Datei zuletzt ergänzt am 29.3.2007.


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Konsumklima-Index und andere Indikatoren

 


 

 

Die Schönrederei der neoliberalen Koalitionäre beruft sich mit großem Medienecho auf den Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Er zeigte gleich nach der Verkündung der Mehrwertsteuererhöhung Ende 2005 vorübergehend ein deutlich verbessertes "Konsumklima" an, vor allem aufgrund der gestiegenen "Konsum- und Anschaffungsneigung" (sh. hier Konsumklima-Index.htm). Dazu schreibt die GfK (sh. "Konsumklima: so gut wie seit langem nicht mehr", gfk.de,  28.12.2005):
 

Diesem Indikator liegt folgende Frage an die Verbraucher zugrunde: "Glauben Sie, dass es zurzeit ratsam ist, größere Anschaffungen zu tätigen?" (Der Augenblick ist günstig – weder günstig noch ungünstig – ungünstig).
 

"Der Augenblick" für "größere Anschaffungen" ist jetzt tatsächlich "günstig" , denn bevor man dafür ab 1.1.2007 drei Prozent mehr bezahlt, wird man sie aus den Folgejahren möglichst in das Jahr 2006 vorziehen, zumal einiges aufgestaut wurde. Die konjunkturpolitische Kurzatmigkeit reicht also nicht einmal mehr über eine Legislaturperiode. Aber so wird das von den Befürwortern der Mehrwertsteuererhöhung zur Umverteilung nach oben nicht dargestellt, denn die selbst geschaffene Zwangslage will man ja ab 2007 noch für weiteren sozialen Kahlschlag nutzen - z.B. mit der CDU-"Vision" einer Kopfprämie im Gesundheitswesen - nach Thatchers TINA-Motto "There Is No Alternative". Auch die anderen beiden Komponenten im Konsumklimaindex werden wohl eher mutwillig missverstanden:
 

Konjunkturerwartung:
Diesem Indikator liegt folgende Frage an die Verbraucher zugrunde: "Was glauben Sie, wie wird sich die allgemeine wirtschaftliche Lage in den kommenden zwölf Monaten entwickeln?" (verbessern – gleich bleiben – verschlechtern)

Einkommenserwartung:
Diesem Indikator liegt folgende Frage an die Verbraucher zugrunde: "Wie wird sich – Ihrer Ansicht nach – die finanzielle Lage Ihres Haushalts in den kommenden zwölf Monaten entwickeln?" (verbessern – gleich bleiben – verschlechtern)
 

Die Verbraucher wussten aus ihrer Lebenserfahrung sehr wohl, dass man "in den kommenden zwölf Monaten" vor der Mehrwertsteuererhöhung zum Einstand ein Strohfeuer abgebrannt hat und dass sich daher in dieser Zeit auch ihre finanzielle Lage kaum verschlechtern würde. Bei den "Erwartungen an 2007" erhielt Infratest-Dimap Ende 2006 jedoch von 75% der Befragten ein ehrliches NEIN auf die Frage: "Ich werde vom Aufschwung profitieren". Nur 23% antworteten mit JA (sh. "ARD-Deutschlandtrend",  tagesschau.de, 4.1.07). - Die Medienmacher sind dagegen mehrheitlich nicht imstande oder willens, die offensichtliche Paradoxie der GfK-Pressemitteilung zu erkennen. Stets werden neoliberale Irreführungen massenhaft beim Wahlvolk weiterverbreitet. Die positiven Einflüsse der starken internationalen Konjunktur im Jahre 2007 werden - je nach Bedarf - als Folgen der Agenda 2010 oder als Früchte der Umverteilung nach oben durch die schwarz-rötlichen Koalitionäre verkauft, so dass die "Christlichen" auf diesem Wege mit der noch weiteren Senkung ihrer Spitzensteuersätze usw. im Interesse des Gemeinwohls unbedingt fortschreiten müssen. In diesem Sinne freute sich die  die Handelsblatt-Redaktion am Jahresende 2006 über die Umverteilung zu ihren Gunsten mit dem Titel: "Härten zahlen sich aus" und zitiert ihre Interessenvertreterin Angela Merkel mit den Worten:
 

Gäben wir uns mit ersten Erfolgen zufrieden, dann bliebe der wirtschaftlichen Belebung, wie schon in der Vergangenheit viel zu oft erlebt, wieder nur ein Strohfeuer.

 

(Sh. "Neujahrsansparche - Härten zahlen sich aus", handelsblatt.com, 31.12.06.)
 

Allerdings musste die GfK schon zum Januar 2007 eine Abschwächung des Konsumklimaindexes feststellen (sh. "Mehrwertsteuer ist schuld – Kauflaune verabschiedet sich", n-tv.de, 29.12.06).


Ähnlich verquer verhält es sich mit dem viel bejubelten Aufschwung beim Ifo-Geschäftsklimaindex (für die gewerbliche Wirtschaft). Dabei wird aber nicht nach den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate gefragt, sondern nur nach den "Erwartungen für die nächsten sechs Monate" und nach der Beurteilung der "gegenwärtigen Geschäftslage". Die ist  natürlich stark von dieser kurzfristigen Erwartung des Strohfeuers mitgeprägt und läuft den Erwartungen etwas hinterher (sh. "ifo-Konjunkturtest Januar 2006"). Wegen der kürzeren Prognosefrist von sechs Monaten werden die Neoliberalen beim Geschäftsklimaindex bis Mitte 2006 mit zunehmendem Mehrwertsteuer-Endspurt noch weiterhin ein anwachsendes Merkelwunder suggerieren können, denn die Konsumdrosselung und Arbeitsplatzvernichtung durch die Mehrwertsteuererhöhung greift erst ab Anfang 2007, wenn nicht ein wirkliches Wunder passiert.

