Datei zuletzt ergänzt am 28. Januar 2007.
mit Nachtrag vom 10.11.2009


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"Nur der Reiche kann sich den armen Staat leisten"

(Willi Ritschard, 1918 - 1983, einziger ehemaliger Arbeiter
im Schweizer Bundesrat)

 


 


Staatsquote mit Steuer- und Abgabenquote
lt. Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR),
der Finanzstatistik und der OECD.

 

 

VGR 1999

VGR 1999

VGR 2001

VGR 2001 VGR 2004

VGR 2004

Einnahmen des Staates

In Mrd. €

In % des BIP

In Mrd. €

In % des BIP

In Mrd. €

In % des BIP

  Verkäufe

41,04

2,04

41,38

1,96

41,29

1,86

  sonstige Subventionen

1,10

0,05

0,90

0,04

0,49

0,02

  Vermögenseinkommen

17,30

0,86

19,75

0,93

12,02

0,55

  Steuern

479,39

23,83

477,69

22,61

481,23

21,72

  Sozialbeiträge

375,37

18,66

383,68

18,16

395,26

17,84

  Sonstige laufende Transfers

14,52

0,72

13,83

0,65

16,89

0,76

  Vermögenstransfers

8,87

0,44

8,22

0,39

9,66

0,44

gesamte Einnahmen

937,59

46,6

945,45

44,74

956,84

43,2

Bruttoinlandsprodukt

2.012,00

100,00

2.113,16

100,00

2.215,65

100,00

Steuerquote lt. VGR (BMF)  

23,8

 

22,6

 

21,7

Abgabenquote lt. VGR (BMF)  

42,5

 

40,8

 

39,6

Steuerquote lt. Finanzstatistik  

(22,5)

 

(21,1)

 

(20,0)

Abgabenquote lt. Finanzstatistik  

(40,2)

 

(38,3)

 

(36,8)

Steuerquote lt. OECD  

(22,9)

 

(22,2)

 

(20,4)*

Abgabenquote lt. OECD  

(37,7)

 

(36,8)

 

(34,6)*

 

 

VGR 1999

VGR 1999

VGR 2001

VGR 2001

VGR 2004

VGR 2004

Ausgaben des Staates

In Mrd. €

In % des BIP

In Mrd. €

In % des BIP

In Mrd. €

In % des BIP

  Vorleistungen

83,46

4,15

85,24

4,03

89,45

4,04

  Arbeitnehmerentgelt

165,60

8,23

166,22

7,87

168,68

7,61

  Sonstige Produktionsabgaben

0,04

0,00

0,05

0,00

0,05

0,00

  Vermögenseinkommen

63,20

3,14

64,47

3,05

62,91

2,84

  Subventionen

35,97

1,79

32,85

1,55

28,95

1,31

  Monetäre Sozialleistungen

374,61

18,62

392,84

18,59

422,87

19,09

  Soziale Sachleistungen

148,49

7,38

158,35

7,49

163,71

7,39

  Sonstige laufende Transfers

32,69

1,62

34,66

1,64

38,25

1,73

  Vermögenstransfers

27,22

1,35

34,85

1,65

33,84

1,53

  Bruttoinvestitionen

37,51

1,86

36,83

1,74

30,76

1,39

  Nettozugang an  nichtproduz.
  Vermögensgütern

-1,90

-0,09

-1,30

-0,06

-1,43

-0,06

Gesamtausgaben/Staatsquote

966,89

48,1

1005,06

47,56

1.038,04

46,9

Bruttoinlandsprodukt

2.012,00

100,00

2.113,16

100,00

2.215,65

100,00


Siehe auch die hier teilweise zugrunde gelegten Darstellungsweisen der VGR-Daten von Hans-Werner Sinn: "Einnahmen und Ausgaben des Staates" für das Jahr 2001 vom 12.3.03 unter lrz-muenchen.de und die Aktualisierung seiner Zahlen in den nachfolgend genannten Tabellen.

Die mit Stern (*) versehene Steuerquote von 20,4% für 2004 beruht auf OECD-Schätzung; sh. "Total tax revenue (excluding social security) as percentage of GDP", zu erreichen über http://www.estv.admin.ch/data/sd/e/index_dok.htm?inter/inter.htm. Ebenda findet man  auch die mit Stern versehene Abgabenquote von 34,6% für 2004 nach OECD-Schätzung in der Tabelle "OECD: Total tax revenue (including social security) as percentage of GDP".


Die Staatsquote ist also der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt einschließlich von Sozialleistungen, die praktisch nur in der zeitversetzten Rückgabe von vereinnahmen "Sozialbeiträgen" (sh. Tabelle) bestehen. Diese werden in skandinavischen Ländern mit wesentlich höherer Steuerquote (sh. Tabelle unten) weitgehend über Steuern finanziert und sind so von allen Steuerzahlern zu tragen, statt nur auf den Löhnen und Gehältern zu lasten (vgl. auch "Staatsquote" unter rossaepfel-theorie.de und "Anteil der Gesamtausgaben des Staates am Bruttoinlandsprodukt", destatis.de, aktualisiert 18.5.2006).



Staatseinnahmen
nach Gruppen von Steuern und sonstigen Abgaben
in Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) 2003,
laut OECD: Revenue Statistics 1965-2004, Paris, Oktober 2005, ISBN 92-64-01284-2.
 
 

Abgaben-

quote

Sozial-Abgaben  

Steuer-

quote

Ertrag-steuern

Lohnsum-mensteuer

Substanz-Steuern

Verkehr-steuern

Andere Abgaben

Belgien

45,4

14,4

31,0

17,7

-

1,8

11,3

0,0

Dänemark

48,3

1,2

47,1

29,0

0,2

1,9

16,3

0,0

Deutschland

35,5

14,4

21,1

9,7

0,0

0,9

10,0

0,0

Finnland

44,8

12,0

32,8

17,3

0,0

1,1

14,1

0,0

Frankreich

43,4

16,4

27,0

10,1

1,1

3,3

11,2

1,6

Griechenland

35,7

12,9

22,8

8,3

-

-

-

-

Großbritannien

35,6

6,6

29,0

13,0

0,0

4,3

11,5

0,0

Irland

29,7

4,4

25,3

11,7

0,0

2,1

11,5

0,0

Italien

43,1

12,7

30,4

13,3

0,0

2,7

11,1

2,5

Luxemburg

41,3

11,5

29,8

15,0

0,0

3,1

12,8

0,0

Niederlande

38,8

14,1

24,7

9,9

0,0

2,1

12,6

0,2

Österreich

43,1

14,5

28,6

12,8

2,6

0,6

12,1

0,4

Portugal

37,1

11,7

25,3

9,1

-

-

-

-

Schweden

50,6

14,7

35,8

18,3

2,4

1,6

13,1

0,2

Spanien

34,9

12,3

22,5

9,8

0,0

2,8

9,8

0,1

 

Die genauen Begriffsbestimmungen zu den einzelnen Abgabe-Kategorien erfolgt im Anhang der OECD-Revenue-Statistics 1965-2004  auf den Seiten 281 bis 305. Eine detaillierte Einnahme-Aufgliederung je OECD-Staat, nach den einzelnen Steuerarten für die Jahre 1965 bis 2003, findet man auf den Seiten 105 - 196, für Deutschland auf den Seiten 135-136, erreichbar auch über http://dx.doi.org/10.1787/650311814640 
(Bis auf einige Excel-Tabellen sind solche OECD-Veröffentlichungen nur in Universitäts-Bibliotheken oder für 80 bis 90 Euro im Handel zu bekommen, obwohl das hohe öffentliche Interesse eigentlich keine Datenmauer, sondern eine freie Verfügbarkeit im Internet gebieten würde.)

