Aber man muss in einer
Koalition auch kompromissfähig sein", sagte er der
"Mainzer Allgemeinen Zeitung".
(Sh. "Beck soll mit
Rücktritt gedroht haben",
spiegel.de, 4.7.06).
Beck warf dem
Koalitionspartner Union vor, am Wochenende überraschend
die Linie geändert zu haben. Dies habe die Verhandlungen
erschwert.
(Sh. "Gesundheitsreform:
Beck soll mit Rücktritt gedroht haben",
N24, 4.7.06.)
Dieser Kurswechsel ergibt sich nicht zuletzt durch das
Verhalten der "christlichen" Ministerpräsidenten (sh.
oben). Der SPD-Juso-Vorsitzende Björn Böhning sagte, das
Verhandlungsmandat für die Unions-Bundestagsfraktion
besäßen nun "Herr Wulff und Herr Koch, die Frau Merkel
hineingrätschen" (sh. "Juso-Vorsitzender
nennt Kanzlerin 'verhandlungsunfähig'",
welt.de, 5.7.06). Man sieht also, welche Politik die
Bestverdiener in der "christlichen" Union bei all ihren
schönen Worten tatsächlich betreiben, und man sollte auch in dieser Hinsicht die
Landtagswahlen nicht unterschätzen!
"Wird die Einkommensteuer herangezogen, dann müßten
ausschließlich die Leistungsträger die Zeche zahlen",
sagt Ramsauer. "Leute mit geringem Einkommen würden
dagegen weniger zahlen als jetzt." (Sh. "Operation Reform: Mehr Steuern, weniger Abgaben", welt.de, 25.6.06").
Im Gegensatz zu dieser halbwegs offenen Erklärung
Ramsauers bringt DIE WELT im Satz davor (ebd.) das
übliche Irreführungs-Argument:
Möglich wäre auch eine Erhöhung der Einkommensteuer.
Dies würde jedoch zahlreiche kleine und mittlere
Unternehmen treffen, da diese oft eingetragene
Personengesellschaften sind und Einkommensteuer zahlen.
Dabei wird tunlichst der entscheidende Punkt
unterschlagen, dass gerade diese Arbeitsplatzbeschaffer
von der teilweisen Steuerfinanzierung der
Krankenversicherungsbeiträge für ihre Beschäftigten mehr
profitieren, als sie durch einen Solidarzuschlag zur
Einkommensteuer belastet werden. Die meisten von ihnen
kommen bei weitem nicht an die Spitzensteuersätze der
bestbezahlten Meinungs-Fabrizierer (sh. BMF: "Grafische
Übersichten", Stand August 2003):
Die Hälfte aller
Personenunternehmen hat einen Gewinn von unter 26.000 €
im Jahr. Dreiviertel liegen unter 52.000 €; nahezu alle
unter 128.000 €!
Bei solcher "Medienarbeit" engagiert sich erwartungsgemäß auch besonders
Angela Merkel, da sie offenbar jeden Verzicht auf die
konjunkturschädlichen Steuergeschenke für Politiker und
sonstige Bestverdiener als "Neidsteuer" betrachtet und
lediglich die Mehrwertsteuererhöhung zu Lasten der
Ärmsten gelten lässt. Ihre passenden Interview-Partner
hatte sie bei der WELT AM SONNTAG gefunden (sh. "Merkel
lehnt Steuererhöhungen für Gesundheitskosten ab",
welt.de, 1.7.06):
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der "Welt am
Sonntag", grundsätzlich seien Steuermittel nötig, um die
Sozial- von den Arbeitskosten abzukoppeln. "Das bedeutet
aber nicht zwangsläufig Steuererhöhungen in den nächsten
Jahren, denn Steuer- und Abgabenerhöhungen sind
schädlich für das Wachstum."
Die Spitzenposition bei der Arbeitsplatzvernichtung
durch Umverteilung nach oben gebührt wieder klar der FDP
(sh. "Ministerpräsidenten
gegen höhere Steuern – Widerstand aus der Union gegen
Pläne zur Gesundheitsreform", dradio.de, 1.7.06):
Der FDP-Politiker Daniel Bahr sprach sich im
Deutschlandfunk für eine vollständige Privatisierung der
Krankenkassen aus. Eine teilweise Steuerfinanzierung des
Gesundheitswesens lehnte der gesundheitspolitische
Sprecher seiner Fraktion ab. Die schwarz-rote Koalition
wolle sich einen Kompromiss mit dem Geld der Steuer- und
Beitragszahler kaufen.
Aber auch in der SPD gibt es noch genug Neoliberale, die das Festhalten der
bestbezahlten Politiker und sonstigen Meinungsmacher an ihren
Steuergeschenken unterstützen und mutwillig die Besteuerung nach
Leistungsfähigkeit und nach dem Konsum in einen Topf werfen (sh. Interview von
Dirk Müller mit Klaas Hübner: "'Seeheimer
Kreis' gegen weitere Steuererhöhungen", dradio.de, 20.4.06):
Der Sprecher des konservativen "Seeheimer Kreises" in der SPD, Klaas Hübner, hat
sich gegen weitere Steuererhöhungen ausgesprochen. Die von der Koalition
vereinbarten Maßnahmen wie die Reichensteuer und der Abbau von Vergünstigungen
reichten aus, um zu einer höheren Steuerquote zu gelangen, sagte Hübner.
Dabei ist Klass Hübner nur einer von vielen Vertretern des starken neoliberalen
Flügels in der SPD als Basis für den Kanzler der Bosse, der Oskar Lafontaine im
März 1999 zum Rücktritt getrieben hat.
Lafontaine brachte die Debatte auf den Punkt mit der Bemerkung: "Gesundheitsreform
ist das Projekt Hartz V" (sh. journalMED, 27.6.06). Die
Bezeichnung als "Hartz V" ist bei dieser in Deutschland bisher
einmaligen Kopfgeldjagd gegen die Klein- und Normalverdiener
jedoch noch als eher zurückhaltend
anzusehen.
Kahrs wirft dem Parteivorsitzenden vor, die Sozialdemokraten mit der Öffnung zur Linken in Hessen in eine schwere Glaubwürdigkeitskrise gestürzt zu haben. "Dafür muss er büßen. Damit hat sich die Kanzlerfrage schon erledigt", wird Kahrs vom "Flensburger Tageblatt" zitiert.
(Sh. "Beck soll für Linksschwenk büßen", spiegel.de, 27.3.2008.) Die Ausdrucksweise von Kahrs ist hilfreich, weil die Neoliberalen ansonsten allen Grund haben, ihre Denkweise hinter Täuschungen zu verbergen.
Hirrlinger warnte die Politik mit Blick
auf künftige Wahlen, wenn der Koalition nicht anderes
einfalle, als 2007 den Kassenbeitrag zu erhöhen, müsse
sie sich darüber «klar sein, dass sie dann die Zeche
bezahlen wird».
Das Ausmaß einer solchen Wähler-Aufklärung dürfte jedoch
sehr begrenzt sein, da für das Medienkapital und für die
meisten Meinungsmacher die Arbeitsplatzvernichtung durch
Umverteilung nach oben eher akzeptabel erscheint als der
Verzicht auf ihre vier- und fünfstelligen jährlichen
Steuergeschenke. Eine solche
Arbeitsplatz-Vernichtungspolitik hätte bei einer
Koalition der SPD mit dem Linksbündnis keine Chance
gehabt, aber dafür müssten sicher noch andere
Pseudo-Sozialdemokraten ihrem Kanzler der Bosse
nachfolgen. Außerdem werden das Medienkapital, seine
Söldner und die übrigen neoliberalen Truppen sämtliche
Geschütze in Stellung bringen, um die eigenen
Steuergeschenke um jeden Preis gegen eine solche
Koalition zu verteidigen. Für Oskar Lafontaine reichten
nach dem Abgang Gerhard Schröders anscheinend schon als
Koalitions-Basis eine Sozialdemokratisierung der
SPD-Politik und gewisse Reformen bei den Grünen (sh.
