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Version 1-004 vom 3. April 2005



Steuersenkung für Bestverdiener

oder Internet-Recherche für Einsteiger

(fast ein Krimi)


Thema dieser Webseite ist die Umverteilung nach oben durch den Neoliberalismus und Neokonservatismus, insbesondere durch die Steuer- und Abgabenpolitik, sowie die zugehörige Wirtschafts-"Theorie" (= "Rossäpfel-Theorie", sh. unten) und Meinungsmache.

In der Planwirtschaft werden die Produktionsfaktoren nur unzureichend genutzt. In einer reinen Marktwirtschaft erfolgt die Verteilung allein nach dem Gesetz des Marktes, so dass z.B. der Anbieter von TV-Klamauk und -Falschinformationen bei entsprechender Nachfrage einen weitaus höheren Anteil am Volkseinkommen erhält als ein viel beschäftigter ambulanter Notarzt oder sonstiger Produzent von nützlichen Leistungen.

Die reine Marktwirtschaft schließt Wirtschaftskrisen und Massenarbeitslosigkeit mit schweren politischen Folgen nicht aus. Sie erfordert daher - wie ehemals der Wilde Westen - eine Interventionen des Staates. Die Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht der Mensch für die Wirtschaft, aber die Verteilung des Volkseinkommens durch die reine Marktwirtschaft ignoriert den menschlichen Aspekt völlig. Daher wie auch zur Stabilisierung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes dürfte die Steuer-, Abgaben- und Verteilungspolitik das wichtigste Instrument in einer Marktwirtschaft sein.

Das prinzipielle Potential einer Marktwirtschaft möchte der Verfasser als Ökonom mit Schwerpunkt Steuern und Finanzen (sh. auch Nachwort) keineswegs in Frage stellen - auch nicht die Wichtigkeit eines sorgsamen Umgangs mit den kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere der Personenunternehmen mit vollem Konkursrisiko, von denen Dreiviertel ... unter 52.000 Euro, nahezu alle unter 128.000 Euro Jahreseinkommen liegen (sh. Abschnitt 1, Fußnote 53) und die die meisten Arbeitsplätze schaffen. Aber diese Unternehmen werden leider vor allem von den viel besser bezahlten neoliberalen Meinungsmachern  vorgeschoben als Vorwand für ihre Selbstbedienung durch steuerliche Umverteilung nach oben zu deren Lasten und angeblich zu Gunsten von Investoren“.

Wenn man also die Steuern nach dem Rezept des Neoliberalismus immer weiter senkt und schließlich den Staat „in der Badewanne ertränken“ will (sh. Abschnitt 1), dann schafft man nicht nur eine rein marktmechanistische Verteilung des Volkseinkommens, sondern auch ein meteorologisches Chaos in der Konjunktur und auf dem Arbeitsmarkt. Bei anhaltender Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau und ständig zunehmendem Abstand zwischen Arm und Reich kann man sich als Nutznießer der Umverteilung nicht auf die angebliche Allheilkraft der Notenbankpolitik oder von realen Lohnsenkungen usw. herausreden.

Der Name der Webseite bezieht sich auf die neoliberale sogenannte Rossäpfel-Theorie. „Danach sind die Spatzen am besten versorgt, wenn die Rösser gut zu fressen haben, denn dann fällt hinten auch etwas für sie ab ...“ (sh. hier rossaepfel-theorie.de - Abschnitt 1). Die Bezeichnung verdient in Zeiten des Neoliberalismus mehr Popularität. Man hört sie selten. Bei Veröffentlichung der Version 1.003 (22.1.2005) fand man sie im Internet nicht einmal, aber [Pferdeäpfel-Theorie] immerhin zweimal und [Pferdeäpfeltheorie] dreizehnmal. (Zur Präferenz für „Rossäpfel-Theorie“ sh. hier weiter unten „Für englischsprachige Google- oder BabelFish-Nutzer“).  Die Idee ist keineswegs neu. Sh. dazu bei Wikipedia den Artikel Trickle-down-Theorie.

Der folgende Text untersucht in der Form von Fragen und Antworten den derzeitigen Stand der Steuer- und Verteilungsdiskussion in Deutschland mit Bezug auf die USA und andere Länder. Dabei wird in Verbindung mit den steuerpolitischen Fakten vor allem den Motiven, dem profitablen Selbstbetrug, der Meinungsmache und dem Glauben an eigennützige "Autoritäten"  nachgegangen, die den gegenwärtigen Trend bestimmen.

Es wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass alle wesentlichen Aussagen hierzu durch Quellen dokumentiert sind, so dass der Verfasser beim detektivischen Puzzle eines ökonomisch bestimmten Weltbildes eher hinter die umfangreiche Quellenarbeit zurücktritt (sh. dazu auch das Nachwort). Diese Arbeit soll - entsprechend dem Unterthema - auch veranschaulichen, dass man bereits heute  fast ausschließlich durch Internet-Recherche kohärente Dokumentationen zusammenstellen kann mit Quellen von trivialer Verstärkung des Mainstream-Chors in Presse, Rundfunk und Fernsehen einschließlich der Talkshows bis hin zu journalistischer, wissenschaftlicher und literarischer Qualität - auch mit Ton- und Videosequenzen.

Für durchgängige Ironie und Sarkasmus wird um Nachsicht gebeten. Das macht den Text gewiss nicht leichter lesbar. Aber es fällt schwer, die Zustände anders zu beschreiben.

 


  Für englischsprachige Google- oder BabelFish-Nutzer:

 „Bestverdiener“ or "Besserverdiener" is not „good breadwinner“ but a better paid person – who “needs” a radical cut of the top tax rate - according to a former slogan of the German Liberal Party F.D.P. (symbolized here by their chosen colour yellow like a fun or money maker colour) to be “Die Partei der Besserverdienenden”[1]. - “Einsteiger” is a person who gets in or on e.g. a vehicle.

“Krimi” means here: Detective Story – with few murders but much plunder.

This URL www.rossaepfel-theorie.de  refers to the so-called “Rossäpfel-Theorie” which might be translated as “Steed Droppings Theory” (“Steed’s Apples Theory”) – the trojan horses being well fed in favour of the sparrows behind. However these noble feeders are not simply horses but splendid steeds and their droppings are not simply excrements but apples - almost like kings' orbs (in German: "Reichsapfel"). This generous supply side is based on Reaganomics' “Trickle-down theory” or “Horse and Sparrow Economics”, as John Kenneth Galbraith called it (cf. Wikipedia http://en.wikipedia.org/wiki/Trickle-down_theory).

In this way tax revenue increases with dropping marginal tax rates (according to Neoliberals like Reagan's David Stockman) so that the maximum revenue will be achieved when the marginal tax rates are put down to zero.

Unfortunately, a complete translation from German into English cannot be given at present for this extensive text.

 


 

Navigation im Text:

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Wer sehr viele Links zu Internet-Adressen anklicken möchte, kann sich bei den großen DSL-Providern nach einem günstigen Tarif mit einem monatlichen Download-Volumen von ein oder zwei Gigabyte erkundigen. Solche Tarife lassen sich normalerweise auch als Flatrate nutzen, wenn man nicht viele Tondateien und keine Filme herunterlädt.

 


 

Titelbild:

Die bronzene Reiterstatue August des Starken, gegossen 1730 von Jean-Joseph Vinache, gespeichert bei rp-online.de. Sie wird hier nur symbolisch verwendet. 

 


Fußnote zur Einleitung:

 

Die Formatierung wurde vorläufig für den Internet Explorer optimiert, müsste aber auch in bezug auf die Fußnoten mit anderen Browsern gut darstellbar sein.

[1] Cf. e.g. „Bundestagswahl 2002, Das Programm der FDP“, WZonline, under http://www.wienerzeitung.at/linkmap/politik/brd2002wahl/parteienfdp.htm. As an excellent Dictionary   Deutsch/Englisch   cf. http://www.leo.org (both noted Aug. 15, 2004). – The sometimes used artificial word „gilb“ instead of „green” means a faded colour changing to a weak yellow (gelb) like “vergilbt”. – Black symbolizes Christian parties, referring conventionally to the black habit of clergymen. – Neoschwarz, neorot or neogrün are artificial words referring to the neoliberal mind as well as pink and rosa refer to faded red. These mostly mixed colours are also symbolized by the patterns of some equestrian statuettes above.

 


 

Inhaltsübersicht

FAQs (18 häufig gestellte Fragen)

 

 

  • 2) Mehr Arbeitsplätze durch Steuersenkungen für „Investoren“ oder durch Senkung der Lohnzusatzkosten?

 

  • 3) Wann lohnt sich eine Investition?

 

  • 4) Wie wurden die Steuersenkungen der rot-grünen Koalition begründet?

    • 4.1) Dumping-Wettlauf bei der Einkommensteuer?

    • 4.2) Senkung der Körperschaftsteuer als Hebel zur Senkung des Spitzensteuersatzes?

    • 4.3) Wem nützt die Abgeltungssteuer?

 

  • 5) Wem nützte die Bildzeitungs-Kampagne zum Vorziehen der Steuersenkungen?

    Produzierte Meinung und Realität in Deutschland.

    • 5.1) Kampagne? „Steuerwackler“?

    • 5.2) Irreführung? Mit Bush und Erhard für Steuersenkung?

    • 5.3) „Ein Industriearbeiter und seine Frau verdienen im Schnitt 64.493 Euro im Jahr“?

    • 5.4) „Grenzabgabelast“?  67 Prozent?

    • 5.5) Alternativkonzepte zur „Grenzabgabenlast“?

    • 5.6) Wechselwirkungen zwischen Grenzabgabenquoten (METRs) und

    • Arbeitslosenquoten in der EU?

    • 5.7) Kopfprämie oder Bürgerversicherung?

    • 5.8) Interesse am Gemeinwohl oder eigennütziges Interesse?

    • 5.9) Unternehmer ohne Unternehmerrisiko „finanzieren unseren Sozialstaat“?

    • 5.10) Wer hilft den risikofreien „Unternehmern“?

    • 5.11) Sonstige Finanziers des Sozialstaats?

    • 5.12) Stets im BILDe?

 

  • 6) Einsparungen für Meinungsmacher, Einkommensmillionäre und 

  • vor allem für „Normalverdiener“?

 

  • 7) Wege aus der Armutsfalle?

 

  • 8) Welchen Einfluss haben die Steuersenkungen auf den Abstand zwischen Arm und Reich?

 

  • 9) „Vereinfachung“ auf dem Bierdeckel als Meinungs-Knüller?

 

  • 10) Ist Manipulation der öffentlichen Meinung messbar?

 

  • 11) Pressefreiheit oder Meinungskauf?

 

  • 12) Muss Deutschland beim internationalen Steuerdumping mitmachen?

 

  • 13) Segnungen des Einheitssteuersatzes (= Flattax) für Kapitalerträge?

 

  • 14) Maßnahmen gegen Fluchtgeld-Oasen und Missbrauch des Bankgeheimnisses?

 

  • 15) Was können die Vermögenden beitragen?

 

 

  • 17) Homo homini lupus?

 

  • 18) Was tun?

 

 

 

 

Separate Websites (Zurück auch über die Inhaltsübersichten):

 

 

 

 

 

 


 

 

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                                                                        Version 1.004 vom 3. April 2005

 

 

 

 

Vorbemerkung:

Die Fußnoten können von eiligen Lesern zunächst übersprungen werden. Sie enthalten hauptsächlich Recherche-Hinweise, aber auch längere Exkurse, die zur besseren Lesbarkeit mit Fettdruck von Passagen und Titeln gegliedert sind. Bei Bedarf kann man durch Überfliegen dieses Fettdrucks interessierende Passagen finden.