Die näherungsweisen Begriffsbestimmungen zur vorstehenden Tabelle sind wie folgt:

Abgabenquote ("Total tax revenue as percentage of GDP",  Table A, S. 19) ist der Anteil der Steuern und sonstigen Abgaben am BIP.
Sozialabgaben-Quote (in: "Tax revenue of main headings", Table 6, S. 70, neben den übrigen Abgaben-Gruppen!) ist die Differenz zwischen den obigen Spalten 1 und 3. Die Abweichungen um einen Dezimalpunkt ergeben sich durch die Übernahme der Werte aus Tabelle 6 der Revenue Statistics.
Steuerquote ("Total tax revenue excluding social security at market prices", Table 2, S. 66) ist der Anteil der Steuern (ohne Sozialabgaben) am BIP.
Ertragsteuern ("Taxes on income and profits", Table B, S. 20) sind die Steuern auf Einkommen einschließlich der Lohnsteuer, Steuern auf Kapitalerträge mit eventuellen Abgeltungssteuern, Ertragsteuern der Unternehmen einschließlich Gewerbeertragsteuern und alle sonstigen Steuern auf Einkommen und Erträge.
Lohnsummensteuer gibt es in Deutschland nicht mehr. Sie wurde hier früher von den Unternehmen getragen.
Substanzsteuern ("property taxes") sind die Vermögen- und Schenkungssteuer, Erbschaftsteuer, Grundsteuer usw.
Verkehr- und Verbrauchsteuern ("taxes ond goods and services") sind in Deutschland die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer), Mineralölsteuer, Energiesteuern, Tabaksteuer, Kapitalverkehrsteuer, Grunderwerbsteuer und viele andere Steuern, die die Einkommensverwendung betreffen (vgl. http://dx.doi.org/10.1787/650311814640 ).

Besonders dreist ist die übliche Propaganda-Lüge in den Talkshows, dass in Deutschland 10 Prozent der Steuerzahler mehr als 50 Prozent "der Steuern" aufbringen (sh. hier auch rossaepfel-theorie.de).


Man sieht, dass innerhalb der EU15 Deutschland weiterhin die niedrigste Steuerquote hat. Diese Quote wurde durch die Steuersenkung für Bestverdiener nach 2003 noch weiter abgesenkt. Das wirkt sich auch auf die Abgabenquote aus. Im Jahre 2003 hatte von den EU15-Staaten lediglich der mit Subventionen hochgepäppelte Wachstums- "Tiger" Irland eine geringere Abgabenquote, wenn man die obige Berechnungsweise der OECD zugrunde legt. Die künftigen deutschen Arbeitslosen und standorttreuen Unternehmen finanzieren - trotz der Kosten für die Deutsche Einheit - immer noch mit ihren Steuern die irischen Dumpingsteuern für deutsche Konzerne zur Verlagerung ihrer Arbeitsplätze dorthin (sh. "EU-Haushalt - Deutschland zahlt, Irland kassiert", manager-magazin.de, 17.10.05), obwohl sie auf diese Weise das dortige jährliche Pro-Kopf-Einkommen inzwischen auf 30.000 Euro gebracht haben (Deutschland 25.000 Euro, sh. wko.at) und die irische Arbeitslosenquote dadurch lt. OECD Statistik für 2004 auf 4,5% gesunken ist (Deutschland 9,5%, sh. wko.at). Ebenso finanzieren die künftigen Arbeitslosen jetzt solche Dumpingsteuern der zehn neuen EU-Länder zur Arbeitsplatzverlagerung auch von  kleineren Unternehmen dorthin, unmittelbar vor die Haustür.

Selbst bei Einbeziehung der aufgeführten subventionierten EU-Neumitglieder hatte in der EU25 (vor dem Beitritt von Rumänien zum 1.1.2007) lediglich die Slowakei mit ihrem asozialen Einheitssteuersatz von 19 Prozent für Arm und Reich eine noch geringere Steuerquote als Deutschland. Der wurde von der "christlichen" Regierungspartei der Slowakei pünktlich zu ihrem EU-Beitritt eigens für Dumpingzwecke eingeführt. Mit der Senkung des Spitzensteuersatzes in Deutschland geht eine schleichende Verlagerung der Steuerbelastung hin zur Erhöhung der Mehrwertsteuer und anderer Verbrauchssteuern einher (sh. ebd. "OECD: direct and indirect taxes as a percentage (social security excluded)".  Das Verhältnis lag 1965 noch bei 55 zu 45 und in 2003 bereits bei 50,1 zu 49,5. Mit der Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte zum 1.1.2007 wird es noch einmal kräftig zu Lasten der Einkommensschwachen verschoben. OECD-Steuerquoten von 1975 bis 2004 findet man auch unter http://www.oecd.org/dataoecd/18/23/35471773.pdf.

Die OECD-Quoten für 1999 und 2001 sind entnommen aus der "Datensammlung zur Steuerpolitik - Ausgabe 2005" des BMF, Tabelle "1 Steuer-, Staats- und Abgabenquote".
Die Steuer- und Abgabenquoten mit dem Zusatz "(BMF)" und die übrigen Steuer- und Abgabenquoten sind entnommen aus dem noch aktuelleren Monatsbericht November 2005 des Bundesfinanzministeriums, Tabelle "8 Entwicklung der Steuer- und Abgabenquoten", zu erreichen über bundesfinanzministerium.de. Aufgrund dieser Aktualisierung stimmen die VGR-Quoten des BMF mit den Daten des Statistischen Bundesamtes, Stand August 2005, genau überein (sh. unten), wobei sich die "Abgabenquote" als Summe aus Steuerquote und Quote der "Sozialbeiträge" ergibt.

Die deutsche Verkehrsteuer-Quote wird deutlich zunehmen durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer und Versicherungssteuer von 16 auf 19 Prozent ab 2007. Diese Steuererhöhung geht vor allem zu Lasten der Einkommensschwächsten und ist schon beschlossen. Aber die extrem niedrige deutsche Ertragsteuer-Quote zu Gunsten der Bestverdiener wurde auf Betreiben der Neoliberalen immer weiter abgesenkt, zuletzt durch Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent in den Jahren 2000 bis 2005 (sh. BMF: "Grafische Übersichten"). Dies geschah bei gleichzeitiger Schröpfung der Klein- und Normalverdiener in allen Bereichen, so dass diese trotz ihrer Steuersatzsenkung (sh. ebd.)die Zeche zahlen. Die extrem niedrige deutsche Substanzsteuer-Quote zu Gunsten der Vermögenden wollen die deutschen Neoliberalen ebenfalls auf diesem internationalen Dumping-Niveau belassen.

Eine Finanzierung der Steuergeschenke für Best-"Verdiener" über die Mehrwertsteuer-Erhöhung ist Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben. In den skandinavischen Ländern wirkt die höhere Mehrwertsteuer bei weitem nicht so konjunkturdrosselnd, weil die Besteuerung der "Bestverdiener" viel höher ist als in Deutschland, so dass die Effekte der Umverteilung nach oben
(sh. rossaepfel-theorie.de) stark abgemildert werden oder gar nicht eintreten.

