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rossaepfel-theorie.de
Punat/Krk, Oktober 2006
Version 3 v. 9.12.06
Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben
unter Kanzler Kohl mit FDP-Verstärkung
Die Arbeitslosenquote in Deutschland lag während
der rotgelben Regierung von Helmut Schmidt noch im Jahre 1979 bei 3,8% mit einem
Wirtschaftswachstum und einer Inflationsrate knapp über 4%. Die Quote blieb auch
in 1980 bei 3,8%, aber das Wirtschaftswachstum schwächte sich ab auf knapp 1%
durch den zweiten großen Ölpreisschock als Folge des Machtswechsels im Iran. Im
Jahre 1981 kam das Wirtschaftswachstum vollends zum Erliegen, und im Jahr 1982
kam es sogar zu einem Minuswachstum. Die Arbeitslosenquote stieg in dieser Zeit
zunächst auf 5% und dann im Jahre 1982 auf über 7% (sh.
geschichtsverein-koengen.de/HelmutSchmidt.htm und
http://www.destatis.de/indicators/d/lrarb01ad.htm).
Im Oktober 1982 (bis 1998) erfolgte die Regierungsübernahme durch die Kohl-Regierung. Unter
ihr stieg die Arbeitslosenquote noch weiter und lag in den Jahren 1983 bis 1985
über 9%. Auch in 1987 und 1988 lag sie bei knapp 9%. Die schwarzgelbe
Kohl-Regierung erhöhte also in diesen 6 Jahren seit ihrer Regierungsübernahme die
Arbeitslosenquote noch deutlich, statt sie nach dem Ölpreisschock wieder
abzusenken.
Erst mit der Wende im Jahre 1989 konnte die Quote durch die Umtausch-Milliarden
vorübergehend abgesenkt werden auf 7,2% im Jahre 1990 und auf 6,2% bzw. 6,4%
in den Jahren 1991 und 1992. Nachdem dieser Milliarden-Segen verpufft war, stieg
sie in Westdeutschland jedoch allmählich wieder an auf mehr als 10% bis zur
Ablösung der Kohl-Regierung im Jahre 1998. Die Quote in Ostdeutschland stieg in
der gleichen Zeit von 10% auf knapp 20%, so dass die gesamtdeutsche Quote im
Jahre 1998 nach der Berechnungsweise des Statistischen Bundesamtes über 12% lag
(sh. destatis.de, ebd.). Durch die falsche Finanzierung der deutschen Einheit
bei gleichzeitiger Steuersenkung für ihre "Bestverdiener" erhöhte die schwarzgelbe
Kohl-Regierung die Staatsschuldenquote von 1990 bis 1998 von 42,3% auf 61% des
Bruttoinlandsproduktes (sh. "Öffentliche
Verschuldung", wko.at, Stand 29.10.06).
Auch nach der Berechnungsweise der internationalen Statistik (EUROSTAT, OECD) erhöhte sich die
deutsche Arbeitslosenquote unter der neoliberalen Kohl-Regierung ähnlich stark
von 5,6% in 1990 auf 9,9% in 1997 (sh. "Arbeitslosenquoten",
wko.at, Stand
29.10.06). Der Spitzensteuersatz war von 56% auf 53% gesenkt worden. Die
deutsche Steuerquote belief sich wegen der arbeitsmarktfeindlichen hohen
Belastung der unteren und mittleren Arbeitseinkommen mit Sozialabgaben nur auf
21,7% des Bruttoinlandsproduktes (sh. "Internationaler
Steuervergleich der OECD - Deutschland ist kein Hochsteuerland",
Willy-Brandt-Haus-Materialien, 23.1.2003). Die Belastung der Löhne und Gehälter
vom ersten verdienten Euro bis zur Beitragsbemessungsgrenze für
"Besserverdiener" wurde in diesen Jahren von 32,4% auf etwa 40% erhöht (sh.