"Lafontaine (Linkspartei) glaubt nicht an Zerfall der
großen Koalition",
dradio.de, 8.7.06).
die Beitragserhöhung wäre nicht
erforderlich, wenn die Krankenkassen weiterhin die 4,2
Milliarden Euro jährlich aus der Tabaksteuer erhalten
würden. Die Koalition hatte beschlossen, diesen
Steuerzuschuss zu streichen – damit habe sie das
Finanzloch bei den Kassen selbst aufgerissen. Während die Zigarettenwerbung in unseren Nachbarstaaten weitgehend verboten ist, haben die neoliberalen Lobbyisten in der Regierung ihre konsequentere Einschränkung in Deutschland bis Ende 2006 verschleppt (sh. "Deutschland scheitert mit Klage gegen EU-Tabakwerbeverbot", welt.de, 12.12.2006). Damit konnten sie in den letzten Jahren jeweils fast 15 Milliarden Euro Tabaksteuer kassieren (sh. zoll.de). Diesen Einnahmen stehen inzwischen mehr als 17 Milliarden Euro jährliche Kosten für die gesundheitlichen Folgen des Zigarettenkonsums in Deutschland gegenüber. Die Profiteure überlassen solche Kosten jedoch den gering- und normal verdienenden Pflichtversicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung, um die Steuergeschenke für sich selbst aus der Tabaksteuer mitzufinanzieren. Zu den Kosten schrieb die Deutsche Gesellschaft für Nikotinforschung in einer Pressemitteilung vom September 2004:
Nach konservativen Berechnungen belastet die Behandlung von
Folgekrankheiten des Rauchens unser Gesundheitssystem jährlich mit rund
17 Milliarden Euro. Hierbei sind die Folgekosten die Behandlung
passivrauchbedingter Krankheiten noch nicht einmal berücksichtigt. (Sh. Pressemitteilung, Erfurt 2004, mit Hinweis auf die Studien - Stand 22.5.07:
Ruff L.K., Volmer T., Nowak D., Meyer A. (2000): The economic impact of
smoking in Germany. In: European Respiratory Journal, 16, S. 385-390,
und Welte R, König HH, Leidl R (2000): The costs of health damage and
productivity losses attributable to cigarette smoking in Germany.
European Journal of Public Health, 10, S. 31-38.) Die Werbewirtschaft fürchtet Einnahmeausfälle von insgesamt über 110 Millionen Euro. Die Bundesregierung, sowohl die Kohl- als auch die Schröder-Regierung, versuchte in Brüssel vergeblich gegen das Werbeverbot vorzugehen.
Der FOCUS ergänzte am 13.6.06 unter der Überschrift: „EU-Plan – Tabak-Werbeverbot kaum zu verindern“:
Vor allem die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger haben in Deutschland gegen das Werbeverbot Front gemacht. Sie warnen vor weitgehenden Eingriffen der EU in nationale Entscheidungen und vor einer Einschränkung der Pressefreiheit… Nach früheren Angaben der Zeitschriftenverleger bringt die Zigarettenreklame in Printerzeugnissen jährlich rund 50 Millionen Euro ein…
Laut Deutscher Krebshilfe sind ein Drittel aller Krebserkrankungen auf das Rauchen zurückzuführen. Durch Tabakkonsum stürben in Deutschland jedes Jahr 140 000 Menschen. Schipanski betonte, sie habe kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung wirtschaftliche Interessen vor die Gesundheit der Bürger stelle.
Das Wohl des Wählers soll auch hier zurückstehen hinter den Interessen des Medienkapitals und seiner Söldner, weil sonst deren "Pressefreiheit" womöglich bei den nächsten Wahlen ausgespielt wird gegen eine Politik im Interesse der Menschen.
Ein kleiner Bruchteil an Mehrbelastungen für die Werbewirtschaft und Medienmacher reicht also schon aus, um die Milliarden-Mehrbelastung der Klein- und Normalverdiener mit Krankenversicherungs-Beiträgen zu "rechtfertigen". Aus den jährlich 15 Milliarden Euro Tabaksteuereinnahmen wurden lediglich 4,2 Milliarden zur Entlastung der Beitragspflichtigen verwendet. Da die Meinungsmacher aber noch mehr Geld für ihre Umverteilung nach oben brauchten, haben sie sich inzwischen auch diese 4,2 Milliarden Euro verschafft.
Bei aktuellen Ausgaben
von etwa 145 Milliarden Euro dürfte der Zuschuß die
Marke von 7,25 Milliarden Euro nicht überschreiten. Das
entspricht etwa der Hälfte dessen, was für die
Versicherung der Kinder aufgewandt wird.
(Sh. auch "Operation
gelungen, Patient ärmer",
sueddeutsche.de, 3.7.06). Die genauen
Finanzierungsquellen dieses vorgegaukelten reinen Alibi-Zuschusses
zum Teilausgleich der Plünderung nach
dem Volksverdummungs-Muster der Reichensteuer bleiben
also ein Geheimnis.
"Viele sagen das, was ankommt, wenige, worauf es
ankommt". Dagegen schreibt Henkel als BILD-Kommentator tatsächlich das, was - bei den bestbezahlten neoliberalen Meinungsmachern - ankommt, aber nie, worauf es in Wirklichkeit ankommt, nämlich auf die Umverteilung nach oben. Für die BILD-Profiteure und übrigen Neoliberalen titelt er in dem anderen Kommentar ganz auf deren Linie und für sein eigenes Portemonnaie: Keine neuen Steuern! ... Dieser Griff führt, im kinderarmen Deutschland geschickt als 'Soli für die Kinder' getarnt, direkt in die Taschen der Steuerzahler!" (BILD 12.4.06). Wenn es also um seine eigene Tasche geht, kommt es plötzlich nicht mehr darauf an, dass die hohe Belastung der Löhne für Normal- und Kleinverdiener mit den staatlichen Sozialabgaben gemildert wird, dass sie sich leichter ihren Kinderwunsch erfüllen können, dass sie ihren Kindern auch die erforderliche Ausbildung finanzieren können. Dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ging es sowieso am wenigsten um die Senkung der Arbeitnehmer-Anteile zur Sozialversicherung, sondern um die Beitrags-Anteile seiner eigenen Mitglieder. Für die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher im Dienste der Großprofiteure kommt es nur darauf an, dass sie ihre Steuergeschenke behalten und noch vergrößern können auf Kosten der Einkommensschwachen, finanziert durch die Mehrwertsteuererhöhung, Kopfgeld und viele große Schröpfungen im Kleinen.
"Wenn man die Pflegeversicherung sattelfest machen will,
dann bedeutet das für jeden einen monatlichen Beitrag
von sicherlich 10 bis 12 Euro."
Weiter schreibt BILD:
In Koalitionskreisen hieß es gestern: "Der Beitrag muß 2007 von derzeit 1,7%
auf voraussichtlich 2,1% angehoben werden."
Bei solchen Akteuren ist natürlich zu befürchten, dass
die Finanzierung der Kinderversicherung erneut durch
eine Mehrwertsteuererhöhungen oder durch andere
Schröpfungen der Ärmsten erfolgen wird.
Warum fällt die SPD der Kanzlerin gerade jetzt in den
Rücken?
(Sh.
bild.de, 6.7.06.)
Von Strucks begleitendem und entlarvendem Lob für den
Ex-Kanzler der Bosse sei einmal abgesehen. Den
eigentlichen Grund für diese absurde Schuldzuweisung an
Struck und die SPD findet man in einem anderen
BILD-Artikel vom selben Tag mit der Überschrift:
"SPD-Fraktionschef wirft Kanzlerin Wortbruch vor",
bild.de, 6.7.06:
Gestern ging SPD-Fraktionschef Peter Struck plötzlich
auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) los, warf ihr
Wortbruch vor: "Ich finde es auch schon sehr eigenartig,
daß sich die Bundeskanzlerin nicht an Vereinbarungen
gehalten hat, die wir getroffen haben vor diesem letzten
Gespräch", ätzte Struck gestern nach der
SPD-Fraktionssitzung.
Bis auf die Tatsache, dass
nicht nur Koch und Stoiber nach Einheimsung des
Kopfgeld-Einstiegs den Wortbruch bei der
Steuerfinanzierung auslösten, ist der Sachverhalt fast
richtig dargestellt (sh. oben). Die wirklichen Gründe
der bestbezahlten Artikelschreiber, ihrer Brötchengeber
und der Politik-Opfer von "BILD, BAMS und Glotze"
werden natürlich nicht genannt. Dafür erfährt man aber,
dass Struck "ätzte" und "plötzlich" auf die Kanzlerin
"losging".
SPIEGEL ONLINE: Halten Sie es für realistisch,
dass die SPD mit der Ankündigung von Steuererhöhungen in
den nächsten Wahlkampf zieht?
Neben dieser Möglichkeit zur schleichenden Einführung
des Kopfgeldes nach der nächsten Wahl ist aber die
Steuerfinanzierung das Hauptproblem. Dazu schreibt DIE
WELT vom 5.7.06 in dem oben zitierten Artikel
"Juso-Vorsitzender
nennt Kanzlerin 'verhandlungsunfähig'":
Lauterbach, Gegenspieler von Bundesgesundheitsministerin
Ulla Schmidt (SPD), hatte vehement für eine stärkere
Steuerfinanzierung und die Bürgerversicherung geworben.