In Großbritannien ist die Belastung des Konsums mit Mehrwertsteuer per Juni 2005 (17,5% und 5%) auch nicht höher als in Deutschland (16% und 7%, sh. Mehrwertsteuersätze, Seite 3), aber die gesamte Steuerquote liegt dort um etwa acht Prozentpunkte höher als hier. Diese acht Prozent vom deutschen BIP würden jährlich ca. 0,08 * 2.200 Mrd. = ca. 180 Mrd. Euro Mehreinnahmen für den deutschen Staat bedeuten, mit denen man die deutsche Sozialabgaben-Quote von 14,4 auf 6,4 Prozent senken könnte. Man könnte damit also die arbeitsmarktfeindliche hohe Sozialabgaben-Belastung der Löhne für Arbeitgeber und Arbeitnehmer problemlos halbieren! Auch die neoliberalen Meinungsmacher beklagen unentwegt diese Belastung, zumindest die Arbeitgeberanteile, die sie lieber zu Lasten der Konsumnachfrage finanzieren würden. Sie ignorieren aber peinlichst die richtige Lösung, weil sie sonst auf ihre konjunkturschädlichen Steuergeschenke verzichten müssten.

Im Hinblick auf die Kosten der deutsche Einheit sollte man jedoch nicht die niedrige Ertragsteuerquote Großbritanniens von 13 Prozent zugrunde legen, sondern z.B. die Ertragsteuerquote Schwedens von ca. 18 Prozent (
sh. Tabelle). Dies würde dem Staat weitere 0,05 * 2.200 Mrd. = ca. 110 Mrd. Euro Einnahmen bringen, die zur weiteren Absenkung der Sozialabgaben, für vernachlässigte wichtige Staatsaufgaben und zur Arbeitsmarktförderung eingesetzt werden könnten. Im Gegensatz zur Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben (Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung der Steuersenkungen für Bestverdiener) bringen solche Maßnahmen einen enormen Selbstfinanzierungseffekt, so dass man damit auch noch die Mehrwertsteuer senken könnte, insbesondere für Leistungen im konsumnahen Bereich zur Eindämmung der Schwarzarbeit.

Die obigen "Einnahmen des Staates" aus "Steuern" von  479,39 Mrd. Euro für 1999 enthalten "kassenmäßige Steuereinnahmen" des Gesamtstaates von 453,07 Mrd. Euro. Die 481,23 Mrd. Euro für 2004 enthalten kassenmäßige Steuereinnahmen von 442,84 Mrd. Euro ( Sh. die Aufteilung dieser Steuern nach Steuergruppen in: "Steuereinnahmen nach Steuergruppen 1999 bis 2004", zu erreichen über bundesfinanzministerium.de - Stand 20.7.05, besucht 6.12.2005. Sh. auch ihre Aufteilung nach Gebietskörperschaften unter "Kassenmäßige Steuereinnahmen des Staates 2001",  zu erreichen über Hans-Werner Sinn, a.a.O., und die aktuellere Aufteilung nach Gebietskörperschaften für die Jahre 2002 bis 2004 beim Statistischen Bundesamt unter destatis.de, Stand 12.9.05, besucht 6.12.2005.).

Zum Wert des Bruttoinlandsprodukts sh. Statistisches Bundesamt: Fachserie 18, Reihe 1.4, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Inlandsproduktsberechnung, Detaillierte Jahresergebnisse 2004, Stand August 2005, korrigiert 9.11.05, herunterzuladen (kostenlos) bei destatis.de, Statistikshop, Fachserie "18 Volksw. Gesamtrechnungen", dort zu finden mit der Zeichenfolge ["August 2005"], und darin die Tabelle "2.1.1 Bruttoinlandsprodukt" - mit Hinweis zur seiner Neuberechnung in Tabelle 2.1. (Bei Download-Problemen: erst nach dem Herunterladen öffnen!) Die übrigen Zahlen sh. ebenda in Tabelle "3.4.3.2 Einnahmen und Ausgaben sowie Finanzierungssaldo des Staates (konsolidiert)".
 



In Verbraucherpreisen von 1999 belaufen sich für 2004 die Steuereinnahmen auf 447 Mrd. Euro, die gesamten Staatseinnahmen auf 888 Mrd. Euro und die Staatsaugaben auf 964 Mrd. Euro, denn der Verbraucherpreisindex auf Basis das Jahres 2000 lag in 1999 bei 98,6 und in 2004 bei 106,2 (sh. Statistisches Bundesamt: "Verbraucherpreisindex für Deutschland - Lange Reihe - Oktober 2005" im Statistik-Shop).
Es gab also einen Preisanstieg um den Faktor 106,2/98,6 = 1,077, so dass in den fünf Jahren sowohl die Steuereinnahmen als auch die gesamten Staatseinnahmen und Staatsausgaben parallel zur Umverteilung nach oben real gesunken sind.

Zur  Staatsquote nach obigem Schema hat Hans-Werner Sinn auch die Tabelle 24.15 aus dem Statistischen Jahrbuch  2002, Seite 648, übernommen und farbig dargestellt (sh. "Zusammensetzung der Staatsquote für Deutschland 2001" - mit Sicherungskopie hier unter  Staatsquote_2001.pdf). Dabei wurden jedoch auf der Einnahmenseite die "Steuern" und auf der Ausgabenseite die "monetären Sozialleistungen" jeweils in Blau dargestellt, während die hohen "Sozialbeiträge" auf der Einnahmenseite und die viel niedrigeren "sozialen Sachleistungen" auf der Ausgabenseite in Rot dargestellt sind.
Damit wird der Zusammenhang zwischen "Sozialbeiträgen" und "monetären Sozialleistungen" eher verschleiert als verdeutlicht, auch wenn eine klare Zuordnung nicht möglich ist, sondern der Rentenklau am ehesten durch den Renditeklau deutlich wird (sh. rossaepfel-exkurse.de/Sammlung.htm).

Die Daten für 2001 wurden hier nachträglich in die Tabelle eingefügt, da sich darauf eine Bundestagsdebatte über die Eignung der OECD-Daten zur Feststellung der deutschen Steuerquote bezog (sh. die Beiträge von Carl-Ludwig Thiele und Barbara Hendricks in der Bundestagsdebatte vom 31.1.2003). Nach diesen OECD-Daten hat Deutschland, wie gesagt,  die niedrigste Steuerquote der 15 alten EU-Mitglieder, also abgesehen von den EU-subventionierten Dumpingsteuern einiger der 10 neuen Mitglieder. Diese Tatsache müssen die deutschen Neoliberalen irgendwie in Frage stellen, da auch sie (wie die Neoliberalen überall) ständig weitere Steuersenkungen für Bestverdiener fordern.