"Ökonomische Rahmenbedingungen...",
verdi.de, Oktober 2002). In der gleichen Zeit konnte z.B. Dänemark bei einem
Einkommensteuer-Spitzensatz von etwa 60% und einer Steuerquote von etwa 47%
seine Arbeitslosenquote von 7,7% auf 5,2% absenken. Die Niederlande schafften
beim etwa gleichen Spitzensteuersatz eine Absenkung von 6,2% auf 4,9%.
Auch in der Folgezeit gelang etlichen EU-Ländern mit wesentlich höherer
Steuerquote als Deutschland eine starke weitere Absenkung ihrer
Arbeitslosenquoten, während die geschönte deutsche Quote noch im Jahre 2006 dank
der fortgesetzten Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben fast auf
dem Stand von 1998 liegt (sh. ebd.).
Abgesehen von dieser nachgetragenen kurzen Faktenübersicht anhand der
Rossäpfel-Theorie findet man eine
eingehende Analyse der verfehlten schwarzgelben Finanz- und Konjunkturpolitik
bis 1998 in dem Buch von Oskar Lafontaine und Christa Müller: Keine Angst vor
der Globalisierung, Bonn 1998. Die Verwertung von Literatur in
Buchform ist hier eine Ausnahme, da die Texte zur Rossäpfel-Theorie
einschließlich der Exkurse lediglich anhand von Internet-Recherchen erstellt
werden sollten - entsprechend der zusammenfassenden Hauptüberschrift
"Steuersenkung für 'Bestverdiener' oder Internet-Recherche für Einsteiger".
Diese Texte bestimmten hier rückblickend die Rezeption des Buches, so dass im
Folgenden durchaus auch andere Akzente und Themen gesetzt und einige
Quellenangaben erweitert werden.
Die Autoren kritisieren insbesondere die halsbrecherische Finanzierung der
deutschen Einheit zu Lasten der Einkommensschwachen, des Konsums und der
Arbeitsplätze. Zur Art, wie die Westwährung eingeführt wurde, zitieren sie auf
Seite 281 Wolfgang Schäuble, CDU, aus seinem Buch: Der Vertrag, Stuttgart
1991. Schäuble:
Es war Lothar de Maizière genauso klar wie Tietmeyer und mir, dass mit
Einführung der Westwährung die DDR-Betriebe schlagartig nicht mehr
konkurrenzfähig sein würden. Wir konnten uns auch ausmalen, in welch
dramatischer Weise dieser Eingriff sichtbar würde.
Die Finanzierung der jährlich mehr als 80 Milliarden Euro für die lang
erhoffte deutsche
Einheit (sh. die rechtslastige Darstellung in dem Artikel "Der Aufbau
Ost schafft keine Arbeitsplätze und reißt den Westen in den Abgrund",
wams.de, 6.3.05) erfolgte und erfolgt nach den Plänen der schwarzgelben,
pinkgilbgrünen und rosaschwarzen Regierungen keineswegs durch
entsprechende Beiträge solcher Meinungsmacher (einschließlich wams.de) und ihrer
Best-"Verdiener"-Kundschaft, sondern deren Spitzensteuersatz wurde durch
die neoliberalen "Volksvertreter" zu allem Überfluss auch noch gesenkt, zunächst
von 56% auf 53%, mit vielen weiteren Geschenken. Obendrein wurde für diese Kundschaft noch der Geldsegen
vermehrt durch Abschaffung der Vermögensteuer unter dem Einfluss des
damaligen Verfassungsrichters und Steuer-Papstes Paul Kirchhof. Ihm
erschien eine Spitzenbelastung seiner und ihrer Einkünfte mit insgesamt 50% als
Maximum, und der Senat des Verfassungsgerichts mit der Vorsitzenden
Jutta Limbach erhob unter seinem dominierenden Einfluss diesen
"Halbteilungsgrundsatz" vorübergehend quasi in den Verfassungsrang
- bei einem Minderheitsvotum von Ernst-Wolfgang Böckenförde (sh. BVerfGE 93,
121, bei
oefre.unibe.ch).