Mit beiden Punkten aber hatte er sich nicht durchsetzen
können. Gestern nun stritt er einmal mehr für "mehr
Steuermittel für das Gesundheitssystem". Lauterbach
attackierte die Verhandlungsführung der eigenen Partei,
indem er davon sprach, man sei der Entscheidung
zugunsten höherer Steuern "eigentlich ausgewichen".
Lauterbach sprach ebenso für die mit ihm verbündeten
führenden Linken in der SPD-Fraktion, indem er
ankündigte: "Die Diskussion über die Eckpunkte beginnt
erst jetzt."
Einen weiteren wichtigen Grund für die
Steuerfinanzierung der Sozialabgaben liefert Vizekanzler
und Arbeitsminister Müntefering - trotz seiner
Schönrederei -, indem er auf die Abnahme der
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse
(durch falsche Finanzierung der Sozialabgaben) hinweist:
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsverhältnisse hat abgenommen. Also müssen immer
weniger Menschen die Leistungen für alle finanzieren.
Bei Steuern wäre das anders.
(Sh. "Sind wir ein Sanierungsfall, Herr Müntefering?",
welt.de, 25.6.06.)
Wir werden erstens Verschwendung und Undurchschaubarkeit im System durch
eine Vielzahl von Strukturmaßnahmen verbessern.
Selbstverständlich hat der BVWM-Vorsitzende Mario Ohoven
recht, wenn er davor warnt (ebd.):
dass die höheren Beiträge – zusammen mit
der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007 – «massive
Nebenwirkungen» hätten. «Binnennachfrage und Konsum
sowie die Bereitschaft der Unternehmen, neue
Arbeitsplätze zu schaffen, werden erheblich geschwächt.»
Aber einen Verzicht auf seine Arbeitsmarkt-schädlichen
Steuergeschenke aus der Steuersenkung für
Best-"Verdiener" hat er für die Finanzierung des
Gesundheitssystems natürlich nicht ins Gespräch
gebracht. Ganz im Gegenteil beharrt er auf dem "«sinnvollen
Ziel», die Gesundheitskosten von den Arbeitskosten
abzukoppeln", also auf dem Kopfgeld zur weiteren
Umverteilung nach oben. Dieses System hat sich die CDU von der Herzog-Kommission und und den smarten Privatisierungs-Experten von McKinsey Ende 2003 pünktlich zum Parteitag in Leipzig in ihr "christliches" Programm schreiben lassen (sh. Wikipedia: Herzog-Kommission). Beteiligt waren neben dem "Adlon-Ruck"-Präsidenten Roman Herzog auch der Rekordhalter für nicht bezifferte Nebeneinkünfte Friedrich Merz und Merkels Visionär für die Umverteilung nach oben, Paul Kirchhof, ferner Lobbyisten mit Bundestagsmandat wie Reinhand Göhner und Laurenz Meyer, während zumindest Horst Seehofer sein Kommissionsmandat empört aufgegeben hat (sh. die Kontroverse zwischen Seehofer und Herzog bei Maybrit Illner in der Sendung vom 14.2.2008: "Zwischen Linksruck und Reformdruck").
Angesichts der "ideologischen Unterschiede" sei es für
ihn eine offene Frage, "ob die große Koalition eine
große Lösung schafft oder ob es zu einer Fortsetzung des
bisherigen Systems mit Hilfe von noch mehr Steuermitteln
kommt", sagte Wulff der "Bild am Sonntag".
Mit diesen Passagen findet man bei bild.de auch noch
eine Zuspitzung mit weiteren Zitaten von Wulff im
neo-schwarzgelben Umfeld des Axel-Springer-Verlages mit
schmeichelndem Foto von Roland Koch:
"Steuererhöhungen über die Mehrwertsteuer hinaus darf es
nicht geben", fordert der stellvertretende
CDU-Vorsitzende. "In Zukunft müssen wir die Ausgaben
kürzen, um mit dem auszukommen, was wir zur Verfügung
haben, sowie die Einnahmen durch wirtschaftliches
Wachstum verbessern."
(Sh. "Scheitert
die große Gesundheitsreform?", bild.de, 6.5.2006?,
gefunden 19.8.2006.) Die neoliberalen Profiteure der
Steuersenkung für Bestverdiener und ihrer Finanzierung
durch die Mehrwertsteuererhöhung verschleiern also
ständig die Tatsache, dass man gerade durch diese
Umverteilung nach oben das Wachstum blockiert und die
Arbeitsplätze vernichtet (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen
Rüttgers lehnt eine umfassende Steuerfinanzierung für
das Gesundheitswesen ab: "Ich halte es für falsch, mit
Steuereinnahmen Einsparungen zu vermeiden", sagte
Rüttgers (CDU) im FOCUS-Interview...
Die Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung der
historisch einmaligen Steuersenkung für Rüttgers, die
neoliberalen Meinungsmacher und die übrigen
Bestverdiener wird also dankbar abgehakt und ein kleiner
Schritt zurück zu den Steuersätzen der
Wirtschaftswunderjahre wird als "verfassungsrechtlich
problematisch" dargestellt, als ob das nur mit dem
(ebenfalls verfassungsrechtlich unproblematischen) Soli
geschehen könnte. Aber das Herauspicken der Soli-Lösung
muss wohl sein, damit Rüttgers von der "Erfindung"
"neuer Steuern" schwadronieren kann. Die neue
Vorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen, Hannelore
Kraft, bezeichnete daher Rüttgers treffend als
"Sozialschauspieler". "Seine Versuche,
sich auf dem Feld der sozialen Gerechtigkeit zu
profilieren, seien «blanke Taktik»" (sh. "NRW-SPD
mit Kraft gegen Rüttgers", netzeitung.de, 20.1.07).
"Keine neuen Steuern erfinden"
Auf einmal kommt also als Argument gegen den Verzicht
auf die Steuergeschenke der Länderfinanzausgleich ins
Spiel, als ob man so etwas im Rahmen der viel
gepriesenen Föderalismus-Reform mit Hilfe der
CDU-Ministerpräsidenten nicht anders regeln könnte.
Gesundheitsministerin Ulla
Schmidt (SPD) hingegen hatte gestern versucht, auf den
Zug aufzuspringen, und die Autorenschaft für Kauders
"dritten Weg" zwischen Kopfpauschale und
Bürgerversicherung für sich beansprucht.
(Sh. "Merkel
und SPD knöpfen sich Kauder vor",
spiegel.de, 12.4.06). Auch Niels Annen,
SPD-Vorstandsmitglied, kritisiert in seinem ansonsten
eher Parteispitzen-konformen Interview vom 5.7.06 mit
dem Deutschlandradio Kultur die neoliberale Linie von
Ulla Schmidt:
Denn, wie sich jetzt immer mehr herausstellt, hat sie
diesen Fonds bevorzugt, hat ihn auch in der Verhandlung
mit vertreten, das ist aber nie SPD-Position gewesen.
(Sh. "Annen: Enttäuscht
über Gesundheitskompromiss",
dradio.de, 5.7.06).
Niels Annen,
Jahrgang 1973, ließ sich in dem Interview
jedenfalls keinen Generationenkonflikt zur Tarnung der
Umverteilung nach oben einreden. Er demonstriert Zuversicht, dass man beim
Gesetzgebungsverfahren noch etwas retten könne (ebd.).
Zur Finanzierung der Kinder
seien ein "Gesundheitssoli" von acht Prozent auf die
Lohn- und Einkommensteuer-Schuld oder drei Prozent mehr
Steuern aufs Einkommen denkbar.
Der Zuschlag von drei
Prozent hätten zwar nicht ganz ausgereicht für das sehr
niedrig kalkulierten Steuerfinanzierungs-Ziel
von 16 Milliarden Euro. Aber die neoliberalen
Hardliner in der Union haben bisher jeglichen
Steuerzuschlag zur Sozialabgaben-Senkung auf die Zeit
nach dem nächsten Bundestagswahlkampf verschoben und
damit das einzig sinnvollen Element des Kompromisses zur
Förderung des Arbeitsmarktes blockiert. Statt
dessen haben sie zur Arbeitsplatzvernichtung durch
Umverteilung nach oben sogar eine Erhöhung des
Krankenversicherungsbeitrages um "zirka" 0,5
Prozentpunkten durchgesetzt, die nach prompter
Stellungnahme
vieler Krankenkassen-Sprecher viel zu niedrig angesetzt
waren. Tatsächlich lag der Durchschnittsbeitrag zur
gesetzlichen Krankenversicherung schon Anfang 2007 bei
14,9% und damit um 0,7% höher als ein Jahr zuvor. Ein
guter Teil dieser Erhöhung geht auf das Konto der
Mehrwertsteuererhöhung
(sh. "Krankenkassenbeitrag
jetzt bei 14,9% Prozent", handelsblatt.com, 9.1.07;
sh. auch die Ankündigung dieser 0,7% in dem Artikel "Die
Kassen auf!", taz.de, 21.12.06).
