In dem Beitrag kommt bekommt der Leser folgendes zu lesen:
Er sitzt es aus – darin ist Helmut Kohl ja auch Meister. Noch immer kein Sterbenswörtchen aus dem Mund des Altkanzlers zu seinem millionenschweren Geheimvertrag mit dem Medienzaren Leo Kirch. Nur Vaterlandsverrat hat Helmut Kohl der PANORAMA-Redaktion vorgeworfen, als wir vor gut zwei Monaten doch mal wissen wollten, wofür er das Geld denn eigentlich bekommen hat. Wir hatten versprochen, an dem Thema dran zu bleiben. Heute ist es so weit. Denn jetzt liegt uns dieser bislang geheime Beratervertrag zwischen den beiden hohen Herren vor.
Stephan Stuchlik über den anrüchigen Millionendeal zweier Männerfreunde.
Kommentar:
Leo Kirch: Aus dem einstigen Filmehändler wurde der mächtige Medienmogul. Helmut Kohl: Er ermöglichte als Kanzler den Aufstieg seines Duzfreundes. Eine Männerfreundschaft, die die deutsche Fernsehlandschaft veränderte.
Vor wenigen Wochen dann brisante Behauptungen: der Bundeskanzler a.D. hätte angeblich einen geheimen Beratervertrag mit Leo Kirch, habe Hunderttausende Euro kassiert. Kohl wollte sich dazu nicht äußern, allen Nachfragen zum Trotz.
0-Ton Interviewer: “Herr Dr. Kohl, guten Tag, Stuchlik, Panorama, eine Frage: Wofür haben Sie die Gelder von Herrn Kirch bekommen?”
Helmut Kohl: “Ich habe überhaupt nicht die Absicht, mit Ihnen ein Interview zu machen.”
Interviewer: “Warum nicht?”
Helmut Kohl: “Sie sind doch von Panorama.”
Interviewer: “Ja.”
Helmut Kohl: “Sie wissen doch, was es heißt, Sie haben doch mit Journalismus nichts zu tun.”
Interviewer: “Aber wofür haben Sie denn ....”
Helmut Kohl: “Hören Sie doch auf.”
Interviewer: “Für welche Tätigkeit haben Sie denn die Gelder bekommen?”
Helmut Kohl: “Damit ich Ihr Gesicht betrachte, das reicht mir.”
Kommentar:
Doch Kohl wollte mehr. Das beweist der geheime Beratervertrag, den PANORAMA hier erstmals zeigt. Kohl und Kirch vereinbarten “unbedingte Wahrung von Vertraulichkeit”. Der harmlose Titel des Geheimvertrags: “Über die Beratung zu politischen Entwicklungen in Deutschland und in Europa”. Auf Seite 5 die Unterschrift von Dr. Helmut Kohl. Er nimmt den Vertrag “zustimmend zur Kenntnis”, hat damit keine direkte Verbindung zu Kirch, der über ihm unterschreibt. Kohl arbeitet für die Politik und Strategie Beratung P & S GmbH seines Sohnes Walter. Experten für Arbeitsrecht finden diese Konstruktion verdächtig. Firmen als Vertragspartner deuten auf eine Verschleierung. Müsste Kohl nicht selbst Vertragspartner sein?
0-Ton Jens Gäbert: (Experte für Arbeitsrecht) “In jedem Fall, weil die Beratungsleistung ist ja eine ganz persönliche Angelegenheit, und normalerweise schließen die Berater auch persönlich die Verträge, um auch die entsprechenden Ansprüche aus dem Vertrag ableiten zu können.”
Kommentar:
Genau festgelegt im Geheimvertrag ist besonders die Vergütung. Kohls Honorar: 600.000 DM jährlich, drei Jahre lang. So kassierte Helmut Kohl 1.800.000 DM plus Mehrwertsteuer, plus alle Spesen. Seine Gegenleistung: eine sogenannte “Standard-Beratung” von “bis zu zwölf persönlichen Gesprächen” mit Leo Kirch. Auch kein Gespräch wäre also eine Vertragserfüllung. Dazu noch auf Wunsch eine sogenannte “situative Beratung”, ebenfalls ohne genaue Definition.
0-Ton Jens Gäbert: “Das ist das Besondere an diesem Vertrage. Es fehlt ein Leistungsverzeichnis, es fehlen Stundenkontingente und Ähnliches, was immer deutlich gemacht werden muss in derartigen Verträgen. Und davon ist hier überhaupt nicht die Rede.”
Interviewer: “Das heißt, Kaffeetrinken würde reichen?”
Jens Gäbert: “Auf jeden Fall. Klönschnack und Kaffeetrinken über die politische Lage in Europa wäre nach diesem Vertrag Vertragserfüllung.”
Kommentar:
Auffällig auch: Das Papier listet detailliert auf, was der Altkanzler nicht tun muss: Marketing-Aktivitäten, Öffentlichkeitsarbeit, Werbung. Kohl muss also fast nichts leisten, Kirch trotzdem bezahlen. Für Kohl ein lukratives Geschäft.
0-Ton “Das heißt, der Verdacht wäre da, das wäre ein Scheinvertrag?”
Jens Gäbert: (Experte für Arbeitsrecht) “Richtig. Das wäre hier angesichts dieses Vertragswerkes nicht von der Hand zu weisen.”
Kommentar:
Doch die beiden Freunde schweigen. Die Spekulationen gehen daher weiter.
Für Hans Leyendecker ist dieser Beratervertrag so auffällig, dass er eine Abschrift in seinem gerade erschienenen Buch “Die Korruptionsfalle” veröffentlicht – wegen Leo Kirch.
0-Ton Hans Leyendecker: (Autor “Die Korruptionsfalle”) “Dieser Vertrag gehört in ein Buch über Korruption, weil es ein Vertrag ist, den Leo Kirch gemacht hat. Leo Kirch ist eine der interessantesten Figuren der Nachkriegszeit, er hat sehr viel mit Geld gemacht, er hat Leute mit Geld gelockt, er hat bedroht, er hat Leute angefüttert, er hat ihnen Jobs gegeben, er hat ihnen Jobs versprochen. Und es gab um ihn immer Hinweise, dass er auch große Geldzahlungen über das Ausland gemacht hat, die illegal waren. Die Spuren verloren sich immer in Liechtenstein, in der Schweiz – man ist da nicht fündig geworden. Aber wegen Leo Kirch gehört es rein, und der Vertrag ist so ungewöhnlich, er verlangt von Dr. Helmut Kohl so wenig, und er gibt ihm so viel.”
Kommentar:
Der Kanzler der Einheit, vergangenes Wochenende in Salzburg, gefeiert. Er hält einen Vortrag über die europäische Einigung. Darüber spricht er gern. Über den dubiosen Beratervertrag dagegen will er immer noch nicht sprechen. Dennoch, erneuter Versuch.
0-Ton Interviewer: “Herr Dr. Kohl, Stuchlik, Panorama, guten Tag. Ich hätte noch eine Frage zum Thema Kirch.
Helmut Kohl: “Ich kenn‘ Sie, gehen Sie jetzt wirklich hier weg.”
Interviewer: “Wie viele Beratungsgespräche haben Sie denn für Herrn Kirch durchgeführt?”
Helmut Kohl: “Jetzt ist gut.”
(Hand wird vor die Kamera gehalten.)
Interessante Aussagen, nicht wahr?