 

 

 

 

 

1) Was sagen amerikanische Ökonomen zu

    Steuersenkungen für Bestverdiener und Meinungsmacher?

    Was bringt dagegen die Rossäpfel-Theorie?

 

 

 

Anlass für die folgenden Fragen und Antworten ist die bereits erfolgte rosagrünliche Umverteilung nach oben, mit der die Einkommensteuer eines Einkommensmillionärs für jede zusätzliche Million um jährlich 110.000 Euro plus Solidaritätszuschlag gesenkt wurde und auch die Minister und sonstige Meinungsmacher sich mit vereinten Kräften jährliche Steuergeschenke in fünfstelliger Höhe zuschanzen konnten auf Kosten von Rentnern, Studenten, Kleinverdienern, Kindern, Arbeitslosen, Schulen, Universitäten usw. (sh. unten). 

 

Die Überschrift lautete zuerst „Steuersenkung für Besserverdiener …“ Tatsächlich müssen aber die meisten „Besser“-Verdiener ihre Steuerersparnisse verwenden zum Ausgleich der staatlichen Kürzungen, z.B. bei der Alters- und Gesundheitsvorsorge, mit denen die echten Ersparnisse für die „Best“-Verdiener (Minister, Meinungsmacher der neoliberalen "Elite"-Truppe, Einkommensmillionäre) finanziert werden. Was über dem Einkommen von Abgeordneten oder Ministern liegt, wird meist nicht „verdient“, sondern lediglich abkassiert. Es ergibt sich aus der Verteilung des Volkseinkommens durch den „Leistungs“-blinden Markt. Das wird man bei nützlichen Leistungen als notwendiges Übel einer effizienten Marktwirtschaft in Kauf nehmen müssen, wenn durch entsprechende Spitzensteuersätze etwa nach skandinavischem Vorbild ein gewisser Ausgleich geschaffen wird (z.B. bei geistigen Leistungen oder Niedrigpreisanbietern wie den Gründern von Aldi und Ikea). Bei schädlichen Leistungen (z.B. Gesundheitsschädigung und Wählertäuschung, auch durch neoliberale Meinungsmache und Klamauk als Millionengeschäft) werden teilweise besondere Verbrauchssteuern zum Ausgleich des volkswirtschaftlichen Schadens erhoben. Im Hinblick auf den bildungspolitischen Schaden, auch durch Infiltration, Indoktrination  und Konditionierung, ist es allerdings schwierig, entsprechende Maßstäbe zu finden.

 

Die Fragen bleiben hochaktuell durch die anhaltende Reformdebatte in Deutschland mit den neuen Richtungsvorgaben zum „zukunftweisenden“ CDU-Umverteilungs-Parteitag [7] vom 30.11. bis 2.12.03 in Leipzig, die flotte „Agenda ZwanzigZehn“ und das damit verbundene „Zeitfenster“[8]  für die einmalige Seelenverwandtschaft der SPD-„Modernisierer“ mit CDU und FDP.

 

Die verblüffende Ähnlichkeit zur Steuersenkungspolitik der Republikaner in den USA zeigt sich in der  folgenden Anzeige aus der New York Times vom 11.2.2003 gegen die Dankeschön-Steuersenkungspläne[9] von George W. Bush vor seiner Arbeitsmarktinitiative durch Schuldenexplosion, mit der die Steuersenkungen als angebliche „Erfolgs“-Ursache präsentiert werden. Die Anzeige ist unterzeichnet von mehr als 400 namhaften US-Ökonomen, darunter 10 Nobelpreisträgern:[10]

 

 

Erklärung der Ökonomen gegen die Steuersenkungen durch Bush

 

Obwohl das Wirtschaftswachstum positiv ist, hat es nicht ausgereicht, um Arbeitsplätze zu schaffen und den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Tatsächlich gibt es zurzeit im privaten Sektor um 2 Millionen weniger Jobs als zu Beginn der gegenwärtigen Rezession. Überkapazitäten, Unternehmensskandale und Ungewissheit drückten und drücken weiterhin auf das Wirtschaftswachstum.

 

Der Steuersenkungsplan von Präsident Bush ist nicht die Antwort auf diese Probleme. Unabhängig davon, wie man die Einzelheiten des Bush-Plans beurteilt, gibt es eine weitgehende Übereinstimmung, dass er auf eine dauerhafte Änderung der Struktur im Steuersystem abzielt und nicht auf die Schaffung von Jobs und Wachstum in der nahen Zukunft. Insbesondere die dauerhafte Senkung der Steuern auf Dividenden ist unglaubwürdig als kurzfristiger Impuls. Als Steuerreform geht die Senkung der Dividendensteuer in die falsche Richtung, da sie eher Personen als Unternehmen betrifft. Sie ist zu komplex und könnte Teil einer einkommensneutralen Steuerreform-Anstrengung sein, ist es aber nicht.

 

Die Verabschiedung dieser Steuerreform wird die langfristigen Aussichten für den Haushalt verschlechtern und so das geplante Haushaltsdefizit der Nation erhöhen. Diese fiskalische Verschlechterung wird die Fähigkeit der Regierung zur Finanzierung der sozialen Sicherheit und medizinischen Unterstützung ebenso vermindern wie Investitionen in Schulen, Gesundheit, Infrastruktur und Grundlagenforschung. Darüber hinaus werden die vorgeschlagenen Steuersenkungen den Unterschied in den Einkommen nach Steuer weiter erhöhen.

 

Ein Plan zur Konjunkturförderung sollte vielmehr auf sofortige, aber zeitliche begrenzte Erhöhung der Staatsausgaben und steuerliche Maßnahmen zur Erhöhung der Nachfrage setzen, und er sollte auch vertrauen auf sofortige, aber zeitlich begrenzte Investitionsanreize. Ein solcher Plan würde kurzfristig Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern, ohne die langfristigen Haushaltsprobleme zu verschärfen.“

 

Gezeichnet u.a. von den Nobelpreisträgern für Ökonomie George Akerlof, Kenneth J. Arrow, Lawrence R. Klein, Daniel L. McFadden, Franco Modigliani, Paul A. Samuelson, Robert M. Solow, Joseph Stiglitz,  Douglass C. North und William F. Sharpe sowie von vielen anderen namhaften Ökonomen.

 

Der Mitunterzeichner der obigen Anzeige Joseph Stiglitz[11] und sein Koautor Peter Orszag schreiben über solche Steuerwirkungen z.B. in einem Aufsatz vom 6.11.2001:[12]

 

„Wenn die Steuern z.B. um 1 $ erhöht werden, kann der Konsum um 90 Cent und das Sparen um 10 Cent abnehmen. Da aber diese Steuererhöhung den Konsum nicht um einen Dollar vermindert, ist ihre negative Wirkung auf die Wirtschaft kurzfristig gemildert. Einige Typen von Ausgabenkürzungen würden die Nachfrage in der Wirtschaft auf der Basis eins zu eins vermindern und wären daher schädlicher für die Wirtschaft als eine Steuererhöhung …“

 

„Im Bereich der Steuer- und Transferprogramme hängt die Wirkung auf die Wirtschaft vor allem von der Konsumneigung ab, also davon, wie viel von einem zusätzlich eingenommenen Dollar eher ausgegeben statt gespart wird von denen, die die Transferzahlungen erhalten oder die Steuern zahlen. Je mehr die Steuererhöhungen oder Transferkürzungen auf Personen mit geringerer Konsumneigung konzentriert werden (also auf jene, die von jedem zusätzlich vereinnahmten Dollar weniger ausgeben und mehr sparen), umso weniger Schaden wird der geschwächten Wirtschaft zugefügt. Da Familien mit höheren Einkommen tendenziell eine geringere Konsumneigung haben als Familien mit geringerem Einkommen, liegt die unschädlichste kurzfristige Maßnahme in Steuererhöhungen, die auf Familien mit höheren Einkommen konzentriert sind. Die Verminderung von Transferzahlungen an Familien mit geringerem Einkommen schadet der Wirtschaft im allgemeinen mehr als Steuererhöhungen bei Familien mit höherem Einkommen, weil die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass Familien mit geringem Einkommen jegliches zusätzliche Einkommen ausgeben, als bei Familien mit höherem Einkommen. Da die Empfänger von Transferzahlungen typischerweise praktisch ihr gesamtes Einkommen ausgeben, ist bei Transferkürzungen eine annähernd gleich große negative Wirkung zu erwarten wie bei einer Kürzung von Regierungsausgaben für Güter und Dienstleistungen.“

 

Am stärksten wirkt also eine Arbeitsmarktinitiative durch Konsumförderung, wenn man die Schröpfung der schwächsten Haushaltseinkommen korrigiert. Die Argumentation von Orszag und Stiglitz mit dem Nachfrageentzug von 10% steht klar im Gegensatz zur wissenschaftlich verbrämten Umverteilung nach oben in Deutschland und hat den offenbar gewollten Vorteil, dass sie auch für einen normalen und mutwillig falsch informierten Stimmbürger nachvollziehbar ist.[13]

 

Sie gilt erst recht, wenn der Spitzensteuersatz für Bestverdiener und Einkommensmillionäre gesenkt wird, denn deren Steuerersparnis geht sicher mit einer größeren Quote in Finanzanlagen und Steuersparmodelle als bei den übrigen Einkommensbeziehern. Die neoliberalen Politiker und Meinungsmacher in Deutschland behaupten dagegen, dass durch die Steuersenkung für sie und die übrigen Bestverdiener bei gleichzeitigen Sozialkürzungen, also durch die Umverteilung des Volkseinkommens nach oben, die Binnennachfrage gestärkt würde.

 

Diesen alles entscheidenden Gedanken findet man bei deutschen Mainstream-Ökonomen und Meinungsmachern so gut wie überhaupt nicht. Er wird von ihnen bei allem Redeschwall einfach aus Egoismus unterdrückt. Es gibt ihn hier gleichwohl, sogar bei einigen wenigen Ökonomen, und zwar in der brillanten Formulierung von Heiner Flassbeck, der ihn vor allem noch auf das wohlverstandene unternehmerische Eigeninteresse gründet (sh. hier Abschnitt 6). Auch Albrecht Müller, Autor des Buchs "Die Reformlüge" (sh. auch Abschnitt 6) und Mitverfasser der unentbehrlichen NachDenkSeiten, bezieht sich in einem taz-Interview vom 28.8.2004 bei seiner Kritik des Neoliberalismus ausdrücklich auf die "Pferdeäpfeltheorie" (sh. hier "Rossäpfel-Theorie" und "Rossäpfeltheorie").

 

Unter „Neoliberalismus“ wird hier einfach nur die Politik und „Theorie“ der Umverteilung nach oben verstanden, also die „Rossäpfel-Theorie“ (sh. http://www.rossaepfel-exkurse.de) und seit dem Ausscheiden Lafontaines aus der rosagrünlichen Koalition auch deren Politik (Genaueres siehe hier weiter unten).

 

Die Argumentation von Orszag, Stiglitz, Flassbeck und Müller gilt entsprechend, wenn man in den Begriff der Steuern („taxes“) die Sozialabgaben einschließt, wie Stiglitz das auch in seinem Standardwerk zur Steuerwirkungslehre tut[14] und wie das in OECD-Statistiken und anderen internationalen Vergleichen geschieht.[15] Dafür wird hier der umfassendere Begriff Abgaben verwendet. Auf die Grundgedanken zu dem einen Dollar wird keiner der Autoren das Urheberrecht beanspruchen, weil jeder Laie darauf kommen kann, wenn er sich nicht durch die ständige Propaganda der Expertenrunden verwirren lässt.