Den neuen Vorstoß gestartet hatte die stellvertretende
SPD-Partei- und Fraktionschefin Elke Ferner in der
"Welt". Ferner hatte sich für einen höheren
Steuerzuschuss an das Gesundheitssystem ausgesprochen
und damit einen ungeklärten Streitpunkt zwischen Union
und SPD aufgegriffen. Besonders zynisch erscheint die letzte Formulierung von Michael Meister, weil mit der Mehrwertsteuererhöhung "das Instrument der Steuererhöhungen" nicht nur "verbraucht", sondern weit überzogen ist, um die Senkung des Spitzensteuersatzes vom 53 auf 42 Prozent sowie weitere Steuergeschenke zu finanzieren für Michael Meister und die übrigen Neoliberalen. Dafür wollen sie möglichst noch weitere Schröpfungen zu Lasten der Ärmsten und der Konsumnachfrage "auf der Ausgabenseite heraus holen".
(Sh. auch den Artikel über das Gespräch mit Elke Ferner:
"SPD will mehr Steuern für die Gesundheit",
welt.de, 22.1.07. Nach dem vorstehenden Zitat ist
dieser Titel jedoch irreführend. Es wird auch nicht
geklärt, wie die SPD-Basis denkt, aber die wird sowieso
manipuliert, allein schon gegen Oskar Lafontaine.)
Eine Beitragssatzerhöhung in einer solchen Größenordnung
ist einzigartig in der Geschichte der gesetzlichen
Krankenversicherung.
(Sh.
Pressemitteilung der GKV-Spitzenverbände, Berlin 10.1.07).
Darüber hinaus erwarten die Spitzenverbände der
gesetzlichen Krankenkassen jedoch
dass der Beitragssatz bis zum Jahre 2009 auf 15,3
Prozent steigen wird (ebd.). Nach einem Bericht im Deutschlandfunk sagte Frau Pfeiffer am 10.1.07 (sh. Deutschlandfunk FLASH vom 10.1.07, "Information am Abend - Gesundheitsreform", 18:25 bis 18:28 Uhr):
Man muss sogar sagen, für die Beitragszahler wäre ein Scheitern der Reform auf jeden Fall die günstigere Variante.
Man solle sich auf die Elemente der Gesundheitsreform beschränken, die der Stärkung des Wettbewerbs dienen. Aber gerade hier haben die neoliberalen Koalitionäre kaum etwas zu bieten außer den Beitragserhöhungen zur Umverteilung nach oben und Volksverdummung der dreistesten Art, wie z.B. Ulla Schmidt in ihrem Interview mit der FAZ vom 30.9.07:
FAZ: Schon jetzt klagen Fachleute wie der Verwaltungsratschef der AOK, Volker Hansen: Es war noch nie so teuer, sich gegen Krankheit zu versichern wie heute.
Schmidt: Das stimmt nicht. Vor 2004 hatten wir einen allgemeinen Beitragssatz von 14,3 Prozent. Jetzt liegt er bei 13,9 Prozent.
FAZ: Aber die Versicherten müssen 0,9 Prozent extra zahlen. Das macht zusammen 14,8 Prozent!
Schmidt: Für die Versicherten sind es 0,9 Prozent mehr, aber auf den halben Beitragssatz von 6,95 Prozent.
Ulla Schmidt verschleiert also weiterhin ihr
tatsächliches Vorgehen - auch im Kleinen. Sie "senkte"
noch mit dem Kanzler der Bosse und seinem neoliberalen
Tross zuerst den "allgemeinen Beitragssatz" zur
gesetzliche Krankenversicherung um 0,9 Prozent, um genau
diese 0,9 Prozent sofort den Versicherten allein
aufzubürden (sh. auch
Wikipedia: "Gesetzliche Krankenversicherung"),
dadurch die hälftige Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung aufzubrechen und diese Mehrbelastung
der Arbeitnehmer jetzt als eine "Senkung des allgemeinen
Beitragssatzes" auszugeben. Rudolf Dressler, einer der wenigen verbleibenden sozialdemokratischen SPD-Politiker, äußerte sich zu Ulla Schmidt in dem interessanten Feature von Adrian Feuerbacher und Barbara Kostolnik: "Gesundheitsreform: Chronologie eines Scheiterns", ndr.de, 29.3.07, als Podcast verfügbar. Nach Dresslers Ansicht hätte Ulla Schmidt als Gesundheitsministerin schon längst aus Protest zurücktreten müssen. Anscheinend verkennt Dressler, dass Ulla Schmidt selbst schon unter Schröder die Umverteilung nach oben mitbetrieben hat und dass sie selbst mit ihrer Ministerzulage bestens davon profitiert. Vielleicht ist seine jahrzehntelange sozialdemokratische Vorprägung so stark, dass er diese Mentalität nach seinem jahrelangen Neutralisierungs als Botschafter in Israel gar nicht richtig begreifen kann. Außerdem präsentieren die neoliberalen SPD-Oberen die Koalition mit den "Christen" als Volkes Wille, obwohl doch die Sitzverteilung im Bundestag für eine Koalition mit dem Linksbündnis gegen die Neoliberalen sprechen würde (sh. auch LINKSPARTEI - Oskar Lafontaine will endlich mitregieren", welt.de, 1.3.2007). Da diese aber in der SPD seit der Schröder-Regierung die Oberhand haben, müssten sie eine Koalition gegen sich selbst eingehen.
Der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer
...forderte die Regierung auf, den Gesundheitsfonds ad Acta zu legen. Mit dem Finanzpool werde bewusst eine Unterfinanzierung im System erzeugt.
(Zitiert aus "Sozialverbände
warnen vor 'Drei-Klassen-Medizin' durch Reform",
de.today.reuters.com, 9.1.07, 1:11 MEZ).
Der Gesundheitsfonds ist ein
Konzept, um die Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung in Deutschland ab
2008 zu umzuorganisieren.
Der zweite Satz mit dem Anschein von
Gerechtigkeit wurde lt. Versions-Historie am 13.7.06
beruhigend hinzugefügt, obwohl bereits am 3.7.06
folgende Passage aus einem Interview vom selben Datum
mit
Bert Rürup
eingefügt war (sh. die ironische Überschrift "Guter
Tag für Versicherte", heute.de, 3.7.06,
mit Video):
Der Wirtschaftsexperte
Bert Rürup kritisierte, "dass der Faktor Arbeit im
nächsten Jahr um fünf Milliarden Euro belastet werden
soll, um dann sukzessive im Jahre 2008 und 2009 3,5
Milliarden Euro zurückzugeben. Unter ökonomischen
Aspekten ist das nicht sonderlich überzeugend".
Eine so weichgespülte Kritik kann sich in
der Wikipedia gegen die neoliberalen Angriffe durchaus
noch halten. Bert Rürup (SPD) wurde im Jahre 2000 von
der Schröder-Regierung in den Sachverständigenrat
berufen und hat im März 2005 dessen Vorsitz übernommen.
Zur Interessenlage von
Bert Rürup konnte
sich in der Wikipedia immerhin folgender Hinweis
behaupten, zumal es sich hier nur um Bemerkungen zu einer Person und
nicht zum den Neoliberalismus insgesamt handelt (Stand
22.7.06):
Rürup hält Vorträge für die
Versicherungsgesellschaft
MLP. Im Jahr 2002 war er vom 16.8. bis zum 5.12.
knapp vier Monate Aufsichtsratsvorsitzender der Pro bAV
Pensionskasse AG, einer Tochtergesellschaft des
Versicherungskonzerns
AXA.
Bei der AXA ist der ehemalige
INSM-"Botschafter" Bert Rürup immerhin in guter Nachbarschaft
von Friedrich Merz, dem AXA-Aufsichtsratsmitglied
und Mitglied des INSM-Fördervereins (sh. auch
insm.de,
Meinungskauf/Wir-Papst-Du-Deutschland.htm
und den hart umkämpften Wikipedia-Artikel zur
INSM, bei dem
sich die kritische Editoren einmal nicht entnervt
zurückgezogen haben; sh. ferner "Wie
versucht wird, die Wikipedia zurecht zu trimmen",
nachdenkseiten.de, 8.3.2006, und Rudolf Stumberger: "Der
Internet-Krieg der Editoren", Telepolis, 15.3.06).