Um die erfolgte rosagrünliche Umverteilung nach oben ins Extrem zu treiben und dafür die Fakten zu verfälschen, hat sich neben der CDU/CSU  erwartungsgemäß die FDP besonders hervorgetan, zum Beispiel mit der Pressemitteilung vom 4.11.05 "THIELE: SPD verfälscht steuerliche Fakten" (sh. www.fdp-fraktion.de):
 

BERLIN. Zu den Forderungen der designierten SPD-Vizevorsitzenden Elke Ferner nach Steuererhöhungen erklärt der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carl-Ludwig THIELE:

...Der deutsche Staat lebt seit Jahren über seine Verhältnisse. Deshalb muss endlich bei den Ausgaben ernsthaft gespart werden.
Zur Begründung für Steuererhöhungen führt Frau Ferner an, Deutschland habe die niedrigste Steuerquote in Europa. Diese Behauptung ist falsch, auch wenn die OECD in ihrem internationalen Vergleich für Deutschland eine relativ niedrige Steuerquote in Höhe von 21,5 Prozent ausweist. In Deutschland wird das Steueraufkommen durch verschiedene Zulagen, wie beispielsweise Kindergeld und Eigenheimzulage, gemindert. Diese Zulagen haben 2005 ein Volumen von rund 47 Milliarden Euro und werden aus dem Aufkommen der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer gezahlt. Diese Abzugsposten sind von der OECD bei der Berechnung der Steuerquote nicht berücksichtigt. Somit wird die Steuerquote um rund zwei Prozentpunkte zu niedrig ausgewiesen. Mit der "wahren" Steuerquote liegt Deutschland im europäischen Vergleich allenfalls im Mittelfeld. Länder, wie Spanien, Polen, Tschechien und der Slowakei, haben eine niedrigere Steuerquote als Deutschland.
 

Unter "Steuererhöhungen" verstehen die SPD-Oberen ohnehin nur eine Mehrwertsteuererhöhung oder ihre lächerliche "Reichensteuer" für Einkommensteile oberhalb von 250.000 oder 500.000 Euro jährlich, von der sie selbst nicht betroffen sind, die aber den maßgebenden Teil der FDP-Kundschaft stört (sh. mehrfach unter rossaepfel-theorie.de). Falls Frau Ferner für sich persönlich und die übrigen Parlamentarier eine echte Mehrbelastung bei der Einkommensteuer in Kauf nehmen will, ist das eine einsame und dünne Stimme, die sofort wieder verhallt.

Die hier zitierte OECD-Steuerquote von 21,5% findet man für das Jahr 2003 im BMF-Monatsbericht November 2005, Tabelle 13, Seite 89.  Dies ist systematisch auch gar nicht anders vorstellbar, zumal die Steuerbefreiung des Existenzminimums für Kinder nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht über die Kinderfreibeträge erfolgt - oder über das ersatzweise gewährte Kindergeld, wenn es höher ist als die Steuerersparnis. Es kann nicht angehen, dass die Kinder der Armen weniger wert sind als die der Reichen oder das man dies für die Statistik voraussetzt. In anderen Ländern geschieht der Kinderausgleich automatisch durch negative Einkommensteuer usw. (sh. "Internationaler Steuervergleich der OECD", Willy-Brandt-Haus-Materialien, 23.1.03).

Der Unterschied zwischen der OECD-Quote und den verschiedenen Steuerquoten nach deutscher Berechnung (sh. obige Tabelle) liegt insbesondere darin, dass die OECD die Verminderung der Steuereinnahmen durch Kinderfreibeträge nicht wieder zu den staatlichen Steuereinnahmen addiert. Wo jedoch die Steuerersparnis niedriger ist als das gesetzliche Kindergeld, da besteht auch kein Grund, die staatlichen Steuereinnahmen um Steuerersparnisse für solche nicht nutzbaren Kinderfreibeträge zu mindern. Die OECD spricht in diesem Fall von "non-wastable tax credits", was man "nicht verlierbaren" bzw. "abgeltbaren Freibeträgen" übersetzen könnte, denn diese Kinderfreibeträge sind bei ihrer Nicht-Nutzung nicht verloren, sondern werden durch das Kindergeld abgegolten (sh. Revenue Statistics, a.a.O., S. 24 - 27, und S. 286 und S. 304). Es ist also anders als z.B. bei den deutschen Grundfreibeträgen für das Existenzminimum und den Vorsorge-Freibeträgen ("wastable tax credits"), die nicht automatisch zu einer negativen Einkommensteuer führen, wenn das  Einkommen darunter liegt.

Wenn also generell das Kindergeld höher wäre als die möglichen Steuerersparnisse für Kinder, dann wäre die staatliche Steuerquote auch höher als bei der Auswirkung von Kinderfreibeträgen, denn die Beträge für das gezahlte Kindergeld werden ja zunächst als Steuern vereinnahmt. Diese etwas komplizierten Selbstverständlichkeiten sind jedoch in der obigen Abgabenquote der OECD von 35,5% für 2003 schon berücksichtigt. Dementsprechend sind sie auch in der OECD-Steuerquote von 20,1% für 2003 berücksichtigt. Da man aber diese Zusammenhänge in einer Talkshow und sonstigen neoliberalen Propaganda-Veranstaltungen weder erklären kann noch will, nutzen die neoliberalen "Finanzexperten" in typischer Volksverdummungs-Manier die Verwirrung, um die entlarvende OECD-Steuerquote einfach in Frage zu stellen. Gleichwohl hätte Deutschland selbst dann noch (neben Spanien) die niedrigste Steuerquote der EU15, wenn man sämtliche staatlichen Pseudoeinnahmen der Neoliberalen in die Quote hineinrechnete, denn der so erreichbare Höchstwert der Abgabenquote liegt bei 37% für 2003 (sh. Revenue Statistics, Table D, S. 25). Zieht man davon die Sozialabgaben-Quote von 14,4% ab, so läge die Steuerquote immer noch bei 22,6%, während für Spanien 22,5% ausgewiesen werden.

Auf der Linie von Thiele (sh. oben) liegt auch die arbeitgeberfinanzierte "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)" wenn sie für die neoliberale Einübung im Schulunterricht schreibt:
 

Eine Rückführung der Staatsquote ist jedoch nur dann wirklich sinnvoll, wenn nicht die Investitionen, sondern die Umverteilungsaktivitäten des Staates eingeschränkt werden und so der Marktwirtschaft wieder mehr Geltung verschafft wird.
 

Sh. http://www.wirtschaftundschule.de/Lexikon/S/Staatsquote.html. Einige Lehrer haben dieses scheinbar gemeinnützige, großzügige (und steuerlich absetzbare!) "Lehrmaterial-Sponsoring" des Schulwesens schon durchschaut. Was mit "Umverteilungsaktivitäten" gemeint ist, findet man gleich zu Anfang des Artikels in der Definition:
 

Zu den Staatsausgaben zählen staatliche Investitionen und Ausgaben für Personal und Verwaltung (Ausgaben im engeren Sinne), aber auch Zinszahlungen und vor allem auch Zahlungen an private Haushalte (Transfers, z.B. Sozialleistungen, Kindergeld) sowie Subventionen an Unternehmen.
 

Man meint also nicht die "Umverteilung" nach oben durch Senkung des Spitzensteuersatzes und Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Lasten der Einkommensschwachen, sondern suggeriert als "Umverteilungsaktivitäten" "vor allem auch Zahlungen an private Haushalte (Transfers, z.B. Sozialleistungen, Kindergeld)". Unter "Sozialleistungen" verstehen solche Neoliberalen insbesondere auch staatliche Zahlungen an die Rentenkassen, die zugunsten der Bestverdiener geplündert wurden und werden. Die jährlichen 8,8 Millionen Euro der Arbeitgeberverbände für die INSM (sh. rossaepfel-theorie.de ab index.htm und Abschnitt_1b.htm) sind gut angelegt, wenn man damit auch den Schulunterricht über das "hilfreiche" Lexikon "wirtschaftundschule.de" steuern kann und von dort am Ende die Infiltration  auch mehr oder weniger arglos als Weblink in den Wikipedia-Artikel über die "Staatsquote" übernommen wird.