 

Der norwegische Nobelpreisträger Trygve Magnus Haavelmo und kurz vor ihm der deutsche Ökonom Erich Schneider  haben einen solchen Effekt im Hinblick auf die konjunkturfördernde Wirkung von Einkommensteuererhöhungen bei gleichzeitiger Erhöhung der Staatsausgaben bzw. Staatsquote um den gleichen Betrag bereits in den Jahren 1945 und 1943 beschrieben (sh. Haavelmo-Theorem). Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass der Effekt nach den Beschreibungen von Orszag und Stiglitz sowie nach der Begründung von Haavelmo und Schneider nur bei Steuererhöhungen für die oberen Einkommensgruppen eintritt und dass Erhöhungen der Mehrwertsteuer sowie der Steuern oder Sozialabgaben für die unteren Gruppen die Konjunktur nur weiter drosseln würden, da von den erhöhten Staatsausgaben und Einkommensteuern am Ende doch einiges bei den Bestverdienern ankommt.

 

Eine ganz ähnliche Argumentation von George Akerlof zur Umverteilung nach oben kann man nachlesen bei Spiegel-Online vom 29.7.03.[16] Akerlof, Stiglitz und A. Michael Spence erhielten im Jahre 2001  den Nobelpreis für ihre Analyse der „Märkte mit unsymmetrischer Information“.[17] Die Auswirkungen solcher Informationsdefizite und Desinformationsmechanismen kann man z.B. am Meinungsmarkt in Deutschland und an der daraus resultierenden Umverteilung studieren.[18]

 

Abgesehen von dieser Theorie werden im Prinzip die Informationen von den Meinungsmachern und ihren Sachverständigen produziert und stufenweise nach dem Prinzip der Zweckmäßigkeit und der „stillen Post“ den Bedürfnissen der Nachbeter angepasst.[19]

 

Die starke Korrelation zwischen privatem Konsum und Beschäftigungsentwicklung zeigt sich auch in einer Untersuchung von Peter Bofinger zur Entwicklung dieser Größen von 1993 bis 1998 und von 1999 bis 2003 in ausgewählten OECD-Ländern. In dem späteren Zeitraum war sie mit dem Korrelationskoeffizienten r = 0,680 deutlich größer als die Korrelation zwischen Beschäftigungsentwicklung und Gesamtinvestitionen mit r = 0,511.[20] Allerdings war in den fünf Jahren davor der Einfluss des privaten Verbrauchs mit dem Quotientwert r = 0,877 und vor allem der Investitionen mit r = 0,840 noch wesentlich stärker. Diese Entwicklung wird u.a. an den fortschreitenden Rationalisierungsinvestitionen liegen[21] und an den Verlagerungen von personal- bzw. lohnintensiven Produktionen in Niedriglohnländer. Sicher spielt auch die echte oder getürkte Verlagerung der steuerpflichtigen Konzerngewinne auf Kosten der Allgemeinheit eine Rolle – noch bevor sich der Steuerdumping-Effekt[22] durch die EU-Erweiterung zugunsten der Konzerne und Bestverdiener verstärkt auswirkt.[23]  Die Ergebnisse widersprechen aber vor allem denjenigen, die auch heute noch ständig von Einkommensteuersenkungen für die vorgeschobenen „Investoren“[24] zu Lasten der Konsumenten mit hoher Konsumquote reden. Mit dieser eigennützigen Hortung des Volkseinkommens und -vermögens an der Spitze betreiben sie weitere Konsumdrosselung. Den tatsächlichen Investoren könnte man durch Steuerfinanzierung von Lohnzusatzkosten und Senkung der Mehrwertsteuer im konsumnahen Bereich zur Begrenzung der Schwarzarbeit viel besser helfen.

 

Die neoliberale Meinungsproduktion für den inländischen Konsum läuft auf Hochtouren, aber beim Meinungs-Export haben auf diesem Gebiet die USA und ihre neoliberalen Nachahmer den größten Erfolg.

 

Selbst unter den neuen US-Multimilliardären gibt es einige mit genug Charakter, um gegen die Senkung ihrer persönlichen Steuern zu Lasten der „working poor“[25] zu protestieren. In ihrem Fall geht es auch um die Dividendensteuer, von deren Abschaffung sie selbst als Großaktionäre am meisten profitieren würden. Der Investment-Guru Warren Buffett gibt ein Beispiel, wonach er allein durch die vorläufige Abschaffung der Dividenden-Steuer seine persönlichen Steuern für einige hundert Millionen Dollar im Jahr auf Kosten seiner Empfangsdamen und der anderen Kleinverdiener einsparen könnte.[26] Der Wert seiner Börsenbeteiligungen ist im Jahr 2003 von 30,5 auf 42,9 Mrd. $ gestiegen.[27]

 

Dazu dürften Neoliberale nur platt anmerken, dass Buffett bei dieser Einstellung ja von sich aus seine Milliarden nach unten verteilen könnte, damit sie selbst von einer sozialen Fiskalpolitik verschont bleiben. Mit einem derartigen Pseudo-Ausgleich würde aber praktische keine sozial- und konjunkturpolitische Verbesserung erreicht. Mehr könnte Buffett für das Gemeinwohl erreichen, wenn er seine Milliarden verstärkt zur politischen Förderung einer sozialen Fiskalpolitik gegen die Neoliberalen einsetzte.

 

Anscheinend haben die heftigen Proteste gegen die Umverteilungspläne der Bush-Regierung ein wenig genützt. Die Besteuerung von Dividenden wurde jedenfalls nicht ganz abgeschafft, aber der föderale Spitzensteuersatz (Einkommensteuer des Bundes) und die entsprechenden Steuersätze für die übrigen Bestverdiener wurden noch weiter abgesenkt von maximal 39,8% in 2002 auf 36,1% ab 2003.[28] Die föderalen[29] Basis-Steuersätze für Kleinverdiener (10% und 15%) wurden dagegen nicht abgesenkt.

 

Die Dividenden wurden nicht mehr mit dem genannten allgemeinen Steuersatz von maximal 39,8% besteuert, sondern mit einer Vorzugssteuer. Dabei werden anstelle des maximalen föderalen Steuersatzes von 39,8% in 2002 jetzt für die oberen Steuerklassen (oberhalb von 10% und 15%) ab 2003 nur noch 16,1% erhoben.28 Für die beiden unteren Steuerklassen wurde der Basis-Satz von 10% auf 5% gesenkt.[30] Die vorher schon bestehenden Vorzugs-Steuersätze von 21,2% bzw. 10,6%28 für Wertzuwächse wurde ebenfalls auf die vorstehenden Sätze abgesenkt. Bei diesen Halbierungen der Dividenden- und Wertzuwachssteuer für Kleinverdiener konnten die Republikaner großzügig sein, weil in den untersten Steuerklassen ohnehin nur wenige Dividenden und Wertzuwächse anfallen. Für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit habe solche Steuersenkungen auf Pump außer den üblichen Schwankungen und Strohfeuern durch Schuldenprogramme nichts gebracht.[31]

 

Die Desinformation der Wähler zu den Segnungen der Steuersenkungen für Bestverdiener und Milliardäre schreitet immer weiter fort (sh. „Journalismus in den USA - Die Konten der Kommentatoren“, von Serge Halimi in Le Monde Diplomatique vom 16.8.96)[32]. Die Instrumentalisierung der Religion geht bis hin zu Schulbuchaufklebern gegen die Darwinsche Evolutionstheorie.[33] Republikanische Umverteiler wollen den Staat ‚schrumpfen lassen … auf eine Größe, dass wir ihn in der Badewanne ertränken können.’[34] Dafür setzen sie und gleichgesinnte Medien gewaltige Mittel ein. Im Gegensatz zu früheren Zeiten wird das Volk nicht mehr durch Staatsterror ausgebeutet, sondern durch das Propaganda-Kapital zur gewünschten „freien“ Wahlentscheidung gebracht.[35] Nach solchem Propaganda-Krieg gegen das eigene Volk können selbst die Demokraten in ihrem Wahlprogramm nicht mehr die Rückkehr zum Solidarstaat, sondern nur noch einen Stopp von weiteren Umverteilungen nach oben propagieren. Zu den Umverteilungs-Vorwänden im Raubtier-Kapitalismus sh. hier auch Abschnitt 5.2 „Irreführung? Mit Bush und Erhard für Steuersenkung?“.

 

Der Investment-Milliardär George Soros,[36] Autor von kritischen Büchern zum Welt-Finanzsystem, entlarvt den wahren Grund der Steuersenkungen für Bestverdiener:

 

„Sie nutzen im Grunde die Rezession für die Umverteilung des Einkommens an die Wohlhabenden… Was wir nach meiner Meinung jetzt brauchen, ist eine expansive Geldpolitik und ein temporäres Defizit, nicht ein permanentes.“[37] 

 

Die Rezession war also eher ein willkommener Anlass für die Bush-Regierung, ebenso wie für die deutschen Umverteiler. 54% der letzten US-Steuersenkungen erfolgten zugunsten von 1% der dortigen Bevölkerung.[38] Auch der Angriff auf das World Trade Center wurde zur Präsidentschaftswahl in 2004 für diese Politik schon ausgeschlachtet.[39] Das Prinzip ist dort wie hier, möglichst schnell, irreführend und asozial nach oben zu verteilen, um hinterher sagen zu können, dass der Staat kein Geld mehr hat für Soziales und Konjunkturförderung.

 

Wenn Buffett und Soros hier als Positivbeispiele genannt werden, dann bezieht sich das  mangels genauerer Recherchen zunächst nur auf ihre seltene und vielleicht die ganze Persönlichkeit kennzeichnende Charaktereigenschaft, für jedermann vernehmbar gegen ihre eigenen vordergründigen finanziellen Interessen aufzutreten,[40] denn solche Äußerungen lassen auf andere Charaktereigenschaften schließen als die Verteilung von Brosamen[41] oder die moralische Aufrüstung zur Steuersenkung für Bestverdiener mit „christlichen Werten“, „christlicher Leitkultur“ und Ablenkung durch patriotische Parolen.[42] Sie überzeugen mehr als die Propagierung von „moderner“ statt „sozialer Gerechtigkeit“[43] oder die pathetische Selbstbeschränkung auf Naturschutz, obwohl der Mensch doch ein Teil der Natur ist.[44]

 

Auch Jim O’Neill, Chef-Volkswirt der „weltweit größten Investmentbank“ [45] Goldman Sachs und damit zweifellos mehr als ein Besserverdiener, hat kein Verständnis für die Umverteilung nach oben durch die deutschen neoliberalen Meinungsmacher. Er fordert für Deutschland eine „phantasievolle Fiskalpolitik“:

 

O’Neill: „Weil die Reichen von ihrem Einkommen relativ weniger für Konsum ausgeben als die Armen, muss die Fiskalpolitik bei den unteren Einkommensgruppen ansetzen. Dieser Aspekt wird von vielen deutschen Ökonomen und Politikern vernachlässigt.“[46]

 

Er traute seinen Ohren nicht, als er die Mainstream-Ökonomen aus der deutschen Provinz hörte:

 

„Ich war vor ein paar Wochen in Berlin. Da ging es um ein effizienteres Steuersystem, das das Wachstum fördert. Erst dachte ich, ich habe die Vorschläge nicht richtig verstanden. Doch bald wurde mir das absurde Verständnis von Makroökonomie klar. Wir haben tatsächlich ernsthaft diskutiert, ob man nicht die Unternehmensteuern senken und im Gegensatz die Umsatzsteuer anheben sollte. Da haben die Unternehmerverbände gute Lobby-Arbeit geleistet. Aber dass es überhaupt diskutiert wird, ist wirtschaftspolitisch nicht zu Ende gedacht. Dann können sich die deutschen Konsumenten noch weniger kaufen. Eine höhere Umsatzsteuer würde der Volkswirtschaft endgültig den Garaus machen.“[47]