Zur Gesundheitsreform hat Bert Rürup eine eigene
Kopfprämie in Form der "Bürgerpauschale" für alle
entwickelt, die bei seinem Einkommen für ihn auch wesentlich
billiger wäre als eine Steuerfinanzierung der
gesetzlichen Krankenversicherung etwa nach dem dänischen
Erfolgsmodell.
Damit ist er den CDU-Vorstellungen so nahe, dass sie ihn
sogar als eigenen Verhandlungsführer im Streit mit der
SPD aufstellen will (sh. z.B. "Ein
Hauen und Stechen", zdf.de, 1.10.2006, und "Porträts:
Bert Rürup und Eckart Fiedler", tagesspiegel.de,
28.9.06, gefunden bei Google mit vorher recherchierten
Zeichenfolgen ["bert rürup" "eckart
fiedler"] ).
Gleichzeitig will die Koalition im Rahmen
ihrer Haushaltspolitik den derzeitigen Zuschuss aus der
Tabaksteuer an die Krankenkassen von 4,2 Milliarden Euro
im kommenden Jahr auf 1,5 Milliarden Euro zurückfahren
und 2008 ganz streichen. Unter dem Strich sollten somit
die Kassen auch mit dem jetzt in Aussicht gestellten
Milliardenbetrag im kommenden Jahr 1,7 Milliarden Euro
weniger vom Bund erhalten als 2006. Hinzu kommt, dass
auch die beschlossene Anhebung der Mehrwertsteuer die
Kassen erheblich belastet.
Bei der Darstellung dieser
Gaukeleien geht es jedoch nicht um die Höhe der Beträge,
sondern nur um Demaskierung der Volksbetrüger, die
Rückgabe ihrer vorenthaltenen Milliarden in den üblichen
Kurzmeldungen publikumswirksam als
großzügige Segenstat präsentieren lassen. Gemessen am
Bedarf ist das gar nichts. Der liegt um das zigfache
höher, wenn
man gegen die Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach
oben etwas ausrichten will durch eine entsprechende steuerliche Beteiligung
der großen Profiteure am Solidarsystem.
Rüttgers: Wir waren alle gegen eine weitere
Steuererhöhung, auch die Kanzlerin...
(Sh. Interview mit Jürgen Rüttgers, DER STERN Nr. 32,
3.8.06, S. 66 -68, und "Die CDU ist keine
kapitalistische Partei",
stern.de, 2.8.06.)
Obwohl Eingangs- und Spitzensteuersatz kontinuierlich
seit 1998 abgesenkt worden sind, ist die
Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum von 856 000 auf über
eine Million gestiegen.
Hier stellt Rüttgers plötzlich äußerst vorsichtig fest,
dass er und die übrigen neoliberalen Meinungsmacher mit
der viel gepriesenen Absenkung ihres Spitzensteuersatzes
natürlich nur die Arbeitslosenquote erhöhen konnten, denn
der "Kuchen" kann so nicht wachsen (sh.
rossaepfel-theorie.de, z.B. mit
dem Suchwort Joseph Stiglitz), und das Geld für die
"Bestverdiener" musste also von den übrigen kommen.
Tatsächlich wurde die Absenkung des
Eingangssteuersatzes wegen der vielen
Mehrbelastungen für Klein- und Normalverdiener zur
Gegenfinanzierung ohnehin mehr als aufgezehrt, so dass
Konsumnachfrage, Arbeitsmarkt und damit auch die
Sozialsysteme sich nicht erholen konnten.
Handelsblatt: Eine dieser Lebenslügen ist laut Rüttgers die Überzeugung, dass die Steuern zu hoch sind. Was lehrt uns insoweit die Soziale Marktwirtschaft:
Wulff: Dass der Staat sich auf seine Kernaufgaben
konzentrieren und den Arbeitnehmern mehr Netto vom
Brutto lassen muss. Die Industriestaaten sind am
erfolgreichsten, die ihre Staatsquote gesenkt und die
Freiräume von Bürgern und Unternehmen erhöht haben.
Niedrigere und gerechter erhobene Steuern sind eine
besonders soziale Politik.
(Sh. das Interview: "Diffamierung ist unnötig",
Handelsblatt, 16.8.2006| Nr. 157, S. 4). Auch Wulffs
Verwirrspiel mit der "Staatsquote"
ist eine Zumutung: Die Arbeitslosenquote in Deutschland
ist bei einer mittleren deutschen Staatsquote doppelt so
hoch wie in den EU-Staaten mit der höchsten Staatsquote.
Zudem hat Deutschland die niedrigste
Steuerquote der EU15. Noch
"niedrigere ... Steuern" für Wulff und die übrigen
Bestverdiener müssten dazu führen, dass die Kosten für
Gemeinschaftsaufgaben noch weiter den Lohn- und
Gehaltsempfängern aufgebürdet würden und dass auch die
übrigen Einkommensschwachen noch durch weitere
Mehrwertsteuererhöhungen und Zuzahlungen geschröpft
würden. Erst durch den Einzug der Linken in den Hessischen Landtag im Jahre 2008 konnte gezeigt werden, wie man diese neoliberale Selbstbedienung bei den Studiengebühren bremsen kann durch eine starke rosa-rote Kräftebündelung. Gegen Peter Müllers Umverteilung nach oben durch Studiengebühren im Saarland (und gegen die gesamte neoliberale Abzocke bundesweit!) gibt es ebenfalls eine solche Lösung (Sh. „Grüne Jugend Saar: Studiengebühren sind abwählbar!“, gruene-jugend.de, 5.6.2008).
Natürlich gehörten Freiheit, Solidarität
und Gerechtigkeit zusammen, aber Solidarität und Gerechtigkeit würden
für ihn dagegen erst durch die Freiheit bestimmt und konkret, hatte der
Unionsfraktionschef erklärt. Eine ganze Weile später meldet sich
Rüttgers. Ungläubig beugt er sich nach vorne, schaut einige Stühle nach
links zu seinem Parteifreund und sagt: "Volker, das mit der
Gerechtigkeit hast du doch sicher nicht so gemeint, oder?" Heiner Geißler hatte bereits der Leipziger Volkszeitung (Ausgabe vom 10.8.06) zur Störung des neoliberalen "Friedens" in der CDU durch Rüttgers gesagt (sh. presseportal.de):
"Es ist ein Treppenwitz, dass der wirtschaftsliberale
Flügel der Partei jetzt die Sozialdemokratisierung der
CDU beklagt. Dabei tragen sie die Verantwortung für die
Wahlniederlage." Die CDU habe bei der letzten
Bundestagwahl den "Charakter einer Volkspartei
verloren." Mit Ergebnissen von nur 35 Prozent gehe man
in Richtung Klientelpartei. "Wir haben keine
Sozialdemokratisierung der CDU sondern eine Auszehrung
einer großen Volkspartei, die sich eine Politik gegen
die Arbeitnehmer nicht leisten kann."
Die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher innerhalb
und außerhalb der CDU wollen jedoch die obige
Feststellung von Rüttgers nicht wahrhaben, dass die
Arbeitslosenzahl trotz der Absenkung
ihrer Spitzensteuersätze seit 1998 um 856.000 gestiegen
ist, und Rüttgers kann bei all seiner bisherigen
Ideologisierung anscheinend immer noch nicht begreifen,
dass gerade wegen dieser Umverteilung nach oben
die Arbeitslosenquote tendenziell steigt (sh.
rossaepfel-theorie.de) - bei
gleichzeitigem Absinken der Quote seit 1998 in anderen
Staaten, die eine solche Umverteilung nicht
mitgemacht haben.
An ihrem ersten Jahrestag lobt sich die Koalition in der
Generaldebatte - selbst die Kanzlerin fand's zum Gähnen
Nach drei Stunden findet die
Quälerei ein Ende...
Sh. Nico Fried: "Zum
Jahrestag der Koalition: ein Strauß netter Worte",
jetzt.sueddeutsche.de, 22.11.06. Unmittelbar vor dem CDU-Parteitag in
Dresden hat Hessens Ministerpräsident Roland Koch die Vorteile
schwarz-gelber Regierungsbündnisse im Vergleich zu großen Koalitionen
hervorgehoben. Entscheidende Teile ihres Reformprogrammes könne die CDU
am ehesten in einer bürgerlichen Koalition verwirklichen, sagte Koch der
"Leipziger Volkszeitung". Er verwies dabei auf die Beschlüsse des
Leipziger Parteitages von 2003, mit denen sich die CDU auf
Arbeitsmarkt-Reformen und auf eine weitere Absenkung der Einkommensteuer
eingeschworen habe.