Da lässt sich Merkel von den neoliberalen Propagandisten schon eher damit hochjubeln, dass sie durch Erhöhung des deutschen EU-Nettobeitrags um zwei Milliarden Euro die fragwürdige EU-Subventionspolitik gerettet hat, dass sie ausgerechnet von George W. Bush öffentlich gelobt wurde, mit Wladimir Putin nicht in die Sauna geht und dass sie Jaques Chirac aus Sturheit bei ihrer Arbeitsplatzvernichtungspolitik die Mehrwertsteuersenkung für seine aufgebrachten Gastwirte verweigerte (sh. "Merkels Milliardengeschenk an die EU", dsz-verlag.de, 6.1.06, sowie "Merkel und die 'Bombenstimmung'", rundschau-online.de, 23.1.06).

Nachdem der Aufschub der Mehrwertsteuererhöhung bis zum 1.1.2007 zu Beginn der  "Tollen Tage" am 11.11.2005 bekannt geworden war (sh. "Der Koalitionsvertrag steht", welt.de, 11.11.05), sind die Erwartungen von einem ifo-Indexwert von 97,8 im November 2005 auf 103,6 im Januar 2006 sprunghaft angestiegen und hat sich die Lagebeurteilung vom gleichen Ausgangswert auf 100,4 verbessert. Zur Prognosequalität dieser Indizes sh. auch die Diplomarbeit von Judith T. Brehm: "Konjunkturbeobachtung in Deutschland mittels der Konjunkturindikatoren...", hu-berlin.de, 2.10.2002. Bis zu seinem Höhepunkt im Juni 2006 ist der ifo-Geschäftsklimaindex weiter gestiegen, da die zurückgehenden mittelfristigen Erwartungen durch die tatsächliche Endspurt-Lage überkompensiert werden konnten (sh. "ifo-Konjunkturtest August 2008"). Aber der Index "ZEW-Konjunkturerwartungen" fiel schon seit Juni bis August 2006 von 15,1 auf - 5,6 ab, weil alle Schönrederei zur Umverteilung nach oben durch die geplanten Mehrwertsteuererhöhung usw. an den Erwartungen anscheinend nicht genügend ändern kann. Damit ist dieser Frühindikator auf den niedrigsten Stand seit Juni 2001 eingebrochen (sh. ftp://ftp.zew.de/pub/zew-docs/div/konjunktur.xls, erreicht über "ZEW-Konjunkturerwartungen" > "historische Datenreihe").

Anfang 2007 wurde der Zweckoptimismus bereits gebremst durch die zu erwartende Entwicklung des Konsumklima-Indexes. Dazu schrieb die Financial Times Deutschland vom 25.1.07:

 

Schlechtes Konsumklima entzweit Experten

Der drastische Einbruch des GfK-Konsumklimaindex’ hat die Diskussion über die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung angeheizt. Auch der ebenfalls Ifo-Index für das Geschäftsklima ging leicht zurück...

 

"Den Leuten fehlt das Geld"

Die Marktforscher der GfK befragen für den Konsumklimaindex jeden Monat 2000 Verbraucher. Besonders auf die Frage "Glauben Sie, dass es zurzeit ratsam ist, größere Anschaffungen zu tätigen?" antworteten im Januar die meisten mit Nein. Der entsprechende Indexwert zur Konsumneigung sank auf minus 5,1 nach 59,9 Punkten im Dezember. Das ist der GfK zufolge der stärkste Rückgang seit Beginn der Erhebungen 1980. Vor einem Jahr lag die Anschaffungsneigung noch bei 20,3 Punkten...

 

Auch Matthias Rees, Volkswirt bei der Commerzbank, geht davon aus, dass sich das Konsumklima zunächst weiter verschlechtern wird. "Zur Mitte des Jahres wird sich der Konsum wieder erholen. Bis dahin wird es eine Durststrecke werden. Einmal haben wir die Gegenbewegung zu den Vorzieheffekten, die der GfK-Indikator jetzt widerspiegelt", sagte Rubisch, "und dann fehlt den Leuten auch das Geld, weil sie durch die Mehrwertsteuer und das gesamte fiskalpolitische Paket belastet werden."

 

(Sh. "Schlechtes Konsumklima entzweit Experten", ftd.de, 25.1.07, gegen Gebühr.) Wenn sich auch "zur Mitte des Jahres ... der Konsum wieder erholen wird", dürfte das keineswegs einen Ausgleich bedeuten für die Konjunktur-Drosselung durch die Mehrwertsteuererhöhung und durch die weitere Umverteilung nach oben.


Ende März 2007 demonstrierte die FAZ einmal wieder Optimismus: "Konsumklima verbessert sich", faz.net, 28.3.07, konnte aber die Verschlechterung doch nicht beschönigen:

 

Der Konsumklimaindikator, der mit der Mehrwertsteuererhöhung rasant von 9,1 Punkten im Dezember gefallen war, könne im April von 4,3 auf 4,4 Punkte steigen.
 

Die viel beschworene Hochstimmung zum Mehrwertsteuer-Endspurt am Ende des Jahres 2006 mit ihren mageren 9,1 GfK-Punkten ist also der Ernüchterung gewichen, auch wenn nach jedem Absacken des Barometers ein kleiner Punkt nach oben wieder Anlass ist für ein parteiinternes Schulterklopfen der neoliberalen Meinungsmacher bei ihrer Umverteilung nach oben gegen den positiven Trend der Weltkonjunktur.

 





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