 

Der Ökonom O’Neill urteilt also milde, sieht aber als Praktiker eines ganz klar: Bei der Steuersenkungs-„Disputation“[48] handelt es sich nicht um Probleme der ökonomischen Theorie, sondern der „Lobby-Arbeit“, Meinungsmache und Ideologie. Dagegen sind die obigen Aussagen von Orszag, Stiglitz und O’Neill zur Umverteilungswirkung nach oben von höchster statistischer Wahrscheinlichkeit und Plausibilität. O’Neill fordert also für Deutschland vor allem die Stärkung der Konsumnachfrage und liegt insoweit auf der Linie der Nachfragetheorie von John Maynard Keynes (1883 – 1946), also im Gegensatz zu den neoliberalen Anhängern der Angebotstheorie. (Sh. zu dem Richtungsstreit auch den hervorragenden journalistischen Beitrag von Stephan Kaufmann: „Wissenschaft – Geringe Nachfrage – Weltweit erlebt die Lehre des Ökonomen Keynes einen Aufschwung. Nur in Deutschland werden seine Anhänger an den Rand gedrängt.“ [49])

 

Die Neoliberalen, d.h. die „modernen“ „Freiheitlichen“ im Sinne ihrer persönlichen politischen „Mündigkeit“ und besonders ihrer individuellen wirtschaftlichen Bereicherungs-„Freiheit“ aus dem Volkseinkommen,[50] haben also hierzulande bei den Meinungsmachern immer noch die Oberhand. Sie berufen sich auf die „Monetaristen“, „Neoklassiker“ und den liberalen Ökonomen Adam Smith (1723 – 1790) und führen ihren Feldzug für die Umverteilung nach oben angeblich zugunsten der „Investoren“. Denn die investieren nur in neue Arbeitsplätze, wenn sie gut verdienen. Die Nachfrage nach den zusätzlichen Produkten werde dann schon von selbst kommen, nämlich durch die Arbeitseinkommen aus den neuen Arbeitsplätzen. Die „Investoren“ investieren also wegen ihrer gesenkten Steuern schon einmal vorweg in zusätzliches Angebot mit zusätzlichen Arbeitsplätzen voll Vertrauen darauf, dass die Nachfrage dafür schon irgendwann wieder kommen wird. Es im Prinzip geht um die alte Frage nach der Henne und dem Ei. Erst muss also die Henne da sein, die das Ei legt und nicht das Ei, aus dem die Henne entsteht.

 

Aber der eine Euro aus der Korrektur der Steuersenkung für Bestverdiener zur Senkung der Sozialabzüge bringt durch den draus folgenden zusätzlichen Konsum einen Wachstumsimpuls (quasi extern, das heißt ohne Henne-Ei-Leerlauf), zu dem die Investoren ohne diese zusätzliche Konsumnachfrage und ohne die gleichzeitig erfolgende Senkung ihrer Lohnzusatzkosten überhaupt keine Veranlassung hätten. Gleichzeitig würde mit dieser Korrektur ein Zeichen gesetzt gegen die künstliche Aufblähung von Sach- und Finanzwerten durch die globale spekulative Geldschwemme, da viele sogenannte „Investoren“ mit ihren nicht konsumierbaren Einnahmen und billigem Geld durch Spekulation in Wertpapieren, Auslandsimmobilien und Warentermingeschäften kurzfristig mehr Kasse machen als mit arbeitsplatzschaffenden Investitionen (sh. „Eine Welt voller Blasen“, DER SPIEGEL 13/2005, und zum oft missverstandenen Schlagwort „Sparen = Investitionen“ hier Abschnitt 2).

 

Mit Keynesianismus, Neoklassik bzw. Monetarismus hat das eigentlich nicht mehr zu tun als neo-christliche Schlagworte mit dem Christentum oder fundamentalistische Parolen mit dem Islam,[51] aber mit dieser Position konnten sie die Keynesianer in den entscheidenden Gremien (z.B. Sachverständigenrat) und an etlichen Universitäten nahezu mundtot machen. O’Neill will vernünftigerweise weder als strikter Anhänger der Nachfragetheorie, noch der Angebotstheorie, sondern als „Pragmatiker“ eingestuft werden. Auf den Einwand der Interviewer: „Keynes ist tot“ sagte O’Neill:

 

„Adam Smith ist auch tot. Und wenn die deutschen Ökonomen weiterhin so kategorisch denken, wird auch die deutsche Wirtschaft demnächst tot sein" (sh. a.a.O., Fußnote 46).

 

In der deutschen angebotstheoretischen Provinz ist die Theorie der Umverteilung nach oben noch lange nicht tot, sondern herrschende Ideologie. Die Meinungsmacher in Deutschland werden sich hüten, ihren theoretischen Rückstand zu den USA diesmal so schnell aufzuholen wie zu Zeiten von Milton Friedman, Ronald Reagan und Margaret Thatcher, als sie durch ihre Beflissenheit bei der Überbrückung des Time-Lags die Umverteilung zu ihren Gunsten begründen konnten.

 

Wie das egoistische Gezerre um das angebliche Gemeinwohl und die angeblich unumstößlichen „wissenschaftlichen Erkenntnisse“ der Wissenschafts-Notzüchtiger tatsächlich abläuft, erhellt aus folgendem Erfahrungsbericht des ehemaligen Finanzministers Oskar Lafontaine (sh. Vorabdruck aus seinem Buch „Politik für alle“ in: DIE WELT, 13.3.2005):

 

„Meine Rechtfertigung, den Mund aufzumachen und mich einzumischen, beziehe ich daraus, dass neben meinem privaten sozialen Engagement alle meine Vorschläge zur Steuer- und Sozialpolitik zu einer stärkeren Belastung der Besserverdienenden, zu denen ich gehöre führen. Diese Haltung verschafft einem in diesen Kreisen keine Sympathie, sondern sie stößt auf Ablehnung und Spott.

 

Das erfuhr ich immer wieder, wenn ich in politischen Gremien für die Beibehaltung des Spitzensteuersatzes von 53 Prozent kämpfte. Besonders allergisch auf den Spitzensteuersatz reagierten Medienvertreter, deren Einkommen das der Politiker in einer Reihe von Fällen bei weitem übertrifft. Mittlerweise wurde der Spitzensteuersatz deutlich gesenkt, und diejenigen unter den Journalisten, die gut verdienen, gehören vielfach zu den eifrigsten Befürwortern der neoliberalen Reformen …“

 

Nachdem Lafontaine nun wieder an die verratenen Grundsätze der Sozialdemokratie gegen den Neoliberalismus erinnert, schießt man aus allen Rohren gegen ihn, so auch teilweise DER SPIEGEL (sh. Abschnitt 18.2) und im Folgenden auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

 

„Lafontaines Problem: Seine wirtschaftspolitischen Grundüberzeugungen werden in Deutschland von kaum einem anerkannten Ökonomen geteilt. Schlimmer noch: sie werden vielfach belächelt. … Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch eine Angebotspolitik, also eine Förderung der Arbeit gebenden Unternehmen, hielt er stets für einen Irrweg, die Thesen weltweit anerkannter Ökonomen für ’Geschwätz’. Stattdessen wollte er die Nachfrage stärken und insbesondere die ’kleinen Einkommen’ entlasten, um so über verstärkten Konsum für Wirtschaftswachstum zu sorgen.“[52]

 

Mit den „weltweit anerkannten Ökonomen“ kann es nicht weit her sein, wenn man die obigen Äußerungen von O’Neill, Buffett, Soros, Orzag und Stiglitz sowie den 400 US-Ökonomen betrachtet, aber bei den neoliberalen Wirtschaftsjournalisten sieht es noch trüber aus, mögen sie noch so viel „lächeln“. Dazu haben sie bei ihren Bezügen meist auch einen triftigen Grund. Richtig ist aber, dass die Grundüberzeugungen von Lafontaine in Deutschland „von kaum einem anerkannten Ökonomen geteilt“ werden. Armes Deutschland!

 

Tatsächlich könnten die Investoren mit einer teilweisen Steuerfinanzierung der Arbeitgeberanteile aus den umverteilten 56 Milliarden Euro jährlich[53] wesentlich mehr Arbeitsplätze schaffen (sh. Exkurs hier in Abschnitt 2) als mit einer Steuersenkung für Bestverdiener und, wie man sieht, hat diese Umverteilung seit ihrer stufenweisen Umsetzung im Laufe der letzten Jahre für den deutschen Arbeitsmarkt überhaupt nichts gebracht. Vielmehr war die Arbeitslosigkeit im Jahre 2003 mit 9,3% höher als nach Beginn der ersten Steuersenkungen mit 8,4% im Jahr 1999 und 7,8% im Jahre 2000. [54]

 

Die Bestverdiener sind von ihrem Stimmenanteil nicht stark genug, um den Wahlausgang zu bestimmen. Aber die Meinungsmacher (Politiker, Journalisten, Talkshow-Vorbeter, Verbandsfunktionäre, ihre weisen Sachverständigen usw.) sind auch Bestverdiener. Von denen gibt es zwar noch weniger. Sie haben jedoch maßgebenden Einfluss auf das Bewusstsein und Abstimmungsverhalten der Wählermehrheit. Deshalb geht es bei „Steuersenkung für Bestverdiener“ hier vor allem um „Steuersenkung für Meinungsmacher“. Dass die übrigen Bestverdiener und Einkommensmillionäre auch davon profitieren, ist anscheinend nur ein unbeabsichtigter Nebeneffekt der Steuersenkungs-Kampagnen, soweit die Meinungsmacher von ihren Oberen nicht eigens für diesen Job ausgewählt oder gefördert und evt. indirekt mit Aufstieg und Zusatzeinkommen belohnt werden.[55]

 

Es spielt natürlich eine Rolle, dass auch die übrigen Bestverdiener ihre persönlichen Vorteile meist besser erkennen und wahrnehmen - nach dem bekannten Werbespruch „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“. Oft übernimmt man auch Argumente und Überzeugungen, weil sie von den „richtigen Leuten“ vorgebracht oder weitergegeben werden und weil man die Stichhaltigkeit ebenso wenig einschätzen kann wie die meisten Meinungsmacher selbst.[56] Dagegen gibt es bei den weniger Verdienenden sicher ein höherer Anteil von Nichtwählern oder noch stärker manipulierten Wählern.

 

Die Milliardäre Soros und Buffet sowie die mehr als 400 US-Ökonomen folgen jedenfalls nicht dem ehernen Glaubensbekenntnis der meisten deutschen Meinungsmacher zur Rossäpfeltheorie. Danach sind die Spatzen am besten versorgt, wenn die Rösser gut zu fressen haben, denn dann fällt hinten auch etwas für sie ab, wenn also die Bundesminister und etliche Chefjournalisten um jährlich mehr als 14.000 Euro entlastet werden,[57] während man der Verkäuferin ihre paar Euro Steuerersparnis gleich auf andere Weise wieder wegnimmt, denn irgendwie werde am Ende für sie auch schon etwas herauskommen. Außerdem werde durch diese Ankurbelung der „Kuchen“ größer, und das komme allen zugute. Kurz gesagt: Steuersenkungen für Bestverdiener schaffen Arbeitsplätze! Das gilt sogar dann, wenn man als Alibi die Steuern auch bei Kleinverdienern und ein paar Euro senken muss, weil man bei denen ja auf andere Weise wesentlich mehr abkassieren kann!