Der entscheidende Punkt ist die noch weitere Absenkung
des Spitzensteuersatzes für Koch, Wulff, Merz und alle
bestbezahlten Neoliberalen von ehemals 56 Prozent auf
angestrebte 35 oder 36 Prozent. Dies hatte die CDU bereits
auf ihrem "zukunftweisenden"
Umverteilungs-Parteitag
[7]
vom 30.11. bis 2.12.03 in Leipzig proklamiert (sh.
rossaepfel-theorie.de).
Mit ihren 36 Prozent nach dem Bierdeckel-Prinzip von
Friedrich Merz lag sie in unmittelbarer Nähe der 35
Prozent, die die FDP für ihre Lobbyisten
fordert. Diese Linie wollen nun die "christlichen"
Profiteure auf ihrem nächsten Parteitag vom 27. bis 27.
11.06 in Dresden dadurch absichern, dass sie die
pflichtversicherten Klein- und Normalverdiener weiter
schröpfen und Angela Merkel vor einem "Linksruck" warnen
(sh.
"Länderchefs
warnen Merkel vor Linksruck", morgenpost.de,
26.11.06).
Wieviel Steuern wollen sie noch aus uns herausquetschen?...
Und es kommt noch schlimmer! Schon bastelt die Große Koalition an einer neuen Gesundheitssteuer. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) gestern: "Wir werden zusätzliche Mittel brauchen. Das gehört zur Ehrlichkeit." … Fällt der schwarz-roten Regierung denn nichts anderes mehr ein, als uns ins Portemonnaie zu greifen?
(Sh. bild.de,
3.5.2006: "Die Große Koalition wird bei
den Steuern zur ’Groben Koalition’ -
|
|
Um 3.00 Uhr früh war es endlich soweit.
Sie sei froh, dass für alle Anträge "eine
einvernehmliche Regelung gefunden" worden sei, sagte
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am morgen. Sie
gehe davon aus, dass der Konsens auch im Bundesrat
bestätigt werde.
Damit wäre der Weg frei, dass die
Gesundheitsreform wie geplant zum 1. April in Kraft
treten kann...
Die Kernpunkte: Der geplante Basistarif der Privaten Krankenversicherung (PKV) soll erst 2009 und nur befristet auf sechs Monate für bereits privat Versicherte geöffnet werden. Danach soll er nur noch für über 55-Jährige oder Bedürftige offen sein. Damit soll ein Ausbluten der Privatversicherung verhindert werden.
Im Gegenzug soll es erstmals in der deutschen Sozialgeschichte eine allgemeine Pflicht zur Krankenversicherung geben.
Zutreffender als das Eigenlob der neoliberalen
Koalitionäre und die Schlagzeilen ihrer Propagandisten
ist die Einschätzung von Karl Lauterbach:
Lauterbach: Ich bin von dem Ergebnis enttäuscht.
Aber die Verhandlungen mussten zu einem Ende gebracht
werden, denn für die Bevölkerung wurde die Diskussion
unerträglich. Ein Durchbruch ist es auf keinen Fall,
weil das Hauptproblem der Finanzierung der gesetzlichen
Krankenkassen nicht gelöst werden konnte...
Die Verlierer sind die Versicherten. Und der moralische
Verlierer ist die Union als Lobbytruppe der privaten
Versicherungskonzerne. Die gesetzlich Versicherten haben
mit steigenden Beitragssätzen und in Zukunft auch mit
Kopfpauschalen zu rechnen...
Die Versicherungspflicht ist tatsächlich eine
historische Entscheidung. Aber sie ist nur ein minimaler
erster Schritt auf dem Weg zur Bürgerversicherung. Es
wurde nicht erreicht, dass die Einkommensstarken stärker
zur Finanzierung des Gesundheitssystems herangezogen
werden. Die Last bleibt überproportional auf den
Schultern der Mittelschicht der gesetzlich Versicherten.
Die Union war hier das Sprachrohr von zehn Prozent der
Bevölkerung und hat sich nicht wie eine Volkspartei
verhalten...
Niedergelassene Ärzte können mit steigenden Honoraren
rechnen. Da haben sich die Proteste der letzten Monate
gelohnt. Bei den Apothekern bleibt es dabei, dass ein
Medikament in jeder Apotheke mit dem gleichen Preis
verkauft wird. Die ursprüngliche Idee einer freien
Preisgestaltung und damit eines Wettbewerbs zwischen
Apothekern ist von der Union wieder eingefangen worden.
Das ist ein Sieg der Apothekerlobby.
(Sh. "GESUNDHEITSEXPERTE LAUTERBACH:
Ein Durchbruch ist es auf keinen Fall", spiegel.de,
12.1.07.)
Lauterbachs zugestandener "minimaler erster Schritt auf
dem Weg zur Bürgerversicherung" ist nur eine qualvolle
Rücksichtnahme auf die falsche Darstellungsweise seiner
SPD-Schönredner. Man merkt das schon an seinem Zusatz
"Die gesetzlich Versicherten haben ... in Zukunft auch
mit Kopfpauschalen zu rechnen". In Wirklichkeit handelt
es sich aus der Sicht der "Christlichen" um einen ersten
großen Schritt zum Kopfgeld.
Recht hat Lauterbach mit der Aussage "Die
Versicherungspflicht ist tatsächlich eine historische
Entscheidung". Aber diesen Zugang der Unversicherten in
die gesetzliche oder private Krankenversicherung hätte
man auch ohne den Gesundheitsfonds zur Schröpfung der
Klein- und Normalverdiener haben können, wenn sich die
"Christlichen" nicht wieder einmal als Lobbyisten der
Umverteilung nach oben erwiesen hätten.
All das geht ihnen aber noch nicht weit genug. Dazu
schreibt die Netzeitung vom 25.1.07:
Gesundheitsreform wird zum Reförmchen
...Gebetsmühlenartig hat die Große Koalition, um der Bevölkerung die Notwendigkeit der Gesundheitsreform klar zu machen, bekräftigt, dass die Kosten aus dem Ruder liefen und es nicht so weiter gehen könne wie bisher – geplant waren teils deutliche Einsparungen, etwa bei Krankenhäusern und beim Rettungsdienst. Doch nun macht die Koalition hier offenbar wieder einen Rückzieher.
Angesichts des Widerstands der Länder ist die Koalition in Berlin
bereit, auf große Teile der geplanten Einsparungen zu verzichten, wie
die «Berliner Zeitung» unter Berufung auf Koalitionskreise berichtete...
(Sh. "Gesundheitsreform wird zum Reförmchen", netzeitung.de, 25.1.07.) Zugunsten der "christlichen" Lobbyisten bleibt also kaum mehr als der Einstieg in das Kopfgeld und trotzdem eine weitere kräftige Beitragserhöhung zu Lasten der Klein- und Normalverdiener statt der groß angekündigten Beitragssenkung.
Nach dem endlosen Debakel und den fallenden Umfragewerten für beide Großkoalitionäre zählte für ihre Leitfiguren nur noch das Durchpeitschen der missratenen Reform durch die vorbereitende Abstimmung im Gesundheitsausschuss und die anschließende Abstimmung im Parlament. Immerhin haben Karl Lauterbach, Wolfgang Wodarg und vier weitere der elf SPD-Mitglieder in dem 22köpfigen Gesundheitsausschuss so viel Rückgrat bewiesen, wie ihnen nach dem angeblichen Fraktionszwang zur Umverteilung nach oben möglich war. Sie blieben der Abstimmung fern, so dass ihre Ausschuss-Stellvertreter für das Machwerk stimmten. In dieser Situation trat wieder einmal der SPD-Fraktionsvorsitzende und Schröder-Freund Peter Struck auf den Plan (sh. oben), der sich schon wiederholt in dieser Funktion als Einpeitscher bewährt hatte:
Struck empört sich darüber, dass die eigenen Leute die
Fraktionsbeschlüsse in den Ausschüssen nicht vertreten.
Von der Fraktionsspitze wird den Abweichlern eine
Obstruktionshaltung unterstellt. Am Dienstagabend hatte
Struck die SPD-Mitglieder des Gesundheitsausschusses zu
einem Gespräch einbestellt. Sein Drängen, der Reform
trotz Bedenken zuzustimmen, verhallte weitgehend...