Zur Bundestagswahl 2005 wollte Kirchhof die Spitzenbelastung dieser
Kundschaft allerdings noch weiter auf 25% senken und wurde dadurch zum
hochgeschätzten "Visionär" von Angela Merkel und ihren "christlichen"
Gleichgesinnten. Als Ausgleich sollten Steuervergünstigungen abgebaut
werden, z.B. bei Nacht- und Schichtzulagen, Kilometergeld usw., vor
allem zu Lasten der Klein- und Normalverdiener, denn die verbleibenden
Schlupflöcher für "Bestverdiener" wie der Denkmalschutz oder die
Steuerflucht kamen kaum in Betracht.
Die Einheitskosten von mehr als 80 Milliarden Euro jährlich (sh. oben)
waren und sind also auf unterschiedliche Weise vor allem den
Rentnern, Arbeitslosen, Klein- und Normalverdienern zu tragen - zu
Lasten ihrer Konsumnachfrage und der Arbeitsplätze. Das betrifft
insbesondere die Sozialleistungsquote in Ostdeutschland, die mit 50 bis
60 Prozent fast doppelt so hoch war und ist wie in Westdeutschland (sh.
z.B. Albrecht Müller: "Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft -
Anmerkungen zu einer 100-Millionen-Kampagne der Wirtschaftsverbände",
nachdenkseiten.de, 11.3.01). Allein die Renten und die Arbeitslosen
wurden um jährlich 98 Milliarden DM geschröpft, wie Norbert Blüm
als zuständiger Minister seiner Koalition stolz vermeldete. Dazu schrieb Norbert Reuter in
seinem Buch: Wachstumseuphorie und Verteilungsrealität, Marburg
1998:
Nach einer Aufstellung des Bundesministeriums für Arbeit und
Sozialordnung wurden im Geschäftsbereich dieses Ministeriums seit 1982
Veränderungen durchgesetzt, die, allein auf das Jahr 1997 bezogen, ein
Einsparvolumen von rund 98 Milliarden DM (!) hatten. Hiervon entfielen
ca. 60 Milliarden DM auf den Bereich Rentenversicherung und ca. 38
Milliarden DM auf die Bereiche Arbeitsförderung und
Arbeitslosenversicherung. Vgl. zu den Einsparungen im einzelnen die
Dokumentation unter dem Titel „Wo Norbert Blüm Rentnern und Arbeitslosen
in die Tasche griff“, in: Frankfurter Rundschau, Nr. 23 vom 28.1.1998,
S. 16.
(Sh. die Buchauszüge unter
http://www.memo.uni-bremen.de/docs/reuter.pdf und darin die Fußnote
48.)
Der Bundestagsabgeordnete Franz Thönnes (SPD) sagte dazu in einer
Plenardebatte vom 23.6.99:
Norbert Blüm hat Büttenreden über die angebliche Sicherheit der Renten
gehalten und sich in Rundschreiben an die eigene Fraktion damit
gebrüstet, 98 Milliarden DM in der Renten- und Arbeitslosenversicherung
gespart zu haben. Das ist die Realität gewesen.
(Sh.
Plenarprotokoll 14/46 vom 23.6.1999, Seite 3891.)
Den genauen Textauszug findet man in einer Passage der
DKP-Informationen Nr. 1/98 - 15.3.1998, auf Seite 4. Dort heißt es:
Bezeichnend ist der Zynismus, mit dem diese
Bundesregierung Sozialabbau darstellt. IG-Metall-Mitglied
Arbeitsminister Blüm schrieb jüngst an die Mitglieder der
Regierungsfraktion: „Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Deutschland
ist kein Land im Stillstand. Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Arbeit und Sozialordnung wurden seit 1982 Veränderungen
durchgesetzt, die, bezogen auf das Jahr 1997, eine Entlastungswirkung
von rund 98 Milliarden DM haben. Hiervon entfallen
ca. 60 Milliarden DM auf den Bereich der Rentenversicherung und ca. 38
Milliarden DM auf den Bereich der Arbeitslosenversicherung. Weitere
Maßnahmen werden in allen Bereichen des Sozialrechts, vor allem aber im
Arbeitszeitrecht und im Arbeitsrecht verwirklicht, durch die neue
Gestaltungsspielräume und Flexibilisierungsmöglichkeiten eröffnet
werden.“ Danach zählt er im einzelnen die reaktionären Umbaumaßnahmen
auf, allesamt zu Lasten der Beschäftigten, Arbeitslosen und
Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger.