 

Solche Alibis sind aber nicht nur vorgetäuscht, denn die Verkünder dieses Evangeliums glauben meist selbst daran, zumal es ihnen nützt, [58] und es nützt ihnen um so mehr, je fester sie daran glauben und je überzeugender sie durch diesen eingepaukten Glauben auf die Düpierten[59] einwirken. Wie soll man mit einer solchen modelltheoretischen und statistischen Wissenschaft ohne vollständig fixierbare reale Modellvoraussetzungen auch „beweisen“, dass die Sonne nicht um die Erde kreist?

 

Die Umverteilung nach oben haben nicht die Milliardäre Buffett und Soros oder die 400 US-Ökonomen und ihre Gleichgesinnten in den USA, Deutschland und anderswo zu verantworten, sondern die neoliberalen Meinungsmacher und ihr eigennütziges oder düpiertes Gefolge.

 

Die „Reformdividende“ der Meinungsmacher und Einkommensmillionäre (sh. hier u.a. die Tabellen in den Abschnitten 5.4 und 6) im Umfang von jährlich mehr als 50 Milliarden Euro (sh. oben) wird bezahlt durch Rentenklau nach vorheriger Zweckentfremdung der Rentenbeiträge,[60] durch die niedrigste Geburtenrate der EU im Jahre 2003[61], durch Pisaschock[62] in Verbindung mit allgemeiner Laxheit oder oft mit mangelnden Deutschkenntnissen aufgrund dilettantischer Zuwanderungspolitik,[63] durch Notstand bei Kindergärten, Ganztagsbetreuung,[64] drastische Erhöhung der Kinderarmut von mehr als 1 Millionen im Jahr 2004 auf voraussichtlich 1,5 bis 2 Millionen im Jahr 2005 (mit Hartz IV),[65] durch wirtschaftliches Elend in Altenheimen, Fehlen von Zukunftsinvestitionen in Forschung, Bildung, Kultur, Infrastruktur, Polizei, durch konsumdrosselnde Umverteilung nach oben zu Lasten der Eigenheimzulage, der lahmenden Bauwirtschaft und der ohnehin geringen Arbeitslosenunterstützung für verzweifelt arbeitssuchende Arbeitslose.

 

Dies könnte dazu führen, dass der abgestrafte EX-Minister dank christlicher Härte zu Weihnachten 2003 und rötlicher Bereitwilligkeit[66] nach Wegfall seiner Versorgung für arbeitsfähige Politiker, Ablauf seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld I, Einführung von Hartz IV und einem finanziellen Striptease zu 30% unter Tarif[67] die Straße fegen muss (sh. Foto[68]), damit ihm seine Mini-Sozialhilfe nicht um 30% gekürzt oder auf Sachleistungen umgestellt wird!   Denn er wird ja auch nach dem zweiten Bezugsjahr von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld für sich und seine Ehefrau mindestens die jeweils 90% und für seine minderjährigen Kinder die jeweils 60% bis 80% von diesen knapp 350 Euro monatlich plus Sozialwohnungs-Pauschale brauchen,[69] nachdem er vorher mehr als 10.000 Euro + Kostenpauschale usw. monatlich auf dem Konto hatte.[70]  Durch solche Maßnahmen geben ihm die Meinungs- und Gesetzesmacher doch die Lottochance, irgendwann wieder an ihrer sogenannten "Spaßgesellschaft" teilzunehmen.

 

Zwar kann er sich auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes berufen, aber dieses Prinzip verbietet nach Meinung der Neoliberalen nicht die Umverteilung nach oben, solange man nicht  bei US-amerikanischen oder gar Drittwelt-Verhältnissen angekommen ist.[71] Auch kann er sich nicht wie der gern zitierte Klavierspieler darauf berufen, dass er beim Straßefegen seine Fingerfertigkeit verliert[72] oder krank wird, denn er ist doch an der frischen Luft. Außerdem sagt seine SPD-Ministerkollegin Renate Schmidt (ebenfalls 10.000 Euro netto + Kostenpauschale bei monatlich  mehr als 1.000 € rosagrünlichem Steuerrabatt) zur wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich: „Armut hängt nicht vom Geld ab“. „Sie fordert von den ’klugen Müttern’ Eintopf mit Saisongemüse statt Fast Food und plädiert für ’Haushaltskurse’ damit Eltern und auch Kinder ’mit ihrem Geld wirtschaften lernen’“ (sh. Wolfgang Lieb in: NachDenkSeiten, 28.2.2005).

 

Vielleicht findet er ja in fortgeschrittenem Alter trotz der von ihm mitverursachten Arbeitslosigkeit doch noch einen Mini-Job in der Fremde, verlässt Haus und Hof, Frau und Kind, Freunde und Bekannte oder seine kranken Eltern, um in einem alten Bundesland mit etwas geringerer Arbeitslosigkeit neu anzufangen. Für einen neoliberalen Minister wäre das gewiss sehr erkenntnisfördernd. Aber durch die Arbeit zum Dumpinglohn 30% unter Branchenniveau oder gar zu 1,50 Euro pro Stunde als Zuschlag zur Sozialhilfe wird er irgendwann – trotz aller gegenteiligen Beteuerungen - einen anderen Niedrig-Lohn-Jobber zum Arbeitslosen machen. Vielleicht wird er auch zu denjenigen gehören, die engagiertes Personal in der Wohlfahrtspflege verdrängen.[73] Auf jeden Fall wird er die Löhne noch weiter nach unten treiben, so dass er am Ende mit der niedrigen Sozialhilfe nach Hartz IV doch noch besser fährt als ein „working poor“ (sh. Fußnote 25).

 

Irgendwann entdeckt ihn DIE WELT schlafend auf der Parkbank: Siehe ihr Foto[74] mit dem Text: „Die Armutsschwelle liegt in Deutschland bei 938 Euro im Monat“.[75] Aber damit müsste er als Alleinstehender doch eigentlich noch bescheiden leben können, wenn er z.B. nur 350 bis 400 Euro Wohnungskosten hat? Tatsächlich beträgt das Sozialgeld für einen Alleinstehenden in Westdeutschland aber nur 345 Euro plus Kosten für eine Wohnung auf Sozialniveau.[76] Diese einfache Zahl kann man sich einprägen. Damit erhält dieser utopische Ex-Minister zum Leben weniger als die Hälfte dessen, was die rosagrünlichen Noch-Minister durch ihre Umverteilung monatlich an Steuern sparen. Ob er nach komplizierten Definitionen als „arm“ gilt[77] oder ob er trotz Ministerbezügen auf der Parkbank schläft ist dabei gleichgültig und eignet sich vor allem für Ablenkungs-Debatten. Interessant ist vielmehr, dass durch die Umverteilung die Schere zwischen Arm und Reich laut Armuts- und Reichtumsbericht immer weiter auseinandergeht, wie viele Kinder in die Sozialhilfe fallen und dass sich immer mehr Arbeitnehmer zugunsten der Bestverdiener und „idle rich“ als „working poor“[78] über Wasser halten müssen. Jedenfalls sollte er sich an der Verfassungsklage der Contra e.V. mit ihrem engagierten Vorsitzenden Dieter Nolte beteiligen, um gegen Aushöhlung des Sozialstaates durch die Bestverdiener anzugehen.

 

Bei den 400-Euro-Jobs wurden schon die „schlimmsten Befürchtungen bestätigt“ durch Wegfall von 227.000 regulären Einzelhandels-Arbeitsplätzen in einem Jahr und Entstehung von 176.000 Minijobs im gleichen Zeitraum.[79] Auch dieses Problem ließe sich nach den skandinavischen Erfolgsmodellen lösen.

 

Ein System „Fordern und Fördern“ nach dänischem Vorbild kann nur funktionieren, wenn man zuvor die Arbeitslosenquote durch Korrektur der Umverteilung mindestens auf das Niveau in Dänemark senkt und die Sozialstandards auf das dänische Niveau anhebt durch Einführung von Spitzensteuersätzen ebenfalls nach dänischem Vorbild (sh. hier etwas weiter unten und in den folgenden Abschnitten).

 

Die Demonstrationen gegen die Umverteilung nach oben mit dem letzten Anstoß durch Hartz IV konnten nicht unbegrenzt andauern, aber die Wahlen in Sachsen und Brandenburg haben schon gezeigt, was die nächsten Bundestagswahlen bringen können (sh. hier Abschnitt 18.6). Dies könnte sogar noch positiv ausgehen, wenn sich mit der Linkspartei eine echte Alternative bietet (sh. hier Abschnitt 18.9) und sich die Ex-Sozialen mit den Sozialen zunächst einmal zusammentun, um die Asozialen zurückzudrängen..

 

Auch das versprochene Geld für die Entwicklungshilfe von knapp 15 Milliarden Euro wird nach oben verteilt durch jene jährliche Reformdividende von 50 Milliarden Euro für Bestverdiener, durch eher zu gering geschätzte 65 Milliarden Euro Steuerhinterziehung (sh. folgendes Zitat)[80] und durch einige zig Milliarden unnötige Mehrkosten im Gesundheitswesen, bei Strom und Gas sowie in anderen Lobby-anfälligen Bereichen. Von diesen 15 Milliarden Euro werden ohnehin nur knapp 6 Milliarden aufgebracht,[81] und das geschieht häufig auch noch eher zum Vorteil der Exporteure als der Empfänger.[82] Für die Entwicklungshilfe könnte stattdessen die immer wieder geforderte Börsen-Umsatzsteuer von jährlich etwa 12 Milliarden Euro gegen ausufernde Spekulation herangezogen werden.[83]  Der Verbleib der Reform-Beute wird vernebelt durch Sonntagsreden, perfides Schüren von Generationskonflikten, Aufhetzen der „braven Bürgersleut“ gegen Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und durch sonstige Ablenkungsmanöver.  Wann folgt auf die Bildzeitungs-Kampagne gegen „Florida-Rolf“ einmal eine Kampagne zur Klarstellung der folgenden Relation 1:540?

 

„Nach Angaben des Caritas-Verbandes … gehen dem Gemeinwesen durch Sozialhilfemissbrauch jährlich 120 Millionen Euro verloren; durch Steuerhinterziehung jedoch 65 Milliarden Euro. Gleichzeitig werden schätzungsweise 2,2 Milliarden Sozialleistungen nicht in Anspruch genommen von Menschen, die sich ihrer Armut schämen und sich deshalb scheuen, an der ‚komfortablen Normalität’ des Sozialstaates zu partizipieren. Missbrauchsbekämpfung ist hierzulande selektiv: Die Kleinen hängen und die Großen laufen lassen.“[84]

 

oder mit einem Zitat von Karlheinz Deschner:

 

„Auch verschämte Armut ist die Folge unverschämten Reichtums.“[85]
 

Das Prinzip „Fordern und Fördern“ ist reine Propaganda, wenn das „Fordern“ lange vor dem „Fördern“ kommt[86] oder der Umfang des Förderns weit hinter dem Fordern zurückbleibt und man nicht zuvor die Voraussetzungen für die Beseitigung der Arbeitslosigkeit schafft. Das „Fordern und Fördern“ wird in Dänemark erfolgreich praktiziert mit einem Arbeitslosengeld von 90% des letzten Bezugslohns und einer Bezugsdauer von 4 Jahren, [87] allerdings mit wesentlich größeren Erfolgschancen, da die Arbeitslosenquote dort nur etwa halb so hoch ist wie in Deutschland. Dies könnte auch in Deutschland erreicht werden durch die Rücknahme der Steuersenkung für Bestverdiener bzw. der gesamten rotgrünen Steuerreform und Einführung von Einkommensteuersätzen wie z.B. in Dänemark[88] zur Absenkung der Lohnzusatzkosten[89] und der Arbeitnehmeranteile, also auch zum Ausgleich der höheren Lohnsteuern, und notfalls zur Zahlung von abgestuften Kombilöhnen im gesamten Niedrigstlohnbereich.[90] Auf diese Weise wird der „Kuchen“ tatsächlich größer – auch für die Bestverdiener.