Über eine Abberufung hätte aber die gesamte Fraktion zu
entscheiden. In der Parlamentarischen Linken wird
Strucks Ankündigung allerdings für eine leere Drohung
gehalten. Der Fraktionsvorsitzende bekäme womöglich
keine Mehrheit für eine Abberufung, da die "PL" etwa 100
der 222 Fraktionsmitglieder stellt...
Jetzt trauen mehrere SPD-Abgeordnete Lauterbach und
Wodarg nicht mehr zu, etwa bei der bevorstehenden Reform
der Pflegeversicherung noch sozialdemokratische
Gesundheitspolitik zu vertreten. Dies sieht Struck dem
Vernehmen nach ähnlich.
(Sh. "Kritikern
droht Strafversetzung", welt.de,
1.2.07.)
Am 27.2.07 heißt es in dem Blatt weiter:
Strucks Autorität als Chefeinpeitscher ist angeschlagen.
Von den elf SPD-Mitgliedern im Gesundheitsausschuss
hatten bei der Schlussabstimmung über die Reform fünf
gegen das Gesetz gestimmt; zwei sich enthalten. Ein im
Ausmaß ungewöhnlicher Vorgang, der für Struck umso
fataler wirkte, als er im Vorfeld versucht hatte, die
Neinsager durch persönliche Einvernahme unter
lautstarkem Verweis auf die Geschäftsordnung der
Fraktion vom Ja zu überzeugen. Umsonst...
(Sh. "SPD
- Einpeitscher mit Autoritätsproblemen", welt.de,
27.2.07).
Dass im ersten Artikel von "100 der 222 Fraktionsmitglieder" als der
"Parlamentarischen Linken" die Rede ist, dürfte eher
eine optische Täuschung sein. Tatsächlich ist die
Fraktion unter Schröder, Struck, Eichel, Clement & Co.
so weit nach rechts gerückt, dass nun schon viele
Neoliberale als "Linke" erscheinen. Diese Leute können
tatsächlich nicht darauf vertrauen, dass der neu
hinzugekommene (offenbar einzige wirkliche
Gesundheitsexperte in der Koalition)
Karl Lauterbach (SPD-Mitglied seit 2001) bei der
Reform der Pflegeversicherung ihre weiter Umverteilung
nach oben unterstützt.
"Auf Unionsseite blieben Friederich Merz und Marco
Wanderwitz ... dem Rechtsausschuss fern" (ebd.),
allerdings aus völlig anderen Motiven. Friedrich Merz
möchte nach wie vor seinen Spitzensteuersatz von ehemals
56% auf künftig 36 Prozent senken (sh.
rossaepfel-theorie.de). Er hat
daher grundsätzliche "verfassungsmäßige Bedenken" gegen
eine Steuerfinanzierung von Sozialabgaben - ebenso, wie
er schon eine Verfassungsklage gegen die geplante
Offenlegung seiner vielen Zusatzeinkünfte eingereicht
hat (sh. "Nebeneinkünfte
für Abgeordnete - Klage gegen mehr Offenheit",
stern.de,
11.10.06, wo selbst ein
Richter den Verschleierungs-Kritikern einen möglichen
"Neidkomplex" gegen diese Häufung von bestbezahlten
Lobbyisten-Funktionen attestierte). Hilfsweise
kritisiert er die Art und Weise der Steuerfinanzierung.
Die Finanzierung über eine noch höhere Mehrwertsteuer
wäre ihm natürlich lieber gewesen als eine stärkere
Beteiligung der "Bestverdiener" am "Solidarsystem".
Schon am
15.7.04 titelte DIE
WELT zu diesem Thema
"169 Euro pro Monat für Krankenversicherung"
und schrieb:
...Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) wandte sich in der "Financial Times Deutschland" gegen eine Kopplung der geplanten Pauschalprämie an das Einkommen. Stattdessen schlug er wie Unionsfraktionsvize Friedrich Merz vor, zur Finanzierung des sozialen Ausgleichs die Mehrwertsteuer anzuheben.
Als weiteren Punkt kritisiert Merz mit Recht den Griff nach den Altersrückstellungen der Privatversicherten, mit denen diese gegen unbezahlbare Beiträge im Alter ansparen mussten. Da er jedoch einen seiner diversen Aufsichtsratsposten bei einem großen Privat-Versicherer hat (zu den Aufsichtsratsposten sh. bundestag.de, 15. Wahlperiode), erscheint sein Verfassungspatriotismus auch in diesem Punkt kaum glaubwürdig (sh. "Mäcki des Tages: Friedrich Merz", jungewelt.de, 15.1.07). Die Apotheken-Umschau im Internet GesundheitPro.de schrieb dazu am 17.1.07:
Zu den Skeptikern in der Union gehört neben Vize-Fraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) auch der Rechtsexperte Friedrich Merz (CDU). Ihm warf die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Elke Ferner aber Verquickung unlauterer Interessen vor: Er solle als Beiratsvorsitzender und Aufsichtsratsmitglied einer großen Versicherungsgruppe besser nicht zugleich Berichterstatter für die Gesundheitsreform im Rechtsausschuss sein, sagte sie der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (16. Januar).
Man sieht auch hier ganz gut, worum es den
neoliberalen Gesetzesmachern in Wirklichkeit geht.
Bei der Abstimmung im Bundestag am 2.2.2007 gab es lt.
Nachrichtenagentur Reuters:
43 GEGENSTIMMEN IN DER KOALITION
Mit 23 Nein-Stimmen stammten die meisten Abweichler in der Koalition aus der Union. Aus der CDU/CSU-Fraktion stimmten unter anderem die Abgeordneten Friedrich Merz, Reinhard Göhner und Philipp Mißfelder mit Nein. In der SPD gehörten Niels Annen, Karl Lauterbach, Andrea Nahles und Ottmar Schreiner zu den Abweichlern. Lauterbach, dem wie anderen Abweichlern von der Fraktionsspitze Konsequenzen angedroht worden waren, verteidigte sein Votum. "Meine Position zum Gesetz entspricht der Basisposition der SPD." Zwar halte er den Strukturteil für gut, die Finanzierungsreform sei aber nicht gelungen. Die SPD müsse weiter an einer Bürgerversicherung arbeiten.
Die übrigen
Namen findet man auf der Abstimmungsliste zur
80. Sitzung des Deutschen Bundestages vom
2.2.07.
Friedrich Merz sah als Multi-"Bestverdiener" (vgl. oben)
offenbar die angestrebte Senkung seines
Spitzensteuersatzes auf 36 Prozent und die allgemeine
Umverteilung nach oben in Frage gestellt. Außerdem ist
er als Aufsichtsrat eines großen Versicherungskonzern
und etlicher anderer Unternehmen in einem "Loyalitäts"-Konflikt
mit seinem Abgeordnetenmandat. Der Merkel-Vertraute
Reinhard Göhner kann als Bundestagsabgeordneter und
Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes (BDA)
sowieso kein überzeugender "Volksvertreter" sein (sh.
rossaepfel-theorie.de), und der Vorsitzende der "christliche"
Jungen Union
Philipp Mißfelder (Jahrgang 1979) war im Jahre 2003
ohnehin ganz offen dagegen, dass man für seine
Eltern-Generation im hohen Rentenalter auch noch
größeren Aufwand wie das Einsetzen von künstlichen
Hüftgelenken "auf Kosten der Solidargemeinschaft"
betreibt. Sie müssten sich nach seiner Ansicht dann schon privat versichern
oder alles selbst bezahlen, wenn sie sich das leisten können -
wie er selbst es kann mit seinem Listenplatz und üppigen
Abgeordneten-Bezügen für die Wählertäuschung zur Umverteilung nach oben
in die eigenen Taschen.
Den "christlichen" Volksverdummern ging es vor allem darum, von
dieser Selbstbedienung abzulenken und dafür auch einen
perfiden Generationenstreit in Kauf zu nehmen (sh.
"Generationenstreit - Mißfelder tritt den Nerv",
faz.net,
6.8.2003). Aber
sogar in
seiner "christlicher" Partei sorgte Mißfelder mit der Äußerung
für "Empörung" (Wikipedia) wegen solcher
Offenheit über neoliberale Grundeinstellungen, die von
älteren Parteikollegen stets besser verbrämt werden.
Das
gilt auch für Mißfelders Äußerungen über die Erhöhung
der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder von Arbeitslosen, die
insbesondere infolge der neoliberalen
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben
ihren Job verloren haben. Diese Opfer werden von den
Groß-Profiteuren der Selbstbedienung möglichst
ignoriert. Statt dessen zeigen diese Abzocker
stereotyp auf die dissozialen Ausnahmen, um ihre eigene
Asozialität zu verschleiern.