Blüms Spruch "Unsere Renten sind sicher" bezog sich
also offenbar nur auf die Renten der Politiker. Die Schwarzen waren
inzwischen gelblicher geworden als zu Zeiten ihrer profitablen
Zweckbündnisse mit den Herrschern "von Gottes Gnaden".
In den Jahren 1981 und 1982 stieg die Arbeitslosenquote durch die
zeitweise Flaute der Weltkonjunktur durch den zweiten großen
Ölpreisschock also plötzlich von 3,8% auf 7%. Wegen ihrer Umverteilung
nach oben gelang es der schwarzgelben Regierung bis zur Wende 1989
nicht, diesen Einbruch wieder auszugleichen, obwohl umliegende EU-Länder
längst wieder den Anschluss an die florierende Weltkonjunktur gefunden
hatten. Vielmehr stieg die deutsche Arbeitslosenquote von 1982 bis 1988
noch von über 7% auf fast 9% (sh. oben). Vor allem die Nachfrage nach gering qualifizierter
Arbeit war erheblich zurückgegangen, da ihre Arbeitsplätze vom
internationalen Wettbewerb besonders stark betroffen sind.
In dieser Situation strömten viele Arbeitskräfte nach 1989 von
Ost- nach Westdeutschland, weil ihre dortigen Arbeitsplätze vernichtet
waren. Parallel dazu holte die schwarzgelbe Kohl-Regierung in den Jahren
1987 bis 1994 eine Million erwerbsfähiger Aussiedler auf den deutschen
Arbeitsmarkt (sh. Lafontaine/Müller, a.a.O, S. 33, m.w.Nachw), wo es im Jahre 1988 schon 2,2 Millionen Arbeitslose
gab (sh. "Arbeitslosenquoten",
wko.at, Stand
29.10.06).
Was man bei den "Christdemokraten" unter "Wahrheit" versteht, sieht man
beispielhaft am folgenden Zitat des Abgeordnete Jürgen Presser (CDU) aus
seiner Rede vom 12.12.2001 vor dem Landtag des Saarlandes (sh.
Sitzungsprotokoll
zur 34. Sitzung der 12. Wahlperiode, Seite 1703):
Es
war die Regierung Kohl, die in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre über
eine Million Aussiedler in den Arbeitsmarkt aufgenommen und ihnen Arbeit
verschafft hat. Damit hat sie bei großer Zuwanderung Arbeitsplätze
geschaffen. Das ist die Wahrheit.
In Wirklichkeit ist die Arbeitslosenquote hierzulande durch die Politik
der Presser-Partei "in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre", also ab
1990 bis 1997 von 5,6 auf 9,9 Prozent gestiegen (sh.
"Arbeitslosenquoten",
wko.at, Stand
29.10.06).
Auch nach Ablösung der Regierung Kohl ab 1998 kamen aufgrund ihrer
Gesetze noch Millionen Spätaussiedler mit oft mangelnden
Sprachkenntnissen, von denen einige in ihren letzten Herkunftsländern
sehr qualifizierte Tätigkeiten hatten. Dazu heißt es in einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 17.3.2004 (1
BvR 1266/00, gefunden über Amanda Klekowski von Koppenfels: "Second
Class Citizens? Restricted Freedom of Movement for Spätaussiedler is
Constitutional",
germanlawjournal.com, 1.7.2004):
Im Zeitraum des starken Zuzugsanstiegs ab 1987 sind insgesamt drei
Millionen Aussiedler und Spätaussiedler in die Bundesrepublik
eingewandert. Sie waren und sind bei Zuzug in aller Regel
sozialhilfebedürftig. Ihre Eingliederung machte infrastrukturelle
Maßnahmen nicht geringen Ausmaßes erforderlich. Der Integrationsbedarf
ist unverändert hoch. Spätaussiedler stammen regelmäßig aus einem
anderen Kulturkreis und Gesellschaftssystem und haben oft erhebliche
Schwierigkeiten, sich in die neue Umgebung zu integrieren und einen
Arbeitsplatz zu finden.