 

Was man durch Zusammenstreichen der Bezüge von arbeitslosen Ex-Ministern (sh.o.) und - auf Druck der CDU - von schuldlos abgestürzten Bestverdienern oder Durchschnittsverdienern auf Sozialhilfeniveau einspart, wird stattdessen verwendet zur Schaffung gut bezahlter zusätzlicher Arbeitsplätze in den Behörden, um die Arbeitslosigkeit intensiver zu verwalten. Die ersten Prüfungsergebnisse des Bundesrechnungshofes werden zwar noch auf Reibungsverluste bei der Umstellung zurückgeführt,[91] aber es kommt anscheinend doch so, wie es bei der jetzigen Arbeitslosenquote mit diesem teuren Hartz-Aktionismus kommen musste:

 

„Der Bundesrechnungshof hat der Bundesagentur für Arbeit ein vernichtendes Zeugnis für ihre Vermittlungstätigkeit ausgestellt. Nach einem internen Bericht an den Vorstand der Nürnberger Behörde waren von 605 überprüften Vermittlungsvorschlägen nur 4,6 Prozent erfolgreich. Nicht einmal jeder 20. Vorschlag habe zu einer Arbeitsaufnahme geführt, kritisieren die Rechnungsprüfer nach Informationen der Berliner Zeitung.“[92]

 

Dabei sind zukünftige Schäden durch die 1-Euro-Löhne noch gar nicht berücksichtigt. Auch die Kombi-Löhne wären sehr problematisch.[93] Für beides brauchte man jedenfalls nicht einen derartigen Personalaufwand nach dem Hartz-IV-Gesetz der großen Umverteiler-Koalition. Außerdem muss eine Regionalisierung der Umverteilungskritik unbedingt vermieden werden, auch wenn den Neoliberalen sehr daran gelegen ist. Die Umverteilung schafft nicht eine Trennung zwischen Ost und West, sondern zwischen Arm und Reich.

 

Als Vertrauen schaffende Maßnahme zum Hartz-Spektakel hat man zumindest die sprachliche Aufrüstung auf ein gewisses „modernes“ „Standing“ gebracht:

 

"Ein Arbeitsloser kommt ins Job-Center, trifft am Front Desk auf den Case-Manager, der auf Grundlage eines Tiefenprofilings mit Unterstützung des Back Office ein Vermittlungsangebot an die PSA macht."[94]

 

Es ist ein erster Lichtblick, dass auch einmal ein neuer deutscher Wirtschaftsweiser öffentlichkeitswirksam in wichtigen Punkten von der neoliberalen Linie abweicht. Dazu heißt es in der Berliner Zeitung:

 

„Heftige Kritik an der Hartz-IV-Reform übte derweil der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Das Gesetz sei zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ungeeignet. Es komme ihm vor wie eine ’Bypass-Operation für einen Asthmakranken. Dem Patienten wird viel zugemutet, doch er profitiert davon nicht’, sagte Bofinger. Das Problem sei nicht mangelnder Druck auf die Arbeitslosen, sondern der Mangel an Jobs.“[95]

 

In einem mutigen Interview von Peter Bofinger mit der taz konnte schließlich auch noch von prominenter Seite eine kurze Bestätigung der Kernthese gefunden werden, die hier vertreten wird: [96]

 

Die Sozialabgaben sind zu hoch. Weniger Sozialbeiträge, mehr Steuern - dann wären wir im europäischen Maßstab wieder richtig positioniert …

Bei Steuersenkungen profitieren eher die Gutverdienenden. Wenn man geringe und hohe Einkommen um den gleichen Prozentsatz entlastet, hat der Wohlhabende absolut gesehen mehr Geld in der Tasche. Bei den Sozialabgaben hingegen profitieren kleine und mittlere Einkommen - Wohlhabende zahlen ja nicht in die kollektive Versicherung ein. Der Schub für die Wirtschaft wäre größer, weil Kleinverdiener zusätzliches Geld fast vollständig wieder ausgeben …

Die Sozialabgaben sind auch deshalb gestiegen, weil sie für viele Aufgaben benutzt werden, die man aus Steuergeldern bezahlen sollte: die ostdeutschen Renten nach der Wiedervereinigung oder die Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen...“

 

Dennoch zitiert BILD (am 28.2.2005) Hans-Werner Sinn weiterhin (sh. hier Abschnitt 5.4) mit der richtigen Diagnose und der falschen Überschrift:

 

Steuern runter!

Es ist absurd, wenn der Staat von dem Geld, das ein Kunde für die Überstunde eines Malergesellen zahlt, 64 Prozent über Steuern und Sozialabgaben wegkassiert. Das ist Gift für die Motivation und ein Turbo für die Schwarzarbeit.“

 

Statt weniger Sozialabgaben durch Rückkehr zu ihren alten Spitzensteuersätzen zu fordern, warten die Meinungsmacher mit einem Schwall von Ablenkungen auf, fordern für den Exportweltmeister Deutschland in ihren Instituten oder in den Talkshows die weitere Export- und Konjunkturförderung durch realen Lohnstopp und Lohnsenkungen im untersten Bereich - bei gleichzeitiger Absenkung der Sozialhilfe zu Lasten der Konsumnachfrage, die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel usw. Das klingt oft so überzeugt und ehrlich, dass man es nur mit profitabler Selbsttäuschung erklären kann. Die deutsche Konjunktur kann nicht allein dadurch an Fahrt gewinnen, dass die Deutschen noch billiger fürs Ausland produzieren.

 

Warum kommen nicht die Experten auf die einfachen Konsequenzen, die von den 400 US-Ökonomen sowie Orszag und Stiglitz so allgemeinverständlich dargestellt wurden? Warum wollen sie nicht die Umverteilung zu ihren Gunsten korrigieren? Liegt es an einer Denksperre, Denkschulen-Fixierung, an Ideologie, Gewohnheit, Konformismus, Gruppenzwang, Eigeninteresse? Oder weiß man hier alles besser?

 

Es geht um eines der letzten Tabus, auch in den USA, wo zum Beispiel die Schaffung einer allgemeinen Krankenversicherung und sonstiger sozialstaatlicher Selbstverständlichkeiten durch Korrektur von Bushs und Reagans Steuersenkungen für Bestverdiener nicht einmal von den Demokraten offen angesprochen werden kann, denn die hochbezahlten TV-Wirtschafts-Kommentatoren, neoliberalen Politiker, Lobbyisten und sonstigen Meinungsmacher als Medizinmänner der Nation haben durch ständige Verbannung dieser Möglichkeit und durch die Zauberformel „Steuererhöhungen“ mit ihrem mächtigen Medienapparat und gewaltigem Kapitaleinsatz bei der Tabuisierung ganze Arbeit geleistet.[97]

 

In Deutschland darf sich das Unwort „Steuererhöhung“ bestenfalls auf die Umsatzsteuer beziehen, weil dadurch die Bestverdiener kaum betroffen sind. Aber eine Erhöhung der Umsatzsteuer „würde der Volkswirtschaft endgültig den Garaus machen“.[98] Vielleicht tummeln sich auch deswegen so viele Juristen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, weil es dort gar nicht vorrangig um die Lösung ökonomischer Probleme, sondern um die Wünsche zahlungskräftiger Interessenten mit Hilfe von Gutachtern geht.[99] Aber auch die meisten prominenten Wirtschaftsexperten in Deutschland verhalten sich wie Juristen in eigener Sache.

 

Diese Tabuisierung und der Eigennutz der Bestverdiener gingen in den USA so weit, dass Bushs historisches Umverteilungspaket einschließlich Abschaffung der Erbschaftsteuer im US-Senat mit der Unterstützung von 12 der 50 demokratischen Senatoren durchgesetzt wurde![100] Ohne diese Überläufer wäre das Stimmenverhältnis 50 zu 50 gewesen. Die Nichtwähler in den USA hätten es also nicht leicht, das geringere Übel zwischen den Parteien zu wählen. Aber die rötlichgrüne Schröder-Regierung hatte ihre drastische Senkung des Spitzensteuersatzes von 53% auf zunächst 45% ja sogar unabhängig von CDU und FDP geplant![101] Laut Heiner Geissler fühlten sich die Schwarzen auf diese Weise noch weiter nach rechts gedrängt.[102] Damit dürfte die Schröder-SPD den Weltmeistertitel bei der Umverteilung nach oben in der Kategorie der „Sozialdemokraten“ errungen haben.

 

Peter Bofinger wird sich mit der entscheidenden Forderung in dem taz-Interview vom 17.3.2004 nach Entlastung der Kleinverdiener[103] durch seine „Gesundheitsprämie“ im Sachverständigenrat nicht durchsetzen. Die öffentliche Unterstützung für seine Position ist noch zu schwach. Das Jahresgutachten 2004/05 schließt mit seiner Unterschrift die Mehrwertsteuererhöhung, also die konjunkturschädlichste aller Lösungen zur Finanzierung dieses Pauschalbetrages nicht aus, sondern gibt ihr vielmehr einen Freibrief.[104] Sie ist ein beträchtliches Reservepotential für die weitere Umverteilung nach oben.

 

Auch die Gilbgrünen und der am weitesten vergilbte SPD-Flügel sehen das so. Wirtschaftsminister Clement möchte lt. seinem Interview mit dem Berliner Hauptstadtbrief vom 25.3.2005 zwar zur Beibehaltung der Steuersenkung für Bestverdiener gern mit höherer Mehrwertsteuer bei den Ärmsten abkassieren, aber nicht sofort, also nicht vor der Wahl, während sich die grünliche „Haushaltsexpertin“ Anja Hajduk lt. Interview mit dem Hamburger Abendblatt vom 27.3.2005 wohl auch gleich bei garantierter Senkung der „Lohnnebenkosten“ eine Mehrwertsteuererhöhung von 16% auf 18% vorstellen könnte, um die Steuersenkung für sich, die Meinungsmacher und die übrigen Bestverdiener beizubehalten.

 

Peter Bofinger hat als „Neuer“ im Sachverständigenrat  (seit dem 1.3.2004) gegen vier Recht(s)denkende und deren Anhang mit „Korpsgeist“ [105] sowie gegen das gesamte Korps der neoliberalen Meinungsmacher einen schweren Stand. Selbst von den besserverdienenden Gewerkschaftsbossen, die ihn als Sachverständigen vorgeschlagen haben sollen, kann er in diesem Punkt keine nennenswerte Unterstützung erwarten (sh. aber Abschnitt 18.7). Auch die geplanten Zuschüssen dürften im Laufe der Jahre wegen der angeblichen „Sparzwänge“ eher abgeschmolzen als erhöht werden, so dass am Ende amerikanische Verhältnisse drohen. In einem Artikel zur Arbeitsweise der Gutachter heißt es:

 

„Unter Gerhard Schröder wurde turnusmäßig fast der gesamte Sachverständigenrat ausgetauscht. Aber man kann nicht sagen, dass der Rat linker geworden wäre, auch wenn zwei Mitglieder das SPD-Parteibuch besitzen.“105

 

Wen kann das bei diesem Kanzler wundern, der ja überraschenderweise auch das SPD-Parteibuch besitzt! Die gewünschte Wirkung bleibt nicht aus:

 

„Trotzdem ist es dem Rat auf erstaunliche Weise gelungen, das Denken in der Bundesrepublik zu beeinflussen. Fast erscheint es so, als diffundiere das, was in der Professoren-WG im zwölften Stock gedacht wird, nach und nach in die Gesellschaft.“105

 

Die Frage ist also, wie man den Geist aus der Flasche bändigt oder ob der sich wie in Grimms Märchen freiwillig ins Glas zurückzieht,[106] vielleicht weil sich der wirtschaftstheoretische Wind in den USA gedreht hat[107] und die Auswirkungen sogar in der deutschen Provinz gespürt werden. Die ständige Verfeinerung von wissenschaftlichen Details wird dazu aber nicht reichen:

 

„’Wir verkünden nicht mehr so viel mit dem Brustton der Überzeugung’, sagt Wolfgang Wiegard. Dafür ist das Gutachten angereichert mit komplizierten statistischen und ökonometrischen Abhandlungen.“ 105

 

Dies dürfte sinnvoll sein, wenn die Grundannahmen stimmen, wie etwa die obigen Ausführungen von Orszag und Stiglitz über den einen Dollar.