Auch der neoliberale Sachverständigenrat (sh. z.B. rossaepfel-theorie.de mit mehrfacher Suche nach dem gemobbten Peter Bofinger) stellt die OECD-Steuerquote für Deutschland in Frage, erklärt aber leider nicht, inwieweit die übrigen OECD-Steuerquoten angeblich nach anderen Grundsätzen ermittelt werden. In seinem Jahresgutachten 2005/06, veröffentlich am 9.11.05, schreibt er in Kapital IV, S. 254 f.:
 

Mit dem geringen Zuwachs des kassenmäßigen Steueraufkommens im Jahr 2005 ging ein
Rückgang der entsprechenden Steuerquote auf nunmehr 19,9 vH einher. Die öffentliche Diskussion über die Höhe der Steuerbelastung in Deutschland wird häufig unter Bezugnahme auf diese Kennziffer geführt und eine im europäischen Vergleich geringe Steuerquote als Beleg für die Attraktivität Deutschlands im internationalen Steuerwettbewerb angeführt. Diese Interpretation der Öffentliche Haushalte in der Krise 255 Steuerquote ist aus mehreren Gründen irreführend. Zum einen wird die Höhe des kassenmäßigen Steueraufkommens durch eine Reihe quantitativ bedeutsamer Abzüge bestimmt, die mit der Höhe der steuerlichen Belastung nicht in Zusammenhang stehen. Hierzu zählen das aus dem Lohnsteueraufkommen gezahlte Kindergeld, die mit dem Aufkommen der veranlagten Einkommensteuer verrechnete Eigenheimzulage sowie die Investitionszulagen zur Einkommen- und zur Körperschaftsteuer. Schon für sich genommen kann deshalb ausschließlich die um die genannten Abzüge bereinigte Steuerquote zu einem internationalen Vergleich herangezogen werden. Diese Kennziffer kommt der Steuerquote in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Ziffer 360) nahe, weil diese − systematisch korrekt − die abgezogenen und mit der Steuerschuld verrechneten Beträge als Ausgaben klassifiziert.
 

Aber selbst wenn man die "bereinigte" Steuerquote des Sachverständigenrates von 22,1% für 2004 annimmt (sh. ebd., S. 255, Tabelle 25), dann hatte Deutschland immer noch die niedrigste Steuerquote der EU15. So bleibt zum Beispiel zur britischen Steuerquote von 29,4% für 2004 (sh. BMF-Monatsbericht Februar 2006, S. 115) immer noch eine Differenz von 7,3 Prozentpunkten entsprechend 0,073 * 2.215,7 = 162 Mrd. Euro. Die hohe deutsche Arbeitslosenquote ließe sich also, wie oben beschrieben, mindestens halbieren. (Die 2.215,7 Euro wurden entnommen aus den ausgezeichneten internationalen Vergleichen der Wirtschaftskammer Österreich, sh. dort die Tabelle "Wirtschaftsleistung", Stand 22.2.06).

Thiele spielt als "Finanzexperte" seiner Partei auch weiterhin mit "gezinkten Karten", indem er Volker Beck genau dies vorwirft. Dabei ist Thiele an Kaltschnäuzigkeit kaum zu überbieten (sh. "Umfrage: Große Zustimmung für Beck in der SPD", spiegel.de, 19.4.06):
 

Der FDP-Finanzexperte verwies darauf, dass Beck bei der Begründung seiner Steuerpläne mit "gezinkten Karten" spiele. Die Steuerbelastung liege nicht bei rund 20 Prozent, wie vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten behauptet, sondern nach offizieller Auskunft der Bundesregierung bereits bei 22,1 Prozent. Ab dem kommenden Jahr steige sie durch die Steuererhöhungen auf rund 23 Prozent und liege damit ein Sechstel höher als Beck versuche glauben zu machen.
 

Kein Wort davon, dass Deutschland auch mit 23 Prozent die niedrigste Steuerquote in der EU15 behielte (neben Spanien: 22,9% in 2004, sh. oben); statt dessen nur Irreführung mit Ablenkung auf Nebenaspekte. Kein Wort auch davon, dass auch im BMF-Monatsbericht für März 2006 noch die Steuerquote von 20,4% für 2004 und von 20,1% nach Finanzstatistik bzw. 21,9% nach VGR für 2005 ausgewiesen ist. Statt dessen vager Verweis auf eine "offizielle Auskunft".  Es würde sich nicht lohnen, solche Tiraden zu erwähnen, wenn es sich nicht typisch wäre für die neoliberale Wählertäuschung.
 
Nimmt man die "bereinigte" Steuerquote als Vergleichsmaßstab, so liegen auch von den zehn neuen Beitrittsländern lediglich die EU-subventionierten Dumpingsteuer-Quoten in Polen (23,1% in 2002), Tschechien (22,6%) und in der extrem neoliberal regierten Slowakei (18,8% in 2002) mit ihrem Einheitssteuersatz (!) von 19% noch niedriger. Sie können Thiele und dem Sachverständigenrat als Vorbild dienen, wenn sie den "Staat in der Badewanne ertränken" wollen (sh. rossaepfel-theorie.de, am Ende von Abschnitt 1).

Den Hinweis auf die niedrige Steuerquote beantworten die Neoliberalen normalerweise damit, dass für internationale Vergleiche nicht die Steuerquote, sondern die gesamte Abgabenquote einschließlich der Sozialabgaben zu betrachten sei und dass Deutschland mit seiner Abgabenquote im EU-Mittelfeld liege. In der Tat ist die Betrachtung der gesamten Abgabenquote wichtig, aber vor allem deshalb, weil durch ihren Vergleich mit der Steuerquote der hohe Sozialabgabenanteil in Deutschland deutlich wird, der nur die Arbeitnehmer und ihren Konsum sowie - über die Arbeitgeberanteile - vor allem Arbeitsplätze  belastet - und das auch nur im unteren und mittleren Einkommensbereich, denn die Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen sind von weiteren Sozialabgaben freigestellt.

Die arbeitsmarktfeindlich hohe Sozialabgaben-Quote ist also nur auf diesem Spitzenplatz, weil die Steuerquote in Deutschland wegen der Umverteilung nach oben so niedrig ist. Diese Vernichtung regulärer Arbeitsplätze durch Umverteilung nach oben erhielt noch einen gewaltigen Schub durch die Steuergeschenke der schwarz-pink-grünlichen Umverteiler an sich selbst und an ihre bestbezahlte Kundschaft. Sie soll noch weiter drastisch verschärft werden durch die Umverteilungsmaßnahmen der schwarzrötliche Koalition in die Taschen ihrer Kundschaft bei gleichzeitiger Irreführung des Stimmvolkes.

Bei all dem geht es keineswegs um Carl-Ludwig Thiele oder allein um den Sachverständigenrat, sondern um die weit überwiegende Mehrheit der Meinungsmacher und kapitalstarken Interessengruppen.