Dies alles könnte man der Kohl-Regierung sogar als lobenswerte Akte der Solidarität
anrechnen, wenn sie selbst und ihre "Bestverdiener"-Kundschaft irgendwelche Solidarität
gezeigt hätten und es ihr nicht nur um die Heimholung von dankbaren CDU-Wählern
gegangen wäre. Statt dessen haben sie für sich und ihre Best-"Verdiener"
die Steuern gesenkt und die gesamte Last den
ausgeplünderten Konsumenten aufgeladen, den Klein- und Normalverdienern,
Rentnern, den alten und neuen Arbeitslosen und dem überstrapazierten
Arbeitsmarkt - durch Kürzungen bei Renten, Arbeitslosengeld,
Mehrbelastungen bei Sozialbeiträgen usw. Auf diese Weise konnte Kohl
jedenfalls nicht seine versprochenen "blühenden Landschaften"
verwirklichen.
Durch die neoschwarzgelbe Umverteilung nach oben gibt es seit ab
1989 eine rasante
Entwicklung der Nettoeinkommen aus Gewinnen und Vermögen, weit über der
Entwicklung des Bruttosozialproduktes, während die Entwicklung der
Nettolöhne und -gehälter deutlich darunter blieb. Die Gewinner dieser
Bereicherung auf Kosten des Volkseinkommens profitierten und profitieren davon, dass sie nicht an dem
volkswirtschaftlichen Schaden der "christlich-liberalen" Umverteilungspolitik beteiligt
wurden, der durch ihren Lobbyismus und ihre Wählertäuschung verursacht
wurde.
Der Anstieg der Reallöhne kam mit der Kohl-Verteilung fast zum Stillstand, weil die neoliberale
Propaganda ständig über die Gefährdung des Außenhandels-Überschusses
lamentierte. Ohne diese Abnahme der Lohnquote und ohne die hausgemachte
Erhöhung der Arbeitslosenquote gäbe es kein Finanzierungsproblem bei der
Sozialversicherung. Dabei war Deutschland auch damals schon Exportweltmeister mit
Leistungsbilanzüberschuss zu Lasten der geschwächten privaten
Inlandsnachfrage. Eine produktivitätsorientierte
Lohnanpassung zur
Stärkung der Inlandsnachfrage ist zumindest so lange geboten, bis ein
Leistungsbilanz-Gleichgewicht erreicht ist, denn damit lässt sich für das
viel
größere Potenzial der privaten Inlandsnachfrage wesentlich mehr Wachstum schaffen, als durch
die kleinere Exportnachfrage verloren geht. Außerdem erhöhen sich damit
durch die Verminderung der Arbeitslosigkeit auch die Staatseinnahmen, so
dass mit steigender Staatsnachfrage die vernachlässigten staatlichen Aufgaben nachgeholt werden
können.
Bei einem Leistungsbilanz-Defizit würde Deutschland allerdings "auf Pump"
leben wie die USA, die mit dieser Erhöhung ihrer Auslandsschulden ihr
Wirtschaftswachstum finanzieren. Bei dem Leistungsbilanz-Überschuss durch
Lohndrückerei lebt Deutschland jedoch auch zu Lasten seiner EU-Partner,
da es gewissermaßen Lohndumping betreibt, gemessen an der Produktivität
vieler stark exportabhängiger deutscher Arbeitsplätze. Andererseits
finanziert Deutschland als größtes EU-Mitglied mit seinen Leistungsbilanzüberschüssen ein
ungesundes Wachstum "auf Pump" in seinen Partnerländern.