 

Heiner Geißler, Ex-CDU-Generalsekretär und - neben dem Ex-Minister Norbert Blüm sowie dem Ex-Gesundheitsexperten Horst Seehofer - wohl einer der letzten christlichen Vertreter der „Christlichen Union“, sagte vor einiger Zeit:

 

„ …solidarische Lösungen bieten sich an in Form der Bürgerversicherung wie in der Schweiz, die man nicht desavouieren darf durch falsche Begriffe wie sozialistische Einheitsversicherung oder wie in Schweden, indem man die sozialen Sicherungssysteme eben über die Steuer finanziert. Der jetzt eingeschlagene Weg, der ja in Richtung Privatisierung geht, das ist der amerikanische Weg und er führt in die Irre, ja sogar ins Elend... Ja, es ist ganz sicher so, dass bei uns in Deutschland eine fundierte wirtschaftswissenschaftliche Diskussion über die Ökonomie der Zukunft noch gar nicht begonnen hat. Die läuft gerade in Amerika zurzeit also auf voller Höhe, nicht mit großer Intensität. Denn die jetzige Ökonomie, also das jetzige ökonomische System, das man auch als Spätkapitalismus bezeichnen kann, hat ja nun mit Sicherheit keine Zukunft. Man kann nicht auf die Dauer Millionen von Menschen ausgrenzen, ohne dafür nicht irgendwann einen politischen Preis zu bezahlen. Und wir bräuchten heute den Entwurf einer internationalen sozialen Marktwirtschaft, besser einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft mit bestimmten Regeln für die globale Wirtschaft, in der es ja zurzeit keine Ordnung gibt, keine Regeln, kein Gesetz. Ein Wirtschaftssystem, von dem die Mafia und die internationale Kriminalität genauso profitiert wie die Terroristen. “102

 

Die derzeitigen Parteien in Deutschland und den USA beschränken sich aufs Umverteilen nach oben. Auch in den USA fehlt eine Linkspartei. Es fragt sich, warum Soros, Buffett und ihre Bush-kritischen Gesinnungsfreunde nicht dafür einmal ein paar hundert Millionen spenden, ohne die in den USA bekanntlich gegen die Meinungs-Oligopole nichts auszurichten ist.[108] Aber man kann von diesen Milliardären trotzt einiger Charakterbeweise wohl nicht erwarten, dass sie sich gegen ihre beherrschende Moral der Bestverdienenden noch ein derart konträres Gewissen bewahren, wie etwa der Industrielle und Marx-Koautor Friedrich Engels das konnte [109] und als einer der letzten bekannten Sozialdemokraten auch Oskar Lafontaine, der im Gegensatz zu etlichen anderen Polit-Bestsellerautoren unentbehrliche Beiträge liefert.

 

Die Grünen waren der SPD-Mehrheit bei dieser Umverteilung stets mit wohl gesetzten Worten ein paar Schritte voraus, seitdem nach ihrer Selbstfindung als eine Art vergilbter Öko-FDP[110] die amtliche Ökologie und Renate Künast nur noch in diesem gelben Doppel- oder Multipack mit Eumeln[111] zu haben sind. Dazu heißt es bei wsws.org:

 

„Der Vorsitzende der Grünen, Reinhard Bütikofer, behauptete in grotesker Verkennung der Wirklichkeit, die SPD habe im Saarland Stimmen verloren, weil sich führende saarländische SPD-Politiker vom Reformkurs der Bundesregierung distanziert hätten. Die Grünen, die sich vorbehaltlos mit diesem Kurs identifiziert hatten, hätten dagegen Stimmen hinzugewonnen. Kein Wunder, hat doch eine Studie der Universität Mainz gezeigt, dass inzwischen die Grünen, und nicht die FDP, die eigentliche ’Partei der Besserverdienenden’ sind. Die Studie untersuchte, wie viele Wähler über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von 3000 Euro und mehr verfügen. Bei den Grünen waren es 32 Prozent, wesentlich mehr als bei der Union (26 Prozent) und der FDP (20 Prozent). Die SPD rangierte mit knapp 17 Prozent hinter der PDS.“[112]

 

Die CDU bietet ein noch „moderneres“ Konzept mit dem schönen bzw. geschönten Namen: „Ein modernes Einkommensteuerrecht für Deutschland, Zehn Leitsätze für eine radikale Vereinfachung und eine grundlegende Reform des deutschen Einkommensteuersystems“.[113] Mit dem Bierdeckel-Trick[114] will sie den Spitzensteuersatz nach dem „Merz-Konzept“ noch weiter absenken: von 42% auf 36%. [113] Auf diesem Wege folgt sie der FDP als "Partei der Besserverdienenden"[115] und Missionarin für eine neue „Werte“-Debatte,[116] die ihn mit ihrem angestrebten Spitzensteuersatz von 35% schon lange vorgezeichnet hat.[117] Nach der kalten Abfertigung von Norbert Blüm[118] will seine „christliche“ Partei außerdem bei den Krankenversicherungsbeiträgen für Kleinverdiener wesentlich kräftiger zulangen und die  Beitragszahler oberhalb des Sozialhilfeniveaus mit Kopfprämien im Gesundheitswesen zur Kasse bitten. Siehe dazu den ZDF-Bericht „Kopfprämie macht ein Drittel zu Bedürftigen“.[119]

 

Die „christlichen“ Kahlschläger diesseits und jenseits des Atlantiks könnten gelegentlich einmal wieder in die Bibel schauen, denn dort steht geschrieben:

 

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Matth. 7, 16) und

„Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe“ (Matth. 7,15).[120]

 

Es genügt den Bierdeckel-Gauklern (sh. dazu "Finanzgerichtstag" in Abschnitt 9) also bei weitem nicht, dass sich nach der Steuersenkung für Bestverdiener durch RosaGilb der Bevölkerungsanteil mit Einkommen unterhalb der EU-Armutsgrenze von 12,1% auf 13,5% und der Anteil der Reichsten 10% am Volksvermögen in etwa 5 Jahren von 45% auf 47% erhöht hat und dass sich die Zahl der sozialhilfebedürftigen Kinder von inzwischen 1,1 Millionen mit drastisch verminderten Bildungschancen demnächst durch Hartz IV noch einmal verdoppeln könnte.65[121]

”Nicht nur die Zahl der Armen wächst, immer größer wird auch der Abstand zu den Wohlhabenden der Republik. In den vergangenen Jahren sind die Reichen reicher und die Armen ärmer geworden, zeigt eine neue Analyse des Statistischen Bundesamtes. Danach stieg das durchschnittliche Nettogeldvermögen des reichsten Viertels gegenüber dem ärmsten vom Achtfachen auf das Zwanzigfache.”

 

und dazu die Frage von Andrea Noll (Attac) nach dem Verbleib des Volkseinkommens und der Konsumimpulse:

 

„Die Kassen leer? Wer hat die Hand in der Kasse, ist wohl eher die Frage.“[121]

 

Auch der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (seit 2002), Wolfgang Wiegard (SPD), schlug im Einklang mit weiteren Mitgliedern des Rates eine Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 35%[122] bei gleichzeitiger Kürzung der Sozialhilfe um 30%[123] vor. Damit liegt er schon unter den 36% nach dem Merz-Konzept der CDU,[113] deren Parteichefin Angela Merkel kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sagte:

 

"Alles was wir tun, muss sich der Wirtschaft unterordnen: Entsteht dadurch Arbeit oder verschwindet dadurch Arbeit."

.

Mit ihrer Umverteilung nach oben durch die 35% wird sie der „deutschen Wirtschaft endgültig den Garaus machen“,[98] da diese Geldhortung an der Spitze nur durch mangelnde Nachfrage des Staates und der kleinen Konsumenten bezahlt werden kann.

 

Den gewünschten Spitzensteuersatz des ehemaligen Verfassungsrichters und Steuerrechts-Professors Paul Kirchhof von 25% fände Wiegard „natürlich noch viel schöner“.[122] Das ginge dann zwar wieder zu Lasten der Kleinverdiener und der Konjunktur, aber dem Einkommensmillionär brächte es für jede weitere Million noch einmal eine Ersparnis aus der Differenz von jetzt 42% zu dann 25%, also von 170.000 Euro - zusätzlich zu den 110.000 Euro, die ihm Rosa-Gilb schon zugeschanzt haben (alles plus Solidaritätszuschlag – sh. hier Tabelle 2 in Abschnitt 5.4 und Tabelle 3 in Abschnitt 6). Auch der Professor für Finanzwissenschaft Wolfgang Wiegard würde in der Größenordnung von Politikern reichlich profitieren. Ihm ganz besonders missfällt die Opposition Peter Bofingers:

 

„Dieser habe sich im letzten Jahresgutachten des Gremiums zur Steuerpolitik geäußert, ’wovon er erwiesenermaßen überhaupt nichts versteht’".[124]

 

Die obige Warnung vor Schaffung einer Kompetenz-Monopolisierung nach Art der Hohen Priester[125] – selbst gegen Ökonomen anderer Fachgebiete - mit „komplizierten statistischen und ökonometrischen Abhandlungen“[126] scheint hier im nachhinein bekräftigt, denn damit wird es immer schwerer,  die obigen einfachen Überlegungen von Orszag und Stiglitz zu dem einen Dollar und die simplen Überlegungen der 400 US-Ökonomen nachzuvollziehen. Statt dessen werden die neoliberalen axiomatischen Grundlagen als Glaubenssätze vorausgesetzt und mit einem verblüffenden Theoriegebäude überfrachtet. Da hilft es selbst dem begeisterten Modelltheoretiker und Mathematik-Fan wenig, sich in einer esoterischen Priestersprache zu verlieren, durch deren Einführung alle Ungläubigen ausgeschlossen werden sollen. Diese ehrgebietende Ausschließlichkeit wiederum verschafft den Nutznießern der Voodoo-Ökonomie[127] zusätzliche Autoritäts-Vorteile.