 

 

16.9.2009, nachgetragen:

Abgedrosselter Staat und Taschenspieler-Tricks der neoliberalen Statistiker:

 

 

In der Bundestagsdrucksache 16/10154 vom 22.8.2008 findet man unter dem Titel "Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 18. August 2008 eingegangenen Antworten der Bundesregierung" auf Seite 14 folgende Frage des Abgeordneten Dr. Herbert Schui (DIE LINKE):

 

Kann die Bundesregierung folgende Aussage von Prof. Dr. Peter Bofinger widerlegen, und wenn ja, auf Basis welcher Zahlen und Berechnungen:

"Das Ergebnis des Ressourcenentzugs ist ein Rückgang der Staatsquote von 48 Prozent

im Jahr 1999 auf 43,5 Prozent im Jahr 2008. Bei einem Bruttoinlandsprodukt von rund 2 620 Mrd. Euro könnte der Staat heute über 118 Mrd. Euro jährlich mehr verfügen, wenn der  Ressourcenentzug ausgeblieben wäre" (Peter Bofinger: "Das Jahrzehnt der Entstaatlichung", in: WSI-Mitteilungen 7/2008, S. 351 bis 357)?

 

Darauf antwortete die Staatssekretärin Kessel von Finanzminister Steinbrück, dass sie dies nicht nachvollziehen könne. Die Prozentzahlen seien zwar richtig. Aber die Staatsausgaben seien doch seit 1999 um 123 Milliarden Euro absolut gestiegen, weil in den neun Jahren das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) von ca. 2000 auf ca. 2500 Euro gestiegen sei. Diese Steigerung des BIP (um durchschnittliche nominale 2,5 Prozent jährlich) sei vielleicht nur möglich gewesen, weil man die Staatsquote gesenkt habe! Je weiter man sie senkt, um so höher ist also nach neoliberaler Logik das Wachstum - bis zum vollkommenen Verschwinden des Staates! (Sh. hier "den Staat in der Badewanne versenken" unter rossaepfel-theorie.de.)

 

Die EUROSTAT-Zahlen per 16.9.2009 zeigen für Deutschland eine ähnliche Senkung von 48,1 Prozent auf 43,9 Prozent. Tatsächlich erhöhte sich aber gleichzeitig nach dieser Statistik das nominale BIP der EU15-Staaten um 40 Prozent, also um durchschnittliche nominale 3,8 Prozent jährlich, das heißt wesentlich stärker als bei der deutschen Konsum-Drosselungs-Politik, und die durchschnittliche Staatsquote dieser Staaten blieb in der Zeit nahezu unverändert bei 47 Prozent. (In den EU25 veränderte sie sich von 46,8 auf 46,9 Prozent  und für die EU15 lässt sich deren vorliegende Zahl für 2007 nach der Entwicklung für die EU25 leicht auf die fehlende Zahl für 2008 hochrechnen; sh. EUROSTAT: "Government expenditures and main aggregates", erreichbar dort über government_finance_statistics/data/database, etwas einfacher zu finden unter wko.at: Staatsausgaben.)

 

Die systematische Privatisierung des Volkseinkommens in wenigen Händen zu Lasten der staatlichen Aufgaben kommentiert die Berliner Zeitung wie folgt:

 

Im letzten Jahrzehnt hat der deutsche Staat beispiellose Einschnitte in seinen finanziellen Ressourcen erlitten. Zwischen 2000 und 2008 ist die Staatsquote - also das Verhältnis von Staatsausgaben zur Wirtschaftsleistung - von 47,6 auf 43,5 Prozent gesunken. Das entspricht so etwa 100 Milliarden Euro weniger Ausgaben. Dem Staat fehlt vor allem Geld wegen der umfangreichen Steuersenkungen: Die öffentliche Einnahmequote - also das Verhältnis von Staatseinnahmen zu Wirtschaftsleistung - ist von 46,4 auf 43,3 Prozent gesunken. Da sind dem Staat etwa 75 Milliarden Euro im Jahr verloren gegangen.

 

(Sh. Stephan Kaufmann: "'Ein geradezu staatsfeindliches Klima' – Wirtschaftsweiser Peter Bofinger über Populismus, Konjunkturprogramme und höhere Steuern", berlinonline.de, 25.8.2008.)

 

Eine Staatsquote von 48 Prozent läge deutlich unter der Quote von vielen EU-Staaten wie Schweden (56,6%), Frankreich (55,6%), Dänemark (55%) usw. Die Arbeitslosenquote in Dänemark liegt nur halb so hoch und die Löhne im unteren Bereich teilweise doppelt so hoch wie in Deutschland (sh. die Grafik unter wko.at: Staatsausgaben). Vor allem werden die Erwerbstätigen in solchen Staaten nicht durch den Druck der Arbeitslosenquote so erpresst und ausgeplündert wie in Deutschland.

 

Die Beibehaltung der Staatsquote von 48 Prozent wie vor dem Verrat an der Sozialdemokratie hätte im Jahr 2008 also bei einem Bruttoinlandsprodukt von 2500 Euro zu staatlichen Mehreinnahmen von (48,1 – 43,9) * 2500 = ca. 100 Milliarden Euro geführt, wobei aber die Zusatzeinnahmen durch die Mehrwertsteuererhöhung um etwa 30 Milliarden noch nicht berücksichtigt sind. Allein mit diesem Geld und der Rückkehr zum Spitzensteuersatz von 53 Prozent zur Kohl-Ära oder 56 Prozent während der Wirtschaftswunderjahre könnte man bequem den Steuerbauch für die mittleren Einkommen beseitigen, die nötigen Mittel bereitstellen für Kindergärten, Schulen, Universitäten, Polizei, Richter usw. sowie zur Senkung der Mehrwertsteuer für konsumnahe Dienstleistungen, der Sozialabgaben für Einkommensschwache, die sich aber auch bequem durch Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen bei gleichzeitiger Absenkung der allgemeinen Beitragssätze finanzieren lassen.

 

Man sieht also wieder einmal, wie unseren neoliberalen Finanzpolitiker jedes Mittel recht ist, um die Wähler bei Anfragen durch die LINKE in die Irre zu führen, auch wenn Schui sich hier auf Untersuchungen von Professor Bofinger stützte, dem einzigen nicht neoliberalen Mitglied der ansonsten "sorgfältig ausgesuchten" fünf "Wirtschaftsweisen".
 

Tatsächlich sind die Einnahmen der öffentlichen Gesamthaushalte von 2002 bis 2007 gestiegen von 555 Milliarden auf 647 Milliarden Euro und die entsprechenden Ausgaben sind in der Zeit gestiegen von 611 Milliarden auf 647 Milliarden Euro (sh. BMF-Monatsbericht 8/2008, S. 96).  Man sieht schon, dass es damit noch in 2002 ein Defizit gab von 555 - 611 = - 56 Milliarden Euro und dass dieses Defizit bis 2007 durch die steigenden Staatseinnahmen und die gestiegenen Ausgaben gerade ausgeglichen wurde.

 

Das Bruttoinlandsprodukt ist in der Zeit gestiegen von 2.143 Mrd. auf 2.424 Mrd. Euro (sh. BMF-Monatsbericht 8/2008 S. 101), so dass die Quote dieser Staatsausgaben gefallen ist von  611/2.143 = 28,5% auf  647/2.424 = 26,7% . Die Einnahmen sind von 2002 bis 2007 gestiegen von  555/2.143 = 25,9% auf 647/2.424 =26,7%,  also um ca. 0,8% vom jeweiligen BIP.




 

24.10.2009 nachgetragen:
Sozial-Maskerade mit 0,3 Mrd. Euro Brosamen für Hartz-IV-Opfer

gegen 50 Milliarden Euro auf Pump für FDP und "Christliche"


 

Vorweg ist zu sagen, dass die 50 Mrd. Euro im ersten Anlauf nicht erreicht wurden. Dafür sind aber die Selbstbedienungs-Forderungen für den Rest der Legislaturperiode um so höher.
 