Während große
Absahner des Volkseinkommens sich mit
Friedrich Merz
(CDU) über "Studien" freuen, wonach man den
Hartz-IV-Regelsatz angeblich von 351 Euro auf 132 Euro
senken könnte, hat das Bundesverfassungsgericht deren
Willkür insbesondere in bezug auf die drastisch
zunehmende Kinderarmut inzwischen
einen Riegel vorgeschoben (sh.
"Hartz-IV-Satz für Kinder verfassungswidrig",
tagesschau.de,
27.1.2009).
Daraufhin sagte Mißfelder auf einer
CDU-Veranstaltung, "die Erhöhung des Hartz-IV-Satzes für
Kinder zum 1. Juli sei ein 'Anschub für die Tabak- und
Spirituosenindustrie'" (sh.
"Erklärungsversuche, aber keine Entschuldigung",
tagesschau.de vom
21.2.2009).
Derartige Ablenkungen brachten ihm viel Verständnis von den
bestbezahlten Söldnern des Medienkapitals, z.B. bei
FOCUS, der Springer-Presse, aber auch früher schon der
bei FAZ (sh. oben). Solche Medien diffamieren typischerweise,
auch durch Fahndung nach passenden "Experten"-Aussagen,
ebenfalls die Opfer ihrer Wählertäuschung zur
Selbstbereicherung und -inszenierung. Besonders die
Diffamierung der Hartz-IV-Opfer zeigt, dass es noch mehr
um die Selbstbedienung auf Kosten der Ärmsten geht als um einen bloßen
"Generationenstreit". Bei diesem Streit steht die üppige
Altersversorgung der Abgeordneten und großen
Parteibuch-Profiteure in krassem Gegensatz zur ständig
vorgeschobenen Finanzknappheit des Staates durch riesige
Steuergeschenke an die neoliberalen Meinungsmacher und
Einkommensmillionäre (sh. hier
rossaepfel-theorie.de).
Sogar die CSU-Jugendorganisation war empört, wie
sich Mißfelder abermals so offen zu den Grundeinstellung ihrer
"christlichen" Neoliberalen bekennen konnte.
Aber diese Nachwuchs-Profiteure ignorieren krampfhaft
die Tatsache, dass das eigentliche Problem
begründet ist durch ihre Umverteilung des
Volkseinkommens nach oben in die eigenen Taschen.
Aus völlig entgegengesetzten Gründen bleiben auch die
genannten SPD-Abgeordneten bei ihrer Position gegen die
Gesundheitsreform zur Umverteilung nach oben, darunter
der direkt gewählte
Ottmar Schreiner als einer
der letzten bekennenden Sozialdemokraten im Deutschen
Bundestag außerhalb des
Linksbündnisses.
Am Ende haben die rosa-schwarzen Neoliberalen ihre
"Gesundheitsreform" jedoch mit Hilfe des
Fraktionszwanges durchgepaukt und loben sich für einigen
Alibi-Korrekturen wie der Wiederzulassung von
gekündigten Mitgliedschaften ohne Gesundheitsfragen,
also mit Gesetzesänderung, die auch ohne die
Umverteilung nach oben möglich und nötig gewesen wären
(sh. "Gesundheitsreform
tritt in Kraft - Neue Tarife und einzelne
Tabletten", tagesschau.de, 1.4.07, "Schmidt
wertet Gesundheitsreform als Fortschritt",
pr-inside.com, 31.3.07, "Deutsche
bei Gesundheitsreform unwissend", n-24.de, 1.4.07).
"Mini"-Kopfpauschale zur Pflegeversicherung
Nachdem die weitere Umverteilung nach oben bei der Krankenversicherung eingeleitet ist, versuchen die "Christlichen" sofort den gleichen Einstieg bei der Pflegeversicherung. Kaum war dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht, da preschte die bayerische "Sozial"-Ministerin Christa Stewens schon vor und forderte auch hier eine Kopfpauschale, die von den versicherten Arbeitnehmern und Rentnern allein zu zahlen sei. Diese Kopfpauschale sollte mit einem völlig harmlos erscheinenden Monatbeitrag von sechs Euro beginnen und dann jedes Jahr um einen Euro teurer werden. Für einen Mindestlohnempfänger wären das im Anfang vielleicht nur 0,6 Prozent von seinem monatlichen Nettoeinkommen und für die bestbezahlten Arbeitnehmer vielleicht weniger als 0,06 Prozent. Für den Mindestlohnempfänger und den Kleinrentner sind es aber vielleicht schon wesentlich mehr als 6 Prozent seines verfügbaren Resteinkommens nach Abzug der umvermeidlichen monatlichen Festkosten. Die großen Profiteure im Hintergrund würden erst gar nicht belastet. Eine Mitfinanzierung durch die meinungsstarken Arbeitgeber ist von vornherein nicht vorgesehen. Es wäre für die Meinungsmacher also durchaus tragbar. Daher wundert es auch nicht, dass nach Aussagen von Christa Stewens ihr Vorschlag mit den Leitfiguren der "christlichen" Parteien abgestimmt ist. Dazu schrieb der Kölner Stadt-Anzeiger am 20.3.07:
Die bayerische Sozialministerin Christa Stevens (CSU)
hat in Absprache mit den unionsgeführten Ländern
Eckpunkte vorgelegt, die in den Grundzügen auch den
Vorstellungen der CDU-Bundestagsfraktion entsprechen.
Danach sollen alle gesetzlich Versicherten im ersten
Jahr der Reform monatlich eine Zusatzpauschale von sechs
Euro entrichten, die zum Aufbau einer Demographiereserve
dienen sollen. Dieser Zusatzbeitrag soll Jahr für Jahr
um einen Euro angehoben werden. Allerdings kämen auf
diese Weise nach 20 Jahren und einer dreiprozentigen
Verzinsung nicht einmal 5000 Euro zusammen, die binnen
weniger Heim-Monate aufgebraucht wären.
(Sh. "Das System setzt falsche Anreize",
ksta.de,
20.3.07, und "Unionsländer
fordern Pflicht-Zusatzversicherung", welt.de,
19.3.07, gefunden mit etlichen weiteren Treffern bei
Google-News mit ["christa stewens" abgestimmt])
Dann haben wir kein Sozialsystem mehr.
Das ist einfach ein Fakt, weil dann jeder seine eigene private
Pflegeversicherung abschließt und man dann eben sich die Frage stellen
muss, warum man dann hier überhaupt noch ein soziales System regelt.
Den belastenden gesetzlichen Pflegebeitrag sollen die Lohnempfänger
und Rentnern aber nach wie vor vom ersten erhaltenen Euro bis zur
Beitragsbemessungsgrenze bezahlen.
Die Frage nach dem "Sozialsystem" haben die
Vertreter des Raubtierkapitalismus schon längst mit ihrem Striptease-Angebot für die sozial
Schwachen auf 347-Euro-Niveau beantwortet durch ihr (ergänzendes) Hartz-IV und
Sozialgeld. Ihre Offensive zur steuerlichen Umverteilung nach oben in
ihre eigenen Taschen konzentrieren sie nun nach Ausplünderung der
Ärmsten auf das große Schröpfungs-Potential der
Normalverdiener.
In der großen neoliberalen Koalition konnte die CDU ihre gleiche Kopfprämie für Direktor und Pförtner zwar nicht durchsetzen. Damit wurde die schlimmste Form der Umverteilung nach oben im Gesundheitswesen verhindert. Nichts ist aber übrig geblieben bei den deutschen Neoliberalen von einer Bürgerversicherung ohne Beitragsbemessungsgrenzen oder gar von einer Steuerfinanzierung nach Leistungsfähigkeit wie in anderen Ländern zur Stärkung der Binnennachfrage (sh. hier rossaepfel-theorie.de). Auch die SPD hat dafür gestimmt, dass künftig der weitere Anstieg der Gesundheitskosten allein zu Lasten der Arbeitnehmer geht, wiederum nur bis zu den Beitragsbemessungsgrenzen - zur Schonung ihrer Best-"Verdiener" - und dass sich die Unternehmen mit ihrem halben Anteil an den neuen Grundbeitrag von 15,5 Prozent endgültig verabschieden können aus der paritätischen Krankheitsfinanzierung. (Sh. "Hoher Beitrag und kein Ende", frontal21.zdf.de, 7.10.2008.)
Zurück zu
rossaepfel-theorie.de