Die "Arbeitsplatzvernichtung durch Umverteilung nach oben" wurde am offensichtlichsten
durch die Senkung des Spitzensteuersatzes vom 53% auf 42% ab 1999 - mit
anschließender Finanzierung dieser Steuergeschenke durch die
Mehrwertsteuererhöhung sowie Zuzahlen und Kürzungen, vor allem zu Lasten
der einkommensschwachen Konsumenten. Dagegen erscheint die Senkung des
Spitzensteuersatzes von 56% auf 53% durch die schwarzgelbe
Kohl-Regierung noch eher unauffällig. Aber deren Politik der
lobbyistischen Arbeitsplatzvernichtung war besser kaschiert mit ihren
leisetreterischen Plünderungen der Rentenkassen, ihren schnell
vergessenen Kürzungen beim Arbeitslosengeld, ihrer heruntergespielten
Abschaffung der Vermögensteuer usw.
Im Gegensatz zu dieser sekundären Verteilung des Volkseinkommens durch
den Staat konnte
die Kohl-Regierung bei der Primärverteilung, also der (manipulierten)
Verteilung durch den Markt, ihre Hände vollends in Unschuld waschen mit
ihrer Propaganda für Lohnverzicht zugunsten der rasant steigenden
Unternehmens- und Kapitalgewinne, da es doch um vertragsfrei
ausgehandelte Löhne ging. Diese schwarzgelbe Umverteilungspolitik,
insbesondere in den neunziger Jahren, erfordert also eine Analyse, wie
sie z.B. geleistet wurde in dem Buch von Oskar Lafontaine und Christa
Müller: Keine Angst vor der Globalisierung, Bonn 1989 (siehe
oben), mit vielen bekannten Aspekten, die zunächst einmal in Erinnerung
gerufen werden müssen. Ihre Analyse und Forderungen stehen in einem so
krassen Gegensatz zur neoliberalen Politik der Schröder-Regierung, dass
das Wahlbündnis zwischen Lafontaine und Schröder schon von vornherein zu
Scheitern verurteilt war und nur von der Hoffnung getragen war.
Zum Nachweis der hier behandelten Zustände seit 1998 stehen diese
Analysen der früheren Bereicherungspolitik nicht im Vordergrund, weil sich die Mechanismen
der platten
Umverteilung nach oben ab 1998 kaum noch kaschieren lassen. Die weitere
Demaskierung des Neoliberalismus durch den Kanzler der Bosse und seinen
rosagrünlichen profitierenden Jasagern wirft aber ein zusätzliches
Schlaglicht
auf die Politik bis 1998. Damit erscheinen die damaligen Manipulationen
durch die Meinungsmacher in noch grelleren Farben, weil die Gier der
Unersättlichen als
gemeinsames Motiv deutlicher hervortritt. Es wird so auch klarer, warum
Oskar Lafontaine als Finanzminister den Verrat an der Sozialdemokratie
und den Verkauf des sozialen Gewissens schon Anfang 1999 nicht länger mittragen konnte.
Aber nicht nur Putin-Freund Schröder und seine Ex-Fraktionsgenossen bei
den Energiepreis-Treibern haben gut für sich gesorgt. Auch
Helmut Kohl
hat durch seine rabiate Unterstützung des CDU- und Reklame-Fernsehens
von Leo Kirch später jährlich 600.000 DM an "Berater"-Honoraren
kassiert, obwohl er nach Aussagen von Leo Kirch vom Geschäft überhaupt
keine Ahnung hatte.
Darüber
hinaus wurden Kohls ehemals zuständigen Minister Wolfgang
Bötsch (Postwesen), Theo Waigl (Finanzen) großzügig von Kirch
bedacht (sh.:
„Millionenschwerer Männerbund, Der Geheimvertrag von Kohl und
Kirch“, Panorama Nr. 629 vom 31.7.2003, erreichbar über
Panorama-Archiv; sh. ferner die Berichte im Spiegel-Archiv, z.B.
„Zwölf Mal jährlich zum Tête-à-Tête“, Spiegel Online, 31.7.2003,
sowie zahlreiche andere Quellen bei Google).
Auch die
Kohl-Minister Jürgen Möllemann (FDP), Rupert Scholz und Christian
Schwarz-Schilling (beide CDU) gingen dabei nicht leer aus. Insofern hatte die
Kohl-Verteilung für die Profiteure auch ihre guten Seiten.
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