Es gibt auch FDP-Wähler, die durch die Umverteilung nach oben ihre Arbeitsplätze verlieren können. Die 0,3 Milliarden Euro zur Verdreifachung des Hartz-IV-Schonvermögens von 250 auf 750 Euro pro Lebensjahr kommen also auch ihnen zugute. (Sh. "PARTEIEN – Hintergrund: Was ist abgehakt, was ist offen?", zeit.de, 18.10.2009). Dagegen werden Dumpinglöhner - auch nach jahrzehntelanger Arbeit - kaum irgendwelche Vermögens-Reserven oder gar 7.500 Euro pro Lebens-Jahrzehnt haben. Riester-Verträge sind ohnehin Hartz-IV-sicher. Es konnte also nicht überraschen, dass die Referentin des Paritätischen Gesamtverbandes Marion von zur Gathen in der Talkshow von Anne Will am 25.10.2009 die Hartz-IV-Bezieher mit Schonvermögen von mehr als 250 Euro pro Lebensjahr auf zwei bis drei Prozent bezifferte. Zum gleichen Ergebnis kam die neue VdK Präsidentin, Frau Ulrike Mascher, in einem DLF-Interview am 27.10.09 gegen 7:20 Uhr.

Die Hartz-IV-Neuregelung umfasst auch einen längst überfälligen Schutz des eigenen Wohnbesitzes: "Hartz-IV-Bezieher müssen in Zukunft auch nicht mehr ihre selbst genutzte Eigentumswohnung oder ihr Einfamilienhaus verkaufen, weil deren Größe über den gesetzlich geregelten Wohnflächen liegt (sh. "SCHWARZ-GELB: Hartz-IV-Bezieher werden bessergestellt", tagesspiegel.de, 15.10.2009).  Das kostet den Staat wenig, denn ein solcher Zwangsverkauf wurde auch bisher weitgehend vermieden (sh. den WAZ-Artikel für den Bereich der Arbeitsagentur Bottrop: "Hartz IV – Bislang noch kein Haus verkauft", derwesten.de, 19.10.2009).

 

Nach zehn Jahren pink-grünlicher und neo-schwarzer sozialer Kälte haben sich die sozialen Kahlschläger von der FDP also zunächst einmal eine soziale Maske für 0,3 Mrd. Euro aufgesetzt, um anschließend mit dem Defizit von 7,5 Milliarden bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu tricksen und ihre noch viel höheren Steuersenkungen auf Pump durchzudrücken (sh. "PARTEIEN – Hintergrund: Was ist abgehakt, was ist offen?", zeit.de, 18.10.2009), ganz zu schweigen von den Milliardendefiziten bei der Arbeitslosenversicherung. Zum Verteilen gab es nichts mehr außer dem riesigen Schuldenberg durch ihre Finanzmarktkrise. Diese traf Deutschland viel härter als andere Staaten, die ihrer neoliberalen Deregulierungs-Wut nicht gefolgt waren (sh. hier Steuer-Parasitismus.htm).

 

Man musste aber bei den versprochenen Steuergeschenken für die eigene Kundschaft vermeiden, dass die übrigen nun in der Krise noch zusätzlich allzu offensichtlich geschröpft wurden zugunsten der Deregulierungs- und Chaos-Profiteure, etwa durch drastische Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung, um deren Defizite auszugleichen. Die Staatsschulden sollten – zumindest scheinbar - auch nicht steigen.

 

Da die neuen Koalitionäre sich in ihrer Trickserei von niemandem übertreffen lassen wollten, verfielen sie auf einen "Schattenhaushalt", in den die zusätzlichen Schulden für die unterfinanzierten Sozialversicherungssysteme ausgelagert werden sollten. Um Seriosität vorzutäuschen und den Wähler schon an der Bezeichnung scheitern zu lassen, erfand man dafür den amtlich klingenden Namen "Sozialversicherungsstabilisierungsfonds". In diesen "Fonds" wollte man auch die drastische Schuldenzuwächse der Arbeitslosenversicherung  von geschätzte 50 Milliarden Euro bis 2013 auslagern (sh. "Erst Kurzarbeit, dann Jobabbau", dradio.de, 6.10.2009) durch die leichtfertige Beitragssenkung und die Erhöhung der Arbeitslosenquote infolge des Deregulierungs-Wahns und durch die Verweigerung der überfälligen Steuerzuschüsse. Diesen Schatten-Schuldenberg kann man dann den Klein- und Normalverdienern später noch aufbürden durch Mehrbeiträge und Leistungskürzungen unter Hinweis auf so genannte "Sachzwänge".
 

In Paragraph 363 SGB III heißt es: "Der Bund trägt die ... Ausgaben für die weiteren Aufgaben, deren Durchführung die Bundesregierung ... der Bundesagentur übertragen hat." Zu diesen "weiteren Aufgaben" gehört auch das geforderte Kunststück der Arbeitsagentur, mit einem drastisch nach unten manipulierten Beitragssatz noch ihre gesetzlichen Leistungen zu erfüllen. Der Bund dürfte diese Manipulation zur Umverteilung nach oben also nicht noch für die versprochenen weiteren Steuersenkungen missbrauchen, sondern müsste zu den früheren Spitzensteuersätzen der Minister und neoliberalen Meinungsmacher zurückkehren, um den Steuerbauch zu beseitigen.


Gegen die geplanten Milliarden-Schröpfung durch die neoliberalen Selbstbediener mit Hilfe ihrer Kopfprämie und des zusätzlichen Zwangsbeitrages für die Pflegeversicherung sind die gesichtswahrenden kurzfristigen Steuersenkungen auf Pump in Höhe von jährlich 24 Milliarden Euro eine Kleinigkeit (sh. hier "Weniger Netto vom Brutto"). Zu dieser Zahl schreibt DIE ZEIT vom 24.10.09 unter der Überschrift "Hintergrund: Schwerpunkte des Koalitionsvertrages":

 

STEUERN: Anfang 2010 greifen STEUERENTLASTUNGEN von jährlich rund 14 Milliarden Euro, die bereits Schwarz-Rot beschlossen hat. Zusammen mit den ersten schwarz-gelben Steuerschritten sind es im ersten Regierungsjahr 2010 Entlastungen von rund 21 Milliarden Euro. Bis 2013 sollen dann Steuerentlastungen im Gesamtvolumen von bis zu 24 Milliarden Euro im Jahr umgesetzt werden. «Möglichst» zum 1. Januar 2011 soll ein TARIFSTUFENSYSTEM bei der Einkommensteuer in Kraft treten. Zahl und Verlauf sind offen.


Anfang November 2009 hat man für dieses Gesetz zur Steuersenkung auf Pump auch einen wohlklingenden Namen gefunden (sh. "Wachstumsbeschleunigungsgesetz - Kabinett beschließt Entlastung für Familien und Unternehmen", spiegel.de, 9.11.2009, womit besonders für die FDP-Kundschaft gesorgt wird). Zu dem "Schattenhaushalt" heißt es in der Süddeutschen Zeitung vom 21.10.2009 unter der Überschrift "Schwarz-Gelb: Schattenhaushalt: Tricksen, täuschen, verschleiern":
 

FDP und Union auf dem Gipfel der Heuchelei: Der Schattenhaushalt der schwarz-gelben Koalition...