 

Aber auch

 

„der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz, der auf Empfehlung der Arbeitgeber im Rat sitzt, schloss sich Wiegards Kritik an: ‚Bofinger ist nicht teamfähig’, sagte Franz dem Handelsblatt.“[128]

 

Franz ist auch Direktor des ZEW Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, das gerade eine Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von 7% für Lebensmittel usw. auf 16% gefordert hat.[129] Wenn das kein Umverteilungs-Zusammenhang ist, nachdem die Absenkung des Spitzensteuersatzes von 53% auf 42% gerade abgeschossen wurde! Sogar durch diese Maßnahme, die der „Volkswirtschaft endgültig den Garaus“ machen könnte, soll nach den Prognosen dieses Wirtschaftsinstituts „das Bruttoinlandsprodukt um 0,23% steigen, sofern die zusätzlichen Einnahmen zur Senkung der Sozialbeiträge verwendet würden“. Man sieht dort also durchaus die Möglichkeit der Konjunkturförderung durch Senkung der Sozialbeiträge, will aber mit scheinbar wissenschaftlicher Klarsicht nicht zugeben, dass man dafür auf eigene überflüssige Steuergeschenke für Bestverdiener verzichten muss. Man will offenbar nicht wahrhaben, dass man seine Umverteilungsbeute aus dem Volkseinkommen nicht zu Lasten der Ärmsten und der Konjunktur sichern kann, indem man die Umsatzsteuer auf Lebensmittel usw. mehr als verdoppelt und damit den schwachen Konsum noch weiter drosselt.

 

Die neoliberale Front gegen Bofinger weitete sich erwartungsgemäß schnell aus:

 

„’Wenn es den Ratsmitgliedern nicht gelingt, sich intern wieder zusammenzuraufen, muss letztlich einer der Beteiligten zurücktreten’, sagte der langjährige SVR-Generalsekretär Michael Hüther, heute Präsident des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Das ehemalige Ratsmitglied Rüdiger Pohl legte dem wegen seiner Alleingänge attackierten Peter Bofinger nahe, aus dem Rat auszutreten: ’Wenn man sich in voller inhaltlicher Konfrontation sieht, dann muss man zurücktreten’, sagte Pohl der Nachrichtenagentur Reuters.“[130]

 

Hüther meinte natürlich auch nicht den Rücktritt von Wiegard, sondern von Bofinger, um die Eintracht und Schlagkraft der Bestverdiener wieder herzustellen.

 

Im März 2005 hat sich Michael Hüther erneut profiliert mit der Forderung nach Senkung der Lohnnebenkosten und Erhöhung der Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte. In den Vorschlag anlässlich der neuen Arbeitslosenzahl von 5,2 Millionen verpackte man gleich die Forderung nach einer weiteren Steuersenkung für Bestverdiener durch Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Ohne Verpflichtung auf die Arbeitgeberinteressen unterstützten ihn dabei der Direktor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, der schon bei der Entlassung des Mainstream-kritischen DIW-Konjunkturexperten Gustav Horn eine Rolle gespielt hat (sh. hier Abschnitt 5.4), und der Direktor des HWWA-Instituts, Thomas Straubhaar (sh. „Mit höherer Mehrwertsteuer zu mehr Wachstum“, netzeitung.de, 11.3.2005).

 

Die Abschaffung des Solidaritätszuschlages von 5,5% bringt schon bei einem zu versteuernden Einkommen von 100.000 Euro immerhin eine jährliche Steuerersparnis von etwa 1500 Euro (sh. Abschn. 5.4, Tabelle 2). Der zugleich vorgeschlagene Beitragsnachlass von 1% auf die Arbeitslosenversicherung bringt dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit einem Jahresbrutto von 30.000 Euro aber gerade mal je 0,005 * 30.000 = 150 Euro. Das wird jedoch beim Arbeitnehmer allein schon durch die erhöhte Mehrwertsteuer sofort mehr als aufgezehrt. Den Kleinverdienern, Normalrentnern usw. nützt die Abschaffung des Solidaritätszuschlages überhaupt nichts, weil er bei ihnen gar nicht anfällt (Freibetrag in 2005 ist Jahressteuerschuld von je 972 bzw. 1944 Euro). Die Umverteilung nach oben und Konsumdrosselung läuft also immer nach dem gleichen Muster mit den gleichen Knallbonbons ab. Da nützt es auch kaum etwas, wenn mittelfristig die durchaus vorrangigen Mehrwertsteuerermäßigungen für den konsumnahen Bereich usw. zur Eindämmung der Schwarzarbeit vorgeschlagen werden (sh. hier u.a. Abschnitt 7).
 

Aber man unterschätzt Bofinger wahrscheinlich, wenn man annimmt, dass er sich diesem Gruppenzwang völlig unterwirft und die letzte Position der Düpierten im Sachverständigenrat aufgibt. Es reichen allerdings nicht die Kaufkraftsteigerungen durch Lohnanpassung an den Produktivitätsfortschritt, wenn das Volkseinkommen immer mehr nach oben verteilt wird, wo die Kaufkraft kaum noch wirkt.

 

Wenn bei Karstadt-Quelle nun nach harten Einschnitten noch 5.500[131] und bei Opel Deutschland 8.000 Arbeitsplätze[132] verloren gehen, werden dafür vielleicht einige neue bei den Herstellern von Luxuskarossen, aber auch bei den Billiganbietern und in EU-Ländern mit geringeren Lohn- und Lohnzusatzkosten oder zweifelhaft finanzierten Dumpingsteuern entstehen (sh. hier Abschnitt 12).

 

Der engagierte Liedermacher Konstantin Wecker zeigt sich als Freund einer deutlichen Sprache, wenn er schreibt:

 

„Jeden Sonntag Abend geben sich Millionäre bei Frau Christiansen ein Stelldichein und faseln davon, dass mit mehr Profit für die Konzerne neue Arbeitsplätze geschaffen werden.“[133]

 

In der Tat: „There’s No Business Like Show Business“, aber es müssen nicht alles Millionäre sein. Trotz scheinbarer Unversöhnlichkeit der Standpunkte sind sich fast alle geladenen Bestverdiener in einem Punkt einig: Die konjunkturschädliche Steuersenkung für sie darf weder angetastet noch überhaupt zur Sprache gebracht werden. Durch ständiges Aneinanderreihen von Ablenkungsparolen vor einem Millionenpublikum werden sie zu grundlegenden Wahrheiten umfabriziert.

 

Vernünftiger Unternehmensgewinn muss sein, aber kein Diktat des Shareholder-Value, Steuersenkungen für Bestverdiener und Konzerne vermindern nicht nur die schwache Konsumnachfrage, sondern auch die Mittel zur Senkung der Lohnnebenkosten und tragen dadurch zur Vernichtung von Arbeitsplätzen bei. Die Gründe für die Akzeptanz solcher Umverteilungsideologien lassen sich kaum verstehen mit ökonomischen Theorien, sondern eher mit Kategorien der Soziologie, Psychologie, ja besonders auch der Biologie bzw. Verhaltensforschung (sh. hier Abschnitt 16), am einfachsten aber mit dem gesunden Menschenverstand, wenn er denn nicht schon durch die ständige Indoktrination geschädigt ist.

 

Inzwischen zeichnet sich beim Vorreiter USA bereits der steuer- und sozialpolitische Super-GAU ab durch Marktfundamentalisten und Steuerfundis, die den Staat „in der Badewanne ertränken“ wollen, mit den mächtigen Einpeitschern Grover Norquist von der Kahlschlagsvereinigung „Amerikaner für Steuerreform“ und Stephen Moore von der Spenden-Pressure-Group „Club for Growth“:

 

„Der beste Weg, all die Vorschriften und Gesetze und Kontrollen loszuwerden, ist für Leute wie Norquist, die Steuersätze so weit nach unten zu bringen, dass dem Staat kein anderer Weg bleibt, als sich zurückzuziehen. Raus aus der Erziehung, aus der Wohlfahrt, aus dem Gesundheitssystem. ’Ich würde den Staat in 25 Jahren gern um die Hälfte schrumpfen lassen’, sagt er - ’auf eine Größe, dass wir ihn in der Badewanne ertränken können.’

Und was wäre für ihn ein fairer Steuersatz?  ’Acht Prozent. Meinetwegen auch zehn.’ So, wie er das sagt, klingt das fast großzügig …

 

Irgendwann fing Norquist an, republikanische Politiker eine Selbstverpflichtung unterschreiben zu lassen, dass sie niemals für Steuererhöhungen stimmen werden. Er nannte das den ’Eid’.

Präsident George W. Bush hat unterschrieben und auch Vizepräsident Dick Cheney,

8 Gouverneure, 42 Senatoren, 217 Abgeordnete. Der Eid wird im Beisein zweier ’Zeugen’ abgegeben, und wer ihn einmal abgelegt hat, ist ’fürs Leben gebunden’. Es ist inzwischen eine ziemlich ernste Sache.

 

In seinem Portemonnaie hat Norquist einen Zettel mit den Namen der republikanischen Senatoren und Kongressabgeordneten, die sich geweigert haben, den ’Eid’ abzulegen … Insgesamt sind es 21 Namen. Ab und zu nimmt Norquist den Zettel heraus und streicht einen durch. Niemand zweifelt mehr daran, dass es gelingen könnte, die Zahl der Namen in absehbarer Zeit auf null zu bringen...

 

Moore sorgt für die nötige Disziplin - durch Einschüchterung. Es gibt niemanden, vor dem liberale Republikaner mehr Angst haben müssen.

Moore verfügt über das wertvollste Gut, das es in Washington neben einem direkten Draht zum Präsidenten gibt: Er hat Geld zu vergeben. Hinter seinem Club for Growth stehen etwa 15 000 Mitglieder, die meisten sind Banker und Geschäftsleute. ’Tatsächlich sind wir heute außerhalb der Partei der größte Einzelspender der Republikaner’, sagt Moore mit unüberhörbarem Stolz.

Der Club for Growth setzt sein Geld vorzugsweise gegen eigene Parteimitglieder ein, und zwar gegen solche, die Moore  ’Rinos’  nennt -  ’Republicans in Name Only’, Republikaner nur dem Namen nach. Bei der zweiten großen Steuerrunde schaltete er Anzeigen, in denen er die Senatoren Snowe und Voinovich mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac verglich, dem Erzverräter...“[134]

 

Hier sind es also nicht die Fundamentalisten vom 11. September, sondern die Fundis der US-Rechten, die mit Unterstützung von George W. Bush diesmal nicht einen Ort, sondern das ganze Land verheeren wollen. Durch eine derartige Spendenbündelung lassen sich die negativen Wirkungen des „Kapitalismus“ auch ohne große „Kapitalisten“ erzielen, wenn man vom Medienkapital einmal absieht. Auf diese Drittweltverhältnisse warten hier schon hoffnungsvolle Meinungsmacher mit den passenden ökonomischen „Theorien“ gegen die „Arbeitslosigkeit“ durch Steuersenkung für Bestverdiener.

 

Bei solchem ideologischen und „intellektuellen“ Müll grenzt der neoliberale Missbrauch der Apotheose von Beethoven und Schiller als Europahymne an ein Sakrileg. Das Werk schwebt zwar über den Urinierern, aber viel besser passt ein „Gedicht“ der Trash-Literatur[135] ohne besonderen literarischen Anspruch, mit dem Charles Bukowski bereits zur Regierungszeit des „frommen“ Ronald Reagan[136] den Raubtier-Kapitalismus „begrüßt“ hat. Mit dem „Star Spangled Banner“ in der Version von Jimmy Hendrix (hier zum „Genießen“)[137] würde es sich gut zur Globalhymne eignen. Es beginnt (in möglichst wörtlicher Übersetzung) wie folgt:

 

 

Verwesung

 

Vor kurzem                  

hatte ich diesen Gedanken                   

dass dies Land             

zurückgefallen ist                     

um vier oder fünf Jahrzehnte               

und dass aller

sozialer Fortschritt,                  

das gute Gefühl von                 

Mensch 

zu Mensch,                    

hinweggespült              

und verdrängt wurde durch dieselben             

alten     

Scheinheiligkeiten.[138]

 

 


 

 

 
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