Noch in dieser Woche werden Union und Liberale ... einen Beschluss fassen, der alle drei zentralen Ziele beinhaltet: kräftige Steuersenkungen, Mehrausgaben für die Bildung und die Sanierung des Haushalts. Man habe nämlich, so einer der Unterhändler mit Verschwörermiene, "den Stein der Weisen gefunden".

Treffender wäre wohl das Bild vom Pakt mit dem Teufel, denn der Preis, den Union und FDP für ihre vermeintlich geniale Idee werden bezahlen müssen, wird hoch sein. Die Quadratur des Kreises gelingt nämlich nur, indem die Koalitionäre Ausgaben nebst zugehöriger Kredite in Höhe von rund 50 Milliarden Euro in ein sogenanntes Sondervermögen auslagern. Durch die Bildung dieses Schattenhaushalts werden im regulären Etat endlich die so dringend erwünschten "Spielräume" für Steuersenkungen frei.


Sogar DIE WELT schreibt dazu: "MILLIARDENLÜCKEN: Koalition will Defizite durch Tricksereien decken", welt.de, 20.10.2009, und weiter:

 

Schwarz-gelbe Klemme: In den Sozialversicherungskassen klaffen Milliardenlöcher, doch gleichzeitig drängen Wirtschaftsexperten auf Einhaltung der Steuerversprechen. Union und FDP erwägen deshalb, neben dem Haushalt einen Schattenhaushalt einzurichten – um die Defizite auszugleichen.
 

An vorderster Front dieser "Wirtschaftsexperten" steht erwartungsgemäß Hans-Werner Sinn mit seinen angestammten Bundesgenossen und Propaganda-Schreibern von BILD und seiner Forderung nach Steuersenkungen auf Pump trotz weiter dramatisch steigender Schulden:

 

Sinn: Die Kaufkraftstärkung, die mit einer Steuersenkung verbunden ist, kommt gerade recht, denn die Krise ist noch nicht vorbei.


(Sh. "IFO-PRÄSIDENT SINN: Steuern müssen runter - auch auf Pump", bild.de, 19.10.2009.) Tatsächlich würde aber diese "Kaufkraftstärkung" viel besser erreicht durch die Senkung der Sozialabgaben, denn diese belasten vor allem die Klein- und Normalverdiener, denen eine Steuersenkung wenig oder gar nichts bringt und die eine wesentlich höhere Konsumquote haben als die bestbezahlten neoliberalen Meinungsmacher wie  Hans-Werner Sinn oder die Chefredakteure von BILD und ihre Brötchengeberin. Für nicht-versicherungspflichtige Klein- und Normalverdiener (z.B. im Beamtenverhältnis) könnte man einen Ausgleich schaffen.

 

Mehr Staatszuschüsse in die Sozialversicherungssysteme nach dem Vorbild anderer EU-Staaten wollte man aber unbedingt vermeiden, weil angeblich schon 57 Prozent des Staatshaushaltes in die Sozialsysteme gehen (sh. die übliche Darstellungsweise bei bpb.de:  "Öffentliche Ausgaben nach Aufgabenbereichen" für 1994 und 2005, Stand 2008, wo die 57 Prozent etwa 570 Milliarden Euro entsprechen; sh. auch "Rentenklau" unter rossaepfel-exkurse.de/Sammlung.htm). Tatsächlich werden hierbei aber Versicherungsleistungen aus den Beiträgen der Versicherten von 383 Milliarden Euro jährlich als Staatsausgaben mitgerechnet. (Sh. destatis.de:  "Inlandsproduktsberechnung- Detaillierte Jahresergebnisse, Stand August 2009 - Fachserie 18 Reihe 1.4 – 2008, "und darin die VGR-Tabelle 3.4.3.8 "Einnahmen und Ausgaben sowie Finanzierungssaldo der Sozialversicherung nach Sozialversicherungszweigen").  

Außerdem wird auch ein jährlicher staatlicher Zuschuss von 80 Milliarden Euro in die gesetzliche Rentenversicherung mitgerechnet, der bei weitem nicht die Kosten der deutschen Einheit für die Unterfinanzierung des ostdeutschen Rentensystems deckt. Die deutsche Einheit wird also weiterhin von den westdeutschen Arbeitnehmern mit ihren Sozialbeiträgen finanziert, wobei die bestbezahlten Meinungsmacher mit ihren Einkünften oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ausgenommen sind und die Politiker wie auch alle sozialversicherungsfreien Best-"Verdiener" sowieso nichts weiter beitragen (sh. hier rossaepfel-exkurse.de/~/#Rentenklau).

Würde man die obigen 383 Milliarden Euro und die viel zu knappe Ausgleichszahlung von 80 Milliarden Euro zur Klarstellung aus den 570 Milliarden Euro herausrechnen, dann blieben im EU-Vergleich nur noch weit unterdurchschnittliche Werte für die angeblichen "Sozialausgaben des Staates" übrig. In Wirklichkeit gibt man den Rentnern z.B. kurz vor der Wahl eine groß angekündigte kleine Rentenerhöhung, um sie in den Folgejahren wieder abzuziehen wegen Manipulation der Rentenformel
durch Riester-Faktor, Lohndrückerei und unkorrigierte Einbeziehung der zunehmenden Teilzeitjobs in die Berechnungsgrundlage (sh. "Doppelnull – die Zukunft der Rente", sueddeutsche.de, 10.11.2009). 

 

Am Ende reichte auch nicht die Tarnung mit der sozialen Maske für 0,3 Milliarden Euro (sh. oben). Die Pläne für die Umverteilung der 50 Milliarden Euro waren so hanebüchen, dass diesmal das Presseecho auf den faulen Zauber die "Christlich-Liberalen" zum Einlenken zwang. Sie erkannten angeblich ganz plötzlich, dass dieser Trick gegen die eigene Schuldenbremse verstieß, die die "Christlichen" selbst zusammen mit den "Sozialdemokraten" kurz zuvor – aus fragwürdigen Motiven – ins Grundgesetz geschrieben hatten (sh. "Schattenetat – 'Bilanzfälschung' und 'schwarze Kassen'", sueddeutsche.de, 20.10.2009).
 

Aber das Einlenken war auch nur ein Ausweichmanöver bis zur Wahl im Nordrhein-Westfalen, denn für 2010 ist für den Schattenhaushalt bereits eine Neuauflage angekündigt. Dann soll allerdings der manipulierte Schuldenberg als "Sondervermögen" bezeichnet werden, um den Namen "Schattenhaushalt" zu vermeiden (sh. "Milliardendefizit – Schwarz-Gelb schiebt Schattenhaushalt auf 2010", spiegel.de, 22.10.2009).

 

Die Auslagerung der Milliarden-Schulden in den Schattenhaushalt zur Schein-Rechtfertigung der Steuersenkung für die FDP-Kundschaft um jährlich 24 Milliarden Euro könnte aber noch zu einer Verfassungsklage führen, da diese Steuer-Ausfälle überwiegend den Bundesländern aufgebürdet werden sollen und da der Berliner Finanzsenator ohnehin schon den riesigen Schuldenberg zu bewältigen hat, den ihm die "christliche" Vorgängerregierung mit ihrem Bankenskandal hinterlassen hat (sh. "Protest aus Berlin – Schwarz-Gelb droht Verfassungsklage wegen Steuerversprechen", spiegel.de, 26.10.2009).





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